Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “Kuschelzauber” – keine Unterscheidungskraft

Aktenzeichen  24 W (pat) 539/14

Datum:
4.11.2014
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
Spruchkörper:
24. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2013 017 225.6
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 4. November 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters Heimen
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Bezeichnung
2
Kuschelzauber
3
ist am 14. Februar 2013 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister u. a. für folgende Waren angemeldet worden.
4
Klasse 3: Wasch- und Bleichmittel; Weichspülmittel für Wäsche; Textilpflegemittel.
5
Die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 3 des DPMA hat die unter Nr. 30 2013 017 225.6 geführte Anmeldung mit Beschluss vom 23. Januar 2014 wegen Bestehens des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG teilweise, nämlich im Umfang der oben genannten Waren zurückgewiesen. Die Markenstelle hat dazu ausgeführt, bei der angemeldeten Bezeichnung handele es sich um eine schlagwortartige Anpreisung, welche in Bezug auf die genannten Waren keinen darüber hinaus gehenden, unternehmensbezogenen Kennzeichnungscharakter besitze. Sie sei in sprachüblicher Weise aus den Wortelementen „Kuschel“ und „Zauber“ gebildet worden. Diese werde vom Verkehr nicht als betrieblicher Herkunftshinweis, sondern als Werbeaussage, Qualitätsversprechen und Bestimmungsangabe verstanden, und zwar dahingehend, dass die so gekennzeichneten Wasch- und Wäschepflegemittel für eine zauberhaft kuschelige, besonders angenehme, behagliche und flauschige Wäsche sorgen könnten. Auf aus ihrer Sicht vergleichbare Voreintragungen könne sich die Anmelderin nicht berufen.
6
Dagegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt.
7
Sie vertritt die Auffassung, dass gegen die Eintragung der angemeldeten Bezeichnung keinerlei Schutzhindernisse gegeben seien. Die Markenstelle habe die Anforderungen insoweit zu hoch angesetzt. Die angemeldete Bezeichnung ergebe in ihrer Gesamtheit keinen die beschwerdegegenständlichen Waren unmittelbar beschreibenden Sinngehalt und unterscheide sich dadurch von den seitens der Markenstelle genannten Werbewörtern wie „Kuschelweich“ oder „Kuschelkollektion“. Die Markenstelle habe im Wege einer analysierenden Betrachtungsweise aus einer Wortkombination zweier Substantive den Sinngehalt von Adjektiven abgeleitet, was mehrere gedankliche Schritte voraussetze. Insgesamt handele es sich um eine unterscheidungskräftige Bezeichnung, für die es in Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Waren auch kein Freihaltebedürfnis gebe. Es existiere zudem eine Reihe von Voreintragungen, die jeweils einen wesentlich engeren beschreibenden bzw. rein werbemäßigen Bezug zu den jeweils beanspruchten Waren aufweisen würden.
8
Die in der auf ihren Hilfsantrag durchgeführten mündlichen Verhandlung nicht erschienene Anmelderin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
9
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Januar 2014 aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.
10
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
11
Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 MarkenG statt-hafte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil einer Eintragung der an-gemeldeten Bezeichnung das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht nach § 37 Abs. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
12
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u.a. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 – Henkel; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 17 – FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, Tz. 19 – FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 86 – Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u.a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH – FUSSBALL WM 2006, a. a. O.). Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann.
13
Die angemeldete Bezeichnung „Kuschelzauber“ ist zusammengesetzt aus den Wortelementen „Kuschel“ und „Zauber“. Der Begriff „Kuschel“ stellt ein übliches Wortbildungselement dar, er ist als Wortelement vielfach im deutschen Sprachgebrauch vorhanden (z. B. in Gesamtbegriffen wie „Kuschelecke“, „Kuschelkurs“ oder „Kuscheltier“, vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl. 2011, S. 1078; vgl. Anlage 1, der Anm. mit Vfg. vom 9.10.2014 übersandt) und bezeichnet nach allgemeinem Sprachgebrauch, dass der in der jeweiligen Wortkombination nachgestellte Begriff etwas kennzeichnet, was geeignet oder bestimmt ist, ein angenehmes Gefühl der Nähe, Geborgenheit und/oder Anschmiegsamkeit zu bewirken. Die Ausführungen der Anmelderin über die vermeintliche grammatikalische Ungenauigkeit der Wortkombination treffen daher nicht zu. Der weitere Wortteil „Zauber“ hat u. a. die Bedeutungen „magisches Mittel“ (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl. 2011, S. 2043; Anlage 2, der Anm. mit Vfg. vom 9.10.2014 übersandt). Der Senat schließt sich in diesem Zusammenhang einer Reihe von Entscheidungen des Bundespatentgerichts an, die den Begriff „Zauber“ als rein werbemäßige Anpreisung erachtet haben (vgl. z. B. 30 W (pat) 39/12 – Fichtenzauber; 30 W (pat) 62/10 – Brautzauber; 29 W (pat) 196/10 – Küchenzauber; vgl. dazu auch die Anlagen 3, 4 und 5, der Anm. mit Vfg, v. 9.10.2014 übersandt).
14
In seiner Gesamtheit wird der Begriff „Kuschelzauber“ vom hier angesprochenen Verkehr, der sowohl den Fachverkehr in Industrie und Handel als auch den allgemeinen Endverbraucher umfasst, als eine anpreisende Umschreibung von Sachen oder von Handlungen aufgefasst werden, die wie ein magisches Mittel ein angenehmes Gefühl der Nähe, Geborgenheit und/ oder Anschmiegsamkeit bewirken können. Begegnet der Verkehr der angemeldeten Bezeichnung in Verbindung mit den beschwerdegegenständlichen Waren „Wasch- und Bleichmittel; Weichspülmittel für Wäsche; Textilpflegemittel“ wird er somit die angemeldete Bezeichnung als rein beschreibenden, bzw. anpreisenden Sachhinweis dahingehend auffassen, dass es sich bei den so gekennzeichneten Produkten um „magische“ Mittel handelt, die dazu bestimmt sind, ein angenehmes Gefühl von Anschmiegsamkeit der damit behandelten Wäschestücke herzustellen. Der Senat teilt auch nicht die Auffassung der Anmelderin, dass es hinsichtlich dieses Verständnisses einer mehrere Gedankenschritte erfordernden analysierenden Betrachtungsweise bedarf; vielmehr drängt sich dieses Verständnis in Bezug auf die hier streitgegenständlichen Waren sogar geradezu auf.
15
Unerheblich ist schließlich, ob es sich um eine – ggf. von der Anmelderin selbst stammende – sprachliche Neuschöpfung handelt (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 8, Rn. 139 f. jeweils m. w. N.).
16
Soweit die Anmelderin sich auf aus ihrer Sicht vergleichbare Voreintragungen beruft, sind diese für die vorliegend zu treffende Entscheidung zur Schutzfähigkeit der angemeldeten Bezeichnung letztlich irrelevant. Insoweit ist auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des EuGH (vgl. GRUR 2009, 667 – Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229, Tz. 47-51 – BioID; GRUR 2004, 674, Tz. 42-44 – Postkantoor; GRUR 2004, 428, Tz. 63 – Henkel), des BGH (vgl. GRUR 2008, 1093, Tz. 18 – Marlene-Dietrich-Bildnis I) und des BPatG (vgl. z. B. GRUR 2009, 1175 – Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 – VOLKSFLAT und die Senatsentscheidung MarkenR 2010, 145 – Linuxwerkstatt) zur fehlenden Bindungswirkung von Voreintragungen zu verweisen.
17
Aus diesen Gründen war die Beschwerde zurückzuweisen.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben