Patent- und Markenrecht

26 W (pat) 554/18

Aktenzeichen  26 W (pat) 554/18

Datum:
27.9.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2021:270921B26Wpat554.18.0
Spruchkörper:
26. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 27. September 2021 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge, des Richters Dr. von Hartz und der Richterin kraft Auftrags Dr. Rupp-Swienty
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Das Wort-/Bildzeichen
2
ist am 1. März 2018 unter der Nummer 30 2018 005 217.3 zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register angemeldet worden für Waren der
3
Klasse 33: Alkoholische Getränke, ausgenommen Biere.
4
Mit Beschluss vom 7. August 2018 hat die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 33 des DPMA die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, „Herzblatt“ stehe für „geliebte Person; jemand, den man von Herzen lieb hat; Liebling“. Synonyme dazu seien „Baby, Darling, Freund, Freundin, Herz, Lover(in), Schatz, Sonnenschein“. „Herzblatt“ bezeichne zwar eine Person und keine Sache, sei aber positiv besetzt, weshalb ein Imagetransfer auf die beanspruchten Waren stattfinde. Der Verkehr werde dieses gebräuchliche Wort der deutschen Sprache als solches, aber nicht als Unterscheidungsmittel verstehen. Der Begriff sei als Werbemittel verbraucht, wie eine Internetrecherche bei Tassen, T-Shirts und anderen Textilien gezeigt habe. Auch die grafische Gestaltung könne nicht das notwendige Mindestmaß an Unterscheidungskraft begründen. Die Großbuchstaben und die Über-/Unterordnung bzw. Einrückung seien nur werbeübliche Blickfangmittel, sog. Eyecatcher, die Aufmerksamkeit erregen sollen. Die angeführten Voreintragungen seien im Lichte der jeweiligen damaligen Rechts- und Recherchelage ergangen, die von der heutigen abweiche. Sie entfalteten zudem keine Bindungswirkung.
5
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Sie ist der Ansicht, das Anmeldezeichen bezeichne außerhalb der Botanik ausschließlich natürliche Personen und keine Sachen. Für die beanspruchten alkoholischen Getränke sei es weder eine rein beschreibende Beschaffenheits- oder Bestimmungsangabe, noch weise es einen engen beschreibenden Bezug zu ihnen auf. Der Begriff „Herzblatt“ sei mehrdeutig. Er bezeichne neben der geliebten Person, ein noch nicht vollentwickeltes Pflanzenblatt, also das innerste, zarteste Blatt einer Pflanze sowie eine Wachsblumenart und diverse Herzblattgewächse. Zudem sei es der Titel einer bekannten deutschen, von 1987 bis 2004 ausgestrahlten Vorabendfernsehsendung der ARD. Es gebe aber keinen etablierten Cocktail mit dem Namen „Herzblatt“. Vielmehr existierten unter dieser Bezeichnung drei verschiedene Cocktailrezepte. Das Anmeldezeichen weise auch nicht auf einen Abnehmerkreis hin. Alkoholische Getränke richteten sich an alle Verbraucher. Weder „Herzblatt“ noch „Herzblätter“ seien eine anhand objektiver Kriterien greifbare Verbrauchergruppe. Außerdem würde kein Verbraucher, nicht einmal ein Alkoholiker das von ihm bevorzugte alkoholische Getränk als sein „Herzblatt“ verniedlichen oder verharmlosen. Hierfür würden eher Diminutive wie „Bierchen“ oder „Weinchen“ verwendet. Es bedürfe mehrerer gedanklicher Zwischenschritte, um vom eigentlichen Wortsinn über die Metapher für eine geliebte Person zu alkoholischen Getränken zu gelangen. Das Anmeldezeichen lasse zudem einen großen Interpretationsspielraum zu. So könnten die Zutaten eines Getränks so gut zusammenpassen, dass sie sich zueinander verhielten wie ein Herzblatt zum anderen. Der gemeinsame Konsum eines Getränks könne dazu führen, dass die eine Person des anderen Herzblatt werde. Ein Getränk könne in der Form eines Herzblattes eingefroren sein. Auch