Patent- und Markenrecht

25 W (pat) 14/19

Aktenzeichen  25 W (pat) 14/19

Datum:
20.5.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2021:200521B25Wpat14.19.0
Spruchkörper:
25. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache
…       
betreffend die Marke 30 2015 103 960
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 20. Mai 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, der Richterin Kriener und der Richterin k. A. Fehlhammer
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 vom 6. Juni 2017 und vom 15. Januar 2019 aufgehoben.
2. Die Löschung der Eintragung der Marke 30 2015 103 960 wegen des Widerspruchs aus der Unionsmarke 000 230 078 wird angeordnet.

Gründe

I.
1
Das am 1. Juli 2015 angemeldete Zeichen
2
ist am 25. August 2015 unter der Nummer 30 2015 103 960 als Wort-/Bildmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister für folgende Waren eingetragen worden:
3
Klasse 7: Küchenmaschinen (elektrisch), nämlich Quirle und Mixer; Mixgeräte für den Haushalt, elektrisch; Waschmaschinen; elektromechanische Apparate für die Zubereitung von Nahrungsmitteln; Fleischhackmaschinen; elektromechanische Apparate für die Zubereitung von Getränken; Bügelmaschinen; Müllzerkleinerer; Staubsauger; Schuhputzgeräte, elektrisch;
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Klasse 9: Messinstrumente; Thermostate; Schaltkreise, integrierte; Schmelzsicherungen; Schalter [Stromunterbrecher]; Anschlussteile für elektrische Leitungen; Kondensatoren; Rheostate; Wärmekontrollgeräte; Klemmen [Elektrizität];
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Klasse 11: Beleuchtungslampen; Wärmflaschen; Gasbrenner; Kühlapparate; Abzugshauben für Küchen; Herde; Rohrleitungshähne; Duschen; Isothermische Schränke; Radiatoren [elektrisch].
6
Gegen die Eintragung der am 25. September 2015 veröffentlichten Marke hat die Widersprechende als Inhaberin der am 11. April 1996 angemeldeten und am 30. November 1998 eingetragenen Unionswortmarke 000 230 078
7
STRIX
8
am 18. Dezember 2015 Widerspruch erhoben.
9
Die Widerspruchsmarke genießt Schutz für die folgenden Waren:
10
Klasse 9: Elektrische Apparate und Instrumente; elektrische und elektronische Steuerungsapparate; Steuerungen für elektrische Heißwasserkessel, elektrische Kessel, Kannen, Teekessel, Dampfkessel und andere elektrische Heißwasserbereiter; thermosensitive Steuerungen für elektrische Heißwasserkessel, elektrische Kessel, Kannen, Teekessel, Druckthermokannen und andere elektrische Heißwasserbereiter; Überhitzungsschutzvorrichtungen für elektrische Heißwasserkessel, elektrische Kessel, Kannen, Teekessel, Druckthermokannen, andere elektrische Heißwasserbereiter; Koch- und Siedekontrollen für elektrische Heißwasserkessel, elektrische Kessel, Kannen, Teekessel, Druckthermokannen und andere elektrische Heißwasserbereiter; Temperaturregelungsgeräte; Thermostate; Schmelzsicherungen; Schmelzsicherungen; Temperaturbegrenzer; elektrische Kontrollapparate; Energieregler; Steuerungen für Küchenherde; Kochfeldsteuerungen; Anzeigen für Kochfelder und Küchenherde; optische Anzeigen; Neon- und Kontrolllichtanzeigen für elektrische Schaltkreise; Schaltgeräte; Schalter; thermosensitive Schalter; elektrische Verbindungsteile; elektrische Verbindungselemente für schnurlose elektrische Geräte; elektrische Steckverbindungselemente; elektrische Buchsen, elektrische Kontakte, elektrische Kontakte aus Edelmetall; Anschlußklemmen; elektrische Bügeleisen; elektrische Widerstände; Teile und Bestandteile für alle vorstehend genannten Waren; alle anderen in Klasse 09 enthaltenen Waren;
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Klasse 11: Elektrische Heizgeräte; elektrische Wasserheizgeräte; elektrische Wasserkessel; elektrische Heißwasserbereiter, Kessel, Kannen, Teekessel und Druckthermokannen; elektrische Kochapparate und -anlagen; Küchenherde; Kochfelder; Kaffeeperkolatoren; elektrische Heizer für Heißwasserkessel; elektrische Heizplatten für Heißwasserkessel; Basisplatten für elektrische Heißwasserkessel; elektrische Heizelemente; ummantelte elektrische Heizelemente; aufgedruckte elektrische Heizelemente; Dickschichtheizelemente; Planarheizelemente; Tauchsieder; Dampferzeuger; Teile und Bestandteile für alle vorstehend genannten Waren; alle anderen in Klasse 11 enthaltenen Waren.
