Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “COATING PLUS SCREW” – fehlende Unterscheidungskraft

Aktenzeichen  29 W (pat) 549/18

Datum:
29.1.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2020:290120B29Wpat549.18.0
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
Spruchkörper:
29. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2018 104 544.8
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. Januar 2020 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber sowie der Richterinnen Akintche und Seyfarth
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Bezeichnung
2
COATING PLUS SCREW
3
ist am 23. April 2018 zur Eintragung als Wortmarke in das vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register angemeldet worden für die Dienstleistungen der
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Klasse 40: Materialbearbeitung und -umwandlung, insbesondere mechanische, chemische, physikalische, thermische und galvanische Oberflächenbehandlung; Oberflächenbearbeitung von Metallgegenständen; Kundenspezifische Fabrikations- und Anfertigungsdienstleistungen; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten;
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Klasse 42: wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Dienstleistungen von Ingenieuren; Naturwissenschaftliche Dienstleistungen; Chemische Forschung und Analyse; Prüfung, Authentifizierung und Qualitätskontrolle; Materialprüfung und -analyse; Materialprüfung und -bewertung; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten.
6
Mit Beschluss vom 27. August 2018 hat die Markenstelle für Klasse 40 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Bei der angemeldeten Bezeichnung „COATING PLUS SCREW“ in ihrer zu prüfenden Gesamtheit handle es ich um eine sprachverständlich gebildete, beschreibende Wortkombination in der Bedeutung „Schraubenbeschichtung mit weiteren oder zusätzlichen Vorteilen“. Der Bestandteil „Plus“ sei dabei nach ständiger Rechtsprechung lediglich ein anpreisender, werbeüblicher und beschreibender Zusatz in Form eines Hinweises auf „zusätzliche, weitere, verbesserte Produkteigenschaften oder -vorteile“ gegenüber den bisherigen oder anderen Produkten oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Marktsektor. Die von der Anmeldung umfassten Dienstleistungen aus der Klasse 40 könnten für Schraubenbeschichtungen oder für Schrauben mit Beschichtungen, welche gegenüber den herkömmlichen oder sich auf dem Markt befindlichen Beschichtungen weitere oder zusätzliche Vorteile hätten, erbracht werden, solche Schrauben und/oder Schraubenbeschichtungen zum Inhalt oder Gegenstand haben oder Schrauben mit weiterentwickelten oder im Vergleich besseren Beschichtungen möglich machen oder schaffen. Bei oder für Beschichtungen von Schrauben mit weiteren und zusätzlichen Vorteilen seien die in der Klasse 42 aufgeführten Dienstleistungen betreffend Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen sowie Analyse-, Materialprüfungs- und Bewertungsdienstleistungen usw. zu erbringen. Zur Schutzversagung reiche es aus, dass unter die beanspruchten allgemein gehaltenen und weit gefassten Oberbegriffe auch solche fielen, die durch das Anmeldezeichen beschrieben würden. Im Hinblick auf den beschreibenden Aussagegehalt der Wortmarke „COATING PLUS SCREW“ würden die hier entscheidungserheblichen Verkehrskreise daher nicht in der Lage sein, die Wortmarke in Verbindung mit den von der Anmeldung erfassten Dienstleistungen einem bestimmten Anbieter zuzuordnen. Die Wortfolge vermittle keine Vorstellung über die Herkunft dieser Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen.
7
Hiergegen richtet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde, mit der sie sinngemäß beantragt,
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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 40 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. August 2018 aufzuheben.
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Sie ist der Auffassung, dass es sich bei dem Anmeldezeichen weder um eine unmittelbar beschreibende, freihaltebedürftige Angabe handle noch, dass ihm die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden könne. Der Eintragung des angemeldeten Zeichens stünden Schutzhindernisse daher nicht im Wege. Der Begriff COATING PLUS SCREW beschreibe keine Merkmale der beanspruchten Dienstleistungen unmittelbar und in üblicher Weise, vielmehr könne dem Zeichen aufgrund seiner Mehrdeutigkeit kein eindeutiger Begriffsinhalt zugeordnet werden. Denn die von der Markenstelle dargestellte Bedeutung sei nur eine von mehreren möglichen. Zur Erfassung eines beschreibenden Begriffsinhalts sei immer ein gedanklicher Zwischenschritt erforderlich. Ohne eine genauere Analyse der Wortfolge sei für den Verkehr unklar, ob es sich dabei beispielsweise um die Bezeichnung einer Schraube („Screw“) möglicherweise mit einer besonders vorteilhaften Beschichtung („Coating plus“) handeln solle oder aber ob die Wortfolge nicht auf eine Kombination („Plus“) einer Beschichtung mit einer Schraube hinweisen solle, das „Plus“ also als „mit“ verstanden werden, nämlich „Beschichtung mit Schraube“, was auch immer das sein solle; es könne damit auch eine besonders vorteilhafte Beschichtung für eine Schraube bezeichnet werden, obwohl dies jedenfalls nach dem unmittelbaren Wortverständnis nicht in Frage komme, denn dann müsse es „Screw Coating“ heißen. In jedem Fall bestehe ein Interpretationsbedarf. Ein produktbeschreibender Inhalt komme dem Zeichen nicht zu.
