Patent- und Markenrecht

30 W (pat) 47/17

Aktenzeichen  30 W (pat) 47/17

Datum:
3.9.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2021:030921B30Wpat47.17.0
Spruchkörper:
30. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juni 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und Dr. Meiser
beschlossen:
I. Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. August 2017 (Erinnerungsbeschluss) aufgehoben, soweit aufgrund des Widerspruchs aus der Unionswiderspruchsmarke UM 004 274 288 die Löschung der angegriffenen Marke für die Waren:
„Laser und Lasereinrichtungen (nicht für medizinische Zwecke), auch für Lichteffekte; CB-Funkgeräte (Hand-, Mobil- und Stationsgeräte), Amateurfunksende- und -empfangsgeräte, Betriebsfunksende- und -empfangsgeräte, Funkverstärker; elektrische, elektronische sowie opto-elektronische Bauelemente, auch solche für Solartechnik oder Lasertechnik, Mikrocomputer und Mikroprozessoren (je soweit in Klasse 9 enthalten); Modellbau-Elektronik, nämlich Sende- und Empfangsgeräte für Fernsteuerung und deren Baugruppen, Schalt- und Steuerkreise für Modelle, elektronische Schaltkreise für Blinkleuchten für Modelle, elektronische Geräuschgeneratoren; elektrische, elektronische und elektromechanische Messgeräte, einschließlich Einbaumessinstrumente sowie Vielfachmessgeräte, digitalanzeigende Vielfachmessgeräte, Oszillographen, Signalverfolger, Frequenzzähler, elektronische und mechanische Spannungsprüfer, elektronische Metallsuchgeräte; elektrische und elektronische Alarmgeräte und Anlagen sowie deren Zubehör, nämlich optische und akustische Signalgeber, akustische Sensoren (Ultraschall-Bewegungsmelder), optische Sensoren sowie Lichtschranken, elektromechanische Sensoren (Tür- und Fensterkontakte, Rüttelkontakte für Fenster und Türen), Baugruppen sowie Bausätze sämtlicher vorgenannter Geräte (soweit in Klasse 9 enthalten); Helligkeitsregler bzw. –dimmer für die elektrische Raumbeleuchtung; Haussprechanlagen, bestehend aus Außen- und Innensprechstationen sowie ggf. auch aus Umschaltgeräten, Netzgeräten, Verstärkern und Videogeräten; Beleuchtungsgeräte und Lichteffektgeräte, ausgenommen Laser für Lichteffekte; elektronische Steuergeräte und Controller zur Steuerung von Beleuchtungsgeräten und Lichteffektgeräten, ausgenommen Laser für Lichteffekte; Nebelmaschinen, Lichtquellen (Beleuchtungsgeräte), auch Strahler, einschließlich Effektstrahler, Lichtscanner, Lichtprojektoren und Lichtspots, als Lichteffektgeräte, ausgenommen Laser; Ventilatoren, Lüfter und Gebläse, Leuchtmittel für Lichtquellen (Beleuchtungsgeräte), Lampen, einschließlich Blitzlampen, als Lichteffektgeräte, ausgenommen Laser, Effektlampen, Glimmlampen, Glühlampen und Gasentladungslampen, Fassungen für die vorgenannten Lampen“
angeordnet worden ist.
Insoweit wird die Erinnerung der Widersprechenden gegen den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. Oktober 2008 (Erstprüferbeschluss) zurückgewiesen.
Die weitergehende Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
II. Der Antrag der Markeninhaberin, die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Widersprechenden aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen. Die Zulassung ist beschränkt auf die Frage, ob die Erinnerung der Widersprechenden vom 5. Dezember 2008 nur die erste Widerspruchsmarke UM 003 203 411 betroffen hat.

Gründe

I.
1
Das Zeichen
2
PremiumSky
3
ist am 2. April 2005 angemeldet und am 13. Januar 2006 für die Waren
4
„Klasse 9: Elektrische und elektronische Geräte sowie daraus zusammengestellte Einrichtungen, nämlich Fernsehgeräte, Videogeräte, Satellitenempfänger oder -empfangsgeräte, Rundfunkgeräte, Tuner, elektrische Verstärker, Mischverstärker, Nachhallgeräte, Mischpulte, Equalizer, Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und/oder Bild, einschließlich Plattenspieler, Plattenwechsler und Plattenspielerchassis, Audio- und/oder Video-CD- oder DVD-Player; Audiorecorder, Videorecorder, auch Audio- und/oder Video-CD- oder DVD-Recorder, Kassettenrecorder, Tonbandgeräte, Videotextgeräte; Mikrofone, Kopfhörer, Lautsprecherboxen, Lautsprecherchassis, Lautsprecher, Frequenzweichen; Kameras, auch solche für bewegte Bilder und Einzelbilder, wie Videokameras, elektronische Kameras, Filmkameras oder Fotoapparate, auch Digitalkameras; Laser und Lasereinrichtungen (nicht für medizinische Zwecke) auch für Lichteffekte; CB-Funkgeräte (Hand-, Mobil- und Stationsgeräte), Amateurfunksende- und -empfangsgeräte, Betriebsfunksende- und -empfangsgeräte, Funkverstärker; elektrische, elektronische sowie opto-elektronische Bauelemente, auch solche für Solartechnik oder Lasertechnik, Mikrocomputer und Mikroprozessoren (je soweit in Klasse 9 enthalten); Modellbau-Elektronik, nämlich Sende- und Empfangsgeräte für Fernsteuerung und deren Baugruppen, Schalt- und Steuerkreise für Modelle, elektronische Schaltkreise für Blinkleuchten für Modelle, elektronische Geräuschgeneratoren; elektronische Unterhaltungsgeräte solche als Zusatzgeräte für Fernseher; Apparate und Instrumente für die Schwachstrom- und Kommunikationstechnik, nämlich für die Nachrichten-, Hochfrequenz-, Computer- und/oder Regelungstechnik; elektrische, elektronische und elektromechanische Messgeräte, einschließlich Einbaumessinstrumente sowie Vielfachmessgeräte, digitalanzeigende Vielfachmessgeräte, Oszillographen, Signalverfolger, Frequenzzähler, elektronische und mechanische Spannungsprüfer, elektronische Metallsuchgeräte; regelbare und nicht regelbare Netzgeräte, insbesondere auch Niederspannungsnetzgeräte, Ladegeräte für Batterien, Fernsehtonumsetzer bzw. -adapter; elektrische und elektronische Alarmgeräte und Anlagen sowie deren Zubehör, nämlich optische und akustische Signalgeber, akustische Sensoren (Ultraschall-Bewegungsmelder), optische Sensoren sowie Lichtschranken, elektro-mechanische Sensoren (Tür- und Fensterkontakte, Rüttelkontakte für Fenster und Türen); Baugruppen sowie Bausätze sämtlicher vorgenannter Geräte (soweit in Klasse 9 enthalten); Antennen, einschließlich Fernsehantennen und Satellitenempfangsantennen, Zimmerantennen, Autoantennen, Amateurfunk- und CB-Funkantennen, auch als Mobilantennen und Stationsantennen; elektrisches und elektronisches Antennenzubehör, nämlich Antennenverstärker, Antennen-Frequenzweichen, Koaxrelais und Vielfachschalter für Satellitenempfangsanlagen, Netzgeräte für Antennenverstärker sowie Rotoren für Antennen; Antennenkabel, Pegelsteller sowie Verteiler für Antennen, Antennen-Steckdosen, Abschlusswiderstände für Antennenleitungen, Buchsen, Stecker sowie Adapter für Antennen, Symmetrie-Übertrager für Antennen; elektronische Antennen-Positioniergeräte; mechanisches Antennenzubehör, nämlich Antennenmasten, Masthalter, Dachdurchführungen, Wandhalter, Dachhalter, Dachsparrenmasthalter für Antennenmasten, Lager für drehbare Antennen, mechanische Befestigungselemente für Antennen und Antennenmasten, insbesondere auch Befestigungselemente zur Befestigung von Mobilantennen an Kraftfahrzeugen, Mastschellen sowie Masthalterungen zum Befestigen von Antennenverstärkern und Frequenzweichen; elektrisches Installationsmaterial, Helligkeitsregler bzw. -dimmer für die elektrische Raumbeleuchtung, Netz-Steckverbindungen, insbesondere Stecker und Steckdosen, elektrische Leitungen, Kabel, Drähte und Litzen, auch solche für die elektrische Versorgung, für Kommunikation und Datenübertragung für Video- und Audio-Anwendungen; Batterien und Akkus, Zeitschaltuhren nicht für Uhrwerke, Haussprechanlagen, bestehend aus Außen- und Innensprechstationen sowie ggf. auch aus Umschaltgeräten, Netzgeräten, Verstärkern und Videogeräten; Telekommunikationsgeräte, insbesondere Telefone, Anrufbeantworter, Faxgeräte, Telexgeräte, Modems, Handys, Telefonzubehör, nämlich Telefon-Nebenstellenanlagen, Freisprecheinrichtungen, Telefon-Gebührenzähler, Telefon-Anschlussdosen, manuelle und elektronische Telefon-Umschalter, Telefonstecker und -buchsen, Telefonschnüre; Computer, PC, Drucker, Scanner, Bildschirme, Festplatten, CD-Laufwerke, CD-Printer, Diskettenlaufwerke, Tastaturen, Maus, Computerkarten, insbesondere Graphikkarten und Schnittstellen, Speicherkarten, Modems sowie daraus zusammengestellte Computeranlagen, Computer-Steckverbindungen; Computersoftware, insbesondere auf Datenträger gespeicherte Computerprogramme, auch solche zur Steuerung von Lasern und Lichtquellen, Software-Tools, Datenkommunikationssoftware zum elektronischen Datenaustausch, insbesondere zwischen Computern, Computersystemen und Schnittstellen, auch im Internet und/oder Intranet und zum Ausführen von anderen Funktionen auf Computerbasis; angepasste Gehäuse aus Metall oder Kunststoff für die vorgenannten Waren
5
Klasse 11: Beleuchtungsgeräte und Lichteffektgeräte, ausgenommen Laser für Lichteffekte, elektronische Steuergeräte und Controller zur Steuerung von Beleuchtungsgeräten und Lichteffektgeräten, ausgenommen Laser für Lichteffekte; Nebelmaschinen, Lichtquellen (Beleuchtungsgeräte), auch Strahler, einschließlich Effektstrahler, Lichtscanner, Lichtprojektoren und Lichtspots, als Lichteffektgeräte, ausgenommen Laser; Ventilatoren, Lüfter und Gebläse, Leuchtmittel für Lichtquellen (Beleuchtungsgeräte), Lampen, einschließlich Blitzlampen, als Lichteffektgeräte, ausgenommen Laser, Effektlampen, Glimmlampen, Glühlampen und Gasentladungslampen, Fassungen für die vorgenannten Lampen
6
Klasse16: Druckerzeugnisse, insbesondere Zeitschriften und Bücher“
7
als Wortmarke unter der Nummer 305 19 250 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden.
8
Gegen diese Marke, deren Eintragung am 17. Februar 2006 veröffentlich wurde, hat die Widersprechende am 17. Mai 2006 Widerspruch erhoben aus zwei Marken, nämlich aus der am 30. April 2003 angemeldeten und am 14. Oktober 2008 für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 18, 25, 28, 35, 38, 41 und 42 eingetragenen Unionswortmarke UM 003 203 411 (erste Widerspruchsmarke)
9
SKY
10
sowie aus der unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 27. Juli 2004 am 27. Januar 2005 angemeldeten und am 17. Oktober 2012 registrierten Unions-Wort-Bild-Marke UM 004 274 288 (zweite Widerspruchsmarke)
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die für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 28, 35, 36, 38, 39, 41, 42, 43 und 45 Schutz genießt, darunter u.a.:
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„Klasse 9: Fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Rundfunk-,Fernseh-, Tonaufzeichnungs-, Tonwiedergabe-, Telekommunikations-, Signal-, Kontroll- (Überwachungs-), Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate zur Aufzeichnung von Fernsehprogrammen; Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Wiedergabe oder Empfang von Ton oder Bild; elektrische und elektronische Apparate zur Verwendung für den Empfang von satellitengestützten, terrestrischen und Ausstrahlungen mittels Kabel; Fernsehempfänger einschließlich Dekoder; Aufsatzgeräte zur Verwendung beim Dekodieren und Empfangen von satellitengestützten und terrestrischen Ausstrahlungen und Ausstrahlungen mittels Kabel; Apparate zum Dekodieren von verschlüsselten Signalen einschließlich Aufsatzgeräte für den Fernsehempfang; Aufsatzgeräte einschließlich Dekoder und interaktiver Fernsehführer; Aufsatzgeräte mit Dekoder und Aufzeichnungsgerät zum Aufzeichnen von Fernseh- und Hörprogrammen; Aufsatzgeräte mit Dekoder und Aufzeichnungsgerät, die auf die Übertragung gespeicherter Aufnahmen in den Speicher und das Löschen älterer Aufnahmen programmiert werden können; aufgezeichnete Fernseh- und Rundfunkprogramme; aufgezeichnete Programme zur Ausstrahlung im Fernsehen und im Rundfunk; Videoaufzeichnungen; Computer; Computerprogramme; elektronische Computerspiele; elektronische interaktive Computerspiele; Computersoftware und Computerprogramme für den Vertrieb an und die Benutzung durch Betrachter eines digitalen Fernsehkanals für das Betrachten und den Kauf von Waren; Computerspielsoftware und Computerquiz-Software; Computervideospiele und/oder -quizprogramme zur Verwendung mit Fernsehgeräten und -bildschirmen oder mit Videomonitoren oder mit Computerbildschirmen; Computerprogramme für interaktives Fernsehen und für interaktive Spiele und/oder Quizprogramme; elektronische Veröffentlichungen, Computersoftware, Computerspiele, Computer-Videospiele, alles in Bezug auf Wetten, Spiele, Glücksspiele, Lotterie oder Buchmacherei; Videobildschirme; Videoprojektoren; Magnetplatten, -bänder oder -drähte; Kassetten, zur Verwendung mit vorstehend genannten Bändern; leere und bespielte Ton- und Videokassetten und -bänder; Compactdiscs; DVD-Platten; Schallplatten; laserlesbare Platten für die Aufzeichnung von Ton und Bild; ROM-Kassetten, CD-ROMs, Karten und Platten, IC-Karten, Trägermaterial für Speicher, Aufzeichnungsmedien, alle mit Computervideospielen und/oder -quizprogrammen bespielt; kodierte Karten; Rundfunk- und Fernsehsignalantennen; Teile und Zusatzteile für alle vorstehend genannten Waren; Sonnenbrillen; elektronische Spiele (zur Verwendung mit Fernsehgeräten, Fernsehempfängern und/oder Bildschirmen und/oder Videomonitoren und/oder mit anderen externen Bildschirmen oder Monitoren); elektronische Taschen-Videospiele (zur Verwendung mit Fernsehgeräten, Fernsehempfängern und/oder Bildschirmen und/oder Videomonitoren und/oder mit anderen externen Bildschirmen oder Monitoren).
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Klasse 16: Papier, Waren aus Papier, Pappe, Kartonagen; Druckerzeugnisse; Veröffentlichungen, Zeitungen, Magazine (Zeitschriften), Comics, Journale (Veröffentlichungen) und Bücher; Einkaufsführer mit Auflistung der zu verkaufenden Produkte; Druckerzeugnisse einschließlich Werbeliteratur in Bezug auf Verkaufsförderung für Waren zum Verkauf über das digitale Fernsehen, das Internet oder andere Kommunikationskanäle; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Poster und Plakate; Grußkarten und Postkarten; Kalender; Terminkalender und Tagebücher; Karten und Aufkleber zum Sammeln und Zusammentragen in Alben; Gutscheine, alle für Urlaub und Reisen an den Urlaubsort und zurück.
14
Klasse 38: (…) Ausstrahlung von Fernseh- und Rundfunksendungen, (…); Sendung oder Übertragung von Rundfunk- oder Fernsehprogrammen; (…).
15
Klasse 41: (…) Filmproduktion für das Fernsehen und für das Kino; (…); Produktionen von Live-Shows; Produktion, Ausstrahlung, Übertragung und Präsentation von Rundfunk- und Fernsehprogrammen, interaktivem Fernsehen, interaktiven Spielen, interaktiver Unterhaltung und interaktiven Wettbewerben; (….)“.
