Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “Hospiz macht Schule” – fehlende Unterscheidungskraft – keine Verkehrsdurchsetzung

Aktenzeichen  27 W (pat) 53/18

Datum:
27.5.2019
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2019:270519B27Wpat53.18.0
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
§ 8 Abs 3 MarkenG
Spruchkörper:
27. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2015 055 509.6
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 27. Mai 2019 durch die Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Schwarz und die Richterin Lachenmayr-Nikolaou
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Der Beschwerdeführer hat die Wortfolge
2
Hospiz macht Schule
3
als Wortmarke für die Dienstleistungen
4
Klasse 41: Erziehung und Ausbildung, nämlich Schulungskurse für ambulante Hospizeinrichtungen und deren Mitglieder und Mitarbeiter zur Befähigung der Durchführung von Projekten in Schulen zum Thema Sterben, Tod und Trauer; Ausbildungsdienstleistungen im Bereich beruflicher Ausbildung; Veranstaltung von Ausbildungskursen für Hochschulen, Medizinpersonal und Krankenpflegenden; Ausbildung für Lehrer von Kindern; Organisation und Durchführung von Ausbildungsmaßnahmen für Studenten; Beratung über Erziehung und Ausbildung; Durchführung von Kongressen und Konferenzen für kulturelle und Bildungszwecke; Bildungsdienstleistungen für Kinder in Schulorten; Veranstaltung von kulturellen Aktivitäten; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Organisation von Seminaren in Bezug auf kulturelle Aktivitäten; Organisation von Kongressen und Konferenzen für kulturelle und Bildungszwecke
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zur Eintragung in das Markenregister angemeldet.
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Das Deutsche Patent- und Markenamt – Markenstelle für Klasse 41 – hat zunächst mit Beschluss vom 20. Juli 2016 die Anmeldung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe und mit weiterem Beschluss vom 26. Juni 2018 auch die hiergegen eingelegte Erinnerung des Beschwerdeführers zurückgewiesen.
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Zur Begründung ist ausgeführt:
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Die angemeldete Marke eigne sich nicht zur Unterscheidung, da sie allein eine sachbezogene, beschreibende Angabe enthalte und daher nicht einem bestimmten Unternehmen zugeordnet werde. Den ohne weiteres verständlichen Begriff „Hospiz macht Schule“ werde der hier angesprochene Verkehr im Sinne von Bildungsdienstleistungen zum Thema Hospiz verstehen. „Schule machen“ werde in dem Sinne verstanden, dass etwas beispielhaft sein soll und nachahmenswert ist. Die hier vorliegende Wortkombination sei sprachüblich aus Wörtern der deutschen Alltagssprache zusammengesetzt und den hier ebenfalls angesprochenen breiten Verkehrskreisen ohne weiteres verständlich. Da der Begriff eine sinnvolle Aussage treffe, sei er eindeutig und bedürfe keiner Interpretation. Eine Mehrdeutigkeit sei nicht ersichtlich, da der Verkehr stets von der für ihn nahe liegenden Bedeutung ausgehe und es ausreiche, wenn eine der denkbaren Bedeutungen beschreibend ist. Der Markenbegriff werde daher in diesem Sinne, dass die in Frage stehenden Dienstleistungen dazu beitrügen, sich mit dem Thema Hospiz zu beschäftigen, unmittelbar erfasst werden. Dies könne auf alle hier beanspruchten Dienstleistungen zutreffen, nämlich Ausbildungsdienstleistungen im Bereich berufliche Ausbildung; Veranstaltung von Ausbildungskursen für Hochschulen Medizinpersonal und Krankenpflegenden; Beratung über Erziehung und Ausbildung; Durchführung von Kongressen und Konferenzen für kulturelle und Bildungszwecke u. ä. Was alles der Beschäftigung mit der Tätigkeit von Hospizen diene, müsse nicht genau definiert werden, da dies naturgemäß sehr umfassend sein könne. Der Begriff könne bewusst weit gefasst sein, um ein