10
Schließlich handle es sich nicht um eine reine Werbeaussage. Vielmehr werde die Bezeichnung COATING PLUS SCREW über das reine Wortverständnis hinaus als etwas Besonderes, Originelles angesehen, wodurch es sich im Ergebnis auch verbiete, der Wortkombination das geforderte Mindestmaß an Unterscheidungskraft abzusprechen.
11
Zusammen mit der Terminsladung vom 19. Dezember 2019 hat der Senat der Beschwerdeführerin Rechercheunterlagen übermittelt (Anlagen 1-3, Bl. 23-40 d. A.).
12
Zu dem von ihr hilfsweise beantragten Termin zur mündlichen Verhandlung ist die Beschwerdeführerin – wie schriftsätzlich angekündigt (Bl. 46 d. A.) – nicht erschienen.
13
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
14
Die nach §§ 66, 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
15
1. Die angemeldete Bezeichnung „COATING PLUS SCREW“ ist wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.
16
a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198 Rn. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2018, 932 Rn. 7 – #darferdas?; GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rn. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. – OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rn. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke).
17
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rn. 11 – grill meister).
18
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor; BGH a. a. O. Rn. 8 – #darferdas?; GRUR 2012, 270 Rn. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. Rn. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rn. 21 – Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne Weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht (BGH a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rn. 32 – DOUBLEMINT; BGH GRUR 2014, 569 Rn. 18 – HOT); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH MarkenR 2007, 204 Rn. 77 f. – CELLTECH; BGH GRUR 2014, 1204 Rn. 16 – DüsseldorfCongress).
19
Schließlich gilt es zu berücksichtigen, dass aus Gründen der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäßen Verwaltung die Prüfung jeder Anmeldung nicht nur umfassend, sondern auch streng sein muss, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern (vgl. zuletzt EuGH GRUR 2019, 1194 Rn. 28 – #darferdas?).
20
b) Den vorgenannten Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt das angemeldete Wortzeichen nicht. Die angesprochenen Verkehrskreise werden „COATING PLUS SCREW“ in seiner Gesamtbedeutung im Sinne von „Schraube mit speziellen Beschichtungsvorteilen“ erfassen und wegen der darin enthaltenen Sachaussage im hier relevanten Dienstleistungskontext keinen Herkunftshinweis aus einem bestimmten Unternehmen erkennen.
21
aa) Zu den hier angesprochenen Verkehrskreisen der angemeldeten Dienstleistungen gehören neben den Fachkreisen aus der Beschichtungstechnologie und Werkzeugtechnik in erster Linie gewerbliche Abnehmer aus verschiedensten Branchen wie z. B. Maschinenbau, Medizintechnik, Automobiltechnik sowie auch die technisch interessierten Endabnehmer.
22
bb) Die Wortfolge stellt eine Kombination aus englischen Wörtern dar. Der englische Begriff „COATING“ steht für „Schicht“, „Überzug“, „Belag“ sowie für „beschichten“ bzw. „Beschichtung“ (vgl. PONS Online Wörterbuch unter de.pons.com; LEO Online Wörterbuch unter dict.leo.org; bab.la Online Wörterbuch Englisch-Deutsch unter de.bab.la). Unter Beschichten („coating“) wird allgemein das Aufbringen einer fest haftenden Schicht aus meist formlosem Stoff auf die Oberfläche eines Werkstoffes verstanden (https://www.fachwissen-technik.de/verfahren/galvanisieren.html). Nicht zuletzt ist der Begriff „Coating“ mittlerweile auch in die deutsche Fachsprache u.a. in der Bedeutung „schützende Beschichtung, Überzug (gegen Abrieb usw.)“ eingegangen (vgl. DUDEN Online unter www.duden.de).
23
Die englische Bezeichnung „SCREW“ bedeutet in technischem Zusammenhang „Schraube“ (vgl. hierzu Online Wörterbücher LEO, PONS und bab.la).
