Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren – “FLEXOSTAR” – bösgläubige Markenanmeldung – Kostenauferlegung

Aktenzeichen  26 W (pat) 47/12

Datum:
10.2.2014
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 10 MarkenG
§ 50 Abs 1 MarkenG
§ 54 Abs 1 MarkenG
§ 71 Abs 1 S 1 MarkenG
Spruchkörper:
26. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2009 058 215 – S 37/11 Lösch
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. Oktober 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Hermann
beschlossen:
1. Die Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.

Gründe

I
1
Die Antragstellerin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt am 8. Februar 2011 die Löschung der am 1. Oktober 2009 angemeldeten und am 14. Januar 2010 für die Waren
2
„Klasse 9: Schutzhelme, insbesondere Reithelme und Reitkappen; Sicherheitskleidung vorzugsweise mit stoßabsorbierender Wirkung, insbesondere für den Reitsport
3
Klasse 18: Zubehör für den Reitsport, soweit in Klasse 18 enthalten; Bekleidungsstücke für Tiere, vorzugsweise für Pferde; Beschläge für Geschirre (nicht aus Edelmetall), Geschirre für Tiere; Decken, nämlich Pferdedecken; Gamaschen als Schutzvorrichtungen für Vorder- und Hinterläufe von Pferden, Federgamaschen aus Leder, Kniegamaschen für Pferde, Federführungshülsen aus Leder; Felle, Pelze (Tierfelle), Felldecken (Pelz), Futtersäcke, Gurte (soweit in Klasse 18 enthalten), Ledergurte, Gummieinlagen für Steigbügel, Halsbänder für Tiere, Kartentaschen, Kinnriemen aus Leder, Knieriemen aus Leder, Kleidersäcke für die Reise, Klopfpeitschen, Koppelriemen, Lederriemen, Lederschnüre, Lederzeug, Leinen (Zügel), Longierleinen, Longiergurte, Führleinen, Maulkörbe, Pferdehalfter, Peitschen, Gerten, Pferdekummete, Regenschirme, Reitsättel, Reitdecken, Satteldecken für Pferde, Sattel- und Zaumzeug für Tiere, Sättel für Pferde, Sattelgurte, Sättelbäume, Steigbügel, Steigbügelriemen, Scheuklappen, Taschen, insbesondere Jagdtaschen, Trensen, Umhänge- und Schulterriemen, Zaumzeug, Zaumzeugriemen, Zügel, Zugstränge
4
Klasse 25: Bekleidungsstücke und Outdoor-Bekleidung; Schuhwaren, Kopfbedeckungen, Gürtel (Bekleidung)“
5
eingetragenen Marke 30 2009 056 215
6
FLEXOSTAR
7
des Antragsgegners beantragt, weil die Marke bösgläubig angemeldet worden sei (§§ 50 Abs. 1, 54 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG).
8
Zur Begründung hat die Antragstellerin unter Darlegung der Beziehungen der Parteien zu zwei in einem langjährigen Konkurrenzverhältnis stehenden Unternehmen ausgeführt, sie selbst habe – damals noch handelnd unter der Firmierung „i…“ – im Juni 2009 das Zeichen „Flexo Star“ entwickelt. Die fertigen  Entwürfe hätten im Juni 2009 vorgelegen. Die Nutzung des Zeichens im inländischen Verkehr sei im Juli 2009 aufgenommen worden. Auf der Auktionsplattform „eBay“ seien von ihr seit August 2009 Sättel unter der Bezeichnung „Flexo Star“ angeboten worden. Die Anmeldung der angegriffenen Marke durch den Antragsgegner sei unmittelbar danach in Kenntnis der Vorbenutzung ihres Zeichens erfolgt, um sie an der weiteren Nutzung dieses Zeichens zu hindern.
9
Der Antragsgegner hat der Löschung seiner Marke widersprochen und ist dem Vortrag der Antragstellerin entgegengetreten. Er hat vorgetragen, die Anmeldung der angegriffenen Marke sei nicht erfolgt, um die Antragstellerin an der Nutzung ihres Zeichens „Flexo Star“ zu hindern. Er habe vielmehr seinerseits bereits in der zweiten Jahreshälfte 2088 eine neue Linie von Sätteln entwickelt gehabt, die zum einen unter dem Zeichen „Riders Who Care“ und zum anderen auch unter dem Zeichen „FLEXOSTAR“ angeboten werden sollten. Seine Überlegungen hierzu habe er auch zu Papier gebracht. Als ihm bekannt geworden sei, dass die Antragstellerin das Zeichen „Flexo Star“ verwende, habe er seinerseits die zuvor von ihm entwickelte Bezeichnung „FLEXOSTAR“ als Marke angemeldet.
10
Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf den Löschungsantrag hin am 5. März 2012 die Löschung der angegriffenen Marke beschlossen und dem Antragsgegner die Kosten des Löschungsverfahrens auferlegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Marke sei entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG eingetragen worden. Bei Würdigung aller Umstände des vorliegenden Falls bestünden hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffene Marke durch den Antragsgegner in erkennbar wettbewerbswidriger Behinderungsabsicht angemeldet worden sei, um die Monopolwirkung der Eintragung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen. Zwischen den Beteiligten bzw. den mit diesen verbundenen Unternehmen bestehe eine Konkurrenzsituation. Der Antragsgegner sei langjähriger