Patent- und Markenrecht

25 W (pat) 11/21

Aktenzeichen  25 W (pat) 11/21

Datum:
21.10.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2021:211021B25Wpat11.21.0
Spruchkörper:
25. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 21. Oktober 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, der Richterin Kriener sowie der Richterin k. A. Fehlhammer beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Begriffskombination
2
GoodbyeAuto
3
ist am 15. November 2017 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für die nachfolgenden Dienstleistungen angemeldet worden:
4
Klasse 35: Einzel- und Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf Kraftfahrzeuge; administrative Datenverarbeitung;
5
Klasse 36: Finanzielle Bewertungsdienste; Finanzgeschäfte; Geldgeschäfte;
6
Klasse 42: Kraftfahrzeugüberprüfung.
7
Die Anmeldung wird beim DPMA unter der Nummer 30 2017 111 612.1 geführt.
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Mit Beschluss vom 17. Dezember 2020 hat die Markenstelle für Klasse 36 des DPMA durch eine Beamtin des höheren Dienstes die Anmeldung unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid vom 20. März 2018 wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, das zur Eintragung angemeldete Zeichen setze sich zusammen aus den dem englischen Grundwortschatz entnommenen Wörtern „good bye“ für „auf Wiedersehen, Ade, Adieu, Tschüss, Lebewohl“ und dem deutschen Substantiv „Auto“, so dass es in seiner Gesamtheit „Ade/Lebewohl Auto“ bedeute. Der angesprochene Verkehr werde in der angemeldeten Marke „GoodbyeAuto“ lediglich einen werbeüblich anpreisenden, beschreibenden Hinweis dahingehend sehen, dass sich die angemeldeten Dienstleistungen der Klassen 35, 36 und 42 inhaltlich mit dem Verabschieden bzw. dem Sich-Trennen vom Auto beschäftigen würden. So könne es sich bei „Einzel- und Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf Kraftfahrzeuge“ darum handeln, dass das zu verabschiedende Auto weiterveräußert oder verwertet werde. Bei der Dienstleistung „administrative Datenverarbeitung“ könne es darum gehen, dass das Abmelden des verabschiedeten Fahrzeuges durch den Anbieter übernommen werde. Im Rahmen der „finanziellen Bewertungsdienste“ könne das Auto, von dem Abschied genommen werden solle, bewertet werden, um es im Anschluss daran zu veräußern. „Finanzgeschäfte“ und „Geldgeschäfte“ könnten das Auto, von dem man sich trennen möchte, zum Inhalt haben. Die Dienstleistung „Kraftfahrzeugüberprüfung“ werde beim Verkauf des Autos, also bei der Verabschiedung desselben erbracht, um seine Funktionsfähigkeit und damit seinen Restwert zu ermitteln. Damit vermittele das in Rede stehende Zeichen in Verbindung mit allen beanspruchten Dienstleistungen eine beschreibende Aussage, nicht hingegen einen betrieblichen Herkunftshinweis. Die von der Anmelderin angeführten Voreintragungen seien zum großen Teil mit der angemeldeten Bezeichnung nicht vergleichbar und könnten im Übrigen keine Bindungswirkung entfalten.
9
Gegen die Zurückweisung der Anmeldung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie macht geltend, die gegenständliche Wortkombination sei für die beanspruchten Dienstleistungen hinreichend unterscheidungskräftig. Insbesondere seien für die angesprochenen Verkehrskreise mehrere gedankliche Zwischenschritte erforderlich, um die von der Markenstelle angenommene beschreibende Bedeutung des Anmeldezeichens zu ermitteln. Zunächst müssten sie den englischen Abschiedsgruß „goodbye“ in dem Gesamtbegriff „GoodbyeAuto“ erkennen. Anschließend sei eine Transferleistung dahingehend erforderlich, dass der Abschied nicht von einer Person, sondern von einem Kraftfahrzeug erfolge. Sodann müsse der (vorübergehende) Abschied mit einer (endgültigen) Trennung gleichgesetzt werden. Schließlich müsse die individuelle Trennung des Fahrzeughalters von seinem Kraftfahrzeug auf den Erbringer der Dienstleistungen übertragen werden. Damit sei ein Interpretationsaufwand und Denkprozess seitens der beteiligten Verkehrskreise in einem Maß erforderlich, das nicht dafür spreche, dass der beschreibende Begriffsgehalt ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst werde. Der besagten Bezeichnung komme daher zumindest das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft zu. Die Zurückweisungsentscheidung der Markenstelle sei auch nicht mit den zahlreichen Voreintragungen in Einklang zu bringen.