möglichst breites Feld abzudecken. Eine gewisse Unschärfe des angemeldeten Markenbegriffs führe noch nicht zu seiner Schutzfähigkeit. Dass sich jeder etwas anderes darunter vorstellen könne, wie man das Thema Hospiz vermittle, führe noch nicht zu einer Eintragungsfähigkeit des angemeldeten Markenbegriffs. Dass es nicht darum gehe, dass Hospize nachgeahmt würden, sei dem Verkehr bekannt, aber etwa in Versammlungsräumen eines Hospizes könnten durchaus Bildungsveranstaltungen zum Thema Hospiz stattfinden, z. B. für künftige Hospizmitarbeiter, aber auch für interessierte Laien, die sich mit Trauer- und Sterbebegleitung o. ä. beschäftigten. Hospizmitarbeiter könnten allerdings auch in Schulen und an andere Stätten gehen, um dort den Hospizgedanken zu erläutern und bereits Kindern nahe zu bringen. Da Marken stets im Zusammenhang mit den in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen gesehen werden müssten, ergebe sich aus diesem Zusammenhang, worum es sich thematisch handele. Folglich gebe der Markenbegriff keinen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen, sondern beschreibe Art, Thematik und Zweck der in Frage stehenden Dienstleistungen, nämlich alles rund um das Thema Hospiz. Eine Analyse des Begriffes, zu der der Verkehr erfahrungsgemäß nicht neige, sei dazu nicht notwendig. Auch vergleichbare Anmeldungen hätten bereits nicht zur Eintragung geführt.
9
Soweit der Beschwerdeführer eine Verkehrsdurchsetzung der angemeldeten Bezeichnung geltend mache, fehle es bereits an einer Anfangsglaubhaftmachung. Bei „Hospiz macht Schule“ handele es sich um einen Projektnamen, der nicht markenmäßig benutzt werde. Die beanspruchten Dienstleistungen würden als Projekte, z. B. an Grundschulen, erbracht, wie sich auch aus den zahlreichen vom Anmelder eingereichten Belegen ergebe, aber nicht unter dem Begriff als Marke angeboten. Darauf, ob der Beschwerdeführer ein Monopol auf diesen Namen habe oder seine Tätigkeit unter der Bezeichnung bekannt sei, komme es nicht an.
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Gegen den seinen Verfahrensbevollmächtigten am 2. Juli 2018 zugestellten Erinnerungsbeschluss hat der Beschwerdeführer mit Telefax vom 2. August 2018, das am selben Tag beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen ist, unter Zahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt.
11
Seine Beschwerde hat der Beschwerdeführer im Wesentlichen unter Wiederholung seines Vorbringens im Erinnerungsverfahren begründet. Danach handele es sich bei der angemeldeten Wortfolge zwar, wie im Erstbeschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes ausgeführt worden sei, um eine werbemäßig anpreisende Form zur Hervorhebung des Themas „Hospiz“. Die angemeldete Wortfolge werde aber nicht in ihrer Gesamtheit erfasst, sondern einer analysierenden Betrachtungsweise unterzogen. Dabei werde verkannt, dass dem Bestandteil „… macht Schule“ nicht stets unabhängig von den weiteren Bestandteilen die Unterscheidungskraft abgesprochen werden könne. Die Unterscheidungskraft bestehe auch bei einer im Vordergrund stehenden Werbefunktion, solange ein herkunftshinweisender Charakter nicht offensichtlich auszuschließen sei. Der Verbraucher sei gerade daran gewöhnt, dass Werbeslogans nur von einem bestimmten Unternehmen benutzt würden. Das Wort „Hospiz“ beschreibe eine Einrichtung, in der kranke oder sterbende Menschen gepflegt oder betreut würden. Ein Hospiz sei aber keine Lehr- oder Fortbildungs- oder kulturelle Einrichtung und insbesondere auch keine Veranstaltung, zu der interessierte Personen sich anmeldeten. Die beanspruchten Dienstleistungen passten daher nicht zu einem Hospiz. Auch passe es nicht zu einem Hospiz, mit knalligen Slogans Werbung zu machen. Die vom Deutschen Patent- und Markenamt vorgenommene Interpretation gehe indes über die Bedeutung des Wortes hinaus, wenn darauf abgestellt werde, dass es um Fortbildung und/oder