24
Die Begriffe „COATING“ und „SCREW“ sind auf dem hier einschlägigen Dienstleistungsgebiet gebräuchlich und jedenfalls für das hier überwiegend angesprochene Fachpublikum ohne weiteres verständlich. Dies zum einen deshalb, weil Englisch auf den betroffenen wissenschaftlichen, technischen und technologischen Gebieten schon lange Sach-, Fach- und Werbesprache ist. Zum anderen wird „Coating“ – wie oben dargestellt – im Deutschen als Fachbegriff, insbesondere auch als Branchenangabe oder in Wortkombinationen, sachbeschreibend verwendet, wie die Schlagwörter „COATING & HARDENING“, „Conformal Coating“, „Coating Guide für Werkzeuge“, „Coating Guide für Bauteile“, „Hard-Coating-Verfahren“, „Soft-Coating-Verfahren“, „Coating Service“ oder „Coil Coating“ belegen (vgl. Beispiele in Anlage 1 zur Ladung vom 19. Dezember 2019). Auch die Angabe „Screw“ findet sich im Deutschen zur Beschreibung von Produkten, wie beispielsweise die Warenangaben „Bosch Go Smart Cordless Akkuschrauber Set Push Drive Screwdriver mit 31 Bohrer Kits“, „SparkFun Pocket Screwdriver Set“, „Schraubenzieher Electric Cordless Screwdriver“, „SCREWDRIVER BIT SET“, „SoftFinish electric Philips screwdriver“, „HAMA Flex Screw Navi KFZ-Halterung universal Schraubmontage“, „PE-Schraube SCREW M4X5.5“ belegen mögen (vgl. Anlage 2 zur Ladung vom 19. Dezember 2019 sowie diese lediglich bestätigende Beispiele, die mit dem Protokoll der mündlichen Verhandlung übersandt wurden). Schließlich sind gerade im Zusammenhang mit der Beschichtung von Schrauben die Zeichenbestandteile als Fachbegriffe ohne weiteres gebräuchlich, was den verschiedenen Patentanmeldungen auf diesem Gebiet (z. B. US005193958A „COATING OF SCREWS“), wissenschaftlichen Artikeln und Standardspezifikationen und insbesondere der Produktbezeichnung „Coating Screw“, nämlich „Beschichtungsschraube“ zu entnehmen ist (vgl. Anlage 3 zur Ladung vom 19. Dezember 2019).
25
Wie die Markenstelle bereits in ihrem angegriffenen Beschluss zutreffend unter Hinweis auf zahlreiche Entscheidungen des Bundespatentgerichts ausgeführt hat, weist schließlich der Zeichenbestandteil „plus/PLUS” auf zusätzlich vorhandene Eigenschaften oder Leistungen hin. Der dem Begriff „COATING“ nachgestellte Bestandteil „plus“ wirkt ähnlich wie „extra“ oder „spezial“ lediglich als werbeüblicher anpreisender Zusatz.
26
cc) Das Anmeldezeichen in seiner für die Beurteilung der Schutzfähigkeit maßgeblichen Gesamtheit ist nicht mehr als die Summe der einzelnen Bestandteile, der Gesamteindruck erschöpft sich in der bloßen Kombination der beschreibenden Elemente. Die Marktteilnehmer werden das angemeldete Zeichen „COATING PLUS SCREW“ in seiner Bedeutung im Sinne von „Beschichtungsplus-Schraube“ erkennen und als schlagwortartigen, anpreisenden Hinweis auf eine Schraube mit speziellen Beschichtungsvorteilen auffassen.
27
Zwar ist es nicht ausgeschlossen, dass sich selbst zwei oder mehrere Sachangaben durch ihre Zusammenstellung zu einer Marke verbinden. Voraussetzung hierfür wäre aber, dass ein merklicher und schutzbegründender Unterschied zwischen der Kombination und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 – BIOMILD). Die angemeldete Bezeichnung weist jedoch keine solche ungewöhnliche Struktur oder weitere Besonderheiten syntaktischer oder semantischer Art auf, die von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnten. Sie trifft vielmehr eine für den Verkehr verständliche Sachaussage, die in schlagwortartiger Weise Informationen zu Gegenstand und Inhalt der beanspruchten Dienstleistungen gibt, ohne dass durch die Zusammenfügung der oben dargestellten beschreibenden Wörter der sachbezogene Charakter der Wortkombination verloren geht. Über diese Sachinformationen hinaus enthält die angemeldete Bezeichnung kein Element, das den Eindruck einer betrieblichen Herkunftskennzeichnung, also einer Marke hervorruft.
28
dd) In Bezug auf die von der Anmeldung erfassten Dienstleistungen aus der Klasse 40 im Bereich der Material- bzw. Metallbearbeitung und Oberflächenbehandlung sowie der darauf bezogenen Beratungs- und Informationsdienstleistungen steht eine sachbezogene Aussage im Vordergrund, nämlich dahingehend, dass sie sich auf eine vorteilhafte Beschichtung bzw. Oberflächenbehandlung von Schrauben beziehen und diese zum Gegenstand haben. Je nach Branche und Einsatzgebiet von Schrauben, z. B. in der Automobilbranche, im Maschinenbau oder in der Medizintechnik bei Einsatz von Implantaten, bedarf es hinsichtlich der Beschichtung bzw. Oberflächenbehandlung von Schrauben spezieller Anforderungen an die stoffliche Zusammensetzung, den Korrosionsschutz, die Verschleißfestigkeit, die Biokompatibilität etc. und daher spezieller hierauf bezogener Fertigungs-, Beratungs-, Analyse- und Forschungstätigkeiten. Die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 42 können sich thematisch und inhaltlich mit derartigen vorteilhaften Beschichtungsverfahren für Schrauben beschäftigen bzw. sich darauf beziehen. COATING PLUS SCREW bezeichnet mithin Inhalt und Gegenstand der Dienstleistungen in üblich verkürzter Weise treffend und verständlich.
29
Nicht anders bewirbt im Übrigen die Beschwerdeführerin ihr eigenes Leistungsangebot; so findet sich unter dem Service „coating+PLUS“ der Hinweis: „
Oberflächenveredelung mit Mehrwert
…“ bzw. bei „coating plus screw“ eine vorteilhafte Oberflächenveredelung speziell für Schrauben: „Bei Coating Plus Screw wird eine auf Schrauben und Gewindeteile abgestimmte Prozesschemie eingesetzt, die eine weitgehend gleichmäßige Abscheidung der Schichten entlang des ganzen Werkstücks – also vom Kopf über das komplette Gewinde – ermöglicht…“.
30
ee) Die Beschwerdeführerin weist zwar zutreffend darauf hin, dass der Bestandteil „PLUS“ auch in den Bedeutungen „und außerdem, zuzüglich, sowie“ erfasst ist (vgl. Online Wörterbücher LEO, PONS und bab.la), wenngleich aus Sicht des Senats unter Berücksichtigung der konkreten Wortbildung und der Gewöhnung des Verkehrs an die werbeübliche und gängige Verwendung von „PLUS“ als Hinweis auf einen „Zusatz, Vorteil“ diese hier weniger naheliegen. Insofern ergibt sich jedoch in der Gesamtbedeutung „Beschichtung sowie Schraube“ wiederum nur eine Sachaussage, nämlich die schlagwortartige Benennung zweier Schwerpunkte des Leistungsangebots der Oberflächenbeschichtungen und (sowie/zuzüglich/und außerdem) des Produkts Schrauben. Der Umstand, dass dem Zeichen in Bezug auf die hier in Rede stehenden Dienstleistungen in zweierlei Hinsicht eine Sachaussage zukommen kann, führt nicht zu einer die Schutzfähigkeit begründenden Mehrdeutigkeit. Denn beide möglichen Aussageinhalte sind insoweit beschreibend. Von einem beschreibenden und mithin nicht unterscheidungskräftigen Begriff kann ohnehin auch dann ausgegangen werden, wenn das angemeldete Zeichen verschiedene Bedeutungen hat, sein Inhalt vage und nicht klar umrissen ist oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Dienstleistungen beschreibt (BGH GRUR 2014, 872 Rn. 25 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 569 Rn. 18 – HOT). Der allein durch die verschiedenen Deutungsmöglichkeiten hervorgerufene Interpretationsaufwand des Verkehrs reicht für die Bejahung einer Unterscheidungskraft nicht aus (BGH, a.a.O., Rn. 24 – HOT).
31
c) Dass das Zeichen „coating PLUS“ für die Beschwerdeführerin bereits beim DPMA für Dienstleistungen der Klassen 40 und 42 eingetragen wurde, führt – wie auch die Eintragung des Zeichens „POWER COATING PLUS“ beim EUIPO für einen Dritten – nicht zu einem anderen Ergebnis, denn dabei handelt es sich jeweils um Wort-/Bildmarken, deren Grafik das schutzbegründende Element darstellen dürfte.
32
Die hier angesprochenen Verkehrskreise werden das Anmeldezeichen im vorgenannten Dienstleistungszusammenhang somit nur als anpreisenden Sachhinweis auffassen, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen.
33
2. Ob die angemeldete Bezeichnung ferner im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unmittelbar dienstleistungsbeschreibend ist, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.


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