12
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 6. Juni 2017 den Widerspruch wegen mangelnder Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke als unbegründet zurückgewiesen. Die auf die Nichtbenutzungseinrede beigebrachte eidesstattliche Versicherung enthalte nur einen pauschalen Hinweis, für welche Waren der Klassen 9 und 11 die Widerspruchsmarke verwendet werde. Umsatzzahlen für die Jahre 2010 bis 2015 seien nicht einzelnen Waren, sondern aus Zahlen und Buchstaben bestehenden Produktcodes zugeordnet und ausschließlich einzeln für verschiedene EU-Mitgliedsstaaten aufgeschlüsselt. Eine Zuordnung zu den einzelnen Waren sei auch mittels der nur in englischer Sprache verfassten Konkordanzliste nicht möglich, die zudem nicht Bestandteil der eidesstattlichen Versicherung sei. Da das deutsche Markenrecht hinsichtlich des Benutzungszwangs streng kontradiktorisch ausgestaltet sei, gingen unaufgeklärte Zweifel zu Lasten der darlegungspflichtigen Widersprechenden.
13
Die hiergegen gerichtete Erinnerung ist mit Beschluss von 15. Januar 2019 zurückgewiesen worden. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, die rechtserhaltende Benutzung könne dahinstehen, weil keine Verwechslungsgefahr bestehe. In schriftbildlicher Hinsicht unterschieden sich die Marken deutlich infolge der auffälligen grafischen Gestaltung der angegriffenen Marke mit ihren stark verlängerten An- und Abstrichen des Anfangs- und Endbuchstabens. Diese Gestaltung führe zu einer erheblich gesteigerten Aufmerksamkeit des Betrachters, um die angegriffene Marke korrekt zu erfassen, denn bei ungenügender Sorgalt könnten die Buchtaben „ri“ als einheitlicher Buchstabe „n“ gelesen werden. Dem Klangbild der Marken komme erheblich weniger Bedeutung zu, da die mündliche Bestellung heute generell nicht mehr der Regelfall sei. Die Marken unterschieden sich jedoch auch insoweit ausreichend. Während die Widerspruchsmarke kurz und knapp, aber völlig flüssig ausgesprochen werde, sei man bei der angegriffenen Marke eher versucht, diese buchstabierend oder unter Einfügung eines Phantomvokals ähnlich dem Verb „simsen“ für „SMS schreiben“ als „sritix“ auszusprechen.
14
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie trägt vor, jedenfalls mit der überarbeiteten eidesstattlichen Versicherung des Group IPR & Approvals Managers der Widersprechenden, Andrew Raymond Hewins, vom 5. Oktober 2017 habe diese die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke hinreichend belegt. Die beiderseitigen Waren in den Klassen 9 und 11 seien weitgehend identisch oder sehr ähnlich. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei originär mindestens durchschnittlich, infolge umfangreicher und langjähriger Benutzung aber erheblich gesteigert. Die Widersprechende habe sich auf Steuer- und Regelsysteme für Haushaltselektrogeräte spezialisiert und nehme in diesem Bereich eine weltweit führende Stellung ein. Ihre Produkte würden von vielen namhaften Haushaltsgeräteherstellern verbaut, so dass sie weltweit täglich mehr als eine Milliarde mal verwendet würden. Die Vergleichsmarken seien einander höchstgradig ähnlich. Die jüngere Marke übernehme sämtliche Buchstaben der Widerspruchsmarke und stimme mit ihr in dem Anfangsbuchstaben „S“ und dem für deutsche Verbraucher äußerst ungewöhnlichen Endbuchstaben „x“ überein. Die mittleren Buchstaben „t“ und „ri“ seien in der angegriffenen Marke lediglich in der Reihenfolge vertauscht. Deren Schriftart stelle keine auffällige grafische Gestaltung dar, sondern kopiere nur die von der Widersprechenden verwendete Schreibweise der Widerspruchsmarke. Bei der Aussprache der angegriffenen Marke sei davon auszugehen, dass deren Buchstabenfolge automatisch „richtig“ angeordnet und daher ebenfalls wie „STRIX“ ausgesprochen werde.
