Patent- und Markenrecht

26 W (pat) 554/19

Aktenzeichen  26 W (pat) 554/19

Datum:
29.9.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2021:290921B26Wpat554.19.0
Spruchkörper:
26. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. September 2021 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge, des Richters Dr. von Hartz und der Richterin kraft Auftrags Dr. Rupp-Swienty
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Wortfolge
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STEARAT Plus
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ist am 7. Januar 2019 unter der Nummer 30 2019 100 124.9 zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für Waren der Klassen 3, 7 und 8 angemeldet worden.
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Mit Beschluss vom 18. Juli 2019 hat die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 3 des DPMA die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG teilweise zurückgewiesen, nämlich für die Waren der
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Klasse 3: Industrielle Schleifmittel; Flexible Schleifmittel; Diamantine [Schleifmittel]; Siliziumkarbid [Schleifmittel]; Metallkarbide [Schleifmittel]; Korund [Schleifmittel]; Schleifpapierstreifen; Schleifhandschuhe; Schleifpasten; Schleifmittel; Schleifleinen; Schleifpapier; Schleifstoffe; Schmirgel; Schmirgelleinen; Schmirgelpapier; Scheuerpulver; Sandpapierblöcke zum Spitzen von Zeichenstiften; Sandpapier zum Spitzen von Zeichenstiften; Sandpapier; Rostentfernungsmittel; Polierstein; Polierpapier; Poliermittel in Pulverform; Möbelpolituren; Glättsteine; Fußbodenpolituren; Universal-Scheuerpulver; Tripel [Poliererde]; Schmirgeltuch; Schmirgelsand;
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Klasse 7: Schleifmaschinen mit Spiralkegelrädern; Schleifwerkzeuge [Maschinenteile]; Schleifscheiben [Maschinenteile]; Schleifscheiben für Schleifmaschinen; Schleifmaschinen; Maschinen und Werkzeugmaschinen für Materialbearbeitung und Produktion;
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Klasse 8: Schleifscheiben für Scheren und Messer; Schleifgeräte für Messer und Klingen; Instrumente zum Schleifen und Schärfen; Handbetätigte Schleifwerkzeuge; Schleifscheiben [Handwerkzeuge]; Handbetätigte Schleifgeräte; Schleifsteine; Handwerkzeuge zum Schleifen, Schärfen sowie zur Oberflächenbehandlung; Handbetätigte Geräte und Werkzeuge zur Materialbearbeitung sowie für Bau-, Reparatur und Instandhaltungsarbeiten; Handwerkzeuge für Bau-, Reparatur und Instandhaltungsarbeiten.
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Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Anmeldezeichen vermittle aus Sicht der angesprochenen Verbraucher, gewerblichen Abnehmer und Fachverkehrskreise für die zurückgewiesenen Waren einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt. Der Begriff „STEARAT“ bezeichne die Salze und Ester der Stearinsäure. Im einschlägigen Warensektor werde Stearat insbesondere zur Beschichtung von Schleifmitteln eingesetzt, wie eine Internetsuche ergeben habe, die neben lexikalischen Nachweisen ein gängiges Recherchemittel im Markenprüfungsverfahren darstelle. Stearat verhindere das Verstopfen/Zusetzen der Schleifmitteloberfläche, ermögliche eine bessere Abtragleistung und erhöhe die Lebensdauer des Schleifprodukts. Ein erheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs werde diesen Bedeutungsgehalt ohne weiteres verstehen. Das Wort „Plus“ stehe für „Vorteil, Vorzug, Positivum“ und werde als Werbeschlagwort in vielen Waren- und Dienstleistungsbereichen beschreibend verwendet, um auf eine zusätzliche, verbesserte Eigenschaft, einen Vorteil, Vorzug oder ein Mehr an Leistung, Inhalt, Verbesserung oder Neuerung im Vergleich zum Üblichen und bisher Bekannten hinzuweisen. In der Gesamtheit werde das Anmeldezeichen vom angesprochenen Publikum im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Waren der Klassen 3, 7 und 8 daher ohne weiteres Nachdenken als schlagwortartiger Sachhinweis auf zusätzliche, verbesserte Eigenschaften, einen Vorteil oder Vorzug durch Stearat oder auf ein Mehr von Stearat und damit auf die Beschaffenheit und Qualität der Produkte verstanden. Alle tenorierten Waren aus dem Schleif- und Poliermittelsektor könnten entweder selbst oder in Teilen Stearat als Beschichtung enthalten und gegenüber anderen Produkten – in welcher Form auch immer – ein „Plus“ bzw. einen