das Wecken von Interesse für das Hospizwesen oder die Hospizbewegung gehe. Hierdurch werde die Marke einer stark analysierenden Betrachtung unterzogen. Eine allgemeine Anpreisung für die beanspruchten Dienstleistungen liege in der angemeldeten Wortfolge aber nicht vor, denn dies wäre nur bei Slogans wie „Hospize verstehen lernen“ oder „Werde Teil der Hospizidee“ der Fall. Es liege auch keine beschreibende Angabe vor, denn es bedürfe einer gewissen Interpretation, um vom Ort eines Hospizes darauf zu schließen, dass dort nicht „Schule stattfindet“ oder Hospize nachgeahmt werden sollten, sondern dass es um die Vermittlung der Idee der menschlichen Fürsorge im Rahmen von Hospizarbeit gehe, die in den angebotenen Dienstleistungen vermittelt werde, um dann vielleicht selbst in die Lage versetzt zu werden, Hospizarbeit zu leisten oder vielleicht auch nur den Hospizgedanken zu verstehen. Ob darin eine Mehrdeutigkeit liege, könne dahinstehen, denn Mehrdeutigkeit sei kein Erfordernis für die Schutzfähigkeit einer Marke. Aufgrund dieser Überlegungen scheide auch die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses aus.
12
Im Übrigen wiederholt der Beschwerdeführer nochmals sein Vorbringen zur Verkehrsdurchsetzung der angemeldeten Bezeichnung. Da die beanspruchten Dienstleistungen in Klasse 41 sich nicht an ein einheitlich zu bestimmendes Publikum richteten, habe er bereits im Erinnerungsverfahren das Dienstleistungsverzeichnis auf die Dienstleistungen „Erziehung und Ausbildung, nämlich Schulungskurse für ambulante Hospizeinrichtungen und deren Mitglieder und Mitarbeiter zur Befähigung der Durchführung von Projekten in Schulen zum Thema Sterben, Tod und Trauer“ eingeschränkt, die nur medizinisches und pflegendes Personal ansprächen, also lediglich einige Tausend Personen in Deutschland. Diese Einschränkung sei im angefochtenen Erinnerungsbeschluss nicht berücksichtigt worden.
13
Der Beschwerdeführer beantragt wörtlich,
14
den Beschluss aufzuheben.
II.
15
A. Die Beschwerde, über welche ohne mündlichen Verhandlung entschieden werden kann, da der Beschwerdeführer keinen (Hilfs-)Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat und auch der Senat eine solche nicht für sachdienlich erachtet, ist nach § 66 MarkenG zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Denn im Ergebnis hat das Deutsche Patent- und Markenamt der angemeldeten Bezeichnung zutreffend die Eintragung nach § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG versagt, weil ihr für die beanspruchten Dienstleistungen jedenfalls die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt und dieses Eintragungshindernis mangels hinreichenden Vortrags des Beschwerdeführers auch nicht durch eine Verkehrsdurchsetzung überwunden werden kann.
16
1. Die Wortfolge „Hospiz macht Schule“ ist nach § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mangels jeglicher Unterscheidungskraft für die beanspruchten Dienstleistungen von der Eintragung ausgeschlossen.
17
a) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. zuletzt EuGH GRUR 2018, 917, 919 [Rdnr. 34] – Mitsubishi). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] – SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] – Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] – Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] – Das Prinzip der Bequemlichkeit).
18
b) Die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt auch einer Kennzeichnung, bei der es sich – wie bei der vorliegenden Markenanmeldung – um einen Werbeslogan handelt, in dem der Verkehr allein die Werbefunktion wahrnimmt, ohne aus ihm zumindest auch gleichzeitig auf die Herkunft der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu schließen (vgl. EuGH MarkenR 2012, 304, 306 f. – Wir machen das Besondere einfach; GRUR 2010, 228, 230 [Rz. 45] – Vorsprung durch Technik; MarkenR 2005, 22, 26 [Rz. 35] – Das Prinzip der Bequemlichkeit).