16
Mit Erstprüferbeschluss vom 31. Oktober 2008 hat die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts beide Widersprüche zurückgewiesen, da jeweils keine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken bestehe. Zur Begründung hat der Erstprüfer ausgeführt, die beiden Unions-Widerspruchsmarken seien jeweils kennzeichnungsschwach, da das englische Wort „sky“ vom Verkehr im vorliegenden Waren- und Dienstleistungszusammenhang als beschreibender Sachhinweis auf im Weltall stationierte (Fernseh-)Satelliten verstanden werde. Ausgehend hiervon sei auch eine Prägung der angegriffenen Marke PremiumSky alleine durch den beschreibenden Bestandteil „Sky“ abzulehnen, so dass im Verhältnis zu beiden Widerspruchsmarken jeweils eine erhebliche Zeichenferne bestehe und eine Verwechslungsgefahr in der Gesamtabwägung jeweils auszuschließen sei.
17
Gegen diesen ihr am 7. November 2008 zugestellten Beschluss hat die Widersprechende mit einem vorab per Fax am 5. Dezember 2008 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Schriftsatz in nachstehend wiedergegebener Weise Erinnerung erhoben:
18
„In dem Widerspruchsverfahren
19
Deutsche Marke 305 19 250.7/09 – Premium Sky
20
Widerspruch aufgrund der Wortmarke EM003203411 –
21
SKY
22
Widerspruch der B… plc (….) Namens der Widerspruchsführerin legen wir gegen den beigefügten Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31.10.2008
23
Erinnerung
24
ein.
25
Die Gebühr für das Erinnerungsverfahren über 150,- Euro zahlen wir per beigefügter Einzugsermächtigung ein.“
26
Dem Faxschreiben vom 5. Dezember 2008 war der Erstprüferbeschluss vom 31. Oktober 2008 beigefügt. Mit weiterem vorab per Fax übersandtem Schriftsatz vom 12. Februar 2009 hat die Widersprechende ihre Erinnerung begründet. Das Rubrum dieses Schriftsatzes lautet:
27
„In dem Widerspruchsverfahren
28
Deutsche Marke 305 19 250.7/09 – Premium Sky
29
Widerspruch aufgrund EM003203411 – SKY und EM
30
004274288 – SKY
31
Widerspruch der B… plc“
32
Mit Beschluss vom 7. August 2017 hat die Erinnerungsprüferin der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts den Erstprüferbeschluss aufgehoben und wegen des Widerspruchs aus der zweiten Widerspruchsmarke (Unions-Wort-Bild-Marke) UM 004 274 288 die vollständige Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Hinsichtlich des Widerspruchs aus der ersten Widerspruchsmarke, der Unionswortmarke UM 003 203 411, wurde das Verfahren bis zum Eintritt der Bestandskraft des Erinnerungsbeschlusses ausgesetzt.
33
Zur Begründung der Löschungsanordnung ist ausgeführt, die Kennzeichnungskraft der Unionswiderspruchsmarke UM 004 274 288 sei originär durchschnittlich. Das Wort des englischen Grundwortschatzes „sky“ werde zwar vom inländischen Verkehr auf Anhieb im Sinne von „Himmel“ verstanden; es sei aber mit dieser Bedeutung nicht ohne weitere gedankliche Zwischenschritte geeignet, in Bezug auf die relevanten Waren und Dienstleistungen auf eine Satellitenstationierung im Weltall hinzuweisen. Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft sei nicht festzustellen, da eine inländische Verkehrsbekanntheit im Anmeldezeitpunkt nicht nachgewiesen sei. Andererseits bestünden aber auch keine Anhaltspunkte für eine Schwächung der Kennzeichnungskraft durch Drittmarken. In Bezug auf die angegriffenen Waren der Klassen 9 und 16 bestehe überwiegend Warenidentität bzw. jedenfalls eine hochgradige Ähnlichkeit, während für die angegriffenen Waren der Klasse 11 zumindest eine noch entfernte Ähnlichkeit festzustellen sei. Es bestehe klangliche Zeichenidentität, da beide Vergleichszeichen jeweils durch den Bestandteil „Sky“ bzw. „sky“ geprägt seien. Ausgehend hiervon könne eine unmittelbare Verwechslungsgefahr nicht verneint werden.
34
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin.
35
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit der Beschwerdebegründung vom 7. November 2017 die Benutzung der Unions-Widerspruchsmarke 004 274 288 in Bezug auf „alle“ Widerspruchswaren und –dienstleistungen „der Klassen 9, 16, 28, 35, 38, 41, 42, 43 und 45“ bestritten.
36
Zu den hierauf von der Widersprechenden vorgelegten Benutzungsunterlagen hat sie ausgeführt, dieses seien nicht geeignet, eine rechtserhaltende Benutzung der Unionswiderspruchsmarke UM 004 274 288 glaubhaft zu machen. Die vorgelegte eidesstattliche Versicherung S… vom 19. Dezember 2016 (Anlage B7) sei offensichtlich im Rahmen eines anderen, zeitlich zurückliegenden Widerspruchsverfahrens abgegeben worden. Auch die übrigen Benutzungsunterlagen belegten keine rechtserhaltende Benutzung. Vielmehr würden die Bezeichnungen „Sky Receiver“, „Sky Store DVDs und Blu-rays“; „Sky GO POWER Bank“ etc. lediglich firmenmäßig, nicht aber markenmäßig benutzt. Hinzu trete, dass Sky als Pay-TV-Anbieter Waren wie die „Sky Receiver“ weder herstelle noch an Kunden verkaufe, sondern nur zum Empfang von Pay-TV-Dienstleistungen an Abonnenten abgebe. Schließlich gelte die Nutzung von sehr speziellen Waren nicht als Nutzung der registerrechtlich geschützten weiten Oberbegriffe.
37
Ausgehend hiervon bleibe es bei einer „normalen bis geringen Ähnlichkeit“ der sich gegenüberstehenden, „sehr spezifisch aufgezählten“ Waren und Dienstleistungen der jüngeren Marke zu den ebenfalls sehr spezifischen Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke.
38
In Übereinstimmung mit dem angefochtenen Beschluss der Erinnerungsprüferin werde „derzeit“ von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgegangen.
39
Eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichszeichen sei – selbst bei unterstellter rechtserhaltender Benutzung – wegen des Zeichenabstands ausgeschlossen. Der Verkehr werde die angegriffene Marke PremiumSky nicht zergliedernd wahrnehmen, so dass die Prägetheorie auf das einheitliche Markenwort schon nicht anwendbar sei. Selbst wenn man aber eine zergliedernde Betrachtungsweise unterstelle, werde die angegriffene Marke nicht durch den Bestandteil „Sky“ geprägt. Denn das Wort „Sky“ stehe für „Himmel“, „Weltall“, „Weltraum“ und stelle damit in Bezug auf einen Großteil der relevanten Waren einen beschreibenden Hinweis auf Satellitenempfangstechnik dar. Auch der vorangestellte und daher stärker beachtete Wortbestandteil „Premium“ sei von geringer Kennzeichnungskraft, so dass davon auszugehen sei, dass keinem der beiden Bestandteile vom Verkehr eine prägende Bedeutung beigemessen werde.
40
Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß,
41
1. den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. August 2017 (Erinnerungsbeschluss) aufzuheben, soweit aufgrund des Widerspruchs aus der Unions-Wort-Bild-Marke UM 004 274 288 die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet worden ist, und die Erinnerung der Widersprechenden gegen den Erstprüferbeschluss vom 31. Oktober 2008 insoweit zurückzuweisen;
42
2. der Widersprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
43
Die Widersprechende beantragt,
44
die Beschwerde zurückzuweisen.
45
Die Widersprechende hat im Beschwerdeverfahren Benutzungsunterlagen eingereicht, insbesondere die folgenden vier eidesstattlichen Versicherungen nebst Anlagen:
46
– eidesstattliche Versicherung („Affidavit“) vom 4. Mai 2018 der Frau M…, Executive Vice President Product Strategy & Marketing der S1… GmbH & Co. KG, Anlage B 1 (im Folgenden: eV M…);
47
– eidesstattliche Versicherung des Dr. S…, Leiter der Abteilung Legal Affairs und stellvertretender General Counsel der S1… GmbH, vom 19. Dezember 2016, Anlage B 7 (im Folgenden: eV S…);
48
– eidesstattliche Versicherung („Affidavit“) vom 5. Oktober 2018 des Herrn M1…, Chief Commercial Officer der S1… AG, Anlage B 12 (im Folgenden: eV M1…);
49
– eidesstattliche Versicherung vom 8. Juni 2021 der Frau F…, General Counsel bei der S1… GmbH, vormals S1… AG, Anlage B 13 (im Folgenden: eV F…).
50
Die Widersprechende macht geltend, die Unions-Widerspruchsmarke UM 004 274 288 sei für eine Vielzahl von „Sky-Produkten“ und Dienstleistungen rechtserhaltend benutzt, wobei die Hinzufügung von zusätzlichen Zeichenelementen (wie „sky GO“, „sky store“ etc.). jeweils unschädlich sei. Für die rechtserhaltende Benutzung der Unionsmarke sei vorliegend auf den deutschen bzw. deutschsprachigen Markt für Pay-TV abzustellen, da Bezahlfernsehen üblicherweise nicht länderübergreifend angeboten werde, sondern – schon der Sprache und der nationalen Programmlizenzen wegen – auf territorial begrenzten Märkten.
51
Ausgehend von den rechtserhaltend benutzten SKY-Produkten und -Dienstleistungen sei der Schutz nach der „erweiterten Minimallösung“ auf folgende Warenoberbegriffe zu erstrecken: „Lautsprecher; Kabel- und/oder Satellitenempfangsgeräte; digitales optisches Speichermedium; mobile Stromversorgungslösung; magnetisches Speichermedium; Verbindungsgerät zum WLAN-Netzwerk; Empfangsgerät für digitale Radio- und TV-Sender; Mikrocontroller; Kabel zur digitalen Bild- und Tonübertragung; Software für Streaming-Player; Apps zur mobilen Nutzung von Fernseh- und Streamingdiensten; Produktion und Sendung von Bild und Tonaufnahmen“. Ferner seien weitere Sky-Produkte und –Dienstleistungen wie u.a. in der eV Freimuth aufgeführt rechtserhaltend benutzt und im Rahmen des Warenvergleichs zu berücksichtigen.
52
Ausgehend hiervon könnten sich die Vergleichszeichen überwiegend auf identischen bzw. hochgradig ähnlichen Waren und Dienstleistungen begegnen.
53
Die Widerspruchsmarke sei originär durchschnittlich kennzeichnungskräftig, da „sky“ im Sinne von „Himmel“ nicht geeignet sei, die relevanten Waren und Dienstleistungen zu beschreiben. Darüber hinaus zähle der Pay-TV-Anbieter Sky in Deutschland und Österreich zu den führenden Entertainment-Unternehmen mit insgesamt rund …Abonnenten und einem Jahresumsatz (im Jahr 2017) von über … Euro. Es handele sich daher um eine bekannte Marke, der aufgrund dieser Verkehrsbekanntheit gesteigerte Kennzeichnungskraft zuzumessen sei.
54
Die Vergleichszeichen seien in ihrem jeweils prägenden Bestandteil „Sky“ / „sky“ identisch, so dass in jeder Hinsicht – klanglich, schriftbildlich und begrifflich – eine hochgradige Zeichenähnlichkeit bestehe. Das zusätzliche Element „Premium“ trete in der angegriffenen Marke zurück, da es sich um einen glatt beschreibenden Bestandteil bzw. eine glatte Warenanpreisung handele.
55
Daher bestehe unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichszeichen. Überdies bestehe die Gefahr, dass der Verkehr das angegriffene Zeichen der Widersprechenden zuordne und – im Sinne einer mittelbaren Verwechslungsgefahr – von wirtschaftlichen Verbindungen zwischen den Unternehmen ausgehe. Das Zeichen „Sky“ behalte überdies in der angegriffenen Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung, so dass auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne gegeben sei.
56
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Aktenlage Bezug genommen.
II.
        
57
 Die zulässige Beschwerde hat in der Sache zum Teil Erfolg.
58
A. Beschwerdegegenständlich ist alleine die auf die zweite Widerspruchsmarke, die Unions-Wort-Bild-Marke UM 004 274 288, gestützte Löschungsanordnung der Erinnerungsprüferin gemäß Beschluss vom 7. August 2017. Die Markeninhaberin hat in der mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 2021 klargestellt, dass die Beschwerde sich nicht (auch) gegen die Aussetzung des Widerspruchsverfahrens aus der ersten Widerspruchsmarke, der Unionswortmarke UM 003 203 411, richtet.
59
B. Die Beschwerde der Markeninhaberin ist nicht bereits deshalb begründet, weil die Erinnerung der Widersprechenden vom 5. Dezember 2008 nur die erste Widerspruchsmarke UM 003 203 411 betroffen hätte, so dass die Zurückweisung des Widerspruchs aus der zweiten – hier alleine beschwerdegegenständlichen– Unions-Widerspruchsmarke UM 004 274 288 durch den Erstprüfer in Bestandskraft erwachsen wäre.
60
Soweit in dem in Fettdruck wiedergegebenen und einem „Betreff“ vergleichbar ausgestalteten Kopf der Erinnerungsschrift vom 5. Dezember 2008 allein der Widerspruch „aufgrund der Wortmarke EM003203411 – SKY“ benannt ist, ergibt sich daraus keine Beschränkung der Erinnerung und damit des Erinnerungsgegenstands auf den Widerspruch aus dieser Marke.
61
1. Dies folgt zwar nicht allein daraus, dass eine solche Beschränkung offensichtlich nicht dem Willen der Widersprechenden bzw. dem tatsächlich Gemeinten entsprach, wie nicht zuletzt die mit Schriftsatz vom 12. Februar 2009 eingereichte und sich auf die Zurückweisung beider Widersprüche aus den Widerspruchsmarken UM 003 203 411 und UM 004 274 288 (die diesmal auch beide im „Kopf“ des Schreibens genannt sind) beziehende Erinnerungsbegründung verdeutlicht. Denn bei der Erinnerungserklärung handelt es sich um eine Verfahrenserklärung, welche wie jede rechtlich relevante Erklärung einer Auslegung entsprechend § 133 BGB unterliegt. Bei der Auslegung von Verfahrenshandlungen kommt es daher ebenfalls auf die Verständnismöglichkeit des Erklärungsempfängers an. Deshalb ist allgemein anerkannt, dass selbst bei Fehlen des Erklärungsbewusstseins die Verfahrenshandlung als wirksam anzusehen ist, wenn der äußere Tatbestand dem Beteiligten zuzurechnen und der Willensmangel für das Gericht bzw. den Prozessgegner nicht erkennbar ist. Bei Zweifeln über den Sinn der Erklärung ist eine interessengerechte Auslegung vorzunehmen. Eine Verfahrenshandlung ist dahingehend auszulegen, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (BGH NJW 2005, 3415).
62
2. Eine nach diesen Grundsätzen vorzunehmende Auslegung führt vorliegend zu dem Ergebnis, dass die mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2008 erhobene Erinnerung sich auch gegen die Zurückweisung des Widerspruchs aus der Unionsmarke UM 004 274 288 richtet.
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2.1. Die Erinnerung nach § 64 Abs. 1 MarkenG stellt kein Rechtsmittel, sondern nur einen Rechtsbehelf im Verwaltungsverfahren dar, unterliegt aber gleichwohl den Grundsätzen des justizförmigen Verfahrens, so dass im Zweifel auf die Vorschriften über das Beschwerdeverfahren (§§ 66 ff. MarkenG) zurückgegriffen werden kann (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Aufl. 2021, § 64 Rn. 3). Die Einlegung einer Erinnerung nach § 64 Abs. 1 MarkenG erfolgt durch die Einreichung einer Erinnerungsschrift, welche lediglich die angefochtene Entscheidung bezeichnen und die Erklärung enthalten muss, dass gegen diese Erinnerung eingelegt wird. Hingegen verlangt § 64 Abs. 1 MarkenG – wie auch § 66 Abs. 1 MarkenG in Bezug auf die Beschwerdeschrift – weder eine Antragstellung noch eine Begründung; ohne Antrag oder sonstige weitere Spezifizierung gilt der Beschluss als in vollem Umfang angefochten, soweit der Erinnerungsführer durch diesen beschwert ist (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 64 Rn 4, § 66 Rn. 40).