Vorteil oder eine Verbesserung aufweisen. Dabei genüge es für die Versagung von Warenoberbegriffen, wenn sich auch nur für eine spezielle, unter den Oberbegriff fallende Ware ein Eintragungshindernis ergebe. Die aus Sachangaben zusammengesetzte und lexikalisch nicht nachweisbare Wortneubildung weise keine ungewöhnliche Struktur oder sonstige Besonderheiten syntaktischer oder semantischer Art auf, die vom rein beschreibenden Aussagegehalt wegführen könnten, zumal der Verkehr daran gewöhnt sei, ständig mit neuen Begriffen und Wortfolgen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Hinweise in einprägsamer Form übermittelt würden. Eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit liege nicht vor, weil es für die Versagung der Eintragung ausreiche, wenn – wie hier – das Anmeldezeichen in einer seiner Bedeutungen ein Merkmal der in Rede stehenden Waren beschreibe. Eine gewisse Unschärfe sei unvermeidbar und gewollt, um einen möglichst weiten Bereich warenbezogener Eigenschaften erfassen zu können. Der Wechsel von Großbuchstaben zu Normalschrift sei ein werbeübliches Gestaltungsmittel. Der vorliegende Fall sei auch nicht mit der „LOGO“-Entscheidung des BGH (GRUR 2000, 722) vergleichbar, weil die angemeldete Wortfolge weder unscharf noch verschiedenen Deutungen zugänglich sei. Im Vergleich zu den BGH-Entscheidungen „Radio von hier“ und „Partner with the best“ weise das Anmeldezeichen weder von der sprachlichen Bildung noch von ihrem Sinngehalt her eine Besonderheit auf, die über eine rein beschreibende Aussage hinausgehe. Nur für die Waren „Entkalkungsmittel für Haushaltszwecke“ der Klasse 3 und „Handwerkzeuge zum Schneiden und Bohren“ der Klasse 8 sei das Anmeldezeichen schutzfähig.
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Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Sie ist der Ansicht, dem Anmeldezeichen komme aufgrund seiner gewissen Vagheit nach dem Verständnis der angesprochenen Verbraucher für die zurückgewiesenen Waren kein beschreibender Charakter zu. Dabei sei auf die Gesamtbezeichnung abzustellen, die nicht als Begriff des alltäglichen Lebens gewertet werden könne, deren Bedeutung den angesprochenen Verkehrskreisen nicht bekannt sei und die von der Mehrheit, insbesondere vom Endverbraucher nachgeschlagen werden müsse. Im Duden werde die Häufigkeit der Nutzung des Begriffs „Stearat“ im Alltag als sehr gering eingeschätzt. Außerdem unterscheide sich der Begriff „Stearat“ erkennbar von dem Wort „Stearinsäure“. Bei dem Anmeldezeichen handele es sich um einen weit auszulegenden, außergewöhnlichen, äußerst einprägsamen, weil originellen und seltenen Begriff, der eng mit dem Sinn und Zweck des dahinterstehenden Unternehmens verbunden sei. Die angemeldete Wortfolge weise weder auf irgendeine Produktionsweise noch auf irgendeine Betriebs- oder Benutzungsart hin. Sie rufe eine Vielzahl von Bedeutungen und Suggestionen hervor. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ziehe der Durchschnittsverbraucher aus der beanspruchten Wortfolge keine Rückschlüsse auf etwaige chemische Kombinationen wie Ester und Salze. Der beschreibende Gehalt lasse sich nur in mehreren gedanklichen Schritten ermitteln. Auch die Wortzeichen „simplify Internet“ (BPatG 29 W (pat) 113/05), „simplify your success“ (32 W (pat) 120/05), „LOKMAUS“ (BGH GRUR 2005, 578), „LOGO“ (GRUR 2000, 722) und „studiVZ, schülerVZ und „meinVZ“ (LG Hamburg, Urt. v. 2. Oktober 2008 – 312 O 464/08) seien als nicht beschreibend und daher schutzfähig angesehen worden. Genauso wie in den BGH-Entscheidungen zu „Radio von hier“ (GRUR 2000, 321) und „Partner with the best“ (GRUR 2000, 323) eigne sich die Gesamtbezeichnung nicht als unmissverständliche Merkmalsangabe, weshalb auch ein öffentliches Interesse an der Freihaltung des Begriffs nicht bestehe, zumal nur genau definierte Begriffe potentiell zur Merkmalsbezeichnung benutzt werden könnten. Der Begriff sei zu speziell. Die reine Vermutung, dass etwaige Waren der betroffenen Klassen Bestandteile der Stearinsäure enthalten könnten, rechtfertige nicht die Annahme eines Schutzhindernisses. Das Ergebnis einer Internetrecherche habe für die Frage der Schutzfähigkeit keine Aussagekraft. Denn die Suchmaschinen arbeiteten mit den unterschiedlichsten Algorithmen, lieferten die unterschiedlichsten Ergebnisse zu den unterschiedlichsten Zeiten und könnten nicht bestätigen, ob ein Ausdruck existiere oder wie er verwendet werde.
