Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “element of JOY (Wort-Bild-Marke)/JOY sportswear (Wort-Bild-Marke)/JOY sportswear (Unionswortmarke)” – Warenidentität – durchschnittliche Kennzeichnungskraft – geringe Markenähnlichkeit – unmittelbare Verwechslungsgefahr

Aktenzeichen  27 W (pat) 564/17

Datum:
18.6.2019
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2019:180619B27Wpat564.17.0
Normen:
§ 9 Abs 2 Nr 1 MarkenG
Spruchkörper:
27. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2015 215 846.9
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2019 durch die Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Schwarz und die Richterin Lachenmayr-Nikolaou
beschlossen:
Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenstelle für Klasse 25, vom 2. Juni 2017 wird teilweise aufgehoben, soweit die Widersprüche hinsichtlich der Waren der Klasse 25 „Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen“ zurückgewiesen wurden. Im Umfang der Aufhebung wird die Löschung der Marke 30 2015 215 846 für die Waren der Klasse 25 „Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen“ aufgrund der Widersprüche aus den Marken 30 2013 020 153 und UM 012 182 606 angeordnet.

Gründe

I.
1
Die Beschwerdeführerin hat gegen die Eintragung der am 9. August 2015 angemeldeten Marke 30 2015 215 846
2
als Wort-Bild-Marke für Waren der Klassen 14, 18 und 25, darunter für
3
Klasse 25: Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen; Schuhwaren
4
beschränkt auf die vorgenannten Waren Widerspruch eingelegt aus ihrer am 1. März 2013 angemeldeten und seit 5. April 2013 für
5
Klasse 25: Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen
6
eingetragenen Wort-Bild-Marke 30 2013 020 153
7
sowie aus ihrer seit 24. Februar 2014 als Wortmarke für die Waren
8
Klasse 18: Mehrzwecksporttaschen; Mehrzweck-Athletiktaschen; Freizeittaschen; Mehrzwecktaschen; Allzwecktaschen; am Handgelenk befestigte Geldbörsen; Badetaschen; Beutel; Brieftaschen; Campingtaschen; Einkaufsbeutel aus Stoff; Einkaufstaschen; Geldbörsen; Gürteltaschen; Handtaschen; Hüfttaschen; Kartentaschen; Kleidersäcke; Kosmetiktaschen; Kreditkartentaschen; Matchsäcke; Reisenecessaires; Reisetaschen; Rolltaschen; Schlüsseletuis; Schlüsselhalter; Schlüsseltaschen; Schultertaschen; Seebeutel; Seesäcke für die Reise; Souvenirtaschen; Strandtaschen; Tagesrucksäcke; Taschen für Bekleidung; Taschen mit Rollen; Tragetaschen; Turnbeutel; Unterarmtaschen; Unterarmgeldtaschen
9
Klasse 25: Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen.
10
eingetragenen Unionsmarke (früher: Gemeinschaftsmarke) 012182606
11
JOY sportswear.
12
Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 25, hat mit Beschluss eines Angehörigen des gehobenen Dienstes vom 2. Juni 2017 beide Widersprüche zurückgewiesen. Dies ist damit begründet, dass selbst unter Zugrundelegung teilweise identischer oder ähnlicher Waren und unter Berücksichtigung einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG nicht bejaht werden könne, weil der zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr erforderliche Abstand zwischen der angegriffenen Wort-/Bildmarke „element of JOY“ und der Wortmarke „JOY sportswear“ bzw. der Wort-/Bildmarke „JOY sportswear“ eingehalten werde. Für die Verwechslungsgefahr bei mehrteiligen Marken und der Identität nur eines Elementes sei Voraussetzung, dass der identische Bestandteil in dem jüngeren Zeichen eine selbständig kennzeichnende Wirkung habe, der in der jüngeren Marke auftretende Teil der älteren Marke also das gesamte jüngere Zeichen prägen müsse; hierfür genüge bloße Gleichwertigkeit neben anderen Bestandteilen nicht, vielmehr müssten die übrigen Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden könnten. Nach diesen Grundsätzen könne der Bestandteil „JOY“ für die angegriffene Marke nicht als prägend angesehen werden, weil er mindestens gleichwertig neben das Wort „element“ trete. Sofern es sich bei „Joy“ um einen weiblichen Vornamen handele, trete dieser Bedeutungsgehalt in der Kombination mit dem weiteren Bestandteil „element of“ zurück. Durch den Zusatz „element of“ erfahre der Ausdruck „JOY“ eine maßgebliche inhaltliche Konkretisierung auf eine ganz bestimmte und nunmehr ihrerseits eine konkrete Gesamtaussage bildende Begrifflichkeit. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden werde das Publikum, auch wenn es nach der Lebenserfahrung im täglichen Sprachgebrauch zu griffigen Verkürzungen längerer Marken neige, die angegriffene Marke nicht auf das Wort „JOY“ verkürzen, denn dadurch würde eine erhebliche Sinnveränderung eintreten. Durch die Wortkombination der angegriffenen Marke „element of JOY“ sei vielmehr ein (neuer) Gesamtbegriff entstanden, bei dem für das Publikum keine Veranlassung bestehe, sich nur an einem einzelnen Markenbestandteil zu orientieren. Die maßgeblichen deutschsprachigen Teile des Publikums entnähmen dem Begriff „element of JOY“, dessen einzelnen Worte ihm bekannt seien, vielmehr einen von „JOY“ in Alleinstellung deutlich abweichenden Sinngehalt. Mangels Ähnlichkeit der Marken scheide eine unmittelbare Verwechslungsgefahr aus, auch für eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr dadurch, dass die sich gegenüberstehenden Marken begrifflich oder gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden, seien unter Berücksichtigung der dabei gebotenen Zurückhaltung hinreichende Anhaltspunkte nicht ersichtlich.
13
Gegen diesen ihren Verfahrensbevollmächtigten am 9. Juni 2017 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 10. Juli 2017 Beschwerde unter Zahlung der Beschwerdegebühr eingelegt.
14
Sie trägt vor: lm vorliegenden Fall seien die in der jüngeren Marke in Klasse 25 geschützten Waren „Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen“ unstrittig identisch zu den in der Widerspruchsmarke in Klasse 25 geschützten Waren „Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen“. Den Widerspruchsmarken komme wenigstens normale Kennzeichnungskraft zu. In der angefochtenen Entscheidung sei vom Amt nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass bei Vorliegen von Warenidentität bzw. hochgradiger Warenähnlichkeit und gleichzeitig wenigstens durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der älteren Marke das Zeichen der jüngeren Marke zu dem jeweiligen Zeichen der Widerspruchsmarken einen besonderen Abstand einhalten müsse, um die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen. Das Amt habe zwar festgestellt, dass in den sich gegenüberstehenden Zeichen jeweils identisch das Element „JOY“ enthalten sei, im Folgenden aber weder die aktuelle gültige Rechtsprechung beachtet noch diese zutreffend angewendet. Denn der BGH habe für die Annahme von Verwechslungsgefahr bei übereinstimmenden Bestandteilen innerhalb einer Kombinationsmarke vorgegeben, dass es genüge, wenn das Gesamtzeichen durch den übereinstimmenden Bestandteil auch geprägt bzw. mitgeprägt werde; hierzu verweist die Beschwerdeführerin auf die BGH-Entscheidungen Malteserkreuz (GRUR 2006, 859, 863 Rdnr. 32) und Goldhase (BGH GRUR 2007, 235, 237 Rdnr. 23). Ebenso werde in aktuelleren Urteilen vorgegeben, dass der Gesamteindruck der betreffenden Kombinationsmarke durch den übereinstimmenden Bestandteil zumindest maßgeblich mitbestimmt werden müsse; hierfür nimmt die Beschwerdeführerin Bezug auf die Entscheidungen Schuhpark (BGH GRUR 2008, 1002, 1005 Rdnr. 35) und Stofffähnchen (BGH GRUR 2009, 766, 772 Rdnr. 72). In der angegriffenen Marke sei das Wort „JOY“ hervorgehoben und prominent in Großbuchstaben in der Mitte platziert. Es werde zudem eine Schriftgröße verwendet, die ungefähr drei- bis viermal so groß sei wie alle anderen in dem Zeichen verwendeten Schriften. Gleichzeitig würden daneben relativ einfach gestaltete, nichtssagende florale Verzierungen angebracht und die zusätzlich enthaltenen Worte „element of“ lediglich in Kleinbuchstaben und in deutlich kleinerer Schriftgröße geschrieben. Die Konsequenz daraus sei, dass diese weiteren Bestandteile jedenfalls den bildlichen Gesamteindruck des