Patent- und Markenrecht

29 W (pat) 505/19

Aktenzeichen  29 W (pat) 505/19

Datum:
21.4.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2021:210421B29Wpat505.19.0
Spruchkörper:
29. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. April 2021 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber und der Richterinnen Akintche und Lachenmayr-Nikolaou
beschlossen:
3. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23.10.2018 insoweit aufgehoben, als der Widerspruch aus der Marke UM 002 715 670 im Umfang der Dienstleistungen der Klasse 35 zurückgewiesen wurde.
Im Umfang der vorgenannten Dienstleistungen wird die Löschung der Marke DE 30 2017 004 599 angeordnet.
4. Im Übrigen wird die Beschwerde der Widersprechenden zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die angegriffene Wortmarke 30 2017 004 599
2
DLOHN..der Lohn
3
ist am 22. Februar 2017 angemeldet und am 21. März 2017 für die Waren und Dienstleistungen der
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Klasse 09:Software; Computerhardware;
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Klasse 35: Beratung in Bezug auf Lohn- und Gehaltsabrechnungen; Beratungsdienste in Steuerangelegenheiten; Buchführung und Buchhaltung; Buchprüfung; Computergeschützten
(Anm.: es dürfte “computergestützte” gemeint sein) Lohn- und Gehaltsabrechnungen; Unternehmensberatung in Bezug auf die Festlegung von Lohn-, Gehalts- und Einstufungsstrukturen;
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Klasse 42: Softwaredesign; Softwareentwicklung; Installation von Computersoftware; Wartung von Computersoftware; Vermietung von Computersoftware; Hostingdienste;
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in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden. Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 21. April 2017.
8
Gegen die Eintragung dieser Marke hat die Beschwerdeführerin aus ihrer am 28. November 2003 eingetragenen Unions-Wort-/Bildmarke 002 715 670
9
Widerspruch erhoben. Die Widerspruchsmarke genießt neben Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 38, 41 und 42 Schutz auch für die folgenden Dienstleistungen der
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Klasse 35: Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten.
11
Der Widerspruch ist beschränkt aus den vorgenannten Dienstleistungen der Klasse 35 erhoben worden.
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Die Markenstelle für Klasse 35 des DPMA hat mit Beschluss vom 23. Oktober 2018 den Widerspruch zurückgewiesen, weil eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken nicht vorliege. Zwischen den Widerspruchsdienstleistungen “Unternehmensverwaltung” und den angegriffenen Dienstleistungen “Unternehmensberatung in Bezug auf die Festlegung von Lohn- und Gehalts- und Einstufungsstrukturen” könne eine Ähnlichkeit im mittleren Bereich festgestellt werden. Zwischen der “Geschäftsführung” der Widersprechenden und den angegriffenen Diensten “Buchführung und Buchhaltung” bestehe eine hochgradige Ähnlichkeit bis hin zur Identität, da die Buchführung begrifflich zu den Diensten der Geschäftsführung gehöre. Ob und in welchem Grad weitere Ähnlichkeiten der angegriffenen Dienstleistungen und/oder Waren mit den Widerspruchsdienstleistungen bestünden, könne dahingestellt bleiben, da selbst bei unterstellter Identität keine Verwechslungsgefahr gegeben sei. Die Widerspruchsmarke verfüge über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft und einen normalen Schutzumfang, denn konkrete Anhaltspunkte, die für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft des Gesamtzeichens sprächen, seien weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Auch wenn das Element “lohn” in der Marke vorkomme und dieses im Hinblick auf die relevanten Dienste der Klasse 35 als kennzeichnungsschwach einzustufen sei, weil es als beschreibender Hinweis auf den Gegenstand der Dienstleistungen im Lohnbereich aufgefasst werde, könne daraus nicht auf die Kennzeichnungskraft der Gesamtmarke geschlossen werden; durch die weiteren Buchstabenelemente “ed” und das grafische, vorangestellte Element eines “Größer-als-Zeichens” sei die Widerspruchsmarke hinreichend fantasievoll gebildet. In bildlicher Hinsicht seien die Vergleichsmarken sicher auseinanderzuhalten, denn die in der Widerspruchsmarke enthaltenen zusätzlichen Elemente in Form des Buchstabens “e”, des grafischen “Größer-als-Zeichens”, des Fettdrucks dieses Zeichens sowie der ersten Buchstaben “ed” fänden in der angegriffenen Marke keinerlei Entsprechung. Davon unterscheide sich die teilweise in Großbuchstaben geschriebenen Wortmarke “DLOHN..der Lohn” durch die zusätzliche Aussage “der Lohn” am Zeichenende und die beiden Punkte deutlich. Auch im klanglichen Vergleich fielen die zusätzlichen Elemente “der Lohn” der angegriffenen Marke deutlich ins Gewicht. Allerdings werde die angegriffene Marke nur durch den Bestandteil “DLOHN” geprägt, denn bei “..der Lohn” handle es sich um eine beschreibende Aussage. Es stünden sich mithin in klanglicher Hinsicht “DLOHN” [de-lohn] und “edlohn” [ed-lohn] gegenüber. Auch hier wiesen die zu vergleichenden Elemente aber genügend Abstand auf, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen, denn die Aufmerksamkeit liege wegen der Schutzunfähigkeit der Markenendungen “-lohn” gerade auf den anfänglichen Abweichungen.