10
Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
11
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Dezember 2020 aufzuheben.
12
Die Anmelderin hat ihren zunächst hilfsweise gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 23. September 2021 zurückgenommen.
13
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf vorgenannten Beschluss der Markenstelle für Klasse 36, auf die Schriftsätze der Anmelderin, den schriftlichen Hinweis des Senats vom 9. August 2021 nebst der ihm beigefügten Rechercheergebnisse und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
14
Die gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Begriffsfolge „GoodbyeAuto“ als Marke steht in Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35, 36 und 42 das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung der angemeldeten Marke daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
15
1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. BGH GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 8 – Link economy; GRUR 2010, 1100 Rn. 10 – TOOOR!; GRUR 2010, 825 Rn. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850 Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi Langstrumpf). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 Rn. 60 – Libertel; BGH GRUR 2014, 565 Rn. 17 – Smartbook). Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rn. 24 – SAT 2; GRUR 2004, 428 Rn. 30 f. – Henkel; BGH GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006) zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens an (vgl. BGH GRUR 2013, 1143, 1144 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten; GRUR 2014, 872 Rn. 10 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 482 Rn. 22 – test; EuGH MarkenR 2010, 439 Rn. 41 bis 57 – Flugbörse).
16
Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH GRUR 2006, 850 Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor), oder sonst gebräuchliche Wörter der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, die – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. BGH a. a. O. – Link economy; GRUR 2009, 778 Rn. 11 – Willkommen im Leben; GRUR 2010, 640 Rn. 13 – hey!). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu ihnen hergestellt wird (vgl. BGH a. a. O. – FUSSBALL WM 2006).
17
Werbeslogans und sonstige spruchartige Wortfolgen – wie die angemeldete – sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft wie andere Wortzeichen zu behandeln. Sie unterliegen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen und müssen insbesondere keinen phantasievollen Überschuss aufweisen oder einen selbständig schutzfähigen Bestandteil enthalten (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Auflage, § 8 Rn. 267 m. w. N.). Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr in Slogans bzw. werblich-sachbezogenen Wortfolgen regelmäßig dann keinen Herkunftshinweis sieht, wenn der Slogan eine bloße Werbefunktion ausübt, die z. B. darin besteht, die Qualität der betreffenden Waren oder Dienstleistungen anzupreisen. Für die Zuerkennung der markenrechtlichen Unterscheidungskraft muss vielmehr positiv festgestellt werden können, dass die in Rede stehende Wortfolge über ihre reine Werbewirkung hinaus auch die notwendige Herkunftsfunktion zu erfüllen vermag (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 8 Rn. 271 ff.; EuGH GRUR 2004 1027 – Das Prinzip der Bequemlichkeit), wobei nicht notwendig ist, dass die Herkunftsfunktion die Werbefunktion überlagert (vgl. EuGH RS C-398/08 P vom 21.10.2010 – Vorsprung durch Technik). Die Unterscheidungskraft ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs insbesondere dann zu bejahen, wenn das jeweilige Zeichen nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung besteht, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweist, die ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordert oder beim Verkehr einen Denkprozess auslöst (vgl. EuGH GRUR 2010, 228 Rn. 57 – VORSPRUNG DURCH TECHNIK; Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 8 Rn. 279).
18
Gemessen an diesen Maßstäben kann dem zur Eintragung angemeldeten Zeichen keine Unterscheidungskraft zugebilligt werden.
19
a) „GoodbyeAuto“ ist ein typischer, aus dem englischen Abschiedsgruß „Goodbye“ und einem nachfolgenden Substantiv gebildeter Slogan, der in seiner Bedeutung „Auf Wiedersehen Auto“ bzw. „Tschüss Auto“ die beanspruchten Dienstleistungen dahingehend beschreibt, dass sie den potenziellen Kunden dabei behilflich sind, sich von ihrem Auto zu trennen. Derartige Slogans sind in der Werbesprache häufig anzutreffen (z. B. „Goodbye Kabel – Hello Moto!“, „Goodbye limits.“, „Goodbye hotel. Welcome home.“ unter „www.slogans.de“ als Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis vom 9. August 2021). Sie dienen dazu, schlagwortartig darauf hinzuweisen, dass die so bezeichneten Produkte oder Leistungen dazu geeignet und bestimmt sind, nicht mehr benötigte Dinge oder ungewollte Zustände loszuwerden.