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Die Anmelderin ist in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Sie beantragt mit Schriftsatz vom 23. August 2019 sinngemäß,
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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des DPMA vom 18. Juli 2019 aufzuheben.
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Mit gerichtlichem Schreiben vom 20. Oktober 2020 ist die Beschwerdeführerin unter Beifügung von Recherchebelegen (Anlagen 1 bis 8, Bl. 30 – 44 GA) auf die Schutzunfähigkeit des Anmeldezeichens hingewiesen worden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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Die nach §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
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Der Eintragung der angemeldeten Wortfolge „STEARAT Plus“ als Marke für die zurückgewiesenen Waren der Klassen 3, 7 und 8 stehen sowohl das Eintragungshindernis der Freihaltebedürftigkeit gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG als auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung deshalb zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
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1. a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Diese Bestimmung verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die ein Merkmal oder mehrere Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Wirtschaftsteilnehmern, die solche Waren oder Dienstleistungen anbieten, frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (EuGH GRUR 2011, 1035 Rdnr. 37 – Agencja Wydawnicza Technopol/HABM [1000]; BGH GRUR 2021, 1195 Rdnr. 13 f. – Black Friday; GRUR 2017, 186 Rdnr. 38 – Stadtwerke Bremen).
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Ob ein Zeichen oder eine Angabe beschreibend ist, bestimmt sich nach dem Verständnis der Verkehrskreise, die als Abnehmer oder Interessenten der betroffenen Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommen (vgl. EuGH, GRUR 1999, 723 Rdnr. 29 – Windsurfing Chiemsee [Chiemsee]; BGH a. a. O. Rdnr. 14 – Black Friday; GRUR 2009, 669 Rdnr. 16 – POST II). Dabei ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise zum Anmeldezeitpunkt abzustellen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 682 Rdnr. 23 – 25 – Bostongurka; a. a. O. – Windsurfing Chiemsee [Chiemsee]; BGH a. a. O. Rdnr. 19 – Black Friday; a. a. O. – Stadtwerke Bremen).
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Ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG setzt nicht voraus, dass die Zeichen und Angaben nach dem zum Zeitpunkt der Anmeldung bestehenden Verkehrsverständnis bereits tatsächlich für die Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibend verwendet werden. Wie sich aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt, genügt es, dass die Zeichen oder Angaben diesem Zweck dienen können. Ein Freihaltebedürfnis liegt deshalb auch vor, wenn die Benutzung der angemeldeten Marke als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber jederzeit in Zukunft erfolgen kann (vgl. EuGH GRUR 2010, 534 Rdnr. 52 – Prana Haus GmbH/HABM [PRANAHAUS]; GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 – HABM/Wrigley [Doublemint]; GRUR 2004, 680 Rdnr. 38 – Campina Melkunie [BIOMILD]; BGH a. a. O. – Black Friday; a. a. O. Rdnr. 42 – Stadtwerke Bremen).
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b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die angemeldete Wortfolge „STEARAT Plus“ schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 7. Januar 2019, zumindest aus Sicht des Fachverkehrs geeignet gewesen, die Beschaffenheit der zurückgewiesenen Waren unmittelbar zu beschreiben.
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aa) Von den angemeldeten Produkten der Klassen 3, 7 und 8 werden sowohl der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher wie Heimwerker, Bastler oder Hobbyhandwerker als auch Fachverkehrskreise wie Industrie- und Handwerksbetriebe sowie der Fachhandel für Schleifmittel und -geräte angesprochen.
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bb) Das Anmeldezeichen besteht aus den Bestandteilen „STEARAT“ und „Plus“. Der Grundsatz der Gesamtbetrachtung schließt es nicht aus, dass die einzelnen Markenbestandteile zunächst getrennt geprüft werden (EuGH a. a. O. Rdnr. 43 – Prana Haus GmbH/HABM [PRANAHAUS]).
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aaa) „STEARAT“ bezeichnet „Salze und Ester der Stearinsäure“. Die Stearinsäure ist eine gesättigte Fettsäure, die als Glycerinester in praktisch allen pflanzlichen und tierischen Fetten vorkommt. Stearin, ein festes, wachsartiges aus einem Gemisch
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von Stearinsäure und Palmitinsäure bestehendes Produkt, wird aus Rindertalg durch Verseifung gewonnen und dient zur Herstellung von Seifen, Salben und Kerzen (https://www.duden.de/rechtschreibung/Stearat; https://www.duden.de/rechtschreibung/Stearinsaeure; https://www.duden.de/rechtschreibung/Stearin; Brockhaus, Enzyklopädie, 21. Aufl., Band 26, 2006, Stichwort: Stearinsäure, S. 198 f., Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis; https://www.chemie-schule.de/KnowHow/Kategorie:Stearat, Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis; Duden, Das Wörterbuch chemischer Fachausdrücke, 2003, Stichwort: Stearat, Anlage 3 zum gerichtlichen Hinweis; Lexikon der Chemie, Dritter Band, 1999, Stichwort: Stearinsäure, S. 267, Anlage 4 zum gerichtlichen Hinweis; Der Brockhaus, Naturwissenschaft und Technik, Mannheim 2003, Band 3, Stichwort: Stearinsäure, Anlage 5 zum gerichtlichen Hinweis).