Zeichens gerade nicht mitbestimmten. Dies könnten sie im vorliegenden Fall eben gar nicht, weil sie so viel kleiner und unbedeutender gestaltet worden seien. Durch die Hervorhebung des Wortes „JOY“ falle dieses dem Betrachter als erstes ins Auge und präge so das Gesamtzeichen. Hierdurch komme dem Markenbestandteil „JOY“ eine selbstständig kollisionsbegründende Bedeutung zu. In den älteren Marken der Widersprechenden sei „JOY“ der allein prägende Bestandteil, da einerseits der Bestandteil „sportswear“ für die betreffenden Waren glatt beschreibend sei und andererseits das Deutsche Patent- und Markenamt die Schutzfähigkeit des Begriffes „JOY“ in Alleinstellung für die betreffenden Waren in mehreren älteren Wortmarke der Widersprechenden sowie zugunsten von Dritten anerkannt habe. Infolge der Prägung durch „JOY“ komme es zur Begründung der Gefahr von Verwechslungen, insbesondere im Rahmen des bildlichen Zeichenvergleichs, der gemäß ständiger Rechtsprechung im vorliegenden Warenbereich der Klasse 25 von besonderer Bedeutung sei, da Produkte wie Bekleidung, Kopfbedeckungen und Schuhwaren maßgeblich wegen ihres Aussehens gekauft würden. Unabhängig davon, dass gemäß ständiger Rechtsprechung bereits die Übereinstimmung bei einem der drei Zeichenvergleichsvarianten zur Begründung der Gefahr von Verwechslung genüge, bestehe im vorliegenden Fall auch eine klangliche Zeichenähnlichkeit. Zwar enthalte die jüngere Marke zusätzlich die Begriffe „element of“, beim Lesen dieser Wortelemente spiele jedoch ebenfalls deren Darstellung in der Marke eine Rolle. Deswegen liege es im vorliegenden Fall nahe, dass der Verbraucher beim Lesen und der anschließenden klanglichen Wiedergabe eine Verkürzung nur auf das Wort „JOY“ vornehme. Sinngemäß umfasse dieser Begriff auch die Gesamtaussage „element of JOY“, da „element of“ alleine bedeutungslos und inhaltsleer sei bzw. eben nur auf einen Bruchteil/ein Element von „JOY“ verweise bzw. darauf hinführe. Deshalb sei eine Verkürzung des jüngeren Zeichens bei der klanglichen Wiedergabe auf „JOY“ durchaus wahrscheinlich, so dass somit auch klangliche Zeichenähnlichkeit bestehe. Zudem rufe die identische Übernahme und gleichzeitige Hervorhebung des Zeichenbestandteiles „JOY“ in der jüngeren Marke bei dem angesprochenen Publikum den Eindruck hervor, dass die beanspruchten Waren wenn schon nicht aus demselben, dann zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammten. Damit liege auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr vor. Dies gelte gerade für die hier relevante Bekleidungsbranche, da es in dieser üblich sei, mit sogenannten sub-brands (eine Art Markenserie) zu arbeiten, um verschiedene Produktlinien voneinander abzugrenzen. Schließlich sei auch darauf hinzuweisen, dass mittlerweile diverse amtliche und gerichtliche Entscheidungen zu vergleichbaren Fällen vorlägen, in denen auf Basis der identischen Widerspruchsmarken Neuanmeldungen im Bereich der Klasse 25 mit dem Bestandteil „JOY“ gelöscht worden seien; hierzu verweist die Beschwerdeführerin auf mehrere Entscheidungen des Deutschen Patent- und Markenamtes sowie des Europäischen Gerichtshofs Erster Instanz.
15
Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2019 ihre Beschwerde und ihren Widerspruch hinsichtlich der Ware „Schuhwaren“ der angegriffenen Marke zurückgenommen und im Übrigen ihren schriftsätzlichen Vortrag wiederholt. Sie beantragt nunmehr,
16
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenstelle für Klasse 25, vom 2. Juni 2017 aufzuheben und die Löschung der Marke 30 2015 215 846 für die Waren der Klasse 25 „Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen“ aufgrund der Widersprüche aus den Marken 30 2013 020 153 und UM 012 182 606 anzuordnen.
17
Der Beschwerdegegner, dem die Beschwerde, Beschwerdebegründung und Ladung zur mündlichen Verhandlung jeweils ordnungsgemäß zugestellt worden sind, hat sich bislang weder zur Beschwerde geäußert noch einen Antrag gestellt und auch an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen.
II.