20
b) Wie sich aus den genannten Beispielen sowie aus zahlreichen weiteren, bereits von der Markenstelle übermittelten Fundstellen ergibt, fügt sich die angemeldete Wortfolge nahtlos in die Reihe vergleichbarer und in der Werbesprache häufig verwendeter Slogans ein, da sie gleich gebildet ist und die entsprechende schlagwortartige Aussage vermittelt. So sind rechtschreibwidrige Getrennt- oder Zusammenschreibungen ein beliebtes Werbestilmittel (vgl. u. a. die über die Homepage des Gerichts öffentlich zugänglichen Entscheidungen BPatG 33 W (pat) 511/13 – klugeshandeln; 29 W (pat) 34/15 – bikehit; 30 W (pat) 34/18 – ColorPlugin; 27 W (pat) 571/17 – YourNITELIFFe; 25 W (pat) 2/16 – findwhatyoulike). Es ist mittlerweile so bekannt, dass ihm der Verkehr keine betriebskennzeichnende Funktion (mehr) beimisst.
21
Ebenso wenig ist der schlagwortartige Hinweis auf die Veräußerung einer Sache oder die Beseitigung eines Zustands in Form eines Abschiedsgrußes ungewöhnlich. Soweit die Anmelderin anmerkt, dass „Sich-Verabschieden“ nicht pauschal mit „Sich-(Endgültig)-Trennen“ gleichgesetzt werden könne, so ist ihr entgegenzuhalten, dass Abschied und Trennung keine sich ausschließenden Vorgänge bezeichnen, sondern vielmehr von ihrer Wortbedeutung her Synonyme sind. Dementsprechend wird „Abschied“ umschrieben als eine „Handlung, mit der man sich von jemand oder etwas trennt [= verabschiedet]“ (vgl. „https://de.wiktionary.org/wiki/Abschied“ als Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis vom 9. August 2021). Auch werden mit Trennung und Abschied Zeiträume benannt, die ineinander übergehen können, was anhand der bekannten Formulierungen, „Trennung auf Zeit“ oder „Abschied für immer“ deutlich wird (vgl. den Artikel „Trennung auf Zeit: bringt das wirklich was?“ unter „https://www.brigitte.de“ und den Hörbuchtitel „Abschied für immer – über den Tod und das Leben danach“ unter „https://www.amazon.de/Abschied-für-immer-jemanden-verloren/dp/B07811ZXXK“ als Anlage 3 zum gerichtlichen Hinweis vom 9. August 2021).
22
Die Verwendungsbeispiele zeigen darüber hinaus, dass der Abschiedsgruß „Goodbye“ nicht nur gegenüber Personen, sondern ebenso im Zusammenhang mit Gegenständen, vor allem Autos, gebraucht wird. So finden sich im Internet Buchtitel wie „Goodbye Auto: Ein Leben ohne Führerschein“ oder Artikel wie „Goodbye, Auto!“ (vgl. „https://www.amazon.de/Goodbye-Auto-Leben-ohne-Führerschein/“ und „https://magazin-forum.de/de/news/technik/goodbye-auto“ als Anlagen zum Beanstandungsbescheid vom 20. März 2018). Insofern wird der Verkehr die vorliegende Verbindung „GoodbyeAuto“ nicht als unüblich empfinden.
23
c) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin weisen die vom Senat ermittelten Belege einen Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen auf. Darin finden sich beispielsweise Werbeschlagwörter von Kfz-Herstellern, Kfz-Werkstätten oder Autoentsorgungsbetrieben wie „Good bye 2020 Aktion“, „Goodbye-Hello-Prämie“, „Bye-Bye Bonus“ oder „Bye-bye-Prämie“ (vgl. Anlage 4 zum gerichtlichen Hinweis vom 9. August 2021). Es handelt sich hierbei um Unternehmen, die Dienstleistungen anbieten, welche mit den in der Anmeldung Genannten vergleichbar sind.
24
d) In ihrer oben genannten Bedeutung „Auf Wiedersehen/Tschüss Auto“ weist die angemeldete Wortfolge „GoodbyeAuto“ einen ohne Weiteres erkennbaren eng beschreibenden Bezug zu allen beanspruchten Dienstleistungen auf.