13
Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr aufgrund des gemeinsamen Elements “LOHN/lohn” komme ebenfalls nicht in Betracht. Zum einen handele es sich bei dem Widerspruchszeichen schon nicht um eine mehrteilige Marke, so dass es nicht gerechtfertigt sei, den Bestandteil “lohn” losgelöst von “edlohn” zu betrachten. Eine Prägung der Widerspruchsmarke nur durch dieses Element komme zudem deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei “Lohn” um einen beschreibenden Hinweis auf den Gegenstand der relevanten Dienstleistungen handele. Die Marken würden schließlich auch nicht gedanklich miteinander in Verbindung gebracht, Anhaltspunkte für eine solche Art der Verwechslungsgefahr lägen nicht vor.
14
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.
15
Sie ist der Auffassung, dass eine Verwechslungsgefahr bestehe. Die Beschwerde richtet sich dabei in erster Linie gegen die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit durch die Markenstelle. So sei schon von einer bildlichen Ähnlichkeit der Vergleichsmarken auszugehen, denn der Bestandteil “DLOHN” nehme in der angegriffenen Marke eine selbstständig kennzeichnende Stellung ein. Es liege auch eine klangliche Ähnlichkeit vor. Neben der vom Amt angenommenen Aussprache der Widerspruchsmarke als “ed-lohn” sei auch mit einer Aussprache wie “e-de-lohn” zu rechnen; dem stehe die angegriffene Marke klanglich mit “de-lohn” gegenüber, weil dieser Bestandteil die angegriffene Marke präge. Der einzige Unterschied liege in dem zusätzlichen Buchstaben “e”, der sehr leicht überhört werden könne.
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Die Beschwerdeführerin beantragt,
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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Oktober 2018 aufzuheben und die Eintragung der angegriffenen Marke 30 2017 004 599 aufgrund des Widerspruchs aus der Unionsmarke UM 002 715 670 zu löschen.
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Die Beschwerdegegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren weder zur Sache geäußert oder einen Antrag gestellt noch hat sie an der mündlichen Verhandlung teilgenommen.
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Im Amtsverfahren hat sie die Auffassung vertreten, dass weder eine Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit noch eine ausreichende Markenähnlichkeit bejaht werden könne. So würden unterschiedliche Dienstleistungen angeboten. Ausweislich der Produktbeschreibung von “>edlohn” handele es sich um ein reines Lohnabrechnungsprogramm für den Endverbraucher. Mit der Marke “DLOHN..der Lohn” werde dagegen ein komplexes Inhouse-PayRoll-System für die Branchen Gesundheitswesen und Öffentlicher Dienst sowie die damit verbundenen Dienstleistungen geschützt.
20
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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Die nach §§ 64 Abs. 6, 66 MarkenG zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache teilweise Erfolg.
22
Zwischen den Vergleichsmarken besteht im Umfang der Dienstleistungen der Klasse 35 die Gefahr von unmittelbaren klanglichen Verwechslungen nach §§ 9 Abs. 2 Nr. 1, 42 Abs. 2 Nr. 1, 125 b Nr. 1 MarkenG, so dass insoweit der Beschluss der Markenstelle des DPMA aufzuheben und die Löschung der Eintragung der jüngeren Marke hierfür anzuordnen waren, § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG. Im Übrigen ist eine Verwechslungsgefahr nicht zu besorgen; insoweit hat die Markenstelle den Widerspruch zu Recht zurückgewiesen (§ 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG).