64
2.2. Dies gilt auch, soweit durch den angefochtenen Beschluss mehrere Widersprüche desselben Widersprechenden aus verschiedenen Widerspruchsmarken zurückgewiesen worden sind. Zwar bilden die einzelnen Widersprüche desselben – wie auch mehrerer – Widersprechender jeweils einen gesonderten Verfahrens- bzw. Streitgegenstand, wobei auch eine gemeinsame Entscheidung über die einzelnen Widersprüche, zu der die Markenstelle im vorliegenden Falle mehrerer Widersprüche nach § 31 Abs. 1 und 2 MarkenV berechtigt und aus prozessökonomischen Gründen grundsätzlich auch gehalten ist, nicht zu einer förmlichen Verfahrensverbindung der einzelnen Widersprüche i. S. von § 147 ZPO führt. Eine „gemeinsame“ Entscheidung über mehrere Widersprüche (derselben Widersprechenden) nach § 31 Abs. 1 MarkenV bedeutet jedoch, dass lediglich eine einheitliche, die eine angegriffene Marke betreffende Entscheidung ergeht (vgl. BPatG GRUR 2008, 362, 363 – Beschwerdeerweiterung – für den vergleichbaren Fall einer Entscheidung über mehrere Widersprüche mehrerer Widersprechender nach § 31 Abs. 2 MarkenV). Dies kommt auch darin zum Ausdruck, dass eine solche einheitliche, die verschiedenen Widersprüche zu einem „Gesamtbeschluss“ zusammenfassende Entscheidung, um wirksam zu werden, an jeden Beteiligten nur einmal zugestellt werden muss (vgl. BPatG a. a. O.). Ferner muss ein Widersprechender, der mehrere Widersprüche erhoben hat, die allesamt mit einem Beschluss zurückgewiesen wurden, auch dann nur eine Erinnerungs- oder Beschwerdegebühr zahlen, wenn er sich gegen die Zurückweisung mehrerer bzw. sämtlicher von ihm erhobener Widersprüche wendet, weil nur ein Verfahrensbeteiligter einen Beschluss des DPMA anficht (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 66 Rdnr. 47).
65
Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass eine gegen einen solchen „Gesamtbeschluss“ gerichtete Erinnerung eines Widersprechenden nach § 64 Abs. 1 MarkenG im Zweifel keiner Beschränkung unterliegt, sondern sich uneingeschränkt gegen den angefochtenen Beschluss im Umfang der Beschwer des Widersprechenden richtet. Im Falle einer Zurückweisung mehrerer Widersprüche desselben Widersprechenden kann daher von einer Beschränkung einer Erinnerung auf die Zurückweisung eines Widerspruchs nur dann ausgegangen werden, wenn diese in der Erinnerungsschrift eindeutig und unmissverständlich zum Ausdruck kommt. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.
66
2.3. Soweit nach der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts die ausdrückliche Angabe nur eines Widerspruchs in der Beschwerde (bzw. hier: Erinnerung) gegen einen Beschluss, durch den mehrere Widersprüche zurückgewiesen worden sind, als Beschränkung der Beschwerde (hier: Erinnerung) auf den genannten Widerspruch verstanden werden kann (vgl. BPatG 30 W (pat) 72/94 v. 31. Januar 1995 – PALCOM/PALCOLOR und 24 W (pat) 132/03 v. 23. November 2004 – HILD.I.SAN/Klosterfrau; siehe auch Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 66 Rdnr. 40), vermag der Senat sich dieser Auffassung nicht anzuschließen.
67
Der alleinigen Benennung nur einer Widerspruchsmarke im Kopf bzw. „Betreff“ der Erinnerungserklärung kann jedenfalls dann eine solche einschränkende Bedeutung nicht beigemessen werden, wenn – wie vorliegend – der Text der Erinnerungserklärung selbst keine Einschränkung z. B. durch Benennung nur einer Marke oder durch eine Bezugnahme auf die im „Betreff“ aufgeführte Widerspruchsmarke („in o. g. Umfang“) enthält. Denn der deutlich von der Erinnerungserklärung abgesetzte „Betreff“ soll grundsätzlich nur die Zuordnung eines Schreibens zu einem Verfahren ermöglichen. Dementsprechend kann einem solchen „Betreff“ nicht notwendigerweise ein Erklärungswert in Bezug auf den Umfang der Erinnerung entnommen werden. Dazu besteht bei einer Erinnerung nach § 64 Abs. 1 MarkenG umso weniger Anlass, als eine solche Erinnerung – wie bereits dargelegt – zu ihrer Wirksamkeit weder eines Antrags noch einer Begründung bedarf, so dass in Bezug auf den Umfang der Anfechtung im Zweifel auf die Erinnerungserklärung als solche abzustellen ist (vgl. BPatG GRUR 2019, 407, 408 f. – Elysia AL/Eliza, hier zur Beschwerdeerklärung).
68
Auch wenn vorliegend der in Fettdruck wiedergegebene Kopf des Schreibens
69
„In dem Widerspruchsverfahren
70
Deutsche Marke 305 19 250.7/09 – Premium Sky
71
Widerspruch aufgrund der Wortmarke EM003203411 –
72
SKY
73
Widerspruch der B… plc“
74
nicht ausdrücklich als „Betreff“ benannt ist, so kommt ihm doch angesichts seiner Anordnung oberhalb der Erinnerungserklärung und seiner Ausgestaltung in Fettdruck erkennbar eine solche Funktion zu.
75
Maßgebend für die Frage, in welchem Umfang mit der Erinnerungserklärung die angefochtene Entscheidung angegriffen wird, bleibt dann aber im Zweifel die unterhalb dieses Textes angeordnete schriftliche Erklärung. Diese beschränkt sich aber auf die Erklärung, dass gegen den – in Abschrift beigefügten – Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. Oktober 2008 Erinnerung eingelegt werde.
76
2.4. Es lassen sich auch keine weiteren Umstände feststellen, die eine Beschränkung der Erinnerungserklärung auf die Zurückweisung des Widerspruchs aus der ersten Widerspruchsmarke UM 003 203 411 nahelegen. Soweit die Widersprechende lediglich eine Erinnerungsgebühr eingezahlt hat, entspricht dies – wie bereits erwähnt – den gesetzlichen Anforderungen, so dass sich daraus nichts in Bezug auf eine Beschränkung der Erinnerung entnehmen lässt.
77
2.5. Nach allem ist die Beschwerde der Markeninhaberin nicht bereits deshalb begründet, weil die Zurückweisung des Widerspruchs aus der zweiten Widerspruchsmarke UM 004 274 288 durch den Erstprüfer mit Beschluss vom 31. Oktober 2008 in Bestandskraft erwachsen wäre.
78
C. Die Beschwerde der Markeninhaberin ist aber teilweise – hinsichtlich der im Tenor aufgezählten Waren – begründet, da insoweit keine Gefahr von Verwechslungen gemäß §§ 125b Nr. 1, 43 Abs. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen der angegriffenen Marke und der Unions-Widerspruchsmarke UM 004 274 288 besteht. Der Erinnerungsbeschluss vom 7. August 2017 war daher in diesem Umfang aufzuheben.
79
Dagegen besteht im Umfang der sonstigen von der Löschungsanordnung der Erinnerungsprüferin umfassten Waren der angegriffenen Marke Verwechslungsgefahr, so dass die Beschwerde der Markeninhaberin im Übrigen, zurückzuweisen war.
80
D. Im Laufe des Widerspruchsverfahrens haben sich die Vorschriften des Markengesetzes mit Wirkung vom 14. Januar 2019 geändert. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus nicht (vgl. BGH WRP 2019, 1316 Rn. 11 – KNEIPP).
81
Da die Anmeldung der angegriffenen Marke vor dem 1. Oktober 2009 eingereicht worden ist, ist für den gegen diese Eintragung erhobenen Widerspruch gemäß § 158 Abs. 2 MarkenG in der seit dem 14. Januar 2019 geltenden Fassung weiterhin die Vorschrift des § 42 Abs. 1 und 2 MarkenG in der bis zum 1. Oktober 2009 geltenden Fassung (MarkenG aF) anzuwenden. Ferner sind, da der Widerspruch vor dem 14. Januar 2019 erhoben worden ist, in Bezug auf die Nichtbenutzungseinrede die §§ 26 und 43 Abs. 1 MarkenG in ihrer bis dahin (bis zum 13. Januar 2019) geltenden Fassung (im Folgenden: MarkenG) anzuwenden (§ 158 Abs. 5 MarkenG n. F.).
82
E. Die Frage, ob Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ist unter Heranziehung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. nur EuGH GRUR 2020, 52 Rn. 41-43 – Hansson [Roslagspunsch/ ROSLAGSÖL]; GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933 Rn. 32 – Barbara Becker; BGH GRUR 2020, 870 Rn. 25 – Injekt/Injex; GRUR 2019, 1058 Rn. 17 – KNEIPP; GRUR 2018, 79 Rn. 7 – OXFORD/Oxford Club; WRP 2017, 1104 ff. – Medicon-Apotheke/Medico Apotheke; GRUR 2016, 382 Rn. 19 –  BioGourmet ; GRUR 2016, 283 Rn. 7 – BSA/DSA  DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE ). Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Marken hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. EuGH, a. a. O. Rn. 48 – Hansson [Roslagspunsch/ ROSLAGSÖL]; BGH a. a. O. Rn. 25 – INJEKT/INJEX).
83
F. Nach diesen Grundsätzen ist zwischen den Vergleichsmarken eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr teilweise, nicht aber in Bezug auf die im Tenor genannten Waren, zu bejahen.
84
1. Die Widerspruchsmarke
85
verfügt über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft (zu den Graden der Kennzeichnungskraft vgl. BGH GRUR 2013, 833, Nr. 55 – Culinaria/Villa Culinaria).
86
1.1. Wie bereits die Erinnerungsprüferin zutreffend ausgeführt hat, stellt das Wortelement „sky“ zwar ein einfaches Wort des englischen Grundwortschatzes dar, das der inländische Verkehr auf Anhieb im Sinne von „Himmel“ verstehen wird. Mit dieser Bedeutung ist das Wort jedoch nicht ohne Weiteres geeignet, die hier relevanten Widerspruchswaren und Dienstleistungen (ein Pay-TV-Angebot nebst zugehöriger Dienstleistungen und Waren, insbesondere TV-Receiver und Zubehör) unmittelbar zu beschreiben.
87
Die Erinnerungsprüferin führt zu Recht aus, dass sich auch ein Hinweis auf den Zusammenhang mit „Fernsehsatelliten“ und deren „Stationierung im Weltall“ nicht auf Anhieb aufdrängt (a. A. EuG, Urteil vom 18. November 2014 – T-510/12 –, EuroSky/SKY, juris). Um zu einem solchen Verständnis zu gelangen, bedürfte es einer Reihe von Gedankenschritten im Rahmen einer analysierenden Betrachtungsweise, wobei der Verkehr von der Bedeutung „Himmel“ auf eine „Stationierung im Weltall“ und von dort auf „Fernsehsatellitentechnik“ und sodann auf einen Zusammenhang mit den hier relevanten Waren und Dienstleistungen schließen müsste.
88
Es ist auch nicht belegt, das „sky“ inländisch im vorliegenden Waren- und Dienstleistungszusammenhang (auf dem Sektor des (Bezahl-)Fernsehens und der (Fernseh-)Unterhaltungselektronik) gängig beschreibend verwendet und verstanden würde. Die im Erstprüferbeschluss vom 31. Oktober 2008 zitierte Rechtsprechung (BPatG, Beschluss vom 7. November 2005, 30 W (pat) 63/04 – SKYLAB) bezieht sich ebenso wie die weiteren vom Erstprüfer genannten Fundstellen (zB Langenscheidt Englisch-Deutsch, „skyview“ = „Satellitenstandortanzeige“, „Bild der wissenschaft 1/2000, S. 34 : “Vom Highway zum Skyway“) unmittelbar auf Satelliten und satellitengestützte (Überwachungs-/Ortungs-/Funk-)Technik, nicht aber auf das Angebot eines (Pay-)TV-Senders einschließlich Waren der (Fernseh-)Unterhaltungselektronik. Die von der Inhaberin der jüngeren Marke im Amtsverfahren genannten Beispiele betreffen demgegenüber ausschließlich markenmäßige Verwendungen (vgl. die Anlage A 1 zum Schriftsatz vom 11. Februar 2010; siehe ferner etwa S. 2 des Schriftsatzes vom 1. April 2010, Bl. 437 AA, „www.skydsl.eu“; „www.telsky“).
89
Es ist deshalb von einer originär durchschnittlichen Kennzeichnungskraft auszugehen.
90
1.2. Die Annahme einer Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke wegen Verkehrsbekanntheit aufgrund intensiver Benutzung kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Widerspruchsmarke im Zeitpunkt der Anmeldung der jüngeren Marke 305 19 250 PremiumSky im Inland noch nicht (bzw. jedenfalls noch nicht intensiv für die hier relevanten Waren und Dienstleistungen) benutzt worden ist.
91
Bei Unionsmarken kann eine gesteigerte Kennzeichnungskraft nur berücksichtigt werden, wenn diese auch in Deutschland vorliegt; eine intensive Benutzung und erhöhte Bekanntheit nur im EU-Ausland genügen insoweit nicht (BGH GRUR 2013, 1239, 1241, Nr. 29 – VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion; Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 173 mwN). In zeitlicher Hinsicht müssen die Voraussetzungen für die Verkehrsbekanntheit zudem bereits im Anmeldezeitpunkt der jüngeren Marke vorgelegen haben (vgl. BGH GRUR 2008, 903 Rn. 13 f. – SIERRA ANTIGUO) und bis zum Entscheidungszeitpunkt fortbestehen (Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 225).
92
Vorliegend wurde die jüngere Marke 305 19 250 PremiumSky bereits am 2. April 2005 angemeldet, während das Widerspruchszeichen „sky“ inländisch zu diesem Zeitpunkt unstreitig noch nicht für ein PayTV-Angebot sowie hiermit in Zusammenhang stehende Waren (insbesondere TV-Receiver) benutzt worden ist. Aus den von der Widersprechenden vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen (vom 4. Mai 2018, eV M…, sowie vom 5. Oktober 2018, eV M1…) geht vielmehr übereinstimmend hervor, dass das PayTV-Angebot in Deutschland ursprünglich – bis Juli 2009 – unter der Bezeichnung „Premiere“ vermarktet worden ist.
93
Auch die im Amtsverfahren zum Beleg einer Bekanntheit der Marke „sky“ vorgelegten Unterlagen beziehen sich folgerichtig – u.a. was Nutzerzahlen und Werbeaufwendungen für das Pay-TV-Angebot in den Jahren 2006/2007 betrifft (vgl. die Anlage A5) – in den wesentlichen Punkten ausschließlich auf das Ausland, insbesondere auf Großbritannien, Irland und Italien (vgl. u. a. die Anlagen 5, 6, 8-11, 18, 19, AA; Anlage A 5 = eidesstattliche Versicherung des S2… vom 25. September 2007). Soweit die Widersprechende in Bezug auf Deutschland lediglich vorgetragen hat, dass der seit 1989 in vielen Ländern betriebene 24-Stunden-Nachrichtensender „SKY NEWS“ auch hier, in Deutschland, über die digitalen Kabelplattformen „Kabel Deutschland“ und „Kabel BW“ von rund … Haushalten empfangen werden konnte, ist dies ohne Aussagekraft. Denn wie auch die Erinnerungsprüferin richtig ausgeführt hat, sagt die bloße Möglichkeit des Empfangs innerhalb einer Vielzahl angebotener Sender nichts über die tatsächliche Bekanntheit von „SKY NEWS“ aus. Auch im Übrigen bestehen für eine inländische Bekanntheit zum Anmeldezeitpunkt der jüngeren Marke (2005!) keine Anhaltspunkte, zumal das eigentliche Pay-TV-Angebot wie dargelegt erst vier Jahre später in Deutschland unter dem Zeichen „Sky“ vermarktet wurde.
94
1.3. Andererseits ist auch eine Schwächung der Kennzeichnungskraft durch (benutzte) Drittmarken nicht feststellbar. Dies setzte eine beträchtliche Anzahl an Drittkennzeichen voraus, die in gleichen oder eng benachbarten Branchen und in einem Umfang in Erscheinung treten, der geeignet erscheint, die erforderliche Gewöhnung des Verkehrs an die Existenz weiterer Kennzeichnungen im Ähnlichkeitsbereich zu bewirken (vgl. mwN Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 184 ff.). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Markeninhaberin, wie bereits die Erinnerungsprüferin ausgeführt hat, nicht. In Bezug auf den Großteil der mit der Anlage A 1 zum Schriftsatz vom 11. Februar 2010 vorgelegten Drittmarken („opensky, sky vision, MAGICSKY, mobilesky, ATSKY, McSky, T-Sky, OnSky“) ist über deren Benutzungslage nichts bekannt bzw. konkret vorgetragen. Soweit die Markeninhaberin sodann mit den Anlagen 2.1 – 2.3 zum Schriftsatz vom 5. Mai 2010 einen Katalog der Firma S3…, Online-Verkaufsangebote von mit den Marken „EuroSky“ und „power sky“ gekennzeichneten Satellitenreceivern sowie schließlich einen Auszug der Webseite „www.telsky.de“, auf der Satellitenanlagen sowie –Receiver vorgestellt werden, vorgelegt hatte, handelt es sich nicht um eine „beträchtliche“, sondern nur um eine relativ geringe Anzahl an Drittmarken. Darüber hinaus fehlt es, wie die Erinnerungsprüferin zu Recht festgestellt hat, an der Voraussetzung, dass die Drittmarken – die hier durchweg aus zusammengesetzten Zeichen bestehen – der Widerspruchsmarke näherkommen müssen als die angegriffene Marke (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 187). Der Ausnahmetatbestand (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 183) einer Reduzierung der Kennzeichnungskraft durch Drittzeichen ist demnach insgesamt nicht erfüllt.