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bbb) Schleifmittel sind schon lange vor dem Anmeldetag, dem 7. Januar 2019, mit Stearat beschichtet worden, um das Zusetzen des Schleifmittels selbst sowie der Schleifmitteloberfläche von Aluminium, Kupfer, Messing, Kunststoff, Lack oder anderen stark schmierenden Materialien durch Staub und Farbpartikel dauerhaft zu verhindern. Dies haben sowohl die Internetsuche des DPMA als auch eine entsprechende Recherche des Senats ergeben:
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– „ … Für den Einsatz beim Lackschliff & Metallschliff werden Schleifmittel, teilweise zusätzlich, mit Stearat beschichtet. Durch das Stearat wird das Schleifmittel weniger Anfällig für die hohe Hitze, während des Schleifvorganges. Es erfolgt durch das Stearat ein Kühlen des Schleifkorns, wodurch eine längere Standzeit und ein gutes Finishing erzielt wird. Besonders gerne werden Stearat beschichtete Schleifmittel bei handgeführten Maschinen verwendet (Exzenter, Schwingschleifer etc. …). …“ (2. September 2015, Anlage 7 zum gerichtlichen Hinweis);
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– „MENZER Platinum – Der Spezialist für den Innenausbau – … Hochwertiges Halbedelkorund und die zusätzliche Stearat-Beschichtung MENZER CollTec sorgen für lange Standzeiten und einen überdurchschnittlichen Abtrag. Das Schleifmittel ist antistatisch und verringert so das Zusetzen mit Schleifstaub.“ (https://www.menzer-tools.com/de/schleifmittel/linien, 14. Dezember 2016, Abdruck im gerichtlichen Hinweis);
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– „ Schleifbögen günstig kaufen für alle marktüblichen Schwingschleifer … Schleifbögen mit Stearat eignen sich sehr gut zur Bearbeitung von eher weicheren Materialien wie Lacken und Kunststoffen, die aufgrund der Wärmeentwicklung beim Schleifvorgang zur Klebrigkeit neigen. Durch die hochwertige Beschichtung wird der Schleifprozess „kühler“ gehalten und das Schleifmittel zersetzt sich nicht. …“ (https://www.miotools.de/schleifmittel/schleifboegen, 13. April 2016, Abdruck im gerichtlichen Hinweis);
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– Die Schleifpäpstin OK-STEINL … Delta-Schleifblätter Universal ungelocht … Korn: Korund (Aluminiumoxid) mit Stearat beschichtet! … Die Klettschleifblätter im Dreiecksformat eignen sich zum universellen Schleifen für Lacke, Farben, Gips, Spachtel und Holz. … Die spezielle Wirkstoffbeschichtung der Schleifblätter mit Stearat verzögert das Zusetzen mit Schleifstaub und sorgt so für lange Standzeiten. …“ (https://www.die-schleifpäpstin.de/delta-schleifscheiben_deltaschleifpapier/ok-steinl, Abdruck im gerichtlichen Hinweis);
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– „Schreiner ZEITUNG – Verklebung reduziert die Standzeit – Lackschichten bestehen aus gehärteten Ölen oder Kunststoffen, können relativ elastisch weich oder sehr hart sein und reagieren auf Wärme, wodurch der Schleifstaub verkleben kann und sich zwischen den Schleifkörnern festsetzt. Mit einer Stearat-Beschichtung wird bei Lackschleifpapieren dieses Ankleben verhindert. Das
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– Stearat wirkt gräulich-weiss. Wird es aufgeschmolzen, … ist es nicht sichtbar. Die Beschichtung baut sich durch die Benutzung langsam ab, verlängert dadurch aber die Lebensdauer des Schleifpapiers. …“ (https://www.schreinerzeitung.ch/de/artikel/einer-der-heikelsten-arbeitsschritte, 26. Oktober 2017, Abdruck im gerichtlichen Hinweis);
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– „ddsONLINE … Das Stearat verringert das Anhaften von abgetragenem Schleifstaub; dieser kann leichter abgesaugt werden. Ein weiterer Vorteil ist der leicht kühlende Schliff auf Lacken, die durch ihre Thermoplastizität zum Schmelzen neigen. Bei gleicher Korngröße kann ein mit Stearat beschichtetes Schleifmittel einen feineren Schliff erzielen als ein ohne Stearat beschichtetes Band. …“ (https://www.dds-online.de/technik/schleiftechnik-im-handwerk/, Schleiftechnik im Handwerk, 3. April 2006, Abdruck im gerichtlichen Hinweis);
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– „Zwischenschliff mit stearatbeschichteten Bändern – Es ist vielfach von Vorteil stearatbeschichtete Bänder zu benutzen, wenn man einen hochqualitativen Zwischenschliff benötigt. Dadurch wird ein optimales Schleifergebnis erzielt. Stearatbeschichtete Bänder haben viele Vorteile:
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– konstanter Abtrag während der gesamten Laufzeit
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– das Schleifergebnis ist gleichmäßiger
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– die Oberfläche des Bandes ist Staub- und Schmutzabweisend
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– lange Lebensdauer durch geringes zusetzen …
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(http://www.rs- schleiftechnik.org/downloads/mirkaeffektivesschleifenvonholz.pdf, 2005, Abdruck im gerichtlichen Hinweis);
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– „Beschichtungen mit Mehrwert – Stearat verringert das Anhaften von Schleifstaub und gewährleistet so eine längere Standzeit des Schleifmittels, zusätzlich erzielt es einen kühlenden Schliff auf Werkstoffen, die durch Thermoplastizität zum Schmelzen neigen. Bei gleicher Korngröße, kann ein mit Stearat beschichtetes Schleifmittel einen feineren Schliff erzielen als ohne Stearat.“ (http://www.ekamant.de/images/download/Ekamant_Jumbo_Programm_2017.pdf, 2017, Abdruck im gerichtlichen Hinweis);
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– „… Zusätze – Geeignete Zusätze können Schleifmittel in ihren Eigenschaften erheblich verbessern. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Wirkstoffbeschichtung. … Die Wirkstoffbeschichtung wird auf Schleifmitteln mit Kunststoffbindung eingesetzt. Dabei wird die Schleifoberfläche mit Calciumstearat überzogen. Dieses wachsähnliche Deckmaterial erschwert die Ablagerung von Staub, insbesondere von Farb- und Lackpartikeln an der Schleifmitteloberfläche. Dadurch wird ein vorzeitiges Zusetzen des Schleifmittels verhindert und somit die Standzeit erheblich, teilweise um das Vierfache, verlängert.“ (https://www.baumarktwissen.eu/Medien/mdb/data/de/24063/24069/23679/schleifpapier.html, 21. April 2015, Abdruck im gerichtlichen Hinweis);
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– „C470-Schleifmittel „Best for Wood and Paint“ mit Stearatbeschichtung“ Die Beschichtung mit Stearat hat sich besonders beim Schleifen von Farbe, Lack und Spachtel bestens bewährt. Durch das einzigartige Beschichtungsverfahren wird das Stearat gleichmäßig über dem Deckbinder verteilt. Mit dem Ergebnis, dass das Stearat den sehr leichten Lackstaub zu Klumpen verbindet, die dann wiederum leichter abgesaugt werden können. Zusätzlich wirkt sich Stearat beim Lackschleifen kühlend auf Lacke aus.
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Vorteile der Stearatbeschichtung
42
– verhindert das Verstopfen
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– bessere Abtragsleistung
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– bis zu viermal längere Lebensdauer als Schleifmittel ohne Spezialbeschichtung“
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(http://www.bosch-pt.com/PT_AC/de/media/de/ac_professional/files_7/Bosch-AC_Zubehoerkatalog_Segmentkatalog-6-Edition-2__DEATCHDE.pdf, 1. Oktober 2014, Abdruck im gerichtlichen Hinweis).
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Aufgrund dieser Feststellungen ist davon auszugehen, dass zumindest dem Fachverkehr der Begriff und die Bedeutung von Stearat vor dem Anmeldetag bekannt und geläufig gewesen sind. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin besteht auch kein Anlass an der Zuverlässigkeit der Internetergebnisse zu zweifeln, weil verschiedene, auch bekannte Firmen sowie gängige Fachzeitschriften und -foren übereinstimmend die Vorteile einer Stearatbeschichtung bei Schleifmitteln hervorheben.
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ccc) Der Bestandteil „Plus“ steht für „Vorteil, Vorzug, Positivum“ und wird als Werbeschlagwort in vielen Waren- und Dienstleistungsbereichen beschreibend verwendet, um auf eine zusätzliche, verbesserte Eigenschaft oder ein Mehr vom Üblichen, sei es Inhalt, Leistungen oder Neuerungen hinzuweisen, wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat (https://www.duden.de/rechtschreibung/Plus; BPatG 30 W (pat) 533/17 – PatentienverfügungPlus; 28 W (pat) 629/12 – EcoPlus; 25 W (pat) 107/12 – TapePlus; 30 W (pat) 140/97 – PLUS).
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cc) In der Gesamtheit hat daher zumindest der angesprochene inländische Fachverkehr, dessen alleiniges Verständnis ausschlaggebend sein kann (EuGH MarkenR 2013, 110 Rdnr. 71 – Abbott Laboratories/HABM [RESTORE]; GRUR 2010, 534 – PRANAHAUS; GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 682 Rdnr. 26 – Bostongurka; BPatG 26 W (pat) 507/17 – SMART SUSTAINABILITY; 24 W (pat) 18/13 – CID; 26 W (pat) 550/10 – Responsible Furniture; MarkenR 2007, 527, 529 f. – Rapido), die um Schutz nachsuchende Wortfolge „STEARAT Plus“ schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 7. Januar 2019, im Sinne von „Stearat und Mehr“ bzw. „Stearat mit zusätzlicher/verbesserter Eigenschaft“ verstanden.
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dd) In diesem Sinne hat selbst die Anmelderin die angemeldete Wortfolge verwendet. Denn am 8. Juni 2018 und damit vor dem Anmeldetag ist in der Zeitschrift „blechnet – Für Profis der Blech- und Rohrbearbeitung“ (Anlage 8 zum gerichtlichen Hinweis) unter dem Titel „Schleifen von anspruchsvollen NE-Metallen und Aluminium“ berichtet worden, dass die „Stearat Plus Fiberscheibe XF733 von VSM … nach Herstellerangaben das Schleifen von anspruchsvollen NE-Metallen und Aluminium“ verbessere. „Eine verringerte Spananhaftung und somit weniger Zusetzen sorgen für doppelten Abtrag bei doppelter Standzeit. … Denn Stearat Plus verringere die Spananhaftung deutlich und löse damit eines der größten Probleme beim Schleifen dieser Werkstoffe: das schnelle Zusetzen des Schleifmittels.“
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ee) Damit erschöpft sich das Anmeldezeichen aus Sicht der angesprochenen Fachverkehrskreise in der schlagwortartigen unmittelbaren Beschreibung der Beschaffenheit der zurückgewiesenen Produkte.
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aaa) Über die in Klasse 3 versagten Schleifmittel und -stoffe sowie Polituren sagt das Anmeldezeichen nur aus, dass sie Stearat enthalten bzw. mit Stearat beschichtet sind, das eine Mehrleistung erbringt.
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bbb) Bei den Schleifmaschinen und Schleifwerkzeugen der Klasse 7 gibt es lediglich an, dass deren Schleifscheiben mit Stearat beschichtet sind, das eine zusätzliche positive Eigenschaft besitzt.
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ccc) Bei den Schleifscheiben der Klasse 8 weist die angemeldete Wortfolge nur beschreibend darauf hin, dass sie mit verbessertem Stearat beschichtet sind. Bei den Schleifgeräten und Werkzeugen der Klasse 8 gibt es an, dass deren Schleifscheiben mit leistungsfähigerem Stearat ausgestattet sind.
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ff) Da die Eignung zur Beschreibung festgestellt worden ist, bedarf es für die Begründung des Eintragungshindernisses wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnisses keines weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweises, dass und in welchem Umfang die angegriffene Marke als beschreibende Angabe bereits vor dem Anmeldezeitpunkt bekannt war oder verwendet wurde. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt, dass sie diesem Zweck dienen kann.
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gg) Soweit unklar bleibt, worin die Mehrleistung besteht, vermag dieser Umstand keine Schutzfähigkeit zu begründen. Denn die Annahme einer beschreibenden Bedeutung setzt nicht voraus, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt und sich damit eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat. Von einem beschreibenden Begriff kann vielmehr auch auszugehen sein, wenn das Zeichenwort verschiedene Bedeutungen hat, sein Inhalt vage und nicht klar umrissen ist oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren beschreibt (BGH GRUR 2017, 520 Rdnr. 32 – MICRO COTTON; GRUR 2014, 872 Rdnr. 25 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 569, Rdnr. 18 – HOT; GRUR 2013, 522, Rdnr. 13 – Deutschlands schönste Seiten). Der allein durch die verschiedenen Deutungsmöglichkeiten hervorgerufene Interpretationsaufwand der angesprochenen Verkehrskreise reicht für die Bejahung einer Unterscheidungskraft nicht aus (BGH a. a. O., Rdnr. 24 – HOT; GRUR a. a. O. Rdnr. 28 – Gute Laune Drops).
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hh) Da das Anmeldezeichen sprachüblich zusammengesetzt ist (vgl. BPatG 30 W (pat) 533/17 – PatentienverfügungPlus; 28 W (pat) 629/12 – EcoPlus; 25 W (pat) 107/12 – TapePlus), fehlt es an Besonderheiten in syntaktischer oder semantischer Hinsicht, die die gewählte Kombination als ungewöhnlich erscheinen lassen und eine Unterscheidungskraft begründen könnten (EuGH a. a O. Rdnr. 98 – 100 – Postkantoor; GRUR 2004, 680 Rdnr. 39 – 41 – Campina Melkunie [BIOMILD]; BGH GRUR 2009, 949 Rdnr. 13 – My World). Von einer unüblichen, fantasievollen Wortverbindung, die erst nach analysierender Betrachtungsweise als beschreibende Angabe verstanden wird, kann daher entgegen der Auffassung der Anmelderin nicht ausgegangen werden.
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ii) Auch die durchgehende Großschreibung des ersten Bestandteils „STEARAT“ kann dem Anmeldezeichen keine Schutzfähigkeit verleihen, weil der Verkehr an die willkürliche und nicht den grammatikalischen Regeln folgende Groß- und Kleinschreibung von Wörtern in der Werbung gewöhnt ist (BGH GRUR 2008, 710 Rdnr. 20 – VISAGE; BPatG 30 W (pat) 56/12 – IRLAB; 26 W (pat) 528/17 – EASYQUICK; 24 W (pat) 8/14 – KIDZ ONLY; 26 W (pat) 2/09 – LINKRANK).
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2. Wegen der Eignung zur unmittelbaren Beschreibung liegt auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vor.
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3. Die Schutzunfähigkeit der angemeldeten Wortfolge zum Anmeldezeitpunkt besteht auch unabhängig vom Anbringungsort.
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a) Bei der Prüfung, ob das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft besteht, ist auf die Kennzeichnungsgewohnheiten im maßgeblichen Warensektor abzustellen (vgl. EuGH GRUR 2019, 1194 Rdnr. 24 und 33 – AS/DPMA [#darferdas?]; BGH GRUR 2020, 411 Rdnr. 13 – #darferdas? II; GRUR 2018, 932 Rdnr. 18 – #darferdas? I, m. w. N.;). Hierzu rechnen die Art und Weise, in der Kennzeichnungsmittel bei den betreffenden Waren üblicherweise verwendet, und insbesondere die Stelle, an der sie angebracht werden. Die Antwort auf die Frage, ob der Verkehr ein auf der Ware angebrachtes Zeichen als Hinweis auf die Herkunft oder als bloß beschreibendes oder dekoratives Element auffasst, kann nach der Art und der Platzierung des Zeichens variieren (vgl. BGH a. a. O. – #darferdas? II; a. a. O. – #darferdas? I, m. w. N.). Dabei muss die Unterscheidungskraft eines als Marke angemeldeten Zeichens unter Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen und Umstände, einschließlich sämtlicher wahrscheinlicher Verwendungsarten der angemeldeten Marke, geprüft werden (vgl. EuGH a. a. O. Rdnr. 33 – AS/DPMA [#darferdas?]; BGH a. a. O. Rdnr. 15 – #darferdas? II). Sind in der maßgeblichen Branche mehrere Verwendungsarten praktisch bedeutsam, müssen bei der Prüfung der Unterscheidungskraft alle diese verschiedenen Verwendungsarten berücksichtigt werden, um zu klären, ob der Durchschnittsverbraucher der erfassten Waren oder Dienstleistungen das Zeichen als Hinweis auf ihre betriebliche Herkunft wahrnehmen kann (vgl. EuGH a. a. O. Rdnr. 25 – AS/DPMA [#darferdas?; BGH a. a. O. – #darferdas? II]).
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b) Auch unter Berücksichtigung sämtlicher praktisch bedeutsamer und daher wahrscheinlicher Verwendungsarten bei den zurückgewiesenen Schleifmitteln und -geräten, also auf Etiketten, Schildern, Gravuren oder Verpackungen ist das Anmeldezeichen von den angesprochenen inländischen Fachverkehrskreisen wegen seines produktbeschreibenden Charakters auch schon zum maßgeblichen Anmeldezeitpunkt nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel aufgefasst worden.
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4. Schließlich führen auch die von der Anmelderin genannten Entscheidungen zu keiner anderen Einschätzung.