19
Zwar ist die Eintragung einer Marke, die aus Zeichen oder Angaben besteht, die als Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der Waren oder Dienstleistungen, auf die sich diese Marke bezieht, verwendet werden, nicht schon wegen einer solchen Verwendung ausgeschlossen (EuGH MarkenR a. a. O. – Wir machen das Besondere einfach; EuGH GRUR a. a. O. S. 229 [Rz. 35] m. w. N. – Vorsprung durch Technik). Maßgeblich ist vielmehr, ob der angesprochene Verkehr in einer Bezeichnung unabhängig von ihrer Verwendung oder Eignung als Werbeslogan einen Hinweis auf die Herkunft der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen erkennt; ist dies der Fall, ist es für ihre Unterscheidungskraft unerheblich, dass sie gleichzeitig oder sogar in erster Linie als Werbeslogan aufgefasst wird (vgl. EuGH a. a. O., S. 230 [Rz. 45] – Vorsprung durch Technik; MarkenR 2005, 22, 26 [Rz. 35] – Das Prinzip der Bequemlichkeit).
20
An die Beurteilung der Unterscheidungskraft von sloganartigen Wortfolgen sind dabei keine anderen, insbesondere keine strengeren Maßstäbe anzulegen als bei sonstigen Wortzeichen (EuGH MarkenR a. a. O. [Rz. 25] – WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH; GRUR 2010, 228 (Nr. 36) – Vorsprung durch Technik). Es bestehen daher keine besonderen Kriterien, die das Kriterium der Unterscheidungskraft ersetzen oder von ihm abweichen (EuGH GRUR a. a. O. [Nr. 38]
21
– Vorsprung durch Technik). Wie bei anderen Zeichenarten auch, ist daher die Unterscheidungskraft eines Werbeslogans zu verneinen, wenn er sich in einer bloßen unmittelbaren Beschreibung der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen erschöpft oder es sich bei ihm um eine Werbeaussage allgemeiner Art handelt (vgl. BGH GRUR 2009, 778, 779 [Rn. 129 – Willkommen im Leben). Sofern dies nicht der Fall ist, kann ein Werbeslogan die Hauptfunktion einer Marke insbesondere aber dann erfüllen, wenn er nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung besteht, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweist, ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordert oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslöst (vgl. EuGH, a. a. O., S. 231 [Rz. 57] – Vorsprung durch Technik). Hierfür kann, auch wenn dies keine notwendige Voraussetzung für die Feststellung seiner Unterscheidungskraft ist, aber indiziell sprechen, dass ein Werbeslogan mehrere Bedeutungen hat, ein Wortspiel darstellt oder als fantasievoll, überraschend und unerwartet und damit merkfähig aufgefasst werden kann (EuGH, a. a. O., S. 231 [Rz. 47] – Vorsprung durch Technik).
22
Nach diesen Grundsätzen ist die Unterscheidungskraft der angemeldeten Wortfolge unabhängig von ihrer Eigenschaft als Werbeslogan schon deshalb zu verneinen, weil sie schon nach ihrem wörtlichen Verständnis die beanspruchten Dienstleistungen hinsichtlich ihrer möglichen Thematik beschreibt. Denn eine mangelnde Unterscheidungseignung liegt u.a. auch bei Kennzeichnungen vor, wenn sie die Waren und Dienstleistungen, für welche sie geschützt werden soll, unmittelbar beschreiben oder nur einen im Vordergrund stehenden, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt haben (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 – marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 – City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Dies ist vorliegend der Fall.
23
c) Wie das Deutsche Patent- und Markenamt (von der Beschwerdeführer unwidersprochen) zu Recht angenommen hat, bezeichnet die in der angemeldeten Wortfolge verwendete Redewendung „Schule machen“, dass das Subjekt des hiermit gebildeten Satzes (hier also das Hospiz) beispielhaft und für andere, mit dem am Satzanfang genannten Subjekt nicht identische Personen oder Sachen nachahmenswert ist. In seiner unmittelbaren Bedeutung besagt die Wortfolge mithin, dass das Hospiz (oder der Hospizgedanke) auch für andere Einrichtungen als Vorbild dienen könne. Damit bezeichnet die Wortfolge aber schon nach ihrem wörtlichen Verständnis ein mögliches Thema der beanspruchten Dienstleistungen, da diese sich gerade mit solchen anderen, kein Hospiz darstellende Einrichtungen und Verhaltensweisen beschäftigen können, für welche das Hospiz Vorbildfunktion sein soll. So könnten diese Dienstleistungen etwa zum Thema haben, dass beispielsweise auch Krankenhäuser und Altenheime die Grundsätze der Sterbebegleitung, wie sie in der Hospizbewegung praktiziert werden, aufgreifen und für die bei ihnen sterbenden Patienten und Insassen berücksichtigen. Denn alle beanspruchten Dienstleistungen können sich unabhängig davon, ob sie sich an ein allgemeines oder ein spezielles Publikum richten, gerade mit der Vorbildfunktion des Hospizes beim Umgang mit Sterbenden beschäftigen. Dies gilt auch für die Dienstleistungen „Erziehung und Ausbildung, nämlich Schulungskurse für ambulante Hospizeinrichtungen und deren Mitglieder und Mitarbeiter zur Befähigung der Durchführung von Projekten in Schulen zum Thema Sterben, Tod und Trauer“. Denn auch wenn sich diese Dienstleistungen unmittelbar nur an Hospizangehörige richten, so betreffen sie nicht etwa die Ausbildung derselben für eine Arbeit im Hospiz, sondern für die Darstellung der Themen „Sterben, Tod und Trauer“ in Schulen, die wiederum thematisch die Vorbildfunktion der Hospizbewegung beinhalten kann, indem primäres Ausbildungsziel für die teilnehmenden Hospizangehörigen ist, gerade die Darstellung des in Hospizen gepflegten Umgangs mit Sterbenden als Vorbild auch für den Umgang mit anderen Menschen (etwa in Krankenhäusern, in Altenheimen oder seitens der Angehörigen) zu erlernen.
24
Ob neben diesem wörtlichen Verständnis der angemeldeten Wortfolge noch eine andere, darüber hinausgehende allgemeinere Interpretation möglich ist, wie dies vom Deutschen Patent- und Markenamtes in den angefochtenen Beschlüssen angenommen wurde, denen zu Folge die angemeldete Wortfolge allgemein auf Bildungsdienstleistungen zum Thema Hospiz hinweise oder darauf, dass die beanspruchten Dienstleistungen dazu beitrügen, sich mit dem Thema Hospiz zu beschäftigen, bedarf bei dieser Sachlage keiner Vertiefung mehr. Denn für eine Verneinung der Unterscheidungskraft reicht es bereits aus, wenn ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59 [Rz. 21] – Companyline; MarkenR 2003, 450, 453 [Rz. 32] – DOUBLEMINT; MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 97] – POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 38] – BIOMILD).
25
d) Soweit der Beschwerdeführer sich auf eine Verkehrsdurchsetzung der angemeldeten Bezeichnung zumindest für die Dienstleistungen „Erziehung und Ausbildung, nämlich Schulungskurse für ambulante Hospizeinrichtungen und deren Mitglieder und Mitarbeiter zur Befähigung der Durchführung von Projekten in Schulen zum Thema Sterben, Tod und Trauer“ beruft, reichen seine Angaben hierzu nicht aus.
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Voraussetzung für eine Verkehrsdurchsetzung ist es, dass der Anmelder der betreffenden Kennzeichnung, der insoweit die Darlegungs- und Feststellungslast trägt (BPatG GRUR 2011, 232, 234 – GELBE SEITEN), die Bekanntheit, die Investitionen, den Marktanteil sowie Dauer und Umfang der Benutzung nachweist, was zunächst die Glaubhaftmachung zumindest von auf eine Verkehrsdurchsetzung ausreichend hindeutenden Indizien erfordert. Hierfür ist es erforderlich, dass den hierzu vorgetragenen Angaben entnommen werden kann, dass die nachgewiesene Benutzung gerade „als Marke“ erfolgt, also in einer für die Adressaten aus der Art und Weise der Benutzung erkennbaren Form der Kennzeichnung der betrieblichen Herkunft der betreffenden Ware oder Dienstleistung dient (vgl. Kur in: BeckOK Markenrecht, 17. Edition, Stand 1.4.2019, § 8 Rn. 86).
27
Schon diese markenmäßige Verwendung vermag der Senat wie auch das Deutsche Patent- und Markenamt den eingereichten Unterlagen, bei denen es sich weitgehend um Presseartikel handelt, indes nicht zu entnehmen. Denn in den Unterlagen werden verschiedene Projekte, Projekt- oder Themenwochen jeweils beschrieben, die in Schulen durchgeführt wurden und sich mit dem Thema Sterben und Tod beschäftigten. Aus den Unterlagen ergibt sich zunächst nur, dass mit „Hospiz macht Schule“ jeweils nur die jeweilige Thematik dieser Projekte bezeichnet wird. Zwar weisen die Artikel auch darauf hin, dass bei der Durchführung dieser Projekte in Hospizen beschäftigte Angehörige begleitend tätig sind, diese werden aber durchgängig nur nach dem Namen des jeweiligen Hospizträgers angegeben. Des Weiteren wird zwar meist auch auf eine spezielle Schulung dieser begleitenden Hospizangehörigen aufmerksam gemacht, wobei sich aus einem Teil der Unterlagen ergibt, dass diese Schulungen von der Bundes-Hospiz-Akademie erarbeitet und durchgeführt würden. Dabei ist aber nicht erkennbar, ob es sich bei der Angabe „Hospiz macht Schule“ nur um die schlagwortartige Angabe des jeweiligen Schulungstitels oder um die Kennzeichnung eigenständiger Dienstleistungen dieser Akademie oder eines sonstigen Erbringers entsprechender Dienstleistungen handelt.
28
Selbst wenn aber eine markenmäßige Verwendung der Wortfolge „Hospiz macht Schule“ vorläge, kann der Umfang der Bekanntheit dieser Kennzeichnung beim hiervon angesprochenen Publikum nicht eingegrenzt werden. So fehlen schon Angaben dazu, wie groß der Kreis des angesprochenen Publikums ist; die Angabe „einige Tausend Personen in Deutschland“ in der Beschwerdebegründung ist hierfür zu ungenau. Zum Anteil dieses Personenkreises, dem die angemeldete Wortfolge als Marke bekannt sein soll, fehlen sogar jegliche glaubhaft gemachten Angaben. Damit lässt sich aber schon eine Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich die Kennzeichnung bei einem ausreichend großen Teil des Publikums bereits als Marke für die hierzu beanspruchten Dienstleistungen durchgesetzt habe, nicht einmal ansatzweise herleiten. Ohne eine glaubhaft gemachte Wahrscheinlichkeit, dass sich eine angemeldete Kennzeichnung im Verkehr bereits durchgesetzt haben kann, würde jede Beweisaufnahme, etwa in Form einer Verkehrsbefragung, aber bloß „ins Blaue hinein“ erfolgen, was auch im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes (§§ 59, 73 MarkenG) nicht statthaft ist (vgl. Schneider in BeckOK Markenrecht, 17. Edition, Stand 1.4.2019, § 8 Rn. 997; Albrecht in BeckOK Markenrecht, 17. Edition, Stand 1.4.2019, § 74 Rn. 7b m. w. N.).
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2. Da das Deutsche Patent- und Markenamt mithin der Markenanmeldung zutreffend die Eintragung versagt hat, war die hiergegen gerichtete Beschwerde zurückzuweisen.
30
B. Für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 71 Abs. 3 MarkenG bestand ebenso keine Veranlassung wie für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 MarkenG.


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