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A) Da die Anmeldung der angegriffenen Marke zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 14. Januar 2019 eingereicht worden ist, ist für den gegen diese Eintragung erhobenen Widerspruch gemäß § 158 Abs. 3 MarkenG in der seit dem 14. Januar 2019 geltenden Fassung (MarkenG n. F.) weiterhin § 42 Abs. 1 und 2 MarkenG in der bis zum 14. Januar 2019 geltenden Fassung (im Folgenden “MarkenG”) anzuwenden.
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B) Die Frage, ob Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ist unter Heranziehung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. nur EuGH GRUR 2020, 52 Rn. 41-43 – Hansson [Roslagspunsch/ ROSLAGSÖL]; GRUR 2020, 52 Rn. 41-43 – Hansson [Roslagspunsch/ ROSLAGSÖL]; GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin GRUR 2020, 52 Rn. 41-43 – Hansson [Roslagspunsch/ ROSLAGSÖL]; GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933 Rn. 32 – Barbara Becker; BGH GRUR 2020, 870 Rn. 25 – Injekt/Injex; GRUR 2019, 1058 Rn. 17 – KNEIPP; GRUR 2018, 79 Rn. 7 – OXFORD/Oxford Club; WRP 2017, 1104 ff. – Medicon-Apotheke/Medico Apotheke; GRUR 2016, 382 Rn. 19 – BioGourmet; GRUR 2016, 283 Rn. 7 – BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE).Darüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren relevant sein, wie unter anderem etwa die Art der Ware oder Dienstleistung, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.
25
Nach diesen Grundsätzen ist zwischen den Vergleichsmarken eine unmittelbare klangliche Verwechslungsgefahr im Umfang der Dienstleistungen der Klasse 35 zu bejahen.
26
2. Benutzungsfragen sind nicht zu erörtern, da die Inhaberin der angegriffenen Marke die Einrede der Nichtbenutzung nicht erhoben hat. Maßgeblich für die Prüfung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit ist daher allein die Registerlage, auf die tatsächlichen Geschäftsfelder der Beteiligten kommt es nicht an.
27
a) Eine Ähnlichkeit von beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen ist grundsätzlich anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlichen Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (EuGH GRUR Int. 2009, 397 Rn. 65 – Les Éditions Albert René Sàrl/HABM [OBELIX/MOBILIX]; BGH MarkenR 2016, 157 Rn. 21 – BioGourmet; GRUR 2015, 176 Rn. 16 – ZOOM/ZOOM; GRUR 2014, 488 Rn. 12 – DESPERADOS/DESPERADO).
28
Angesichts der fehlenden Körperlichkeit ist für die Beurteilung der Ähnlichkeit von Dienstleistungen untereinander in erster Linie Art und Zweck, also der Nutzen für den Empfänger der Dienstleistungen sowie die Vorstellung des Verkehrs maßgeblich, dass die Dienstleistungen unter der gleichen Verantwortlichkeit erbracht werden (BGH a. a. O. Rn. 21 – Bio Gourmet/Biogourmet).
29
Zwischen der Erbringung einer unkörperlichen Dienstleistung und der Herstellung bzw. dem Vertrieb einer körperlichen Ware bestehen grundlegende Abweichungen. Eine Ähnlichkeit zwischen Waren einerseits und Dienstleistungen andererseits kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn bei den beteiligten Verkehrskreisen der Eindruck aufkommt, dass Ware und Dienstleistung der Kontrolle desselben Unternehmens unterliegen, sei es, dass das Dienstleistungsunternehmen sich selbständig auch mit der Herstellung oder dem Vertrieb der Ware befasst, sei es, dass der Warenhersteller oder -vertreiber sich auch auf dem entsprechenden Dienstleistungsgebiet betätigt (vgl. BGH GRUR 2012, 1145 Rn. 35 – Pelikan; GRUR 2004, 241 Rn. 26 – GeDIOS).
30
Von einer Unähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen kann nur ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der Zeichen und erhöhter Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstandes der Waren oder Dienstleistungen von vornherein ausgeschlossen ist (st. Rspr.; vgl. nur EuGH GRUR 1998, 922 Rn. 22 – Canon; BGH GRUR 2015, 176 Rn. 17 – ZOOM/ZOOM).