63
a) Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Wortmarke „Radio von hier, Radio wie wir“ (GRUR 2000, 321 – Radio von hier) ist überholt. In diesem Beschluss vom 8. Dezember 1999 hat der BGH die sloganartige Wortfolge „Radio von hier, Radio wie wir“ vor allem wegen ihrer Mehrdeutigkeit als unterscheidungskräftig eingestuft. Neben unmittelbar produktbeschreibenden Aussagen dieses Werbeslogans hat er diesem auch einen Hinweis auf die Herkunft der Dienstleistung von einem örtlichen Rundfunksender oder eine Aufforderung zur Identifikation des Zuhörers mit der Dienstleistung des Anbieters entnommen, weshalb er einen ausschließlich beschreibenden Inhalt verneint hat. Diese BGH-Entscheidung ist aber vor der grundlegenden Rechtsprechungsänderung durch den EuGH in seinen Urteilen vom 23. Oktober 2003 zu „Doublemint” (GRUR 2004, 146 Rdnr. 32) und vom 12. Februar 2004 zu „BIOMILD” (GRUR 2004, 680 Rdnrn. 38 – 24) ergangen. Seitdem kann ein Wortzeichen schon dann von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen beschreibt. Ein ausschließlich beschreibender Inhalt für die Annahme der Schutzunfähigkeit wird seitdem auch vom BGH unter Bezugnahme auf die vorgenannte EuGH-Rechtsprechung nicht mehr verlangt. In seinen Entscheidungen zu SPA II (GRUR 2008, 900, juris-Tz. 15) und POST II (GRUR 2009, 669 juris Tz. 11) stellt er klar, dass von einem die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Begriff auch auszugehen sein kann, wenn das Markenwort verschiedene Bedeutungen hat und nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt (vgl. BPatG 26 W (pat) 522/18 – Von hier. Für uns.).
64
b) Dies gilt auch für die Entscheidungen zu „Partner with the best“ (BGH GRUR 2000, 323) und zu „LOGO“ (BGH GRUR 2000, 722), in denen der BGH noch angenommen hat, dass eine Schutzunfähigkeit nur dann vorliegt, wenn der Werbeslogan bzw. das Wortzeichen einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat. Hinzu kam aber auch, dass sich im Unterschied zum vorliegenden Fall ein eindeutig warenbeschreibender Inhalt der beiden Anmeldezeichen nicht erkennen ließ.
65
c) In der BGH-Entscheidung zu „LOKMAUS“ (GRUR 2005, 578) ist die Schutzfähigkeit nur für Waren und Dienstleistungen bejaht worden, für die das Anmeldezeichen aus Sicht des Verkehrs keinen beschreibenden Charakter hatte.
66
d) Abgesehen davon, dass die hier angemeldete Wortfolge keinen Werbeslogan darstellt, sind die beiden Slogans „simplify Internet“ (BPatG 29 W (pat) 113/05) und „simplify your success“ (32 W (pat) 120/05) erst nach Einschränkung auf die Dienstleistung „Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung“ als eintragungsfähig angesehen worden, weil es sich um eine technische Dienstleistung handele, die unabhängig vom Inhalt der abrufbaren Daten erbracht werde. Diese Differenzierung zwischen Technik und Inhalt ist ebenfalls seit 2010 überholt. Zwischen der technischen Dienstleistung und der Contentvermittlung besteht ein so enger Bezug, dass das entsprechende Verkehrsverständnis zwischen Technik und Inhalt insoweit nicht mehr trennt. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung seit 2010 (vgl. BPatG 30 W (pat) 577/20 – CAPE IT; 30 W (pat) 25/19 – EINMAL Camping IMMER Camping!; 30 W (pat) 19/20 – Obandln; 25 W (pat) 585/19 – ImmoShares; 30 W (pat) 26/19 – Jurabot; 29 W (pat) 22/15 – Substantial Media, 29 W (pat) 507/16 – HEADLINE 24; 30 W (pat) 548/14 – DRIVE & TRACK; 29 W (pat) 223/04 – Dating TV; 29 W (pat) 59/10 – dress-for-less; 27 W (pat) 525/14 – Therapie.TV; 29 W (pat) 525/13 – The European; 30 W (pat) 16/14 – eDetect; 26 W (pat) 72/14 – Shopping Compass; 26 W (pat) 67/13 – Bwnet; 26 W (pat) 526/14 – Gold; vgl. auch BGH GRUR 2010, 1100, 1102 Rdnr. 22 – TOOOR!).
67
e) Die Wortmarken „studiVZ, schülerVZ und „meinVZ“ (LG Hamburg, Urt. v. 2. Oktober 2008 – 312 O 464/08, MMR 2009, 135) sind in einem Verletzungsverfahren nur wegen des Akronyms „VZ“ als kennzeichnungskräftig eingestuft worden, weil es weder die gebräuchliche Abkürzung für „Verzeichnis“ sei, noch habe es sich bei den so gekennzeichneten Diensten um Verzeichnisse im eigentlichen Sinne, sondern um Internetnetzwerke gehandelt, die vorrangig der Förderung der Kommunikation ihrer Mitglieder und nicht deren Auflistung dienen. Einen vergleichbar unklaren Bestandteil weist das vorliegende Anmeldezeichen nicht auf.


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