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In Verbindung mit „Einzel- und Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf Kraftfahrzeuge“ bringt das Anmeldezeichen zum Ausdruck, dass sie dem Verkauf eines Autos dienen, mit dem gleichzeitig ein Abschied von ihm verbunden ist. Unter den Begriff „administrative Datenverarbeitung“ fallen eine Vielzahl von Tätigkeiten, die die Abwicklung des Verkaufs eines Kraftfahrzeugs beispielsweise in Form der Aufnahme der Kundendaten oder seiner Ummeldung umfassen. Die „finanziellen Bewertungsdienste“ sind ebenfalls im Rahmen der Trennung von einem Auto im Wege des Verkaufs sachlich geboten, da nur mit ihrer Hilfe der Kaufpreis ermittelt und somit der „Abschied“ (= Verkauf) vorbereitet werden kann. „Finanzgeschäfte“ und „Geldgeschäfte“ können in vorliegendem Kontext zum einen dazu bestimmt sein, den vom Käufer zu bezahlenden Preis zu finanzieren, indem zum Beispiel nach Darlehensgebern oder Möglichkeiten des Verkaufs von Vermögenswerten gesucht wird. Zum anderen lässt sich mit Hilfe der besagten Geschäfte die Kaufpreiszahlung als solche beispielsweise durch Überweisung oder Barzahlung des geschuldeten Betrags bewerkstelligen. Die „Kraftfahrzeugüberprüfung“ ist wiederum erforderlich, um den Zustand des Autos, von dem sich der Berechtigte trennen (= „verabschieden“) will, zu ermitteln, der dann im Rahmen der „finanziellen Bewertungsdienste“ Berücksichtigung findet.
26
Bei allen angemeldeten Tätigkeiten handelt es sich somit um typische Leistungen, die im Zusammenhang mit der Abwicklung von Gebrauchtwagenverkäufen mit angeboten werden. Damit erschöpft sich die angemeldete Wortfolge in einem werbeüblich formulierten Hinweis auf die Art und Bestimmung des in Rede stehenden Dienstleistungsangebots, der ihrer Eignung als individualisierendes Betriebskennzeichen entgegensteht.
27
e) Soweit die Anmelderin auf vermeintlich vergleichbare Voreintragungen verweist, ist auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des EuGH (vgl. GRUR 2009, 667 – Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229 Rn. 47 bis 51 – BioID; GRUR 2004, 674 Rn. 42 bis 44 – Postkantoor), des BGH (vgl. GRUR 2008, 1093 Rn. 18 – Marlene-Dietrich-Bildnis I) und des BPatG (vgl. z. B. GRUR 2009, 1175 – Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 – VOLKSFLAT und die Senatsentscheidung MarkenR 2010, 145 – Linuxwerkstatt) zu verweisen, wonach weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung gegeben ist (vgl. auch Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 8 Rn. 75 ff. mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine (an das Gesetz) gebundene Entscheidung, wobei selbst identische Voreintragungen nach ständiger Rechtsprechung nicht zu einem Anspruch auf Eintragung führen. Insofern gibt es auch im Rahmen von unbestimmten Rechtbegriffen keine Selbstbindung der Markenstellen des DPMA und erst recht keine irgendwie geartete Bindung für das Gericht. Dieses und auch das DPMA haben in jedem Einzelfall eigenständig zu prüfen und danach eine Entscheidung zu treffen.
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Im Übrigen sind die meisten von der Anmelderin genannten Eintragungen schon deshalb nicht vergleichbar, weil sie anders als die verfahrensgegenständliche Wortfolge grafisch ausgestaltet sind. Zudem stehen diesen Eintragungen eine ganze Reihe von Zurückweisungen gegenüber, so dass nicht von einer gefestigten Eintragungspraxis ausgegangen werden kann (vgl. u. a. die Entscheidung des Bundespatentgerichts vom 10. Oktober 2012, 28 W (pat) 080/11 – Goodbye CO2).
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2. Der Beschluss konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, da die Anmelderin ihren hierauf gerichteten Antrag mit Schreiben vom 23. September 2021 zurückgenommen hat (§ 69 Nr. 1 MarkenG). Auch der Senat hat eine solche nicht für sachdienlich erachtet (§ 69 Nr. 3 MarkenG).
30
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.


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