15
Die Widersprechende beantragt sinngemäß,
16
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Juni 2017 und vom 15. Januar 2019 aufzuheben und wegen des Widerspruchs aus der Unionsmarke 000 230 078 die Löschung der Eintragung der Marke 30 2015 103 960 anzuordnen.
17
Zugleich regt sie an, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
18
Der Inhaber der angegriffenen Marke hat bereits im Verfahren vor der Markenstelle die Einrede der Nichtbenutzung erhoben. Weiter zur Sache hat er sich weder im patentamtlichen noch im gerichtlichen Verfahren geäußert.
19
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
20
Die nach § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch ansonsten zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache Erfolg.
21
1. Auf den nach § 42 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 MarkenG in zulässiger Weise erhobenen Widerspruch aus der Unionsmarke 000 230 078 war unter Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG die Löschung der Eintragung der mit dem Widerspruch angegriffenen Wort-/Bildmarke 30 2015 103 960 anzuordnen, weil zwischen den Kollisionsmarken Verwechslungsgefahr gemäß §§ 125b Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.
22
Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z. B. EuGH GRUR 2010, 933 Rn. 32 – BARBARA BECKER; GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 9 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2013, 833 Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2016, 382 Rn. 19 – BioGourmet; GRUR 2019, 173 – Combit/Commit). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der relevanten Vergleichsprodukte (Waren und/oder Dienstleistungen), die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. dazu EuGH GRUR 2008, 343 Rn. 48 – Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 9 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; siehe auch Ströbele/ Hacker/Thiering, Markengesetz, 13. Auflage, § 9 Rn. 43 ff. m. w. N.). Darüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren entscheidungserheblich sein, wie u. a. etwa die Art der Waren oder der Dienstleistungen, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.
23
a) Nachdem der Inhaber der angegriffenen Marke im Verfahren vor der Markenstelle mit Schriftsatz vom 29. April 2016 rechtswirksam die Einrede der Nichtbenutzung erhoben hat und eine einmal zulässig erhobene Einrede auch für alle weiteren Instanzen wirksam bleibt (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 43 Rn. 38), sind bei der Entscheidung auf Seiten der Widerspruchsmarke nur diejenigen Waren zu berücksichtigen, für die eine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft gemacht worden ist. Da der Widerspruch vor dem 14. Januar 2019 erhoben worden ist, hat die Prüfung der rechtserhaltenden Benutzung gemäß § 43 Abs. 1 MarkenG in der vor dem 14. Januar 2019 geltenden Fassung (MarkenG aF) zu erfolgen (§ 158 Abs. 5 MarkenG). Dies gilt gemäß § 125b Nr. 4 MarkenG auch für Widersprüche aus Unionsmarken, die gemäß § 18 UMV in der Union benutzt werden müssen.
24
Nach diesen Grundsätzen ist eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke anzuerkennen für folgende Waren der Klasse 9:
25
„Elektrische Steuerungsapparate; Steuerungen für elektrische Heißwasserkessel, elektrische Kessel, Kannen, Teekessel, Dampfkessel und andere elektrische Heißwasserbereiter; Überhitzungsschutzvorrichtungen für elektrische Heißwasserkessel, elektrische Kessel, Kannen, Teekessel, Druckthermokannen und andere elektrische Heißwasserbereiter; Koch- und Siedekontrollen für elektrische Heißwasserkessel, elektrische Kessel, Kannen, Teekessel, Druckthermokannen und andere elektrische Heißwasserbereiter; Temperaturregelungsgeräte; Thermostate; Temperaturbegrenzer; elektrische Kontrollapparate; Energieregler; Schaltgeräte; Schalter; thermosensitive Schalter; elektrische Verbindungsteile; elektrische Verbindungselemente für schnurlose elektrische Geräte; elektrische Steckverbindungselemente; elektrische Buchsen, elektrische Kontakte, elektrische Kontakte aus Edelmetall“.
26
Die von der Widersprechenden mit Schriftsätzen vom 7. Dezember 2016 und vom 9. Oktober 2017 eingereichten Benutzungsunterlagen ergeben in ihrer maßgeblichen Gesamtschau in Bezug auf die genannten Waren eine hinreichend ernsthafte Markenbenutzung hinsichtlich Art, Dauer und Umfang in den relevanten Benutzungszeiträumen. Da die Nichtbenutzungseinrede pauschal erhoben worden ist, ist die Benutzung der bereits am 30. November 1998 eingetragenen Widerspruchsmarke innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Veröffentlichungstag der angegriffenen Marke, also vom 25. September 2010 bis zum 24. September 2015 (§§ 125b Nr. 4, 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG aF), und vor der Entscheidung über den Widerspruch, also vom 20. Mai 2016 bis zum 19. Mai 2021 (§§ 125b Nr. 4, 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG aF) glaubhaft zu machen (vgl. BGH GRUR 2008, 714 Rn. 23 – idw; BPatG GRUR 2016, 286, 288 – Yosoja/YOSOI; vgl. auch Ströbele/Hacker/ Thiering, a. a. O., § 43 Rn. 30 m. w. N.).
27
Zwar ist die eidesstattliche Versicherung vom 5. Oktober 2017 unübersichtlich, da die darin genannten Umsätze nicht wie üblich Warengruppen, sondern Artikelnummern und Artikelbeschreibungen, die nicht immer mit den Angaben im Warenverzeichnis übereinstimmen, zugeordnet sind. Es wird jedoch hinreichend erkennbar, dass die Widersprechende mit einzelnen Bauteilen (z. B. CP72C1, EU1878, RP75A2, RR4803 oder SR7297) in den Jahren 2010 bis 2016 in der Europäischen Union jährlich Umsätze im fünf- bis sechsstelligen Bereich Britischer Pfund erzielt hat.
28
Unter Berücksichtigung der relativ hohen Umsätze sowie des Umstands, dass die Bauteile der Widersprechenden, die mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnet sind, ausweislich der als Anlage 11 A zum Schriftsatz vom 9. Oktober 2017 vorgelegten Unterlagen in Haushaltsgeräten zahlreicher Hersteller verbaut sind, ist von einer ernsthaften Benutzung in Form einer wirtschaftlich sinnvollen Verwendung der Marke in Abgrenzung von einer bloßen Scheinbenutzung auszugehen.
29
b) Die Widerspruchswaren, für die die Benutzung der älteren Marke glaubhaft gemacht worden ist, sind identisch bzw. ähnlich zu den Waren der angegriffenen Marke.
30
(1) Identität bzw. hochgradige Ähnlichkeit besteht hinsichtlich der von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren der Klasse 9 „Messinstrumente; Thermostate; Schaltkreise, integrierte; Schmelzsicherungen; Schalter [Stromunterbrecher]; Anschlussteile für elektrische Leitungen; Kondensatoren; Rheostate; Wärmekontrollgeräte; Klemmen [Elektrizität]“, die teilweise wortgleich mit den benutzten Widerspruchswaren sind bzw. ebenso im Rahmen von mess- und steuerungstechnischen Vorgängen und in entsprechenden Apparaturen eingesetzt werden.
31
(2) Die Waren der Klassen 7 und 11 der angegriffenen Marke sind zu den Waren, für die die Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft gemacht wurde, wenigstens unterdurchschnittlich ähnlich. Erstgenannte werden oder können elektrisch betrieben werden und (thermosensitive) Schalter, Schaltgeräte sowie Thermostate und Temperaturregelungsgeräte besitzen. Dies gilt auch für die in Klasse 11 beanspruchten Waren „Wärmflaschen“ der jüngeren Marke, die – wie Heizkissen oder -decken – elektrisch beheizt werden können und demzufolge temperaturabhängig an- und ausgeschaltet werden müssen. Bei den weiterhin für die angegriffene Marke eingetragenen „Gasbrennern“ kann es sich zum einen um Gaskocher bzw. -herde, die elektrisch gezündet und/oder gesteuert werden, oder um das Teil einer Gasheizung zur Erhitzung des Leitungs- bzw. Heizungswassers handeln, so dass auch hier die besagten elektrischen Bauteile Verwendung finden. Ebenso können die für die jüngere Marke geschützten „Rohrleitungshähne“ elektrisch betrieben werden, um beispielsweise selbst Wasser zu erhitzen oder – abhängig von der Vor- und Rücklauftemperatur – den Wasserdurchfluss vor allem in Heizungsanlagen automatisch zu regulieren. Entsprechendes ist bei den weiteren angegriffenen Waren „Duschen“ zu berücksichtigen, die mit elektrischen Temperaturmessgeräten und Thermoschaltern ausgestattet sein können, wie dies beispielsweise bei mit Durchlauferhitzern betriebenen Outdoor-, Camping- oder Wohnwagen- bzw. Wohnmobilduschen der Fall ist.