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b) In Anwendung dieser Grundsätze sind die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen zum Teil identisch oder ähnlich in unterschiedlichen Graden sowie zum Teil unähnlich. Im Umfang der unähnlichen Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke muss schon deshalb der Widerspruch und damit die Beschwerde erfolglos bleiben. Denn eine Verwechslungsgefahr ist ausgeschlossen, wenn die Waren oder Dienstleistungen einander nicht ähnlich sind (BGH GRUR 2021, 724 Rn. 31 – PEARL/PURE PEARL).
32
aa) Zwischen den sich gegenüberstehenden Dienstleistungen aus der Klasse 35 liegt – anders als die Markenstelle angenommen hat – insgesamt Identität oder jedenfalls eine sehr hohe Ähnlichkeit vor (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 18. Aufl., Stichworte: Geschäftsführung S. 370,371; Unternehmensverwaltung S. 393, 394 und Unternehmensberatung S. 393).
33
So sind die Dienstleistungen der angegriffenen Marke “Buchführung und Buchhaltung” sowie “computergeschützten (computergestützte) Lohn- und Gehaltsabrechnung” mit der Dienstleistung der Widerspruchsmarke “Unternehmensverwaltung” hochgradig ähnlich oder identisch, denn alle diese Leistungen fallen bei der Verwaltung von Unternehmen an. Auch zwischen den Dienstleistungen der jüngeren Marke “Beratung in Bezug auf Lohn- und Gehaltsabrechnungen; Beratungsdienste in Steuerangelegenheiten; Buchprüfung; Unternehmensberatung in Bezug auf die Festlegung von Lohn-, Gehalts- und Einstufungsstrukturen” und der Widerspruchsdienstleistung “Geschäftsführung” besteht enge Ähnlichkeit bis hin zur Identität, da die genannten Dienstleistungen in den Tätigkeitsbereich eines Geschäftsführers fallen oder von Unternehmen angeboten werden, die auch die “Geschäftsführung” für Drittunternehmen anbieten (vgl. BPatG, Beschluss vom 29.01.2013, 29 W (pat) 16/11).
34
bb) Im Umfang der übrigen Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke liegt dagegen Unähnlichkeit oder höchstens eine geringe Ähnlichkeit vor. Ob noch eine Ähnlichkeit angenommen werden kann, braucht insoweit nicht abschließend geprüft werden, denn es kann allenfalls von einem geringen Ähnlichkeitsgrad ausgegangen werden, welcher aber im vorliegenden Fall im Rahmen der Gesamtwürdigung zur Begründung einer Verwechslungsgefahr nicht ausreicht. Die Widerspruchsmarke ist zwar auch für Waren der Klasse 9 und Dienstleistungen der Klasse 42 geschützt, die zu den Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke aus diesen Klassen identisch sind oder diesen deutlich näherkommen; auf diese Waren und Dienstleistungen hat die Widersprechende und Beschwerdeführerin ihren Widerspruch jedoch nicht gestützt. Ihr pauschaler Hinweis, “die Dienstleistungen der Widersprechenden in Klasse 35 umfassten ´Software´ und die ´Vermietung von Software`” reicht für die Annahme eines höheren Ähnlichkeitsgrades jedenfalls nicht aus. Ausreichende Berührungspunkte, die in diesem Umfang zur Bejahung einer mittleren oder hohen Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit führen könnten, sind weder konkret vorgetragen worden noch feststellbar.
35
Die Waren der Klasse 9 “Computerhardware” sind zu den hier relevanten Widerspruchsdienstleistungen unähnlich, die Ware “Software” allenfalls gering ähnlich. Zwar werden die Widerspruchsdienstleistungen – wie im Übrigen mittlerweile nahezu alle Dienstleistungen – unter Zuhilfenahme von Datenverarbeitungsprogrammen und entsprechender Hardware getätigt; dies allein begründet allerdings noch keine mittlere oder enge Ähnlichkeit. Vielmehr kann eine solche nur in Dienstleistungsbereichen angenommen werden, in denen – wie etwa der Telekommunikation – Hersteller und Händler von Hard- und Software regelmäßig auch die entsprechenden Dienstleistungen erbringen; für die ggf. über Einzelfälle hinausgehende Üblichkeit einer solchen selbständigen Betätigung gibt es im Zusammenhang mit den Widerspruchsdienstleistungen “Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten” keine Anhaltspunkte. Entsprechendes gilt in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 42 “Softwaredesign; Softwareentwicklung; Installation von Computersoftware; Wartung von Computersoftware; Vermietung von Computersoftware; Hostingdienste”.
36
2. Die Widerspruchsmarke verfügt von Haus aus über durchschnittliche Kennzeichnungskraft und damit einen durchschnittlichen Schutzumfang. Anhaltspunkte für eine Steigerung oder Schwächung der Kennzeichnungskraft sind nicht erkennbar.
37
Zwar handelt es sich bei der in der Widerspruchsmarke enthaltenen Angabe “lohn” (wie im Übrigen auch bei der angegriffenen Marke) um einen den Gegenstand und das Thema der Dienstleistungen beschreibenden und daher schutzunfähigen Markenteil. Der Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit ist jedoch – mangels eines konkret sich aufdrängenden beschreibenden Bezugs der vorangestellten Buchstabenfolge “ed” (es dürfte sich um das Kürzel der Widersprechenden eurodata handeln) und des “Größer-als-Zeichens” – eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zuzubilligen.
38
3. Angesprochene Verkehrskreise sind im Hinblick darauf, dass der Widerspruch auf die Dienstleistungen aus Klasse 35 gestützt wird, neben dem jeweiligen Fachverkehr nur unternehmerische Kreise, die den Leistungen wegen der damit verbundenen Bedeutung für ihre Unternehmen mit besonderer Aufmerksamkeit entgegentreten.
39
4. Die Vergleichsmarken sind sich in klanglicher Hinsicht – je nach Aussprache – (noch) durchschnittlich oder unterdurchschnittlich ähnlich.
40
Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im (Schrift-)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können (EuGH GRUR Int. 2010, 129 Rn. 60 – Aceites del Sur-Coosur [La Espagnola/Carbonelle]; BGH GRUR 2016, 382 Rn. 37 – BioGourmet). Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche (EuGH GRUR 2007, 700 Rn. 35 – HABM/Shaker [Limoncello/LIMONCHELO]; BGH GRUR 2017, 1104 Rn. 27 – Medicon-Apotheke/Medico Apotheke).
41
Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. EuGH, a. a. O. Rn. 48 – Hansson [Roslagspunsch/ROSLAGSÖL]; GRUR 2013, 922 Rn. 35 – Specsavers/Asda; GRUR 2010, 933 – Barbara Becker; BGH GRUR a. a. O. Rn. 25 – INJEKT/INJEX; GRUR 2013, 833, 837 Rn. 45 – Culinaria/Villa Culinaria).
42
a) Die Vergleichsmarken
43
DLOHN..der Lohn
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und
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zeigen in ihrer Gesamtheit wegen des am Anfang stehenden Bildelements der Widerspruchsmarke sowie der jeweils zusätzlichen Bestandteile “der Lohn” und der zwei Punkte in der jüngeren Marke einerseits sowie des Buchstabens “e” in der Widerspruchsmarke andererseits begrifflich, klanglich und schriftbildlich ausreichende Unterschiede. Insofern sind die Marken leicht voneinander zu unterscheiden.
46
b) Allerdings stehen sich in klanglicher Hinsicht die Wortbestandteile “edlohn” auf Seiten der Widerspruchsmarke und “DLOHN” auf Seiten der angegriffenen Marke kollisionsbegründend gegenüber. Denn der klangliche Gesamteindruck der Vergleichsmarken wird jeweils von diesen Bestandteilen geprägt.
47
Der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks zwingt nicht dazu, die Kollisionsmarken stets in ihrer Gesamtheit miteinander zu vergleichen. Vielmehr ist nicht ausgeschlossen, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Zeichens für den durch das Kennzeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042Rn. 28 f. – THOMSON LIFE; BGH a. a. O. Rn. 37 – OXFORD/Oxford Club; GRUR 2012, 64 Rn. 14 – Maalox/Melox-GRY).Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen, so dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (BGH a. a. O. Rn. 15 – Maalox/Melox-GRY). Zudem ist bei der Feststellung des klanglichen Gesamteindrucks einer Wort-/Bildmarke von dem in ständiger Rechtsprechung anerkannten Erfahrungssatz auszugehen, dass der Wortbestandteil – sofern er kennzeichnungskräftig ist – den Gesamteindruck prägt, weil er die einfachste Möglichkeit bietet, die Marke zu benennen (vgl. BGH GRUR 2014, 378 Rn. 30 – OTTO CAP). Für den phonetischen Zeichenvergleich ist schließlich maßgeblich, wie die Marken von den angesprochenen Verkehrskreisen mündlich wiedergegeben werden, wenn sie die Marke in ihrer registrierten Form vor sich haben. Die klangliche Wiedergabe kann dabei auch durch die grafische Gestaltung der Marke beeinflusst werden (Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 298). Sind verschiedene Aussprache- oder Benennungsmöglichkeiten einer Marke naheliegend und wahrscheinlich, sind diese beim klanglichen Zeichenvergleich zu berücksichtigen (Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 291).
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aa) Eine Prägungsprüfung der Marken durch den übereinstimmenden Bestandteil “lohn/LOHN” erübrigt sich. Denn von einer solchen Prägung kann auf Seiten der Widerspruchsmarke schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil es sich um einen schutzunfähigen Bestandteil handelt. Insofern gilt der Grundsatz, dass aus schutzunfähigen Bestandteilen der älteren Marke keine Rechte hergeleitet werden können (vgl. Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 399).
49
bb) Die auf Seiten der angegriffenen Wortmarke neben der kennzeichnungskräftigen Angabe “DLOHN” durch zwei aufeinanderfolgende Punkte angefügten Wörter “der Lohn” geben – wie unter Ziffer 2. bereits angemerkt – einen schlagwortartigen Hinweis auf Art, Inhalt und Gegenstand der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Zwar handelt sich bei den Punkten nicht um “echte” Auslassungspunkte (hierfür wären drei erforderlich), gleichwohl werden diese vom Verkehr nur als Stilmittel zur Anzeige einer Pause nach der ersten Angabe aufgefasst. Sie führen nicht von einem Verständnis von “der Lohn” als einem bloßen angehängten Sachhinweis auf den Schwerpunkt des Angebots im Lohnbereich weg; als solcher wird dieser vom Verkehr vernachlässigt und tritt in seiner Bedeutung für den klanglichen Gesamteindruck zurück. Der Verkehr wird in “DLOHN” den eigentlichen betrieblichen Herkunftshinweis sehen und die jüngere Marke mit diesem Bestandteil benennen.
50
cc) Die Widerspruchsmarke wird mit ihrem Wortbestandteil “edlohn” mündlich wiedergegeben werden. Zwar ist das vorangestellte Bildelement des “Größer-als-Zeichens” durchaus einer entsprechenden Benennung zugänglich, es vermittelt aber zusammen mit den Wortbestandteilen als “größer als edlohn” keine sinnvolle Gesamtaussage. Eine Wiedergabe des älteren Zeichens durch die Angabe “edlohn” ohne das Symbol ist daher zweifellos naheliegend und somit beim Markenvergleich in phonetischer Hinsicht zu berücksichtigen.
51
dd) Schließlich ist beim klanglichen Zeichenvergleich nicht allein auf die Wortanfänge “D-” und “ed-” abzustellen. Von einer Prägung der Marken jeweils nur durch diese Anfangselemente der Kollisionszeichen kann nämlich nicht ausgegangen werden. Daran ändert auch der beschreibende Aussagehalt der jeweiligen Endsilbe “lohn” als Hinweis auf den Gegenstand und das Thema der Waren und Dienstleistungen nichts. Denn auch wenn ein derartiger kennzeichnungsschwacher bzw. schutzunfähiger Bestandteil eines Markenworts allein nicht kollisionsbegründend wirken kann, kann er dennoch den jeweiligen maßgeblichen Gesamteindruck der Markenwörter durchaus mitbestimmen und im Zusammenhang mit weiteren Ähnlichkeiten beider Marken für die Bejahung der Verwechslungsgefahr Bedeutung erlangen (vgl. EuGH GRUR Prax. 2014, 77 – CLORALEX/CLOROX; BGH GRUR 2004, 783, 785 – NEURO-VIBOLEX/ NEURO-FIBRAFLEX). Ein solcher Fall liegt hier vor. Allein der Umstand, dass das jeweilige Markenelement “lohn” beschreibend ist, rechtfertigt nämlich nicht die Annahme einer prägenden Stellung des übrigen Markenteils bzw. der weiteren Markenteile. Die angesprochenen Verkehrskreise haben vorliegend keine Veranlassung, die zusammengeschriebenen Angaben “DLOHN” und “edlohn” (letzteres trotz des Fettdrucks von “ed”) zergliedernd zu betrachten und sich allein an einem der Markenteile – hier “ed” oder “D” – zu orientieren. Das Markenelement “lohn” ist daher im Zeichenvergleich mit einzubeziehen, wobei allerdings der Verkehr sein Augenmerk mehr auf die anderen Markenteile legen wird.