könne sich der Handel zur werblichen Anpreisung der Metapher des Herzblattes bedienen. So werde ein Merlot bereits als „MEIN HERZBLATT“ bezeichnet und mit den Worten beworben „Feine Fruchtaromen mit Nuancen von Rauch und Vanille machen ihn zu unserem Herzblatt – und zu einem tollen Geschenk. …“. Schließlich seien auch die Wortmarken „Herzblatt (1 092 854), „HERZBLATT SPIRITUOSEN“ (2 077 084), „Agentur Herzblatt“ (30 2011 002 582, 5.5.2011), „HERZBLATT“ (30 2016 029 961, 9.12.2016), „Herzblatt“ (30 2020 203 919, 11.2.2020), „Herzblatt“ (1120205, 5.4.1988), „Herzblatt“ (2048872, 5.11.1993), „Herzblatt“ (2060451, 22.3.1994) und „Herzblatt“ (396 45 505, 27.11.1996) sowie die Wort-/Bildmarke (30 2020 217 847, 8.3.2021) eingetragen worden.
6
Die Anmelderin beantragt,
7
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 33 des DPMA vom 7. August 2018 aufzuheben.
8
Mit gerichtlichem Schreiben vom 10. Juli 2019 und Ladungszusatz vom 30. August 2021 ist die Beschwerdeführerin unter Beifügung von Recherchebelegen (Anlagenkonvolute 1 bis 7, Bl. 12 – 37, 104 – 131R GA) auf die Schutzunfähigkeit des Anmeldezeichens hingewiesen worden. Am 15. September 2021 hat sie den Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen.
9
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
10
Die nach §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
11
Der Eintragung des angemeldeten Wort-/Bildzeichens als Marke für die beanspruchten Waren der Klasse 33 stehen sowohl das Eintragungshindernis der Freihaltebedürftigkeit gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG als auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung deshalb im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
12
1. a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Diese Bestimmung verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die ein Merkmal oder mehrere Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Wirtschaftsteilnehmern, die solche Waren oder Dienstleistungen anbieten, frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (EuGH GRUR 2011, 1035 Rdnr. 37 – Agencja Wydawnicza Technopol/HABM [1000]; BGH GRUR 2021, 1195 Rdnr. 13 f. – Black Friday; GRUR 2017, 186 Rdnr. 38 – Stadtwerke Bremen).
13
Ob ein Zeichen oder eine Angabe beschreibend ist, bestimmt sich nach dem Verständnis der Verkehrskreise, die als Abnehmer oder Interessenten der betroffenen Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommen (vgl. EuGH, GRUR 1999, 723 Rdnr. 29 – Windsurfing Chiemsee [Chiemsee]; BGH a. a. O. Rdnr. 14 – Black Friday; GRUR 2009, 669 Rdnr. 16 – POST II). Dabei ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise zum Anmeldezeitpunkt abzustellen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 682 Rdnr. 23 – 25 – Bostongurka; a. a. O.– Windsurfing Chiemsee [Chiemsee]; BGH a. a. O. Rdnr. 19 – Black Friday; a. a. O. – Stadtwerke Bremen).
14
Ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG setzt nicht voraus, dass die Zeichen und Angaben nach dem zum Zeitpunkt der Anmeldung bestehenden Verkehrsverständnis bereits tatsächlich für die Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibend verwendet werden. Wie sich aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt, genügt es, dass die Zeichen oder Angaben diesem Zweck dienen können. Ein Freihaltebedürfnis liegt deshalb auch vor, wenn die Benutzung der angemeldeten Marke als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber jederzeit in Zukunft erfolgen kann (vgl. EuGH GRUR 2010, 534 Rdnr. 52 – Prana Haus GmbH/HABM [PRANAHAUS]; GRUR 2004, 146 Rdnr. 32– HABM/Wrigley [Doublemint]; GRUR 2004, 680 Rdnr. 38 – Campina Melkunie [BIOMILD]; BGH a. a. O. – Black Friday; a. a. O. Rdnr. 42 – Stadtwerke Bremen).