18
A. Die zulässige Beschwerde ist auch in der Sache begründet. Entgegen der Auffassung des Deutschen Patent- und Markenamtes kann eine Verwechslungsgefahr nach § 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den Vergleichsmarken aufgrund der sich nach teilweiser Rücknahme nunmehr nur noch gegen die Eintragung der angegriffenen Marke für „Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen“ richtenden Widersprüche aus den Widerspruchsmarken der Beschwerdeführerin nicht verneint werden.
19
1. Die Eintragung einer Marke ist auf den Widerspruch aus einer proritätsälteren Marke nach den vorgenannten Vorschriften zu löschen, wenn zwischen beiden Zeichen wegen Zeichenidentität oder -ähnlichkeit und Warenidentität oder -ähnlichkeit unter Berücksichtigung der Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens die Gefahr von Verwechslungen einschließlich der Gefahr, dass die Marken miteinander gedanklich in Verbindung gebracht werden, besteht. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stehen die vorgenannten Komponenten miteinander in einer Wechselbeziehung, wobei ein geringerer Grad einer Komponente durch den größeren Grad einer anderen Komponente ausgeglichen werden kann (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 [Rz. 16 f.] – Canon; MarkenR 1999, 236, 239 [Rz. 19] – Lloyd/Loints; BGH GRUR 1999, 241, 243 – Lions). Der Schutz der älteren Marke ist dabei aber auf die Fälle zu beschränken, in denen die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der älteren Marke, insbesondere ihre Hauptfunktion zur Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f. [Rz. 51] – Arsenal Football Club plc; GRUR 2005, 153, 155 [Rz. 59] – Anheuser-Busch/Budvar; GRUR 2007, 318, 319 [Rz. 21] – Adam Opel/Autec).
20
2. Nach diesen Grundsätzen liegt hier im Umfang des auf die Eintragung der jüngeren Marke für „Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen“ beschränkten Widerspruchs eine Verwechslungsgefahr vor.
21
a) Da Benutzungsfragen nicht aufgeworfen sind, ist für den Warenvergleich die Registerlage maßgeblich. Insofern besteht hinsichtlich der für die jüngere Marke eingetragenen Waren „Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen“, auf die der Widerspruch beschränkt ist, Identität mit den gleichlautenden Waren, für welche die Widerspruchsmarken geschützt sind.
22
b) Wie auch das Deutsche Patent- und Markenamt zutreffend ausgeführt hat, kommt den Widerspruchsmarken von Haus aus durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu.
23
aa) Eine Marke verfügt über Kennzeichnungskraft, wenn sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen worden ist, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und damit diese Waren oder Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH MarkenR 1999, 189, 194 [Rz. 49] – Chiemsee; MarkenR 1999, 236, 239 [Rz. 22] – Lloyd/Loints); für die Bestimmung des Grades ist dabei maßgeblich, inwieweit sich die Marke dem Publikum aufgrund ihrer Eigenart und ihr ggf. durch Benutzung erlangten Bekanntheitsgrades als Produkt- und Leistungskennzeichnung einzuprägen vermag, so dass sie in Erinnerung behalten und wiedererkannt wird (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 14 Rn. 320). Diese Eignung ist zu verneinen, wenn die Widerspruchsmarke einen die geschützten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden oder an eine solche Beschreibung erkennbar angelehnten Sinngehalt aufweist oder zahlreiche identische oder ähnliche Drittmarken zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beurteilung der Verwechslungsgefahr in Benutzung sind (zum Erfordernis einer Benutzung der zur Kennzeichenschwäche führenden Drittzeichen vgl. BGH GRUR 1967, 246, 248 – Vitapur; GRUR 2001, 1161, 1162 – CompuNet/ComNet; GRUR 2002, 626, 628 – IMS; GRUR 2002, 898, 899 – defacto), so dass der Verkehr wegen des Nebeneinanders dieser Marken sorgfältiger auf etwaige Unterschiede achtet (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. 2006, § 9 Rn. 199 m.w.N.).
24
Der Grad an Kennzeichnungskraft ist dabei im Widerspruchsverfahren erstmals zu bestimmen (so ausdrücklich EuGH MarkenR 1999, 236, 239 [Rz. 22] – Lloyd/ Loints). Für die Annahme einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft reicht ihre Eintragung als solche nicht aus, weil im Eintragungsverfahren die Kennzeichnungskraft weder geprüft noch bestimmt wird und, soweit die Unterscheidungskraft hierbei zu prüfen ist, hieraus keine Rückschlüsse auf die Kennzeichnungskraft gezogen werden können, da die Prüfung der Unterscheidungskraft nach dem Gesetzeswortlaut (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) auf das Mindestmaß beschränkt ist (vgl. Thalmaier in: Kur/v. Bomhard/Albrecht, BeckOK Markenrecht, 16. Edition, Stand 14.01.2019, § 14 Rn. 276).