95
1.4. Es verbleibt daher bei der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke.
96
2. Die Vergleichszeichen sind sich sehr ähnlich.
97
2.1. In ihrer Gesamtheit sind die Vergleichsmarken allerdings durch den in der jüngeren Marke zusätzlich vorhandenen Wortbestandteil („Premium“) sowie die Grafik der Unions-Widerspruchsmarke zunächst leicht zu unterscheiden.
98
2.2. Jedoch zwingt der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks nicht dazu, die Vergleichsmarken stets in ihrer Gesamtheit miteinander zu vergleichen. Vielmehr ist nicht ausgeschlossen, dass ein oder mehrere Bestandteile eines zusammengesetzten Zeichens für den Gesamteindruck prägend sein und insoweit eine rechtlich relevante Verwechslungsgefahr begründen können (vgl. m. w. N. BGH GRUR 2013, 1239, Nr. 32 – VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion; GRUR 2013, 833, Nr. 45 – Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2009, 772, Nr. 57 – Augsburger Puppenkiste). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile für die angesprochenen Verkehrskreise weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen (vgl. BGH GRUR 2012, 64, Nr. 15 – Maalox/Melox-​GRY; GRUR 2010, 729, Nr. 31 – MIXI; GRUR 2009, 1055, Nr. 23 – airdsl), so dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (vgl. EuGH GRUR 2016, 80, Nr. 37 – BGW/Scholz; GRUR 2007, 700, Nr. 42 – HABM/ Shaker, GRUR Int. 2010, 129, Nr. 62 – Carbonell/La Espanola; GRUR 2010, 1098, Nr. 56 – Calvin Klein/HABM; BGH GRUR 2004, 778, 779 – URLAUB DIREKT; GRUR 2008, 719, Nr. 37 – idw Informationsdienst Wissenschaft; GRUR 2010, 828, Nr. 45 – DiSC).
99
Diese Grundsätze können nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auch auf einteilige Zeichen – wie hier die angegriffene Marke – anzuwenden sein (vgl. BGH GRUR 2008, 905, Nr. 26 – Pantohexal; GRUR 2010, 729, Nr. 34 – MIXI; GRUR 2013, 631, Nr. 33 – AMARULA/Marulablu; kritisch Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 348). Dies setzt allerdings voraus, dass der Verkehr aufgrund besonderer Umstände Veranlassung hat, das zu einem Wort zusammengesetzte Zeichen zergliedernd und nicht als einheitliche Bezeichnung aufzufassen (BGH GRUR 2010, 729, Nr. 34 – MIXI; GRUR 2013, 631, Nr. 33 – AMARULA/Marulablu).
100
2.3. Ausgehend davon wird der Gesamteindruck beider Vergleichszeichen klanglich jeweils durch den Bestandteil „Sky“ / „sky“ geprägt.
101
a. Was zunächst die prioritätsältere Unions-Wort-Bild-Marke und deren grafische Ausgestaltung betrifft, ist für die mündliche Benennung von dem allgemein anerkannten Erfahrungsgrundsatz auszugehen, dass sich der Verkehr bei einer Kombination von Wort und Bild regelmäßig an dem Wortbestandteil (hier: sky) orientiert, sofern er – wie im vorliegenden Fall – kennzeichnungskräftig ist, weil der Wortbestandteil einer solchen Marke die einfachste Möglichkeit zur Benennung bietet (vgl. etwa BGH, GRUR 2014, 378, Rn. 39 – OTTO CAP; vgl. zum Ganzen m. w. N. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 455). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz „Wort vor Bild“ kann sich zwar insbesondere dann ergeben, wenn die graphische Ausgestaltung durch ihren Umfang und ihre kennzeichnende Wirkung die Marke derart beherrscht, dass das Wort kaum mehr beachtet wird (vgl. BGH GRUR 1959, 599, 601 f. – Teekanne; BPatG, GRUR 1994, 124, 125 – Billy the Kid; BPatG, 30 W (pat) 77/09 – Chinese/Mädchen; siehe auch Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 456). Dies ist vorliegend aber nicht der Fall, da sich die Grafik auf einfache, werbeübliche Elemente beschränkt. Sowohl die rechteckige Unterlegung (vgl. hierzu BPatG PAVIS PROMA, 24 W (pat) 338/03 – VISAGE, bestätigt durch BGH, GRUR 2008, 710, Rn. 21) wie auch die Umrandung der Buchstaben sowie die Farbgebung (in Grautönen) stellen einfache und grundlegende Stilmittel dar, an die sich der Verkehr durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat.
102
b. Die jüngere Marke PremiumSky wird der Verkehr bereits aufgrund der Binnengroßschreibung nicht als einheitliche Bezeichnung, sondern als Zusammensetzung aus den Bestandteilen „Premium“ und „Sky“ auffassen.
103
Dabei tritt der Wortbestandteil „Premium“ hinter dem prägenden Bestandteil „Sky“ zurück. Denn das in der angegriffenen Marke vorangestellte Element „Premium“ hat als substantiviertes Adjektiv die Bedeutung „Erstklassiges“. Der Ausdruck kommt aus dem Englischen (vgl. Duden, Das große Fremdwörterbuch, 4. Auflage, Seite 1094). In der deutschen Sprache ist er bereits seit geraumer Zeit in unterschiedlichsten Waren- und Dienstleistungsbereichen als Hinweis auf Spitzenqualität gebräuchlich und wird deshalb vom deutschen Publikum ohne Weiteres in diesem Sinn verstanden (vgl. BGH GRUR 2000, 727 – LORCH PREMIUM; BPatG, 28 W (pat) 308/04 – COOL PREMIUM; BPatG, 29 W (pat) 104/10 – PREMIUMPARK; 28 W (pat) 552/17 – DISCOVER PREMIUM).
104
Im Wortbestandteil „Premium“ der jüngeren Marke wird daher ganz überwiegend ein Qualitätshinweis gesehen werden (vgl. BPatG PAVIS PROMA 32 W (pat) 82/03 – Wolfgang Amadeus Mozart PREMIUM ./. W. Amadeus Mozart). Der angesprochene Verkehr wird daher nur in dem – normal kennzeichnungskräftigen – Bestandteil „Sky“ den betrieblichen Herkunftshinweis sehen.
105
c. Der danach in der Widerspruchsmarke gegenüber der grafischen Ausgestaltung im Vordergrund stehende, den Gesamteindruck prägende Wortbestandteil „sky“ stimmt mit dem prägenden Bestandteil der angegriffenen Marke „Sky“ klanglich vollständig überein, so dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes von einer hochgradigen Zeichenähnlichkeit auszugehen ist (vgl. BGH GRUR 2018, 417 Rn. 35 – Resistograph).
106
3. Unter Beachtung dieser hochgradigen Zeichenähnlichkeit sowie einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist in der Gesamtabwägung eine markenrechtlich relevante unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken insoweit anzunehmen, als sie sich bei identischen oder jedenfalls durchschnittlich ähnlichen Waren begegnen können.
107
Die im Tenor aufgeführten Waren befinden sich dagegen im Bereich der Unähnlichkeit bzw. jedenfalls der weit unterdurchschnittlichen Ähnlichkeit zu den rechtserhaltend benutzten Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke, so dass insoweit keine Verwechslungsgefahr besteht.
108
3.1. Auf die von der Markeninhaberin erhobene Nichtbenutzungseinrede hat die Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß Art. 15 GMV [jetzt: 18 UMV] in der Union für den nach §§ 43 Abs. 1 Satz 2, 125 b Nr. 4 MarkenG maßgeblichen Zeitraum für die folgenden Waren und Dienstleistungen glaubhaft gemacht:
109
„Fernsehempfänger, nämlich TV-Receiver und TV-Receiver mit Aufnahmefunktion; bespielte DVDs, Blue-Rays; Lautsprecher; WLAN-Module; HDMI-Kabel; externe Festplatten; Computersoftware zur Nutzung von Pay-TV- und Streaming-Diensten; Produktion und Ausstrahlung von Fernsehsendungen, nämlich Fernsehserien“.
110
Ebenfalls glaubhaft gemacht (und im übrigen amtsbekannt) ist, dass die Widerspruchsmarke im fraglichen Zeitpunkt für den Betrieb eines Pay-TV-Senders und damit für die Dienstleistungen „Ausstrahlung von Fernsehsendungen; Sendung von Fernsehprogrammen“ der Klasse 38 benutzt worden ist. Darauf kommt es aber letztlich nicht an.
111
a. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat erstmals im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 7. November 2017 die Benutzung der Unions-Widerspruchsmarke 004 274 288 in Bezug auf „alle“ Widerspruchswaren und -dienstleistungen „der Klassen 9, 16, 28, 35, 38, 41, 42, 43 und 45“ bestritten. Soweit die Dienstleistungen der Klasse 36 jedenfalls in der Aufzählung auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 7. November 2017 von der Nichtbenutzungseinrede ausgenommen sind, kann dies dahinstehen, da es auf diese Dienstleistungen nicht streitentscheidend ankommt.
112
Die Nichtbenutzungseinrede ist wirksam erhoben worden, da die am 17. Oktober 2012 eingetragene Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der Erhebung der Einrede bereits länger als fünf Jahre eingetragen war. Auf Seiten der Widerspruchsmarke sind daher gemäß § 43 Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 125b Nr. 4 MarkenG nur die Waren und Dienstleistungen zu berücksichtigen, für die eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft gemacht worden ist. Da die am 17. Oktober 2012 mit Priorität vom 27. Juli 2004 eingetragene Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der jüngeren Marke am 17. Februar 2006 noch nicht 5 Jahre im Markenregister eingetragen war (§§ 43 Abs. 1 Satz 1, 125 b Nr. 4 MarkenG), erstreckt sich die Einrede nur auf den nach §§ 43 Abs. 1 Satz 2, 125 b Nr. 4 MarkenG maßgeblichen Zeitraum. Damit oblag es der Widersprechenden, eine rechtserhaltende Benutzung der Unions-Widerspruchsmarke UM 004 274 288 in der Union in den letzten fünf Jahren vor der Entscheidung über den Widerspruch, was vorliegend dem Tag der mündlichen Verhandlung am 24. Juni 2021 entspricht (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 43 Rdnr. 21; BPatG, Beschluss vom 7. März 2019, 30 W (pat) 541/17 – matosil/MITOSYL, juris), also für den Zeitraum Juni 2016 bis Juni 2021 glaubhaft zu machen (§ 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG).
113
b. Nach § 125b Nr. 4 MarkenG sind für den Fall, dass ein Widerspruch auf eine (prioritäts-)ältere Unionsmarke gestützt wird (vgl. § 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 125b Nr. 1 MarkenG), die Glaubhaftmachungsregeln des § 43 Abs. 1 MarkenG entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Benutzung der Marke mit älterem Zeitrang gemäß § 26 MarkenG die Benutzung der Unionsmarke gemäß Artikel 15 der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke (jetzt: Artikel 18 UMV) tritt. Danach muss die Marke in der Union ernsthaft benutzt worden sein (vgl. hierzu im Einzelnen Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 125 b Rn. 51 ff.). Eine Marke wird ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren – benutzt wird, um für diese Waren oder Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die nur zu dem Zweck vorgenommen werden, die Marke um ihrer selbst willen zu erhalten. Die Frage, ob die Benutzung der Marke ernsthaft ist, ist anhand sämtlicher Umstände zu prüfen, die belegen können, dass die Marke tatsächlich geschäftlich verwertet wird; dazu gehören vor allem Dauer und Intensität der Benutzung sowie die Art der Waren bzw. Dienstleistungen (vgl. EuGH GRUR 2003, 425, 428, Rn. 38 – Ajax/Ansul; GRUR 2006, 582, 584, Rn. 70 – VITAFRUIT). Nach der europäischen Spruchpraxis ist davon jedenfalls auszugehen, wenn die Marke „tatsächlich, stetig und mit stabilem Erscheinungsbild auf dem Markt präsent ist” (vgl. EuGH GRUR 2008, 343, 346, Nr. 74 – Il Ponte Finanziaria SpA/HABM).
114
c. Soweit die Markeninhaberin Einwendungen gegen die Verwertbarkeit der Benutzungsunterlagen und hier insbesondere gegen die eidesstattliche Versicherung S… vom 19. Dezember 2016 (Anlage B7) erhoben hat, trifft zu, dass die eV S… offensichtlich lediglich als Kopie bzw. Scan aus einem anderen Verfahren eingereicht worden ist und daher nicht die Unterschrift im Original trägt, was grundsätzlich nicht die Voraussetzungen des § 294 Abs.1 ZPO erfüllt (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 43 Rn. 80). Letztlich kommt es hierauf aber nicht an, da die Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung in Bezug auf die o. g. Waren und Dienstleistungen durch die weiteren Unterlagen gelungen ist, insbesondere durch die eidesstattlichen Versicherungen nebst Anlagen M… vom 4. Mai 2018, M1… vom 5. Oktober 2018 sowie F… vom 8. Juni 2021, die ihrerseits keinen Bedenken im Hinblick auf ihre Verwertbarkeit unterliegen.
115
d. Was die Person des Benutzers (vgl. § 26 Abs. 2 MarkenG) angeht, reicht eine Drittbenutzung der Widerspruchsmarke mit Zustimmung des Markeninhabers (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 26 Rn. 127 ff.) aus, die vorliegend durch die eidesstattlichen Versicherungen M… vom 4. Mai 2018 und M1… vom 5. Oktober 2018 glaubhaft gemacht ist.
116
In den eidesstattlichen Versicherungen werden die Strukturen des Sky-Konzerns nachvollziehbar erläutert: Demnach ist die „S1… GmbH“ in U…Teil der S1… Unternehmensgruppe mit der Konzernmutter „S1… plc.“ mit Sitz in Großbritannien. Die „S1… GmbH“ ist ihrerseits 2015 aus der „S1… AG“ hervorgegangen und betreibt über ihre Tochtergesellschaft „S1…GmbH & Co. KG“ das Pay-TV-Angebot „Sky“ (ehemals – bis Juli 2009 – unter der Bezeichnung „Premiere“). Die Widersprechende, die „S1 … AG“ in Z…, ist ebenso ein Unternehmen der S1…- Unternehmensgruppe und somit mit der „S1… GmbH“ und der „S1… GmbH & Co. KG“ über die Konzernmutter in Großbritannien verbunden.
117
Durch die eidesstattlichen Versicherungen ist zudem glaubhaft gemacht, dass die „S1… GmbH & Co. KG“ aufgrund von Lizenzvereinbarungen berechtigt ist, die Marken und insbesondere auch die hier beschwerdegegenständliche Unions-Widerspruchsmarke UM 004 274 288 der Widersprechenden „S1… AG“ zu nutzen. Die eV M1… nennt die Unions-Wort-Bild-Marke UM 004 274 288 ausdrücklich als von der Lizenzvereinbarung umfasst. Die glaubhaft gemachte Benutzung der Widerspruchsmarke durch die Lizenznehmerin gilt als rechtserhaltende Benutzung nach §§ 26 Abs. 2, 125 b Nr. 4 MarkenG i. V. m. Art. 15 GMV [jetzt: 18 UMV]. Soweit die Widersprechende sich ausdrücklich auf die Verwendung der Widerspruchsmarke durch die o. g. Lizenznehmer beruft, die Lizenzstrukturen in der eidesstattlichen Versicherung dargestellt sind und die entsprechende Benutzung auch durch Anlagen belegt ist (hierzu im Folgenden), ist die Vorlage von Lizenzverträgen nicht erforderlich (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 26 Rn. 133).
118
e. Durch die eV M… vom 4. Mai 2018 nebst Anlagen sowie die eV F… vom 8. Juni 2021 ist glaubhaft gemacht, dass die Widerspruchsmarke UM 004 274 288 von der Lizenznehmerin rechtserhaltend für die Waren
119
„Fernsehempfänger, nämlich TV-Receiver“ sowie „TV-Receiver mit Aufnahmefunktion“
120
benutzt worden ist.