15
aa) Unmittelbar warenbeschreibend und damit freizuhalten sind auch Bestimmungsangaben, die die branchentypische Verwendung der beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen beschreiben. Diese können allgemeiner Art sein oder sich auf einzelne Bestimmungen beziehen, wie z. B. auf Abnehmerkreise (BGH GRUR 2003, 1040 Rdnr. 32 u. 42 – Kinder I; GRUR 2007, 1071 Rdnr. 25 – Kinder II; BPatG 27 W (pat) 521/12 – Naturbursche; 30 W (pat) 26/14 – Entdecker; 27 W (pat) 520/12 – Hausmeister;30 W (pat) 27/11 – REMEDIAN; 30 W (pat) 187/98 – Smart Shopper; 24 W (pat) 8/14 – KIDZ ONLY; 25 W (pat) 554/14 – MüesliFreund; 24 W (pat) 568/14 – e-FRIEND; 24 W (pat) 545/14 – Funny Knet Freund; 26 W (pat) 41/17 – Sportsfreund; 26 W (pat) 46/17 – Kirmeskind; 26 W (pat) 204/95 – Holzfreund). Sie geben dann die Personengruppe an, für die die so gekennzeichneten Waren bestimmt sein sollen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass sich die Waren und Dienstleistungen ausschließlich an den betreffenden Abnehmerkreis richten, vielmehr genügt es, wenn dieser neben anderen in Betracht kommt (BPatG 30 W (pat) 27/11 – REMEDIAN). Denn die meisten Waren und Dienstleistungen sind nicht für alle Verbrauchergruppen in gleicher Weise interessant, ohne sich jedoch nach ihrer Art nur für eine ganz bestimmte Gruppe von Personen zu eignen. Gerade deshalb werden in der Werbung die Gruppen, für die die Waren in erster Linie gedacht sind, durch herausgestellte Überschriften angesprochen, wie z. B. Radfahrer, Wanderer, Jugendliche oder Musikfreunde. Kommt für eine Ware nach deren Natur nur eine ganz spezielle Verbrauchergruppe in Betracht, wäre es für die Hersteller unnötig, wenn nicht sogar wettbewerbswidrig, nämlich als Werbung mit Selbstverständlichkeiten, hierauf hinzuweisen (BGH GRUR 2014, 1007 Rdnr. 15 – Geld-Zurück-Garantie III; BPatG 30 W (pat) 52/98 – JAZZMAN).
16
bb) Auch bei alkoholischen Getränken sind werblich hervorgehobene Zielgruppen häufig anzutreffen, insbesondere nach demografischen Merkmalen wie Geschlecht und Alter, wie z. B. Frauen, junge Frauen, Jugendliche ab 16 Jahren oder junge Erwachsene (Anlagenkonvolut 4 zum Ladungszusatz), so dass eine Hervorhebung des Adressaten nichts Ungewöhnliches ist und die angesprochenen Verbraucher nicht zu Interpretationen oder Deutungen veranlasst, in welchem Zusammenhang die Zielgruppe zu dem Produkt selbst stehen mag (vgl. zum Lebensmittelbereich: BPatG 25 W (pat) 554/14 – MüesliFreund m. w. N.).
17
b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist das angemeldete Wort-/Bildzeichen schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 1. März 2018, geeignet gewesen, den Bestimmungszweck oder die Eigenschaft der beanspruchten Waren unmittelbar zu beschreiben.
18
aa) Von den angemeldeten Produkten der Klasse 33 werden sowohl der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher als auch der Getränkefachhandel und der Gastronomiefachverkehr angesprochen.
19
bb) Die Wortelemente des Anmeldezeichens bestehen aus den Wörtern „HERZ“ und „BLATT“.
20
aaa) Das Substantiv „Herz“ bezeichnet ein „Organ, das den Blutkreislauf durch regelmäßige Zusammenziehung und Dehnung antreibt und in Gang hält“, ein „in der Vorstellung dem Herzen zugeordnetes, in ihm lokalisiert gedachtes Zentrum der Empfindungen, des Gefühls, auch des Mutes und der Entschlossenheit“, eine „geliebte Person, Liebling (meist in der Anrede)“, den „zentralen, innersten Teil von höheren Pflanzen“, den innersten Bereich von etwas; Zentrum, Mittelpunkt, Herz-, Kernstück“, eine „Figur in Herzform“ oder eine Farbe im Kartenspiel“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/Herz).
21
bbb) Das Nomen „Blatt“ bedeutet „flächiger, meist durch Chlorophyll grün gefärbter Teil höherer Pflanzen, der bei jeder Pflanzenart verschieden gebildet ist und der Assimilation, Atmung und Wasserverdunstung dient“, „gleichmäßig, meist rechteckig zugeschnittenes Stück Papier“, „Buch-, Heftseite“, „Kunstblatt“, „Zeitung“, „Spielkarte“, „flächiger Teil eines Werkzeugs oder Geräts“ oder „Schulterstück vom Rind“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/Blatt).
22
ccc) Auch die Wortkombination „Herzblatt“ mit den Bedeutungen „geliebte Person; jemand, den man von Herzen lieb hat; Liebling“, „inneres, junges, noch nicht voll entwickeltes Blatt einer Pflanze“ oder „herzblättrige, weiß blühende Pflanze, die auf moorigen Wiesen der nördlichen Halbkugel wächst“ ist lexikalisch erfasst. Sie wird z. B. wie folgt verwendet: „jemandes Herzblatt sein“ oder „(häufig in der Anrede): was willst du denn noch haben, mein Herzblatt?“. Synonyme sind „Baby, Darling, Freund, Freundin“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/Herzblatt, Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis). „Herzblatt“ war auch der Titel einer deutschen Flirtshow, die von Grundy Light Entertainment produziert und von 1987 bis 2005 im Vorabendprogramm der ARD ausgestrahlt wurde (https://de.wikipedia.org/wiki/Herzblatt_(Fernsehsendung), und ist der Name mehrerer Gesangsformationen im Bereich der volkstümlichen Musik (https://de.wikipedia.org/wiki/Herzblatt_(Volksmusik).
23
cc) In der Gesamtheit hat der angesprochene Verkehr die Wortelemente „HERZ BLATT“ trotz der optischen Trennung durch die zweizeilige Anordnung schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 1. März 2018, als die Wortverbindung „Herzblatt“ wahrgenommen und im Sinne von „geliebte Person“, „jemand, den man von Herzen lieb hat“, „Liebling“ oder „Freund/Freundin“ verstanden. Denn der Ausdruck „Herzblatt“ ist im Sinne einer geliebten Person schon lange vor dem Anmeldetag, dem 1. März 2018, in der Alltagssprache häufig verwendet worden:
24
– „… Bei unseren Mitgliedern finden Sie die passenden Geschenkideen für Ihr Herzblatt“ (www.werbering-hbn.de, 8. Februar 2016);
25
– „Ein passendes Geschenk für sein Herzblatt zum Valentinstag zu finden kann echt schwierig sein. …“ (www.bigfm.de, 15. Februar 2016);
26
– „Wer zum Valentinstag sein Herzblatt überraschen möchte, sollte nicht einfach blind drauf los schenken. …“ (www.bunte.de, 10. Februar 2015);
27
– „Geschenkideen zum Valentinstag für Euer Herzblatt! …“ (https://dealking.de, 5. Februar 2018);
28
– „…Sie möchten Ihrem Herzblatt ganz klassisch einen Strauß roter Rosen schenken? …“ (www.vlieseline.com, 3. Februar 2016);
29
– „Liebe ist…. Ein ganz persönliches Valentinsgeschenk … Persönlich soll es sein, denn das Herzblatt ist schließlich auch etwas Besonderes. …“ (Kölner Stadtanzeiger vom 2. Februar 2018);
30
– „… Sorgen Sie auch für das Geschenk für Ihr Herzblatt? …“ (www.beliebte-geschenke.de, Februar 2021);
31
– „… Schenken Sie ihrem Herzblatt etwas ganz besonderes, was sie oder ihn immer an Ihre Liebe erinnern wird, zum Beispiel Schmuckstücke. …“ (www.furrer-jacot.com, 27. Januar 2013);
32
– „Gutschein zum Valentinstag … Mit der Valentinstag-Geschenkbox schenken Sie Ihrem Herzblatt einen Wertgutschein, der auf das gesamte beauty24-Angebot einlösbar ist. …“ (www.beauty24.de, Februar 2018);
33
– „… Alternativ könnt ihr euer Herzblatt auch morgens mit einem besonders reichhaltigen Frühstück überraschen. …“ (www.janisview.com, 5. Februar 2018);
34
(alle vorgenannten Belegstellen stammen aus dem Anlagenkonvolut 5 zum Ladungszusatz);
35
– „IHR HERZBLATT BRAUCHT SCHOKO: TROST KOCHEN … Ihr Herzblatt braucht dringend Hilfe. In Form von Schokolade. …“ (Men´sHealth. 1. Juli 2007, Anlagenkonvolut 3 zum gerichtlichen Hinweis).
36
dd) Damit erschöpfen sich die Wortelemente des Anmeldezeichens aus Sicht der angesprochenen breiten Verkehrskreise in der schlagwortartigen unmittelbaren Beschreibung der Zielgruppe oder einer Eigenschaft der beanspruchten Produkte „alkoholische Getränke, ausgenommen Biere“ der Klasse 33. Denn sie weisen entweder nur darauf hin, dass das so gekennzeichnete Getränk für eine „Person, die man von Herzen lieb hat“ bzw. für eine „Freundin“ oder einen „Freund“ bestimmt ist, oder sie geben lediglich an, dass es wegen seiner Qualität oder anderer besonderer Merkmale eine bevorzugte Stellung einnimmt, weshalb es zum „Liebling“ des Konsumenten geworden ist.
37
aaa) Alkoholische Getränke, auch als Bestandteil eines romantischen Menüs, eines sog. „Candle-Light-Dinners“, sind schon lange vor dem Anmeldezeitpunkt als Geschenke für eine mit „Herzblatt“ bezeichnete geliebte Person in Betracht gekommen (alle nachfolgenden Belegstellen stammen aus dem Anlagenkonvolut 6 zum Ladungszusatz):
38
– „Geschenke und Geschenkideen zum Valentinstag … Wenn Du deinem Herzblatt weder Pralinen noch einen Pralinenkurs schenken möchtest, dann gibt es noch die schurkige Pralinenverkostung. … Überrasche Deinen Schatz doch mit … einer Flasche Husch Husch Glitzer Zaubertrank (Ein sehr leckerer Johannisbeeren- oder Rhabarber-Likör) oder aber mit Schokoherzen, die es in verschiedenen Größen gibt. …“ (https://ehren.de/magazin, 30. Januar 2018);
39
– „Zwischen Altweiber und Rosenmontag ist heute Zeit für Zweisamkeit. Und was gibt es romantischeres als italienische Weine und leckeres Fingerfood in gemütlicher Atmosphäre? … Wer Lust hat, am 14. März … im Lettinis dabei zu sein und seinem Herzblatt damit eine Freude machen möchte, der …“ (https://blog.messe-duesseldorf.de, 14. Februar 2015);
40
– „…Freuen Sie sich auf prickelnde Momente, wenn Sie mit Ihrem Herzblatt mit einem Gläschen Sekt anstoßen und bei einem romantischen Dinner bei Kerzenschein vertraute Gespräche führen. … Lassen Sie sich kulinarisch mit einem Cocktail für Verliebte und einem romantischen 3-Gang-Dinner verwöhnen. …“ (www.wellnesshotel24.de, 12. Januar 2017);
41
– „… Nur 15 Prozent der Befragten wollen den Valentinstag zum Anlass nehmen, um ihrem Herzblatt ihre Zuneigung zu zeigen. … Liebe zeigt sich eben in alltäglichen Dingen und dabei können Kleinigkeiten wie die fruchtig-leichten Weine von Passione di JULIA besonders hilfreich sein. Und das ist nicht nur am Valentinstag sehr romantisch.“ (https://stadtleben.de, 10. Februar 2007).
42
bbb) Aber auch das alkoholische Getränk selbst ist schon vor oder unmittelbar nach dem Anmeldetag als „Herzblatt“ und damit als Lieblingsgetränk des Kunden bezeichnet worden:
43
– „… Hier kommt dein Herzblatt – aus Riesling wird Liebe“, hieß es dann bei der anschließenden, von den Deidesheimer Kerwebuwe moderierten und von einer Show begleiteten traditionellen Rieslingweinprobe. …“(www.wochenblatt-reporter.de/deidesheim, 11. August 2018, Anlagenkonvolut 3 zum gerichtlichen Hinweis);
44
– „Waldgasthof Buchenhain … Valentinstag … Zum Tag der Liebenden serviert Amor ein romantisches 3-Gang-Menü inkl. Herzblatt-Cocktail (www.hotelbuchenhain.de, Anlagenkonvolut 3 zum gerichtlichen Hinweis, ähnliches Angebot am 7. Februar 2018);
45
– 2016 SILVANER KABINETT FEINHERB „HERZBLATT“ … Schmeichelt ihrem Essen und dem Gaumen. Ein echtes Herzblatt zu jeder Gelegenheit“ (http://fuerst-von-elsheim.de, Anlagenkonvolut 3 zum gerichtlichen Hinweis);
46
– „MERLOT – MEIN HERZBLATT – Der trockene Merlot der Hamburg Edition ist ein vollmundiger Rotwein. Feine Fruchtaromen mit Nuancen von Rauch und Vanille machen ihn zu unserem Herzblatt – und zu einem tollen Geschenk. …“ (https://friedbaumgaertner.de, 28. Juli 2017, von Anmelderin selbst angeführt, Anlage 7 zum Ladungszusatz).
47
Diesem Verständnis steht nicht entgegen, dass es sich um die Charakterisierung eines Menschen oder einer menschlichen Wesensart handelt. Denn in der Werbung werden Waren oftmals personifiziert bzw. mit ursprünglich personenbezogenen Prädikaten bezeichnet (vgl. BGH GRUR 2014, 376, Rdnr. 16 – grill meister; BPatG 26 W (pat) 41/17 – Sportsfreund; 24 W (pat) 67/16 – FROHNATUR).
48
ee) Da die Eignung zur Beschreibung festgestellt worden ist, bedarf es für die Begründung des Eintragungshindernisses wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnisses keines weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweises, dass und in welchem Umfang die angegriffene Marke als beschreibende Angabe bereits vor dem Anmeldezeitpunkt bekannt war oder verwendet wurde. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt, dass sie diesem Zweck dienen kann.
49
ff) Soweit dem Anmeldezeichen nicht entnommen werden kann, ob es die Bestimmung für eine geliebte Person oder ein alkoholisches Lieblingsgetränk schlagwortartig angibt, vermag dieser Umstand keine Schutzfähigkeit zu begründen. Die Annahme einer beschreibenden Bedeutung setzt nämlich nicht voraus, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt und sich damit eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat. Von einem beschreibenden Begriff kann vielmehr auch auszugehen sein, wenn das Zeichenwort verschiedene Bedeutungen hat, sein Inhalt vage und nicht klar umrissen ist oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren beschreibt (BGH GRUR 2017, 520 Rdnr. 32 – MICRO COTTON; GRUR 2014, 872 Rdnr. 25 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 569, Rdnr. 18 – HOT; GRUR 2013, 522, Rdnr. 13 – Deutschlands schönste Seiten). Der allein durch die verschiedenen Deutungsmöglichkeiten hervorgerufene Interpretationsaufwand der angesprochenen Verkehrskreise reicht für die Bejahung einer Unterscheidungskraft nicht aus (BGH a. a. O., Rdnr. 24 – HOT; GRUR a. a. O. Rdnr. 28 – Gute Laune Drops). Vorliegend haben zudem beide Bedeutungen beschreibenden Charakter.
50
gg) Da die Wortelemente des Anmeldezeichens sprachüblich aus zwei Substantiven zu einem einheitlichen und lexikalisch mit eigener Bedeutung erfassten Wort zusammengesetzt sind, fehlt es an Besonderheiten in syntaktischer oder semantischer Hinsicht, die die gewählte Kombination als ungewöhnlich erscheinen lassen und eine Unterscheidungskraft begründen könnten (EuGH a. a. O. Rdnr. 98 – 100– Postkantoor; GRUR 2004, 680 Rdnr. 39 – 41 – Campina Melkunie [BIOMILD]; BGH GRUR 2009, 949 Rdnr. 13 – My World). Von einer unüblichen, fantasievollen Wortverbindung, die erst nach analysierender Betrachtungsweise als beschreibende Angabe verstanden wird, kann daher entgegen der Auffassung der Anmelderin nicht ausgegangen werden.
51
c) Die grafische Ausgestaltung des angemeldeten Wort-/Bildzeichens ist ebenfalls nicht geeignet, ihm die notwendige Unterscheidungskraft zu verleihen.
52
aa) Grundsätzlich kann einem Wort-/Bildzeichen, unbeschadet der fehlenden Unterscheidungskraft seiner Wortbestandteile, als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden, wenn die grafischen Elemente charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht (EuGH GRUR 2006, 229 Rdnr. 73 f. – BioID/HABM [BioID]; BGH GRUR 2010, 640 f. – hey!; GRUR 2001, 1153, 1154 – anti Kalk). Dabei vermögen allerdings einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbilds, an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, eine fehlende Unterscheidungskraft der Wortbestandteile nicht aufzuwiegen (vgl. BGH a. a. O. Rdnr. 32– HOT; a. a. O. Rdnr. 18 – grill meister). Es bedarf vielmehr eines auffallenden Hervortretens der grafischen Elemente bzw. eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Zeichenteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung im Gesamteindruck des Zeichens, um sich dem Verkehr als Herkunftshinweis einzuprägen (BGH a. a. O. – anti Kalk). Daran fehlt es, wenn sich das Bildelement in rein dekorativen Hervorhebungsmitteln erschöpft oder ausschließlich die – sachbezogenen – Aussagen der anderen Zeichenteile illustriert (BGH GRUR 2008, 710 Rdnr. 20 – VISAGE; a. a. O. – antiKALK). Zudem sind an die Ausgestaltung umso größere Anforderungen zu stellen, je deutlicher der beschreibende Charakter der fraglichen Angabe selbst hervortritt (BPatG 29 W (pat) 22/13
53
– Deutsche Manufakturen e. V.; 26 W (pat) 57/16 –Wacholder).