52
ee) Es stehen sich demnach klanglich “d-lohn” – ausgesprochen wie “de-lohn”– und “ed-lohn” gegenüber.
53
Bei einer Aussprache der Widerspruchsmarke wie “ed-lohn” stimmen die Vergleichsmarken zwar in der Silbenanzahl, in der Vokalfolge (e-o) und im Sprechrhythmus überein. In Anbetracht der Tatsache, dass die Aufmerksamkeit der Verkehrskreise aber wegen der Kennzeichnungsschwäche der Markenteile “lohn” auf den ohnehin stärker beachteten Wortanfängen “de” und “ed” liegt, bei denen die akustisch auffälligen Unterschiede zu finden sind, kann nur von unterdurchschnittlicher klanglicher Ähnlichkeit ausgegangen werden.
54
Zu Recht hat aber die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass dem klanglichen Vergleich auch eine mündliche Wiedergabe der Widerspruchsmarke mit “e-de-lohn” zugrunde zu legen ist; denn diese Aussprachemöglichkeit ist ebenfalls wahrscheinlich und naheliegend. Insoweit ergibt sich eine größere Übereinstimmung der Klangbilder. So unterscheiden sich die Markenwörter zwar in der Silbenanzahl (zweisilbig bzw. dreisilbig) und der Vokalfolge (e-o bzw. e-e-o); die zweite und dritte Silbe stimmen aber vollständig überein. Der einzige Unterschied besteht daher in dem vorangestellten Vokal “e”, der aber nicht besonders klangstark gegenüber den übrigen identischen Lautfolgen hervortritt. Die beiden Markenwörter mögen danach nicht sehr ähnlich sein, so sind die klanglichen Gemeinsamkeiten zumindest doch so ausgeprägt, als dass eine (noch) durchschnittliche Ähnlichkeit der Zeichen in Frage gestellt werden könnte.
55
5. Bei Gesamtwürdigung kann selbst bei höherer Aufmerksamkeit der hier angesprochenen Verkehrskreise im Bereich der identischen und hochgradig ähnlichen Dienstleistungen bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und unter Berücksichtigung einer in klanglicher Hinsicht noch durchschnittlichen Markenähnlichkeit eine klangliche Verwechslungsgefahr gemäß §§ 9 Abs.1 Nr. 2, 125 b Nr. 1 MarkenG nicht verneint werden. In Bezug auf die Dienstleistungen “Beratung in Bezug auf Lohn- und Gehaltsabrechnungen; Beratungsdienste in Steuerangelegenheiten; Buchführung und Buchhaltung; Buchprüfung; Computergeschützten Lohn- und Gehaltsabrechnungen; Unternehmensberatung in Bezug auf die Festlegung von Lohn-, Gehalts- und Einstufungsstrukturen” hat die Beschwerde daher Erfolg.
56
Im Bereich der übrigen Waren und Dienstleistungen – nämlich der Klasse 09 “Software; Computerhardware” und der Klasse 42 “Softwaredesign; Softwareentwicklung; Installation von Computersoftware; Wartung von Computersoftware; Vermietung von Computersoftware; Hostingdienste” – ist dagegen, selbst wenn man insgesamt eine geringe Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen unterstellte, keine unmittelbare klangliche Verwechslungsgefahr mehr zu besorgen. Denn die angegriffene Marke wird den insofern geringeren Anforderungen an den gebotenen Abstand zur Widerspruchsmarke gerecht. Auch eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 HS. 2 MarkenG in Form einer Serienmarkenverwechslung kommt in diesem Zusammenhang nicht in Betracht. Die Beschwerdeführerin hat zwar geltend gemacht, dass es sich bei dem Bestandteil “>ed” der Widerspruchsmarke um einen Stammbestandteil handle. Allerdings übernimmt die angegriffene Marke diesen gerade nicht, sondern durch “DLOHN” nur einen Teil davon. Schließlich liegen in diesem Umfang auch keine Anhaltspunkte für andere Arten der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 2 HS 2 MarkenG vor.
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Insoweit bleibt die Beschwerde daher erfolglos.
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C) Zu einer vom gesetzlichen Regelfall abweichenden Kostenentscheidung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG besteht kein Anlass.


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