121
aa. Hinsichtlich des Umfangs der Benutzung enthalten die eidesstattlichen Versicherungen hinreichende Angaben, um eine ernsthafte Benutzung für diese Waren in der Union glaubhaft zu machen.
122
aaa. Nach den Angaben in der eV M… betrug die Zahl der privaten Abonnenten von „S1…“ im Zeitraum 2009 -2017 zwischen … (2009) und … (2017). Jeder Sky-Abonnent erhält nach Vertragsabschluss eine sog. „set-top box“ im Sinne eines „digitalen Receivers für Fernsehempfang über Satellit oder Kabel“ („digital receiver for satellite or cable reception“), die zur Entschlüsselung der meist verschlüsselt ausgestrahlten Pay-TV-Programme erforderlich ist. Seit 2009 wurden unter dem Zeichen „sky“ einfache Fernsehreceiver („set top boxes“) zum Empfang des Sky-Pay-TV-Programms, seit August 2010 sodann zudem „sky +“-Fernsehreceiver mit zusätzlichen Funktionen (insbesondere einer Aufnahme- und Programmierfunktion) ausgegeben. Nach der eV F… hat S1… im Jahr 2018 neben „SKY+“- auch „SKY Q“- Receiver angeboten (letztere mit zusätzlichen Anwendungsmöglichkeiten, u.a. zur Aufzeichnung paralleler Sendungen sowie Sprachsteuerung). Was die Stück- und Umsatzzahlen im hier maßgeblichen Benutzungszeitraum (Juni 2016 bis Juni 2021) betrifft, ist durch die eV M… u. a. glaubhaft gemacht, dass im Jahr 2017 insgesamt … „sky +“-Receiver“ mit einem Jahresumsatz von mehr als … Euro an deutsche Kunden ausgegeben worden sind. Im Jahr 2018 hat S1… nach der eV F… insgesamt mehr als … Receiver vertrieben und dabei ein Entgelt von mehr als … Euro (Mindestzahlen aus Gründen des Geschäftsgeheimnisses) erzielt.
123
bbb. Zwar ist für die Unions-Widerspruchsmarke nicht alleine eine Benutzung im Inland, sondern nach Art. 15 GMV [jetzt: 18 UMV] eine Benutzung im Gebiet der Union glaubhaft zu machen. Die Benutzung einer Unionsmarke muss, um als ernsthaft zu gelten, aber nicht notwendig im gesamten Gebiet der europäischen Union erfolgen. Vielmehr ist die Größe des Gebiets der Benutzung nur eines von mehreren maßgeblichen Kriterien für die Beurteilung einer ernsthaften Benutzung, die untereinander in einer Art Wechselwirkung stehen (EuGH GRUR 2013, 182 Rdnr. 55 – Leno Merken/Hagelkruis Beheer [Onel/Omel]). Zu prüfen sind die Merkmale des betreffenden Marktes, die Art der geschützten Waren oder Dienstleistungen, die Gebietsgröße, der quantitative Umfang der Benutzung sowie deren Häufigkeit und Regelmäßigkeit. Dabei ist nicht auszuschließen, dass dieser Markt faktisch auf das Hoheitsgebiet eines einzigen Mitgliedstaats begrenzt sein kann (EuGH a. a. O. Rdnr. 36, 50, 57 – Leno Merken/Hagelkruis Beheer [Onel/Omel]; BGH GRUR 2013, 925 Rdnr. 38 – VOODOO).
124
Vorliegend belegen die glaubhaft gemachten hohen Stückzahlen an vertriebenen TV-Receivern (im Bereich zwischen ca. … bis zu … Receivern/Jahr) sowie die Jahresumsatzzahlen 2017 und 2018 (… bzw. … … Euro Mindestumsatz) eine intensive und umfangreiche Benutzung in Deutschland. Da es sich bei der Bundesrepublik Deutschland gemessen am Bruttoinlandsprodukt um die größte Volkswirtschaft in Europa handelt, ist von einer ernsthaften Benutzung für die genannten Waren in der Union auszugehen (vgl. u.a. BPatG 28 W (pat) 10/17 – H-TEC/HYDAC; 30 W (pat) 23/16 – nivo/NIVONA; 24 W (pat) 35/07 – Stradivari; 30 W (pat) 1/10 – TOLTEC/TOMTEC; OLG Hamburg GRUR-RR 2005, 312, 314 – NEWS; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2011, 172, 173 – ZAPPA; vgl. ferner Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, a. a. O., § 125b Rn. 51-53).
125
ccc. Dass sich die Angaben zu Stückzahlen und Umsätzen in den eidesstattlichen Versicherungen in Bezug auf den maßgeblichen Benutzungszeitraum auf die Jahre 2017 und 2018 beschränkten, steht der Annahme einer ernsthaften Benutzung nicht entgegen, denn es ist keine kontinuierliche Verwendung der Marke während des gesamten in Rede stehenden Zeitraums erforderlich (vgl. EuGH GRUR 2008, 343EuGH GRUR 2008, 343 Rn. 72 bis 74 – Il Ponte Finanziaria/HABM [BAINBRIDGE]; GRUR 2008, 343 Rn. 72 bis 74 – Il Ponte Finanziaria/HABM [BAINBRIDGE]; BGH GRUR 2013, 925 Rn. 40 – VOODOO). Die angegebenen Umsatzangaben müssen daher weder den gesamten fünfjährigen Benutzungszeitraum abdecken noch das letzte Jahr betreffen. Vielmehr genügt – wie im vorliegenden Fall – auch die Glaubhaftmachung einer Markenverwendung für eine begrenzte, auch weiter zurückliegende Zeit innerhalb des relevanten Benutzungszeitraums, sofern der fragliche Einsatz der Marke noch als ernsthafte Benutzung zu bewerten ist (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 43 Rn. 85 und § 26 Rn. 95 ff.). Hieran bestehen wegen der Kontinuität der Benutzung und der Höhe der Stückzahlen und Umsätze keinerlei Zweifel.
126
bb. Die Form der Benutzung ist glaubhaft gemacht durch die Angaben in der eV M… in Verbindung mit den Anlagenkonvoluten EV7 und EV8 sowie durch die eV F….
127
aaa. In der eV M… vom 4. Mai 2018 ist versichert, dass die „Sky set top boxes“ aktuell („currently“, also 2018) von Sky vermarktet werden wie in dem Anlagenkonvolut EV 7 ersichtlich. In diesem Anlagenkonvolut sind Abbildungen der „einfachen“ TV-Receiver mit dem Zeichen „sky“ auf der Vorderfront enthalten (S. 1- 3) ebenso wie Abbildungen des „Pay-TV-Receivers mit Aufnahmefunktion“, der das Zeichen „sky+“ ebenso rechts oben auf der Vorderfront trägt, während auf der zugehörigen Fernbedienung nur das Zeichen „sky“ angebracht ist. Ferner finden sich im Anlagenkonvolut EV 8 Werbeflyer mit Abbildungen desselben sky+-Receivers, wobei diese Flyer auf die Jahre 2014 und 2015 datieren, was in der Gesamtschau eine im Wesentlichen gleichbleibende Gestaltung dieses Receiver-Typs im Zeitraum 2014-2018 belegt.
128
Die eidesstattliche Versicherung F… bezieht sich auf die Benutzung der Widerspruchsmarke im Jahr 2018 und versichert eine Kennzeichnung der Receiver wie auf den Seiten 6 und 7 der eV abgebildet und mit folgenden Modellvarianten:
129
– Receiver als „Eingerätelösung“ mit dem Zeichen „sky+“ auf der Vorderfront rechts oben;
130
– „Zweigerätelösung“, wobei der Receiver auf der Vorderfront rechts oben mit dem Zeichen „sky“ sowie die externe Festplatte auf der Vorderfront rechts unten mit dem Zeichen „sky+“ gekennzeichnet ist;
131
– „Sky Q-Geräte“ mit dem Zeichen „sky“ sowohl auf der Ober- und Frontseite und dem Buchstaben „Q“ in der Mitte der Front.
132
bbb. Eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke scheitert insoweit auch nicht daran, dass die Wort-/Bildmarke
133
in veränderter Form auf den Receivern angebracht ist.
134
Die Weglassung der Bildelemente ist unschädlich, da der als selbständig kennzeichnend hervortretende Wortbestandteil „sky“ unverändert erhalten bleibt und noch als dieselbe Marke aufgefasst wird (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 26 Rdn. 228 m. w. N.). Denn die weggelassenen Bildelemente – die rechteckige, emblemartige Unterlegung sowie die „gestrichelte“ Umrandung der Buchstaben – weisen ebenso wie die graue Farbgebung neben dem kennzeichnungskräftigen Wortelement „sky“ keine eigene kennzeichnende Bedeutung auf und werden deshalb vom Verkehr nur als Verzierungen oder Hervorhebungsmittel wahrgenommen.
135
Unschädlich ist zudem die Hinzufügung des Zeichens „+“ nach dem Wortelement „sky“ bei der Kennzeichnung des entsprechenden Receiver-Modells. Der kennzeichnende Charakter einer Marke wird in der Regel durch die Hinzufügung von Zusätzen nicht berührt, denen der Verkehr keine eigene maßgebende Kennzeichnung neben der Marke beimisst. Dies gilt vor allem für die Verbindung der Marke mit erkennbar nur beschreibenden, werbemäßigen oder sonst nicht herkunftshinweisenden Zusätzen (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 26 Rn. 195). So liegt der Fall auch hier, denn das dem Wort „sky“ nachgestellte grafische Symbol „+“ ist das Pluszeichen, das dem inländischen Verkehr seit langem als Mittel der Intensivierung einer Werbebotschaft geläufig ist und mit dem eine bestimmte Aussage verstärkt bzw. besonders betont oder auf zusätzliche Vorteile/Eigenschaften für den Nutzer hingewiesen werden soll (vgl. BPatG PAVIS PROMA beWell energy+; BPatG 28 W (pat) 503/10 – Premium PLUS +; 25 W (pat) 136/03 – Assurance+; siehe auch EuG, T-0591/13 – News + ./. ACTU +).
136
Bei den „Sky Q“-Geräten (gemäß Abbildung auf Seite 7 der eV F…) ist das sowohl auf der Oberseite als auch auf der rechten Frontseite angebrachte Zeichen „sky“ räumlich deutlich von dem in der Mitte der Frontseite angebrachten Buchstaben „Q“ getrennt, so dass „sky“ als eigenständiges Zeichen mit Herkunftsfunktion wahrgenommen wird.
137
ccc. Entgegen dem Vorbringen der Markeninhaberin bestehen für eine rein „firmenmäßige“, nicht (gleichzeitig zumindest auch) markenmäßige Benutzung (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 26 Rn. 29) keine Anhaltspunkte. Vielmehr ist das Zeichen „sky“ auf den TV-Receivern funktionsgemäß als Marke angebracht und wird daher von den beteiligten Verkehrskreisen als Unterscheidungszeichen im Sinne eines Herkunftshinweises angesehen (Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 26 Rn. 30).
138
Entgegen dem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung steht der Annahme einer funktionsgemäßen Benutzung als Marke auch nicht entgegen, dass S1… die Pay-TV-Receiver nicht verkauft, sondern seinen Abonnenten im Rahmen des Vertragsverhältnisses zur Verfügung stellt, um das Pay-TV-Angebot empfangen zu können. Denn auch eine Vermietung oder Mitgabe der Receiver im Rahmen eines Gesamtvertragspakets (mit Mischkalkulation) kann eine markenmäßige Benutzung darstellen, wenn diese mit der Übernahme von Produktverantwortung einhergeht. Vorliegend übernimmt S1… durch die Kennzeichnung der Receiver nicht nur die Verantwortung für die abrufbaren Pay-TV-Dienstleistungen, sondern auch die Produktverantwortung im markenrechtlichen Sinne für die TV-Receiver, was für die Bejahung der funktionsgemäßen Benutzung entscheidend ist.
139
cc. Das Widerspruchszeichen ist somit ernsthaft und funktionsgemäß als Marke zur Kennzeichnung der Waren „digitale Pay-TV-Receiver“ bzw. „digitale Pay-TV-Receiver mit Aufnahmefunktion“ verwendet worden. Entgegen dem Vorbringen der Markeninhaberin lassen sich diese Waren auch unter die Warenoberbegriffe des Warenverzeichnisses der Widerspruchsmarke subsumieren, nämlich (u.a.) unter die Waren der Klasse 9 „Fernsehempfänger einschließlich Dekoder“ bzw. „Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Wiedergabe oder Empfang von Ton und Bild“.
140
dd. Im Rahmen der Integrationsfrage ist die Widersprechende auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs GRUR 2020, 871 – INJEKT/INJEX v. 6. Februar 2020 nicht auf die o. g. ganz speziellen Produkte festzulegen.
141
Zwar kann die im Löschungs(klage) verfahren entwickelte und in der Vergangenheit vom Bundespatentgericht als “erweiterte Minimallösung” bezeichnete Rechtsprechung, wonach die Benutzung für eine Spezialware auch für einen umfassenderen, nicht zu breiten Warenoberbegriff rechtserhaltend wirkt (vgl. dazu BGH GRUR 2012, 64, 65 Nr. 10 – Maalox/Melox-GRY; BPatG 25 W (pat) 79/12 v. 22. Mai 2014 – Tebo/TOBI; 30 W (pat) 37/13 v. 21. Mai 2015 – CIRKALM/BIKALM; Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O, § 26 Rdnr. 277 m. w. N.), in Kollisionsverfahren wie dem Widerspruchsverfahren nicht mehr zur Anwendung kommen, da dies nach Auffassung des BGH zu einer nicht zu rechtfertigenden Bevorzugung des Inhabers einer Marke mit weit gefassten Oberbegriffen gegenüber demjenigen führt, der die Eintragung von Anfang an auf die sodann benutzte Ware beschränkt hat, und im Übrigen auch eine nicht hinnehmbare Beeinträchtigung der Rechtssicherheit bei der Prüfung, ob eine Kollisionslage vorliegt, bewirkt (vgl. BGH GRUR 2020, 871, Rn. 34 – INJEKT/INJEX). Vielmehr ist danach der Schutz der Klagemarke oder der Widerspruchsmarke auf die konkret benutzten Waren beschränkt. Damit ist jedoch nicht gemeint, dass der Schutz der Marke lediglich für das konkret vertriebene Einzelprodukt mit sämtlichen individuellen Eigenschaften besteht. Der Schutz erstreckt sich vielmehr auf gleichartige Waren (vgl. BGH aaO Rn. 36). Ob Waren gleichartig sind, ist aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtung festzustellen. Zum gleichen Warenbereich gehören gemeinhin Waren, die in ihren Eigenschaften und ihrer Zweckbestimmung weitgehend übereinstimmen (vgl. BGH, GRUR 2013, 833, Rn. 61 – Culinaria/Villa Culinaria; Ströbele/Hacker/Thiering, aaO, § 26 Rdnr. 281).
142
Danach rechtfertigt die glaubhaft gemachte Verwendung der Widerspruchsmarke für „digitale Pay-TV-Receiver“ bzw. „digitale Pay-TV-Receiver mit Aufnahmefunktion“ jedenfalls die Anerkennung einer rechtserhaltenden Benutzung für „Fernsehempfänger, nämlich TV-Receiver“ und „TV-Receiver mit Aufnahmefunktion“.
143
f. Die Widersprechende hat die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke auch für die Waren „bespielte DVD, Blu-ray-Discs“ glaubhaft gemacht.
144
Nach der eV M… in Verbindung mit dem Anlagenkonvolut EV 7c bietet die Lizenznehmerin der Widersprechenden ihren Kunden seit Juni 2017 über ihre inländische Online-Videothek („Sky-Store“, https://Store.sky.de/.) mit Filmen bespielte DVDs und Blu-ray-Discs zum Kauf an. Die Filme können nach Kauf elektronisch unter „Meine Inhalte“ abgerufen werden, zusätzlich wird die DVD oder Blu-ray automatisch per Post an den Kunden versendet (vgl. auch die Beschreibung in Anlage EV 7c). Im Zeitraum Juni 2017 bis Mai 2018 wurden nach den Angaben in der eV M… mehr als … Filme mit einem Umsatz von mehr als … Euro verkauft, was für eine ernsthafte Benutzung auch im Unionsgebiet ohne Weiteres ausreicht.
145
Die Art der Benutzung ist durch das Anlagenkonvolut EV 7c glaubhaft gemacht, wobei das Wort-/Bildzeichen „sky STORE“ [weiße Buchstaben auf hellblau/dunkelblauem Hintergrund; rechteckige Unterlegung in Gestalt eines Fernsehbildschirms] auch gut sichtbar auf den DVD/Blue-ray-Discs selbst angebracht ist. Der Zusatz „STORE“ tritt dabei wegen der geringeren Schriftgröße und der Anordnung unterhalb von „sky“ schon optisch in den Hintergrund; im Übrigen wird der Verkehr diesem auf einen (Online-)Store hinweisenden und damit rein beschreibenden Bestandteil keine eigene Kennzeichnungsfunktion neben der eigentlichen Marke „sky“ beimessen. Dasselbe gilt für die Bildelemente, die der Verkehr lediglich als Hervorhebungen bzw. Verzierungen wahrnehmen wird. „DVD“ sind im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke in Klasse 9 enthalten, so dass die Subsumtion unproblematisch ist. Blu-Ray-Discs (als High-Definition-Nachfolger der DVD; erhältlich u. a. als nur lesbare „BD-ROM“) lassen sich unter die von der Widerspruchsmarke beanspruchten Warenoberbegriffe „ROM-Kassetten“ bzw. „laserlesbare Platten für die Aufzeichnung von Ton und Bild“ subsumieren. Soweit die Widersprechende die Widerspruchsmarke konkret für „mit Filmen bespielte DVD, Blue-Ray-Discs“ benutzt hat, kann im Rahmen der Integrationsfrage und nach den dargelegten Grundsätzen der Schutz auf die gleichartigen Waren „bespielte DVD, Blue-Ray-Discs“ erstreckt werden (vgl. BGH GRUR 2009, 60, Nr. 34 f., 51 f. – LOTTOCARD; Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 26 Rn. 318).
146
g. Die Widersprechende hat eine rechtserhaltende Benutzung ferner für „Tonwiedergabeapparate, nämlich Lautsprecher“ glaubhaft gemacht.
147
Nach der eV F… verkaufte S1… im Jahr 2018 über … Stück der „SKY-Soundbox“, eines High-End-Soundsystems, das insgesamt neun Lautsprecher unterbringt. Die beachtliche Stückzahl sowie der angegebene Mindestumsatz in Höhe von … Euro netto, bezogen auf Deutschland als größte Volkswirtschaft in Europa, sind für die Glaubhaftmachung einer ernsthaften Benutzung auch im Unionsgebiet ausreichend. Die Widersprechende hat durch die Abbildungen in der eV F… (vgl. dort Seite 11) auch glaubhaft gemacht, dass auf der Sky-Soundbox an mehreren Stellen das Zeichen „sky“ angebracht ist. Die Kennzeichnung unter Hinzufügung eines Zusatzes „DEVIALET“ ist unschädlich. Denn „sky“ wird innerhalb der Kombination „sky I DEVIALET“ nicht nur als Bestandteil einer Gesamtkennzeichnung, sondern als eigenständiges Zeichen wahrgenommen. Die beiden Zeichen sind bereits optisch – durch den durchgehenden senkrechten Strich – getrennt. Bei Kennzeichnung der Soundbox mit dieser Zeichenkombination wird der Verkehr „DEVIALET“ als Zweitmarke und Hinweis auf den französischen Lautsprecherhersteller wahrnehmen, während „sky“ als Herkunftshinweis auf die die Produktverantwortung übernehmende S1… verstanden wird. „Lautsprecher“ lassen sich unter den von der Widerspruchsmarke beanspruchten Warenoberbegriff „Tonwiedergabegeräte“ subsumieren.
148
h. Die Widerspruchsmarke wurde auch für „Computersoftware zur Nutzung von Pay-TV- und Streaming-Diensten“ rechtserhaltend benutzt.
149
Gemäß der eV F… bietet S1… verschiedene Apps („sky GO“, „sky SPORT“, „sky Ticket“, „MEIN SKY“, „sky store“) an, die Kunden am Markt u.a. den Abruf des SKY-Angebots auf Smart-TVs und mobilen Endgeräten ermöglichen. Etwa die App SKY SPORT (für Sportnachrichten und Live-Stream des SKY SPORT NEWS HD Channels) wurde im Jahr 2018 mehr als … mal heruntergeladen, wobei diese hohe Download-Zahl ohne Weiteres für eine ernsthafte Benutzung im Unionsgebiet ausreicht. Der rein beschreibende Zusatz „SPORT“ wird vom Verkehr ebenso wenig als Veränderung des kennzeichnenden Charakters von „sky“ angesehen wie die konkrete farbliche und bildliche Ausgestaltung der Benutzungsform. In der eV F… ist versichert, dass die App im Jahr 2019 wie auf Seite 15 der eidesstattlichen Versicherung abgebildet gekennzeichnet wurde. Bei der quadratischen Hinterlegung (vgl. u. a. BPatG PAVIS PROMA, 24 W (pat) 338/03 – VISAGE, bestätigt durch BGH, GRUR 2008, 710, juris Rn. 21; BPatG PAVIS PROMA 30 W (pat) 7/17 – MUSIC FOR MILLIONS), der Anordnung der Wortelemente in zwei Zeilen (vgl. u.a. BPatG GRUR 1996, 410, 411 – Color COLLECTION; BPATG PAVIS PROMA 30 W (pat) 5/17 – claims guard), sowie der farblichen Ausgestaltung („sky“ in weißer Schrift auf blauem Hintergrund, „SPORT“ in der Zeile darunter in weißer Schrift auf rotem Grund) handelt es sich um werbeübliche Gestaltungsmittel, die vom Verkehr als bloße dekorative Hervorhebungsmittel verstanden werden. Auch die Emblemwirkung steht der Anerkennung einer rechtserhaltenden Benutzung der Wortmarke „sky“ vorliegend nicht entgegen (vgl. mwN Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 26 Rn. 201, 202).
150
i. Anzuerkennen ist ferner eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für „WLAN-Module“, „HDMI-Kabel“ und „externe Festplatten“, jeweils subsumierbar unter den von der Widerspruchsmarke beanspruchten Warenoberbegriff „Teile und Zusatzteile für alle vorstehend genannten Waren“.
151
aa. Nach der eV F… (vgl. dort Seite 12) hat S1… seinen inländischen Kunden im Jahr 2018 über … WLAN-Module unter der Marke „Sky“ gegen ein Entgelt von insgesamt mehr als … Euro netto zur Verfügung gestellt (Mindestzahlen aus Gründen des Geschäftsgeheimnisses). Die hohe Stückzahl reicht zum Nachweis einer ernsthaften Benutzung, in Abgrenzung zu einer reinen Scheinbenutzung, im Unionsgebiet aus; dass die angegebenen Mindest-Umsatzzahlen nicht besonders hoch sind, steht dieser Annahme nicht entgegen, zumal es sich unter Berücksichtigung der branchenbezogenen Gegebenheiten (vgl. hierzu Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 26 Rn. 115) bei WLAN-Modulen um typische Beigaben im Rahmen eines Pay-TV-Gesamtpakets (ggf. mit Mischkalkulation) handelt. Was die funktionsgemäße Benutzung anbetrifft, ist das Zeichen „Sky“ rechts oben auf der Frontseite des WLAN-Moduls angebracht. Die Großschreibung des Anfangsbuchstabens „S“ lässt die Identität des Zeichens unberührt und beeinflusst den kennzeichnenden Charakter nicht (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 26 Rn. 178 und § 14 Rn. 338); auch der rein beschreibende Zusatz „WLAN Modul“ ist offensichtlich unschädlich. Da es sich bei WLAN Modulen um „Zusatzteile“ für Computer handelt, lässt sich die Ware unter diesen von der Widerspruchsmarke beanspruchten Warenoberbegriff subsumieren.
152
bb. Ausweislich der eV F… ist dem SKY Q-Receiver generell ein HDMI-Kabel beigefügt, das wie in der Abbildung auf Seite 9 der eV funktionsgemäß auf dem Steckergehäuse mit der Marke „sky“ gekennzeichnet ist. Nach den weiteren Angaben in der eV hat S1… im Jahr 2018 mehr als … Stück dieser HDMI-Kabel an deutsche Kunden zusammen mit den zugehörigen Receivern und zusammen mit den zugehörigen Receivern ein Entgelt von mehr als … Euro erzielt (Mindestzahlen aus Gründen des Geschäftsgeheimnisses), was für die Feststellung einer ernsthaften Benutzung im Unionsgebiet ohne Weiteres ausreicht. Die Ware „HDMI-Kabel“ lässt sich unter den von der Widerspruchsmarke beanspruchten weiten Oberbegriff „Zusatzteile für (…)“, hier für Fernsehempfänger, subsumieren und ist demnach rechtserhaltend benutzt.
153
cc.
sky+“ gekennzeichnet ist. Der Zusatz „+“ lässt dabei wie dargelegt den kennzeichnenden Charakter von „sky“ unberührt. In der Gesamtschau bestehen aufgrund der Kontinuität der Benutzung und der Höhe der Stückzahlen (für Receiver in 2018 im …bereich) keine Zweifel an einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke im Unionsgebiet auch für „externe Festplatten“.
154
j. Die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke kann ferner für die Dienstleistungen „Produktion und Ausstrahlung von Fernsehsendungen, nämlich von TV-Serien“ angenommen werden.
155
Durch die Angaben in der eV M… in Verbindung mit dem Anlagenkonvolut EV7g ist glaubhaft gemacht, dass die Widersprechende bzw. die von ihr lizensierte „S1… GmbH & Co. KG“ seit 2015 eine Reihe von Fernsehsendungen, insbesondere Fernsehserien (u. a., innerhalb des Benutzungszeitraums: „Das Boot“; „Der Pass“, Produktion jeweils seit 2017), produziert und co-produziert hat, zum Teil auch für Dritte wie z. B. das ZDF in Zweitlizenzierung. Die eV F… listet ebenso eine Reihe von Fernsehproduktionen auf. Demnach war S1… u.a. Co-Produzentin der Serie „Babylon Berlin“, der ersten beiden Staffeln der Serie „Das Boot“ (Erstausstrahlung ab dem 23. November 2018 auf dem Sender Sky 1) sowie der Serie „8 Tage“, die am 1. März 2019 erstausgestrahlt wurde. Ferner produzierte Sky die erste Staffel der Serie „Der Pass“, deren Erstausstrahlung ab dem 25. Januar 2019 auf dem Sender Sky 1 erfolgte und die dann ab dem 1. Dezember 2019 auch auf dem Sender ZDF ausgestrahlt wurde. Screenshots der Darstellung der Serien „8 Tage“, „Das Boot“ und „Der Pass“ vom 26. Mai 2021 sind der eV F… als Anlage eV 13 beigefügt, wobei die Fernsehserien auf www.sky.de jeweils funktionsgemäß als „sky original“ gekennzeichnet sind. Der Zusatz „original“ lässt den kennzeichnenden Charakter der Marke „sky“ dabei unberührt, da er vom Verkehr rein beschreibend – als Hinweis auf eine Original-Serie von „sky“ – verstanden wird. Hinsichtlich des Umfangs der Benutzung ist in der eV F… versichert, dass S1… mit seinen Serien-Eigenproduktionen – und hier durch Sublizenzierungen an Free-TV-Partner oder Vertriebsfirmen (zur Veröffentlichung auf DVD/BluRay/EST) – in den Geschäftsjahren 2018 bis 2020 in Deutschland Gesamteinnahmen in Höhe von über … Euro erzielt hat, was für eine ernsthafte Benutzung im Unionsgebiet ohne Weiteres ausreicht.
156
3.2. Soweit die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung für weitere Sky-Produkte und -Dienstleistungen geltend gemacht hat, erscheint eine solche z. T. nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht; im Übrigen kommt es hierauf überwiegend nicht streitentscheidend an:
157
a. Für „interne Bauteile des Sky Receivers“ („insbesondere zum Regeln und Kontrollieren der Stromversorgung zum Zweck der Energieersparnis“), auf die die Widersprechende wiederholt verweist, ist eine rechtserhaltende Benutzung nicht glaubhaft gemacht. Wie dargelegt ist der Schutz der Widerspruchsmarke im Rahmen der Integrationsfrage grundsätzlich auf die konkret benutzten Waren (hier u. a.: „TV-Receiver“, „Lautsprecher“, “WLAN-Module“, „externe Festplatten“) jeweils als einheitliches Gerät beschränkt und kann allenfalls auf gleichartige Waren ausgedehnt werden. Nicht umfasst sind dagegen sämtliche Einzelteile, wobei die Widersprechende schon nicht behauptet, einzelne Elektroteile (etwa in Bezug auf die Kontrolle der Stromversorgung) zu vertreiben bzw. sich hierfür einen eigenen Absatzmarkt erschließen zu wollen (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 26 Rn. 78).
158
b. Eine rechtserhaltende Benutzung für die Widerspruchswaren „Druckerzeugnisse, Zeitungen, Magazine (Zeitschriften), Bücher“ ist ebenfalls nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht. Hinsichtlich des „Sky Bundesliga Stadionguide“ wird in der eV M… vom 4. Mai 2018 die „Edition 2015/2016, herausgegeben im August 2015“, als letzte Ausgabe erwähnt, was nicht mehr im hier maßgeblichen Benutzungszeitraum (ab Juni 2016) liegt. Soweit in der eV M… zudem darauf verwiesen wird, dass Sky auch Druckerzeugnisse in Form von Flyern, Postkarten, Broschüren etc. produziere, handelt es sich um Werbeartikel, die in erster Linie der Bewerbung der Hauptdienstleistung (des Pay-TV-Angebots) dienen, aber nicht ohne Weiteres als betrieblicher Herkunftshinweis für die Nebenwaren selbst („Druckerzeugnisse“) erkannt werden; von der – branchenüblichen – unentgeltlichen Abgabe derartiger Werbeartikel zu reinen Werbezwecken kann auch nicht auf den Willen zur Erschließung eines entsprechenden Absatzmarktes für Druckerzeugnisse geschlossen werden (vgl. im Einzelnen und mwN Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 26 Rn. 80). In Bezug auf die in der eV F… abgebildeten speziellen „SKY-Ausgaben“ der Zeitschrift „tv DIGITAL“ erscheint es angesichts der Aufmachung des Titelblatts fraglich, ob „sky“ hier markenmäßig benutzt ist bzw. vom Verkehr tatsächlich als (Zweit-)Marke für das Druckerzeugnis erkannt wird. Die Frage wirkt sich aber im Ergebnis nicht aus, da vorliegend bereits die rechtserhaltend benutzten Waren „bespielte DVD (…)“ im engsten Ähnlichkeitsbereich zu den angegriffenen Waren der Klasse 16 liegen und zu deren Löschung führen (hierzu im Folgenden).
159
c. Die geltend gemachte rechtserhaltende Benutzung für eine „mobile Stromversorgungslösung“ ist ebenso wenig glaubhaft gemacht. Zwar finden sich in der Anlage EV 7b entsprechende Abbildungen der sog. „SKY GO Power Bank“. Jedoch wurden nach der eV M… vom 4. Mai 2018 nur … Stück seit August 2015 verkauft, was für die Annahme einer ernsthaften Benutzung im Unionsgebiet nicht ausreicht. Zudem bleibt unklar, welche konkreten Stückzahlen im Benutzungszeitraum verkauft worden sind.
160
d. Auf die sonstigen in den eidesstattlichen Versicherungen erwähnten „Sky-Produkte“ und „Sky Dienste“ (vgl. etwa die eV F…: „Streaming-Plattformen“; „Pay-Per-View-Plattformen“, „Sky-Chat“, „Fernbedienungen“, „CI-Plus-Module“, „TV Stick“, „Tonträger“) kommt es nicht streitentscheidend an, da diese ebenso dem Pay-TV- und Multimediabereich zuzuordnen sind und zu den angegriffenen Waren nicht in einem engeren Ähnlichkeitsverhältnis stehen als die rechtserhaltend benutzten Waren „TV-Receiver (…), bespielte DVD (…), Lautsprecher; WLAN-Module; HDMI-Kabel; externe Festplatten“. Diese Produkte und Dienste wirken sich demnach, selbst wenn man ihre rechtserhaltende Benutzung unterstellt, auf das Ergebnis des Warenvergleiches und der Gesamtabwägung zur Verwechslungsgefahr nicht aus; insbesondere bestünde keine engere Ähnlichkeit zu den im Tenor aufgeführten Spezialwaren der angegriffenen Marke. Dasselbe gilt für die in den eidesstattlichen Versicherungen genannten Dienstleistungen („SKY Vor-Ort-Service“, „Beratungsdienste“, „Werbemaßnahmen“), auf die es ebenso wenig streitentscheidend ankommt.