25
bb) Nach diesen Grundsätzen ist den Widerspruchsmarken eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zuzubilligen. Zwar ist der in beiden Widerspruchsmarke jeweils enthaltene Begriff „sportswear“ für die hier in Rede stehenden Waren der Klasse 25 glatt beschreibend, für den weiteren in beiden Marken enthaltenen Bestandteil „JOY“ trifft dies allerdings nicht zu. Zwar könnte dieser beim hier angesprochenen allgemeinen Publikum in der Bedeutung „Freude“ geläufige englische Begriff bei einer analytischen Betrachtung dahin verstanden werden, dass die so gekennzeichneten Waren Freude bringen oder zu dieser beitragen. Hierbei handelt es sich aber um kein mit den betreffenden Waren in unmittelbarem Zusammenhang stehendes Merkmal, weil hiermit lediglich ein mögliches menschliches Gefühl angesprochen wird, dessen Auftreten allein von der subjektiven Einstellung des Einzelnen abhängt, die wiederum weder unmittelbar noch mittelbar von den Waren selbst hervorgerufen werden kann, sondern die er diesen entgegenbringt. Da Anhaltspunkte für eine nachträgliche Kennzeichnungsschwächung oder -stärkung weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich sind, ist daher von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken auszugehen.
26
c) Hinsichtlich der alleine noch verfahrensgegenständlichen identisch beanspruchten Waren „Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen“ würde eine Verwechslungsgefahr nur ausscheiden, sofern die jüngere Marke zu den für diese Waren durchschnittlich kennzeichnungskräftigen Widerspruchsmarken unähnlich oder nur sehr gering ähnlich wäre. Dies kann indes nicht festgestellt werden.
27
aa) Marken sind als ähnlich anzusehen, wenn nicht nur unmaßgebliche Teile der durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Abnehmer (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 605 – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 – SAT.2), an welche sich die jeweils beanspruchten Waren oder Dienstleistungen richten, die die Zeichen nicht mehr hinreichend auseinander halten können.
28
Die Ähnlichkeit von Marken ist grundsätzlich aufgrund ihres jeweiligen Gesamteindrucks unabhängig vom Prioritätsalter zu beurteilen (vgl. EuGH GRUR 1998, 397, 390 Tz. 23 – Sabèl/Puma; GRUR 2005, 1043, 1044 [Rz. 28 f.] – Thomson Life; GRUR 2006, 413, 414 [Rn. 19] – SIR/Zirh; BGH GRUR 2000, 233 f. – Rausch/Elfi Rauch); hierbei sind ihre Übereinstimmungen oder Abweichungen im Bild, im Klang und in der Bedeutung umfassend zu ermitteln, wobei berücksichtigt werden kann, welche Bedeutung diesen Aspekten beim Vertrieb der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen zukommt (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, 415 [Rn. 28] – SIR/Zirh). Eine Ähnlichkeit in nur einem dieser drei Aspekte begründet zwar nicht notwendig die Annahme einer Verwechslungsgefahr (vgl. EuGH a.a.O. [Rn. 21 f.] – SIR/Zirh), kann aber im Einzelfall ausreichen (vgl. EuGH a.a.O. [Rn. 21] – SIR/Zirh; BGH GRUR 1959, 182, 185 – Quick; GRUR 1979, 853, 854 – LILA; GRUR 1990, 367, 368 – alpi/Alba Moda; GRUR 1992, 110, 112 – dipa/dib; GRUR 1992, 550, 551 – ac-pharma; GRUR 1999, 241, 243 – Lions), sofern nicht die Übereinstimmungen in einem Aspekt durch die bestehenden Unterschiede in den anderen neutralisiert werden (vgl. EuGH a.a.O. [Rn. 35] – SIR/Zirh).