32
Bei den rechtserhaltend benutzten elektrischen Bauteilen, wie (thermosensitive) Schalter, Schaltgeräte sowie Thermostate und Temperaturregelungsgeräte, handelt es sich zwar um Halbfertigfabrikate, die sich in der Regel an andere Verkehrskreise als die fertigen Endprodukte richten, nämlich an Hersteller von Elektrogeräten. Insoweit ist regelmäßig eine Unähnlichkeit zueinander anzunehmen. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn nach der Branchengewohnheit die Vorprodukte maßgeblich die Eigenschaften sowie die Wertschätzung des Endprodukts bestimmen und die Marke des Vorprodukts auch den Abnehmern der Fertigerzeugnisse gegenübertritt. Dies kann neben anderen Werbemaßnahmen insbesondere dadurch erreicht werden, dass das Kennzeichen als sog. „begleitende Marke“ nicht nur für das Vorprodukt, sondern auch in den weiteren Fertigstufen verwendet wird (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 107 und 130 f.; BGH GRUR 2000, 886, 887 – Bayer/BeiChem; BPatG GRUR 1982, 231 – Difex; BPatG 28 W (pat) 173/04 – FREE/BREE – die Entscheidung ist über die Homepage des BPatG öffentlich zugänglich). Die Eigenschaften der für die angegriffene Marke registrierten Geräte der Klassen 7 und 11 werden durch die darin enthaltene Elektrik wesentlich mitbestimmt. Qualitativ hochwertige elektrische Bauteile unterscheiden ein teures Produkt von Billigwaren, die No-Name-Teile verwenden. Da es sich bei den elektrischen Komponenten dieser Waren um sicherheitsrelevante Bauteile handelt, werden die Verbraucher bei der Auswahl der Endprodukte darauf achten, welche Vorprodukte hierin Verwendung finden. Aus diesem Grund findet sich an dem Endprodukt nicht selten auch die Marke eines wichtigen Bauteils. Dies ist beispielsweise in der Anlage 9 zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 7. Dezember 2016 ersichtlich, in der ein mit ihrer Marke versehener Kontakt des Wasserkochers eines Fremdherstellers abgebildet ist. Zudem hat sie umfangreich dargelegt, dass Hersteller bei der Bewerbung ihrer Endprodukte ausdrücklich darauf verweisen, Bauteile der Widersprechenden zu verwenden. So finden sich in den Produktbeschreibungen plakativ herausgestellte Formulierungen wie „STRIX-Controller“, „STRIX-Thermostat“, „Markensteckverbindung Strix“, „Strix inside“ oder „Strix Technology“ in der Art eines Gütesiegels (vgl. Anlage 11 zum Schriftsatz vom 7. Dezember 2016 und Anlage 11 A zum Schriftsatz vom 9. Oktober 2017).
33
c) Die Kennzeichnungkraft der Widerspruchmarke ist von Haus aus durchschnittlich, da sie als Phantasiename erscheint. Eine Steigerung infolge intensiver Benutzung ist nicht hinreichend belegt.