161
3.3. Im Ergebnis sind folgende rechtserhaltend benutzten Waren und Dienstleistungen auf Seiten der Widerspruchsmarke gemäß § 43 Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 125b Nr. 4 MarkenG zu berücksichtigen:
162
„Fernsehempfänger, nämlich TV-Receiver, TV-Receiver mit Aufnahmefunktion; bespielte DVD, Blue-Rays; Lautsprecher; WLAN-Module; HDMI-Kabel; externe Festplatten; Computersoftware zur Nutzung von Pay-TV- und Streaming-Diensten; Produktion und Ausstrahlung von Fernsehsendungen, nämlich Fernsehserien“.
163
3.4. Ausgehend hiervon können sich die Vergleichszeichen in Bezug auf die gelöschten Waren bei identischen bzw. zumindest durchschnittlich ähnlichen Waren und Dienstleistungen begegnen, während in Bezug auf die im Tenor genannten Waren der angegriffenen Marke wegen Warenunähnlichkeit oder jedenfalls weit unterdurchschnittlicher Warenähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr auszuschließen ist.
164
3.5. Eine Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen ist anzunehmen, wenn diese in Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen – insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe – so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder ggfls. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie – was zu unterstellen ist – mit identischen Marken gekennzeichnet sind (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 f., Rn. 22 – 29 – Canon; GRUR 2006, 582, Rn. 85 – VITAFRUIT; BGH GRUR 2001, 507, 508 – EVIAN/REVIAN; GRUR 2006, 941, Rn. 13 – TOSCA BLU; GRUR 2021, 724, 727, Rn. 36 – PEARL/PURE PEARL; Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rdn. 59, 60 m. w. N.). In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren oder Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen, weil sie in denselben Verkaufsstätten angeboten werden (BGH GRUR 2014, 1101, Rn. 40 – Gelbe Wörterbücher, mwN; GRUR 2021, 724, 727, Rn. 36 – PEARL/PURE PEARL). Von einer Unähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen kann nur ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der Zeichen und erhöhter Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstandes der Waren oder Dienstleistungen von vornherein ausgeschlossen ist (st. Rspr.; vgl. nur EuGH GRUR 1998, 922, Rn. 22 – Canon; BGH GRUR 2006, 941, Rn. 13 – TOSCA BLU; GRUR 2009, 484, Rn. 25 – METROBUS; GRUR 2012, 1145, Rn. 34 – Pelikan; GRUR 2015, 176, Rn. 17 – ZOOM/ZOOM; GRUR 2021, 724, 727, Rn. 36 – PEARL/PURE PEARL). Liegt nach diesen Grundsätzen eine absolute Waren- und Dienstleistungsunähnlichkeit vor, scheidet eine Verwechslungsgefahr aus (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 37, 63 mwN).
165
3.6. Ausgehend von diesen Grundsätzen und von den o. g. rechtserhaltend benutzten Waren und Dienstleistungen besteht im folgenden Umfang teilweise Warenidentität und teilweise zumindest durchschnittliche (z. T. auch hochgradige) Warenähnlichkeit:
166
a. Die rechtserhaltend benutzten Widerspruchswaren „TV-Receiver“ bzw. „TV-Receiver mit Aufnahmefunktion“ stellen ihrerseits „elektrische und elektronische Geräte“, „Geräte zur Aufzeichnung und Übertragung von Ton und Bild“ sowie „Zusatzgeräte für Fernseher“, wie sie die angegriffene Marke oberbegrifflich beansprucht, dar. Soweit die angegriffene Marke in Klasse 9 im Einzelnen folgende Waren:
167
„Elektrische und elektronische Geräte sowie daraus zusammengestellte Einrichtungen, nämlich Fernsehgeräte, Videogeräte, Satellitenempfänger oder -empfangsgeräte, Rundfunkgeräte, Tuner;
168
Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und/oder Bild, einschließlich Plattenspieler, Plattenwechsler und Plattenspielerchassis, Audio- und/oder Video-CD- oder DVD-Player;
169
Audiorecorder, Videorecorder, auch Audio- und/oder Video-CD- oder DVD-Recorder, Kassettenrecorder, Tonbandgeräte, Videotextgeräte;
170
Elektronische Unterhaltungsgeräte, auch solche als Zusatzgeräte für Fernseher“
171
beansprucht, besteht daher teilweise Warenidentität bzw. – soweit es um Waren geht, die nur „Ton oder Bild“ aufzeichnen, wiedergeben oder übertragen können – jedenfalls eine hochgradige Warenähnlichkeit (vgl. BPatG 30 W (pat) 523/15 – eJuke / JUKE, juris, Rn. 43; siehe auch Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 17. Auflage, S. 92, mittl. Sp., Stichwort „Fernseh- und Rundfunkempfangsgeräte“).
172
b. Die in Klasse 9 weiterhin angegriffenen
173
„Elektrische und elektronische Geräte, nämlich elektrische Verstärker, Mischverstärker, Nachhallgeräte, Mischpulte, Equalizer;
174
Kopfhörer;
175
Lautsprecherboxen, Lautsprecherchassis, Lautsprecher, Frequenzweichen“
176
sind als Waren zur Tonwiedergabe- und -bearbeitung teilweise identisch und teilweise zumindest eng ähnlich zu den rechtserhaltend benutzten „Lautsprechern“ der Widerspruchsmarke.
177
Ferner besteht unter Berücksichtigung der technischen Entwicklung im Bereich Fernsehunterhaltung eine zumindest durchschnittliche Ähnlichkeit zu „TV-Receivern“. Unter dem Stichwort des „Heimkinos“ wird zunehmend ein optimales Fernseherlebnis, das einem vollständigen Kinoerlebnis möglichst gleichkommen soll, angestrebt. Die o. g. Waren zur Klangwiedergabe und -bearbeitung können zur Erreichung eines solchen Heimkinoerlebnisses beitragen und zusammen mit den TV-Receivern ein Warenpaket rund um das Fernsehen/Heimkino bilden. Da die Bereiche des Fernsehens, der Klangwiedergabe sowie generell der Multimedia-Produkte immer stärker zusammenwachsen und sich überschneiden, ist von einer mindestens durchschnittlichen Warenähnlichkeit auszugehen (vgl. auch Richter/Stoppel, a. a. O., 92, mittlere Sp., und S. 171, mittlere Sp., „Lautsprecher“ = Rundfunk und Fernsehempfänger, unter Hinweis auf BPatG 24 (pat) 185/77).
178
c. Die angegriffenen Waren
179
„Kameras, auch solche für bewegte Bilder und Einzelbilder, wie Videokameras, elektronische Kameras, Filmkameras oder Fotoapparate, auch Digitalkameras“
180
können ebenso an Geräte oder Systeme zur Fernsehunterhaltung angeschlossen oder mit einem Fernsehsystem vernetzt werden. Auch für diese Waren kann aufgrund des zunehmenden Zusammenwachsens der Multimediabereiche und der Überschneidungen bei Geräten zur Bild- und/oder Tonwiedergabe eine zumindest durchschnittliche Ähnlichkeit zu den rechtserhaltend benutzten TV-Receivern nicht verneint werden.
181
d. Soweit die angegriffene Marke „Mikrofone“ beansprucht, besteht aufgrund erheblicher Überschneidungen bei Herstellern, Vertriebswegen und Verwendung eine mindestens durchschnittliche Ähnlichkeit zu den rechtserhaltend benutzten „Lautsprechern“ der Widerspruchsmarke. Darüber hinaus können „Mikrofone“ zur Sprachsteuerung von modernen TV-Receivern und Geräten zur Fernsehunterhaltung eingesetzt werden, so dass auch insoweit eine zumindest durchschnittliche Warenähnlichkeit nicht verneint werden kann. Dasselbe gilt für die angegriffenen „Zeitschaltuhren nicht für Uhrwerke“, die als Bestandteile von TV-Receivern für zeitgesteuerte Funktionen (z. B. die programmierte Aufnahme von Sendungen) zum Einsatz gelangen können.
182
e. Bei den Waren
183
„regelbare und nicht regelbare Netzgeräte, insbesondere auch Niederspannungsnetzgeräte, Ladegeräte für Batterien, Fernsehtonumsetzer bzw. –adapter; elektrisches Installationsmaterial, Netz-Steckverbindungen, insbesondere Stecker und Steckdosen, elektrische Leitungen, Kabel, Drähte und Litzen, auch solche für die elektrische Versorgung, für Kommunikation und Datenübertragung für Video- und Audio-Anwendungen“
184
kann es sich um typische Zugaben zu TV-Receivern bzw. Zubehörteile zu Fernsehsystemen handeln, so dass auch insoweit eine zumindest durchschnittliche Warenähnlichkeit nicht verneint werden kann. Die angegriffenen „Kabel, Drähte und Litzen“ sind zudem identisch bzw. zumindest hochgradig ähnlich zu den rechtserhaltend benutzten „HDMI-Kabeln“.
185
f. Die von der angegriffenen Marke beanspruchten „Antennen“ einschließlich Antennenzubehör, im Einzelnen:
186
„Antennen, einschließlich Fernsehantennen und Satellitenempfangsantennen, Zimmerantennen, Autoantennen, Amateurfunk- und CB- Funkantennen, auch als Mobilantennen und Stationsantennen; elektrisches und elektronisches Antennenzubehör, nämlich Antennenverstärker, Antennen-Frequenzweichen, Koaxrelais und Vielfachschalter für Satellitenempfangsanlagen, Netzgeräte für Antennenverstärker sowie Rotoren für Antennen; Antennenkabel, Pegelsteller sowie Verteiler für Antennen, Antennen-Steckdosen, Abschlusswiderstände für Antennenleitungen, Buchsen, Stecker sowie Adapter für Antennen, Symmetrie-Übertrager für Antennen; elektronische Antennen-Positioniergeräte; mechanisches Antennenzubehör, nämlich Antennenmasten, Masthalter, Dachdurchführungen, Wandhalter, Dachhalter, Dachsparrenmasthalter für Antennenmasten, Lager für drehbare Antennen, mechanische Befestigungselemente für Antennen und Antennenmasten, insbesondere auch Befestigungselemente zur Befestigung von Mobilantennen an Kraftfahrzeugen, Mastschellen sowie Masthalterungen zum Befestigen von Antennenverstärkern und Frequenzweichen“
187
weisen eine hochgradige Ähnlichkeit zu den rechtserhaltend benutzten „Fernsehempfängern, nämlich TV-Receivern“ auf. Denn die Vergleichswaren dienen jeweils dem Empfang, Senden oder Konvertieren von Daten über bestimmte Signale und haben daher denselben Verwendungszweck und Nutzen für den Anwender. Sie verfügen außerdem über die gleichen Vertriebswege (wenn man an typische Fernsehgeschäfte, die regelmäßig sowohl TV-Empfangsgeräte als auch Antennen vertreiben und installieren, denkt) und werden zumindest teilweise innerhalb ein und desselben Unternehmens hergestellt.
188
g. Die von der angegriffenen Marke beanspruchten Telekommunikationsgeräte einschließlich Zubehör sowie Geräte für die Kommunikationstechnik, im Einzelnen:
189
„Telekommunikationsgeräte, insbesondere Telefone, Anrufbeantworter, Faxgeräte, Telexgeräte, Modems, Handys, Telefonzubehör, nämlich Telefonnebenstellenanlagen, Freisprecheinrichtungen, Telefon-Gebührenzähler, Telefon-Anschlussdosen, manuelle und elektronische Telefon-Umschalter, Telefonstecker und -buchsen, Telefonschnüre;
190
Apparate und Instrumente für die Schwachstrom- und Kommunikationstechnik, nämlich für die Nachrichten-, Hochfrequenz-, Computer- und/oder Regelungstechnik“
191
sind mindestens durchschnittlich ähnlich zu den rechtserhaltend benutzten „TV-Receivern“. Nicht nur dienen die Geräte jeweils dem Empfang, Senden oder dem Konvertieren von Daten über bestimmte Signale, sondern es bestehen auch Überschneidungen bei Herstellern, Vertriebswegen und der Benutzung. So bieten inländische Telekommunikationsunternehmen regelmäßig sowohl (Bezahl-)Fernseh-Abonnements einschließlich der zugehörigen TV-Receiver als auch die o. g. Waren der Telekommunikation an. Häufig werden die entsprechenden Geräte dabei auch gemeinsam geliefert und können miteinander vernetzt werden (vgl. auch Richter/Stoppel, a. a. O., S. 92, „Fernsehempfangsgeräte“ hochgradig ähnlich zu Telekommunikation, unter Hinweis auf HABM 13, BK R 335/14-2; Richter/Stoppel, a. a. O., S. 288, liSp „Telefonapparate“, enge Ähnlichkeit zu Datenverarbeitungsgeräten (als „Multimediageräten“), unter Hinweis auf BPatG 32 W (pat) 428/95).
192
h. In Bezug auf die angegriffenen Computer, PC und sonstigen Hardware-Produkte der Klasse 9 besteht teilweise Identität sowie im Übrigen zumindest hochgradige Ähnlichkeit zu den unter der Widerspruchsmarke rechtserhaltend benutzten „Festplatten“. Ferner besteht nach der Rechtsprechung engste Ähnlichkeit zu „Bildtonübertragungsgeräten“, worunter auch die rechtserhaltend benutzten „TV-Receiver“ fallen (vgl. Richter/Stoppel, a. a. O., S. 63, mittl. Sp., unter Hinweis auf BPatG 30 W (pat) 330/96 – tritec; siehe ferner Richter/Stoppel, a. a. O., S. 64 mw Nachw ad Rspr des HABM/EUIPO, u. a. HABM 05, BK R 728/04-1; Ähnlichkeit zwischen Datenverarbeitungsgeräten und Fernseh- und Rundfunkgeräten). Zum einen können Computer selbst Ton und Bild übertragen und wiedergeben; zum anderen wurde schon in früheren Entscheidungen des Bundespatentgerichts mit Recht festgehalten, dass der Bereich der Unterhaltungselektronik und der Computerbereich immer mehr zusammenwachsen, so dass eine (auch hochgradige) Ähnlichkeit im markenrechtlichen Sinne besteht (vgl. BPatG 30 W (pat) 330/96 – tritec; BPatGE 38, 254, „HIRO/miro“). Dies gilt heute umso mehr, da sich die Bereiche kaum noch trennen lassen. Demnach ist für die angegriffenen Computerwaren („Computer, PC“) eine auch hochgradige Ähnlichkeit zu TV-Receivern anzunehmen, ebenso für die weiteren angegriffenen Hardwareprodukte („Festplatten, CD-Laufwerke, Diskettenlaufwerke, Computerkarten, insbesondere Graphikkarten und Schnittstellen, Speicherkarten, Modems sowie daraus zusammengestellte Computeranlagen“), die auch mit TV-Receivern verknüpft sein oder in Zusammenhang mit diesen eingesetzt werden können. Ferner besteht eine jedenfalls noch durchschnittliche Ähnlichkeit zu dem beanspruchten Computerzubehör („Drucker, Scanner, Bildschirme, CD-Printer, Tastaturen, Maus, Computer-Steckverbindungen; angepasste Gehäuse aus Metall oder Kunststoff für die vorgenannten Waren“).
193
i. Die von der angegriffenen Marke beanspruchte
194
„Computersoftware, insbesondere auf Datenträger gespeicherte Computerprogramme, auch solche zur Steuerung von Lasern und Lichtquellen, Software-Tools, Datenkommunikationssoftware zum elektronischen Datenaustausch, insbesondere zwischen Computern, Computersystemen und Schnittstellen, auch im Internet und/oder Intranet und zum Ausführen von anderen Funktionen auf Computerbasis“
195
kann ihrem Gegenstand und Inhalt nach auch die von der Widersprechenden rechtserhaltend benutzte „Computersoftware zur Nutzung von Pay-TV- und Streaming-Diensten“ umfassen, so dass sich beide Marken bei identischen Waren begegnen können. Unerheblich ist, dass der von der angegriffenen Marke beanspruchte Warenoberbegriff (mit der durch „insbesondere“ eingeleiteten beispielhaften Aufzählung) nicht auf die bei der Widerspruchsmarke zu berücksichtigenden Ware (Spezialsoftware für Pay-TV und Streaming) beschränkt ist. Weisen bei den jeweiligen Oberbegriffen der Vergleichsmarken nur einzelne Waren oder Dienstleistungen Identität oder Ähnlichkeit auf, führt dies bei Bestehen einer Verwechslungsgefahr gleichwohl zur Löschung der jüngeren Marke für den gesamten Oberbegriff (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 78).
196
Darüber hinaus ist die beanspruchte „Computersoftware (…)“ wegen des Ergänzungsverhältnisses jedenfalls durchschnittlich ähnlich zu EDV-Hardware, hier zu den unter der Widerspruchsmarke rechtserhaltend benutzten „externen Festplatten“ (vgl. mwN Richter/Stoppel, a a. O., S. 77, reSp, „EDV-Hardware“).