54
bb) Sowohl die zweizeilige Anordnung ohne Trennstrich als auch der schwarze Fettdruck sind werbeübliche Gestaltungsmittel (vgl. BPatG 29 W (pat) 21/16 – ; 29 W (pat) 541/16 – ; 25 W (pat) 525/10 – ; 26 W (pat) 556/18 – ). Auch die durchgehende Großschreibung kann dem Anmeldezeichen keine Schutzfähigkeit begründen, weil der Verkehr an die willkürliche und nicht den grammatikalischen Regeln folgende Groß- und Kleinschreibung von Wörtern in der Werbung gewöhnt ist (BGH GRUR 2008, 710 Rdnr. 20 – VISAGE; BPatG 30 W (pat) 56/12 – IRLAB; 26 W (pat) 528/17 – EASYQUICK; 24 W (pat) 8/14 – KIDZ ONLY; 26 W (pat) 2/09 – LINKRANK). Die Bildelemente gehen daher nicht über rein dekorative, in der Werbung gebräuchliche Hervorhebungsmittel hinaus, so dass sie den beschreibenden Charakter der Wortelemente weder aufheben noch verfremden.
55
2. Wegen der Eignung zur unmittelbaren Beschreibung liegt auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vor.
56
3. Die Schutzunfähigkeit des beanspruchten Wort-/Bildzeichens zum Anmeldezeitpunkt besteht auch unabhängig vom Anbringungsort.
57
a) Bei der Prüfung, ob das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft besteht, ist auf die Kennzeichnungsgewohnheiten im maßgeblichen Warensektor abzustellen (vgl. EuGH GRUR 2019, 1194 Rdnr. 24 und 33 – AS/DPMA [#darferdas?]; BGH GRUR 2020, 411 Rdnr. 13 – #darferdas? II; GRUR 2018, 932 Rdnr. 18 – #darferdas? I, m. w. N.;). Hierzu rechnen die Art und Weise, in der Kennzeichnungsmittel bei den betreffenden Waren üblicherweise verwendet, und insbesondere die Stelle, an der sie angebracht werden. Die Antwort auf die Frage, ob der Verkehr ein auf der Ware angebrachtes Zeichen als Hinweis auf die Herkunft oder als bloß beschreibendes oder dekoratives Element auffasst, kann nach der Art und der Platzierung des Zeichens variieren (vgl. BGH a. a. O. – #darferdas? II; a. a. O. – #darferdas? I, m. w. N.). Dabei muss die Unterscheidungskraft eines als Marke angemeldeten Zeichens unter Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen und Umstände, einschließlich sämtlicher wahrscheinlicher Verwendungsarten der angemeldeten Marke, geprüft werden (vgl. EuGH a. a. O. Rdnr. 33 – AS/DPMA [#darferdas?]; BGH a. a. O. Rdnr. 15 – #darferdas? II). Sind in der maßgeblichen Branche mehrere Verwendungsarten praktisch bedeutsam, müssen bei der Prüfung der Unterscheidungskraft alle diese verschiedenen Verwendungsarten berücksichtigt werden, um zu klären, ob der Durchschnittsverbraucher der erfassten Waren oder Dienstleistungen das Zeichen als Hinweis auf ihre betriebliche Herkunft wahrnehmen kann (vgl. EuGH a. a. O. Rdnr. 25 – AS/DPMA [#darferdas?; BGH a. a. O. – #darferdas? II]).
58
b) Auch unter Berücksichtigung sämtlicher praktisch bedeutsamer und daher wahrscheinlicher Verwendungsarten bei den beanspruchten alkoholischen Getränken, also auf Etiketten oder Verpackungen ist das Anmeldezeichen von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen wegen seines produktbeschreibenden Charakters auch schon zum maßgeblichen Anmeldezeitpunkt nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel aufgefasst worden.
59
4. Schließlich führen auch die von der Anmelderin genannten Voreintragungen zu keiner anderen Einschätzung. Wegen der Einzelheiten wird auf den ausführlichen Ladungszusatz vom 30. August 2021 Bezug genommen.


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