34
(1) Zur Feststellung der gesteigerten Kennzeichnungskraft einer Marke sind alle im Einzelfall relevanten Umstände heranzuziehen. Dazu zählen der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, geografische Verbreitung und Dauer der Markenverwendung, die dafür aufgewendeten Werbemittel und die dadurch erreichte Bekanntheit in den beteiligten Verkehrskreisen (BGH GRUR 2003, 1040, 1044 – Kinder; GRUR 2009, 672, 674 – OSTSEE-POST). Die Feststellungen sind stets im Hinblick auf die konkreten Waren und Dienstleistungen zu treffen, für die die Marke eingetragen ist, was entsprechend spezifizierten Vortrag voraussetzt (BGH GRUR 2013, 833, 836 – Culinaria/Villa Culinaria). Die erforderliche Bekanntheit kann nicht ohne weiteres allein aus erzielten Umsatzzahlen hergeleitet werden (OLG Köln MarkenR 2007, 126 – Schlaufuchs/Lernfuchs; BPatG 26 W (pat) 23/06 – Grüne Bierflasche; 29 W (pat) 15/09 – BLUE PANTHER/Panther), da selbst umsatzstarke Marken wenig bekannt sein können. Darüber hinaus müssen Umsatz- und Absatzzahlen im jeweiligen Marktumfeld gesehen werden (Büscher/Dittmer/Schiwy, MarkenG, § 14 Rn. 267). Im Allgemeinen lassen am ehesten objektive Statistiken oder demoskopische Befragungen zuverlässige Schlüsse auf die Verkehrsbekanntheit einer Marke zu (vgl. BGH GRUR 2008, 903, 904 – SIERRA ANTIGUO). Maßgeblich ist in dem auf die Löschung der Eintragung der jüngeren Marke abzielenden Widerspruchsverfahren sowohl der Prioritätszeitpunkt der jüngeren Marke als auch der Entscheidungszeitpunkt. Eine gestärkte Kennzeichnungskraft muss also schon im Prioritätszeitpunkt der jüngeren Marke vorgelegen haben und auch im Entscheidungszeitpunkt noch fortbestehen (BGH GRUR 2008, 903, 904 – SIERRA ANTIGUO; BPatG 26 W (pat) 523/13 – YO/Yaa).
35
(2) Entsprechende Statistiken und demoskopische Befragungen hat die Widersprechende nicht vorgelegt. Ebenso wenig hat sie Angaben zum Marktanteil oder zu Werbeaufwendungen gemacht, wobei es hierfür allein auf Deutschland als maßgebliches Kollisionsgebiet ankommt. Mithin kann eine gesteigerte Kennzeichnungskraft nicht angenommen werden. Allerdings genügt auch eine nur durchschnittliche Kennzeichnungskraft, um eine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Marken zu bejahen.
36
d) Ausgehend von identischen bis unterdurchschnittlich ähnlichen Waren und einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hält die angegriffene Marke aufgrund der weit überdurchschnittlichen Markenähnlichkeit den gebotenen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht mehr ein. Zumindest in schriftbildlicher Hinsicht sind die beiden Marken nahezu identisch. Bei beiden Marken handelt es sich um Wörter, die aus denselben fünf Buchstaben bestehen. Weiterhin stimmen sie im Anfangsbuchstaben „S“ und dem im Deutschen eher seltenen Endbuchstaben „X“ überein und damit in Elementen, die einen wesentlichen Einfluss auf den bildlichen Eindruck eines Wortzeichens haben (vgl. BPatG 25 W (pat) 85/99 – LEMOCAIN/LEMOCIN). Die Buchstaben im Wortinneren „t“ und „ri“ sind lediglich in ihrer Reihenfolge vertauscht, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die angegriffene Marke als die Widerspruchsmarke gelesen wird.
37
Auch die für die angegriffene Marke gewählte Schrifttype führt nicht aus der Zeichenähnlichkeit heraus, da es sich insoweit um eine übliche Schriftart handelt und der Verkehr daran gewöhnt ist, dass ihm Wortzeichen in unterschiedlichen Schreibweisen begegnen (Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 13. Auflage, § 9 Rn. 235). Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Verkehr beide Marken regelmäßig nicht gleichzeitig nebeneinander wahrnimmt, sondern sie aus seinem Erinnerungsbild heraus vergleicht, kann die Gefahr einer Zeichenverwechslung nicht verneint werden.
38
2. Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen besteht keine Veranlassung (§ 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG).
39
3. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, da der Ausgang des Verfahrens im Wesentlichen von der tatrichterlichen Bewertung der geltend gemachten Umstände, insbesondere der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken sowie des Grads der Kennzeichnungskraft abhängig war. Die dazu erfolgte Bewertung und die Entscheidung im Übrigen stehen im Einklang mit der ständigen und gefestigten Rechtsprechung des Bundespatentgerichts, des Bundesgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs, so dass eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch zur Rechtsfortbildung erforderlich ist (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG).

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