197
j. Die angegriffenen Waren der Klasse 16 „Druckerzeugnisse, insbesondere Zeitschriften und Bücher“ sind nach gefestigter Rechtsprechung wegen des funktionellen Zusammenhangs und Austauschverhältnisses hochgradig ähnlich zu den rechtserhaltend benutzten Widerspruchswaren „bespielte DVD (…)“, da Druckerzeugnisse und Zeitschriften, insbesondere Fachzeitschriften, häufig alternativ und gleichwertig auf optischen und audiovisuellen Datenträgern angeboten und vertrieben werden. Dementsprechend gibt es zu zahlreichen Druckerzeugnissen und insbesondere zu Zeitschriften mittlerweile Bild-, Ton- und Datenträger – gerade auch in Form von DVD bzw. CD-Rom’s -, die teilweise den entsprechenden Erzeugnissen in Printform beigefügt sind. Diese Waren stehen daher in einem ergänzenden oder Austauschverhältnis und funktionalen Zusammenhang, so dass der Verkehr sie dem Herstellungs- wie Verantwortungsbereich ein und desselben Unternehmens zuordnen kann (vgl. u.a. BPatG, Beschluss vom 15. Juni 2016 – 30 W (pat) 561/13 – PRAXIS vital / VITAL; juris; Richter/Stoppel, a. a. O., S. 74 mittl. Spalte, “Druckerzeugnisse” ähnlich wegen funktionellen Zusammenhangs zu Bild-, Ton- und Datenträgern, unter Hinweis auf BPatG 32 (W) pat 66/00; BPatG 27 (W) pat 50/04).
198
3.7. Es verbleibt daher dabei, dass eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 125 b Nr. 1 MarkenG in Bezug auf sämtliche vorgenannten, im Identitäts- oder zumindest durchschnittlichen Ähnlichkeitsbereich liegenden Waren zu besorgen ist.
199
Die Beschwerde war daher im dargelegten Umfang – hinsichtlich der o. g. Waren – zurückzuweisen.
200
3.8. In Bezug auf die im Tenor genannten Waren der angegriffenen Marke besteht dagegen teilweise eine (die Annahme einer Verwechslungsgefahr von vorneherein ausschließende) absolute Produktunähnlichkeit – dies betrifft sämtliche tenorierten Waren im Verhältnis zu den benutzten Dienstleistungen der Klasse 38 – sowie im Übrigen jedenfalls eine so erhebliche Ferne zu den rechtserhaltend benutzten Waren und übrigen Dienstleistungen der Widerspruchsmarke, dass eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr in der Gesamtabwägung aller relevanten Faktoren insoweit ausgeschlossen ist:
201
a. Wenngleich auch die angegriffenen Waren
202
„CB-Funkgeräte (Hand-, Mobil- und Stationsgeräte), Amateurfunksende- und -empfangsgeräte, Betriebsfunksende- und -empfangsgeräte, Funkverstärker“
203
dem Empfang, Senden oder Konvertieren von Daten über bestimmte Signale dienen, handelt es sich um Spezialwaren, die zu den unter der Widerspruchsmarke rechtserhaltend benutzten Geräten aus dem Multimedia-Bereich keine relevanten Überschneidungen in Bezug auf die Herstellung, Vertriebswege und Verwendung aufweisen. Daher besteht allenfalls eine weit unterdurchschnittliche Warenähnlichkeit.
204
b.Grundsätzlich ist bei Sachgesamtheiten, die aus einer Vielzahl von Einzelteilen bestehen, eine Ähnlichkeit mit diesen Einzelteilen nur ausnahmsweise zu bejahen, so insbesondere in Fällen, in denen die Einzelteile entweder als bestimmend für das Wesen der Sachgesamtheit oder als eigenständige Ware des Herstellers bzw. Händlers angesehen werden (Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 103). Die angegriffenen Waren
205
„elektrische, elektronische sowie opto-elektronische Bauelemente, auch solche für Solartechnik oder Lasertechnik, Mikrocomputer und Mikroprozessoren (je soweit in Klasse 9 enthalten)“
206
werden aber, selbst wenn sie teilweise als Bauelemente der von der Widersprechenden rechtserhaltend benutzten Waren in Betracht kommen sollten, weder als bestimmend für das Wesen von TV-Receivern, Lautsprechern, WLAN-Modulen oder externen Festplatten angesehen noch als eigenständige Ware deren Hersteller oder Händler, so dass eine Warenähnlichkeit nicht besteht. Keine Rolle spielt es dabei, ob die Einzelteile im Rahmen des Ersatzteilgeschäfts gesondert (nach)geliefert werden (vgl. zum Ganzen Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 103).
207
c. Bei den Waren der
208
„Modellbau-Elektronik, nämlich Sende- und Empfangsgeräte für Fernsteuerung und deren Baugruppen, Schalt- und Steuerkreise für Modelle, elektronische Schaltkreise für Blinkleuchten für Modelle, elektronische Geräuschgeneratoren“
209
handelt es sich wiederum um Spezialwaren, die – im Hinblick auf Hersteller, regelmäßige Vertriebswege und Verwendungszweck – eine relevanten Überschneidungen zur Fernsehelektronik bzw. zu den unter der Widerspruchsmarke benutzten Multimedia-Waren aufweisen.
210
d. Spezifische Messgeräte, wie sie die angegriffene Marke beansprucht, im Einzelnen:
211
„elektrische, elektronische und elektromechanische Messgeräte, einschließlich Einbaumessinstrumente sowie Vielfachmessgeräte, digitalanzeigende Vielfachmessgeräte, Oszillographen; Signalverfolger, Frequenzzähler; elektronische und mechanische Spannungsprüfer, elektronische Metallsuchgeräte“
212
sind wegen unterschiedlicher Vertriebswege und Anwendung unähnlich zu Fernsehreceivern bzw. zu den rechtserhaltend benutzten Geräten der Fernseh-Elektronik und aus dem Multimediabereich (vgl. Richter/Stoppel, a. a. O., Seite 188, reSp, und Seite 189 linke Sp, „Messgeräte“; unter Hinweis auf BPatG 27 W (pat) 41/00, keine Ähnlichkeit zu Fernsehgeräten/Videorekordern; vgl. auch HABM 02, BK R 624/01-01, keine Ähnlichkeit zu Computer-Zubehör).
213
e. Die von der Markeninhaberin beanspruchten „Alarmgeräte“ nebst Zubehör, im Einzelnen:
214
„elektrische und elektronische Alarmgeräte und Anlagen sowie deren Zubehör, nämlich optische und akustische Signalgeber, akustische Sensoren (Ultraschall-Bewegungsmelder), optische Sensoren sowie Lichtschranken, elektromechanische Sensoren (Tür- und Fensterkontakte, Rüttelkontakte für Fenster und Türen)“
215
sind ebenso – wegen unterschiedlicher Hersteller, Vertriebswege und Anwendung – unähnlich zu Geräten der Unterhaltungs- bzw. Fernsehelektronik (vgl. Richter/Stoppel, a. a. O., S. 2 ReSp, „Alarmanlagen“, unter Hinweis auf HABM 14, BK R 16667/13-5). Dasselbe gilt für die Spezialwaren:
216
„Haussprechanlagen, bestehend aus Außen- und Innensprechstationen sowie ggf. auch aus Umschaltgeräten, Netzgeräten, Verstärkern und Videogeräten“
217
die – wenngleich auch hier ggf. mit Ton- und Videoaufnahmen und -übertragung gearbeitet wird – in keinem relevanten Zusammenhang zu den rechtserhaltend benutzten Waren der Widersprechenden aus dem Multimedia-Bereich stehen. Es bestehen keine hinreichenden Überschneidungen in Bezug auf die betriebliche Herkunft, den regelmäßigen Vertriebsweg, Verwendungszweck und die Nutzung,
218
f. Die Beleuchtungs-, Lüftungs- und sonstigen Geräte der Klasse 11:
219
„Beleuchtungsgeräte und Lichteffektgeräte, ausgenommen Laser für Lichteffekte; elektronische Steuergeräte und Controller zur Steuerung von Beleuchtungsgeräten und Lichteffektgeräten, ausgenommen Laser für Lichteffekte; Nebelmaschinen, Lichtquellen (Beleuchtungsgeräte), auch Strahler, einschließlich Effektstrahler, Lichtscanner, Lichtprojektoren und Lichtspots, als Lichteffektgeräte, ausgenommen Laser; Ventilatoren, Lüfter und Gebläse, Leuchtmittel für Lichtquellen (Beleuchtungsgeräte), Lampen, einschließlich Blitzlampen, als Lichteffektgeräte, ausgenommen Laser, Effektlampen, Glimmlampen, Glühlampen und Gasentladungslampen, Fassungen für die vorgenannten Lampen“
220
sind wegen unterschiedlicher Hersteller und Vertriebswege unähnlich zu „Fernsehapparaten“ und „Tonaufnahme- und –wiedergabegeräten“ (Richter/Stoppel, a. a. O., S. 37 reSp, „Beleuchtungsgeräte“. unter Hinweis auf BPatG 26 W (pat) 136/67), also auch zu den rechtserhaltend benutzten TV-Receivern, Lautsprechern sowie den übrigen berücksichtigungsfähigen Multimedia-Waren der Widerspruchsmarke. Denn allgemeine Waren der „Beleuchtung“ bzw. zur Erzeugung von „Lichteffekten“ stehen in keinem unmittelbarem Zusammenhang mit klassischem Fernsehen und Multimediageräten; auch die beanspruchten Lichtprojektoren sind auf „Lichteffektgeräte“ beschränkt (und umfassen also keine „Beamer/Projektoren“ zu Zwecken der Fernsehunterhaltung).
221
Soweit die Widersprechende eine Ähnlichkeit zu ihren rechtserhaltend benutzten Dienstleistungen „Produktion (…) von Fernsehprogrammen, nämlich TV-Serien (…)“ geltend macht (und dies auch von Erinnerungsprüfer, jedenfalls im Sinne einer entfernten Ähnlichkeit, angenommen wurde), vermag der Senat dem nicht beizutreten; vielmehr besteht insoweit Unähnlichkeit (vgl. Richter/Stoppel, a. a. O., S. 350 re Spalte, „Filmproduktion und –vorführung“ unähnlich zu „Beleuchtungsgeräten“, unter Hinweis auf HABM 03, BK R 88/03-2, bestätigt durch EuG T 420/03, GRUR Int 2009, 39). Auch wenn am Set der Produktion von Filmen oder Fernsehserien Geräte zur Beleuchtung sowie Lichteffektgeräte, Nebelmaschinen u. ä. eingesetzt werden, werden diese Waren regelmäßig nicht von der Filmproduktionsfirma selbst hergestellt und produktverantwortend vertrieben, sondern von spezialisierten Unternehmen. Der Verkehr wird daher nicht von Berührungspunkten ausgehen. Dieselben Erwägungen gelten für die mit Beleuchtung und Lichteffekten in Zusammenhang stehenden Waren der Klasse 9 („Laser und Lasereinrichtungen (nicht für medizinische Zwecke), auch für Lichteffekte; Helligkeitsregler bzw.–dimmer für die elektrische Raumbeleuchtung“).
222
g. Hinsichtlich der vorgenannten, unter Ziffer 3.8. und im Tenor aufgezählten angegriffenen Waren besteht somit keine oder allenfalls eine weit unterdurchschnittliche Ähnlichkeit zu den rechtserhaltend benutzten Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke, so dass – wie bereits dargelegt – auch bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und hochgradiger Zeichenähnlichkeit eine unmittelbare Verwechslungsgefahr auszuschließen ist.
223
4. In Bezug auf diese im Tenor genannten Waren besteht auch im Übrigen keine Verwechslungsgefahr, und eine Löschung kommt insoweit auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Sonderschutzes der bekannten Marke, § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG, in Betracht.
224
4.1. Die Annahme einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn unter dem Gesichtspunkt einer selbständig kennzeichnenden Stellung des übernommenen Bestandteils „Sky“ in dem zusammengesetzten jüngeren Zeichen kommt in Bezug auf die o. g. Waren bereits wegen der erheblichen Warenferne nicht in Betracht. Denn es ist allenfalls bei hochgradiger Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit gerechtfertigt, über die nur ausnahmsweise anzuwendende Rechtsfigur der selbständig kennzeichnenden Stellung zu einer Verwechslungsgefahr zu gelangen; eine – wie hier – allenfalls weit unterdurchschnittliche Warenähnlichkeit reicht keinesfalls aus (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 490 mwN). Im Übrigen wären auch keine besonderen Umstände feststellbar, die es rechtfertigten, in dem zusammengesetzten angegriffenen Zeichen einzelne Bestandteile als selbständig kennzeichnend anzusehen (BGH GRUR 2013, 833, Nr. 50 Culinaria/Villa Culinaria). So handelt es sich bei dem weiteren – für sich nicht schutzfähigen (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 493) – Bestandteil „Premium“ der angegriffenen Marke weder um ein Firmenkennzeichen noch um eine bekannte Marke oder einen bekannten Serienbestandteil der Inhaberin der angegriffenen Marke, welche dem Verkehr eine selbständig kennzeichnende Stellung von „Sky“ nahelegen könnte (vgl. dazu BGH GRUR 2008, 905, Nr. 38 – Pantohexal; Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 492 m. w. N.).
225
4.2. Der Annahme der Gefahr, dass die Zeichen unter dem Aspekt des Serienzeichens gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden, § 9 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz MarkenG, steht bereits entgegen, dass die Widersprechende zu einer entsprechenden Zeichenserie und deren Benutzung im Inland schon im Anmeldezeitpunkt der angegriffenen Marke (2. April 2005) nichts vorgetragen hat. Hierfür bestehen auch keine Anhaltspunkte, zumal das Pay-TV-Programm in Deutschland unstreitig im Anmeldezeitpunkt unter der Bezeichnung „Premiere“ und erst ab 2009 in Deutschland unter der Marke „sky“ vermarktet wurde. Ohne eine Benutzung einer solchen Markenfamilie ist aber nichts dafür ersichtlich, dass der Verkehr „sky“ im Anmeldezeitpunkt 2005 als Stammbestandteil einer Zeichenserie auffasste (vgl. BGH GRUR 2008, 905, Nr. 33 – Pantohexal; Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 521, 524).
226
Auch ein sonstiger Fall des gedanklichen Inverbindungbringens liegt nicht vor. Das bloße Vorhandensein eines übereinstimmenden Markenteils (hier: „Sky“) kann für sich die Annahme einer solchen Verwechslungsgefahr nicht begründen, zumal nicht durch die Bejahung eines Sonderfalls der Verwechslungsgefahr die allgemeinen (einschränkenden) Grundsätze bei der Beurteilung markenrechtlicher Kollisionen wieder durchbrochen werden dürfen (Ströbel/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 551). Außerdem ist stets zu beachten, dass bloße gedankliche Assoziationen für die Annahme einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr nicht ausreichen (vgl. BGH GRUR 2009, 772, 777, Nr. 69 – Augsburger Puppenkiste). Vorliegend liegen besondere Umstände, die dem Verkehr bereits im Anmeldezeitpunkt die Annahme von wirtschaftlichen oder organisatorischen Beziehungen nahegelegt hätten, nicht vor. Vielmehr stehen dieser Annahme in Bezug auf die im Tenor aufgezählten Spezialwaren der angegriffenen Marke bereits der sehr große Abstand zwischen den Branchen sowie die festgestellte erhebliche Warenferne entgegen (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 538).
227
4.3. Eine Löschung der angegriffenen Marke auch für die im Tenor genannten Waren kommt schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Sonderschutzes der bekannten Marke, § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG, in Betracht, da die jüngere Marke bereits am 2. April 2005 angemeldet worden ist. Ist die Anmeldung damit bereits vor dem 1. Oktober 2009 eingereicht worden, gilt gem. § 158 Abs. 2 MarkenG für den gegen die Eintragung erhobenen Widerspruch § 42 MarkenG in der bis dahin geltenden Fassung. Danach war der Einwand, es handle sich bei der Widerspruchsmarke um eine bekannte Marke, kein Widerspruchsgrund.
228
5. Daher war der Beschwerde teilweise – im tenorierten Umfang – stattzugeben.
229
G. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.
230
H. Zu der Frage, ob die Erinnerung der Widersprechenden vom 5. Dezember 2008 nur die erste Widerspruchsmarke UM 003 203 411 betroffen hat, war im Hinblick auf die o. g., von der vorliegenden Auffassung des Senats abweichenden Entscheidungen des Bundespatentgerichts (30 W (pat) 72/94 vom 31. Januar 1995 – PALCOM/PALCOLOR und 24 W (pat) 132/03 vom 23. November 2004 – HILD.I.SAN/Klosterfrau) die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung veranlasst (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).


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