29
bb) Nach diesen Grundsätzen liegt hier zumindest ein unterdurchschnittlicher Grad der Markenähnlichkeit vor. Ob dieser geringe Grad an Markenähnlichkeit noch dadurch weiter erhöht ist, dass die jeweils gegenüberstehenden Marken durch den übereinstimmenden Bestandteil „JOY“ jeweils geprägt werden oder er zumindest in der jüngeren Marke eine zur assoziativen Verwechslungsgefahr führende selbständig kennzeichnende Stellung innehat, kann bei den der vorliegenden Beurteilung alleine zugrunde zu legenden identischen Waren auf sich beruhen. Denn die geringe Ähnlichkeit der Zeichen schon im Gesamteindruck reicht bereits aus, um angesichts der Warenidentität und der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken eine Verwechslungsgefahr aufgrund der Wechselwirkung der Komponenten Warenähnlichkeit, Kennzeichnungskraft und Markenähnlichkeit zu bejahen.
30
Zwar unterscheiden sich die jeweils gegenüberstehenden Marken in ihrem visuellen Gesamteindruck zum einen durch die grafische Ausgestaltung, die bei der älteren deutschen Marke ein stark abweichendes Aussehen hat und in der älteren Unionsmarke gänzlich fehlt, sowie durch die voneinander abweichenden Wortbestandteile „elements of“ in der angegriffenen Marke und „sportswear“ in den beiden Widerspruchsmarken. Ähnliches gilt für die klanglichen Wiedergabe der jeweils gegenüberstehenden Marken; auch wenn es hierbei allein auf die jeweiligen Wortbestandteile ankommt, weil die Bildbestandteile klanglich nicht unmittelbar wiedergebbar sind (BGH GRUR 2006, 60 – coccodrillo), weisen die jeweiligen Marken infolge der voneinander abweichenden Wortbestandteile „element of“ in der jüngeren Marke und „sportswear“ in den älteren Marken, die in den jeweils gegenüberstehenden Marken keine Entsprechung haben, klangliche Unterscheide auf. Allerdings liegt trotz dieser Unterschiede infolge des jeweils übereinstimmenden Bestandteils „JOY“ bereits eine sehr geringe Zeichenähnlichkeit (vgl. zu diesem Grad BGH GRUR 2013, 833, 838 Rz. 55 – Culinaria/Villa Culinaria) vor, weil es sich insoweit nicht nur um eine zufällig übereinstimmende Buchstabenfolge handelt, wie sie auch als Bestandteil von als absolut verschieden wahrgenommenen Wörtern vorliegen könnte, sondern jeweils um ein eigenständiges Wort, das vom Publikum in den jeweils gegenüberstehenden Marken auch als solches (wieder-) erkannt wird, so dass es infolge dieser Übereinstimmung die jeweiligen Gesamtmarken nicht als absolut unähnlich wahrnimmt.
31
Diese bereits durch die visuelle und akustische Ähnlichkeit begründete sehr geringe Markenähnlichkeit wird in begrifflicher Hinsicht verstärkt. Denn der Sinngehalt der jüngeren Marke, deren Gesamtaussage mit den zum englischen Grundwortschatz gehörenden Begriffen für das angesprochene allgemeine Publikum in der Bedeutung „Element der Freude“ ohne Weiteres verständlich ist, weist zu dem als „Freude“ verständlichen Begriff der Widerspruchsmarken eine begriffliche Nähe auf. Der Begriff „Element“ im Sinne von „[Grund]bestandteil, Komponente; typisches Merkmal, Wesenszug“ (vgl. https://www.duden.de/suchen/dudenonline/element) – was im Übrigen auch der englischen Bedeutung entspricht (vgl. https://dict.leo.org/englisch-deutsch/element) – wird nämlich allgemein verstanden, so dass die Aussage in der jüngeren Marke zum Markenwort „JOY“ in den Widerspruchsmarken ähnlich dem Verhältnis einer Teil- zur Gesamtmenge aufgefasst wird. Unter Berücksichtigung dieser begrifflichen Nähe kommt den gegenüberstehenden Zeichen daher zumindest eine geringe Markenähnlichkeit (vgl. zu diesem Grad BGH a.a.O. – Culinaria/ Villa Culinaria) auf.
32
3. Da somit im Ergebnis eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken hinsichtlich der nach Einschränkung der Widersprüche alleine noch verfahrensgegenständlichen identisch beanspruchten Waren nicht verneint werden kann, war in diesem Umfang der anderslautende Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes aufzuheben und in diesem Umfang die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
33
B. Da Gründe für eine Kostenentscheidung nach § 71 MarkenG sind ebenso wenig erkennbar wie Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 MarkenG.

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