Mitarbeiter der Firma Barefoot, die deutschlandweit Reitsportartikel, insbesondere sogenannte „baumlose“ Sättel vertreibe. Mit der Inhaberin dieser Firma sei er persönlich verbunden. Nach eigenem Bekunden sei er für die rechtlichen Angelegenheiten der Firma zuständig und kümmere sich auch um deren Schutzrechtsangelegenheiten. Da er an der angegriffenen Marke kein persönliches Interesse gehabt habe, habe er die Rechte aus der Marke der Firma B… im Wege einer Lizenz zur Verfügung gestellt. Die Antragstellerin, die von 2005 bis Juli 2008 im Vertrieb der Firma B… tätig gewesen sei, habe sich im Anschluss daran mit dem Vertrieb von Reitsätteln und anderem Reitzubehör selbständig gemacht. Unmittelbar vor der Anmeldung der angegriffenen Marke habe es zwischen der Firma B… und der Antragstellerin Auseinandersetzungen wegen der von dieser unter der Bezeichnung „Flexo-Star“ vertriebenen Reitsättel gegeben. Im September 2009 habe die Firma B…  mehrere Angebote von der Auktionsplattform „eBay“ löschen lassen, weil diese angeblich gegen für die Antragstellerin eingetragene Gebrauchsmuster verstießen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 28. September 2009 habe die Antragstellerin die Inhaberin der Firma B… wegen der Behauptung abgemahnt, sie sei Inhaberin von Schutzrechten, auf Grund derer sie den Vertrieb der betroffenen Reitsättel verbieten könne. Hiergegen habe sich die Firma B… mit Schreiben ihres Vertreters zur Wehr gesetzt, wobei mehrfach auf die fraglichen Angebote unter der Kennzeichnung „Flexo-Star“ Bezug genommen worden sei. Entsprechende Angebote der b… GmbH, deren Mitgesellschafterin und Geschäftsführerin die Antragstellerin sei, würden auch durch das von der Antragstellerin mit dem Löschungsantrag vorgelegte eBay-Bewertungsprofil aus dem fraglichen Zeitraum bestätigt. Daraus ergebe sich, dass in der Firma B… bereits im September 2009 die Benutzung der Bezeichnung „Flexo-Star“ durch die b… GmbH bekannt gewesen sei. Es könne auch davon ausgegangen  werden, dass auch der Antragsgegner zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke bereits diese Kenntnis gehabt habe, weil Schutzrechtsangelegenheiten in seinen Zuständigkeitsbereich gefallen seien und eine persönliche Beziehung zwischen ihm und der Inhaberin der Firma B… bestanden habe. Für seine Kenntnis von der Vorbenutzung der Bezeichnung „Flexo-Star“ spreche auch die Feststellung in einem anwaltlichen Schreiben vom 29. Juli 2009, Herr  H… – der Antragsgegner – habe sich zur Markenanmeldung entschlossen, als ihm bekannt geworden sei, dass die Antragstellerin nicht nur Sättel nachahme, sondern nunmehr auch die Kennzeichnung „entwendet“ habe. Auf Grund des engen zeitlichen Zusammenhangs dieser Vorgänge mit der Markenanmeldung dränge sich der Schluss auf, dass diese als weiteres Mittel zur Verhinderung des Vertriebs angeblicher Nachahmungen der Sättel der Firma B… habe dienen sollen. Diese Annahme werde durch die Abmahnung und die Klage wegen Verletzung der Markenrechte, die wenige Monate nach der Eintragung der angegriffenen Marke erfolgten, bestätigt. Ein berechtigtes eigenes Interesse an der Anmeldung der streitgegenständlichen Marke habe der Antragsgegner nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht. Die Fa. B…, in deren Interesse der Antragsgegner die Anmeldung der Marke vorgenommen habe, habe das Zeichen „FLEXOSTAR“ vor dem Anmeldetag unstreitig nicht selbst benutzt. Der Markeninhaber habe lediglich wenig substantiierte Angaben zu einer in der zweiten Hälfte des Jahres 2008  entwickelten Produktlinie preisgünstigerer Sättel  mit dem Namen „Flexostar“ gemacht. Soweit die Überlegungen zu diesem neuen Konzept am 12. Dezember 2008 zu Papier gebracht worden sein sollen, habe der Antragsgegner lediglich eine lückenhafte Kopie einer handschriftlichen Notiz mit diesem Datum vorgelegt, die lediglich die Überschrift „Weltwirtschaftskrise und die Chancen“ sowie – völlig isoliert und mit großem Abstand hierzu – die Bezeichnung „flexostar“ erkennen lasse und daher nicht aussagekräftig sei. Maßnahmen zur Umsetzung dieser Strategie seien bis heute nicht getroffen worden. Weshalb die markenrechtliche Sicherung der Bezeichnung „flexostar“ gerade im Zuge der Auseinandersetzungen mit der Antragstellerin erfolgt sei, sei nicht überzeugend begründet worden. Soweit der Antragsgegner vortrage, die Antragstellerin habe die Bezeichnung „Flexostar“ entwendet, sei demgegenüber festzustellen, dass sie bereits vor dem behaupteten Entwurf der Produktlinie „Flexostar“ aus der Firma B… ausgeschieden gewesen sei. Es fehle auch an jeglichen Nachweisen für die Behauptung des Antragsgegners, ein bis zum Sommer 2009 für die Fa. B… tätiger Mitarbeiter – ein Herr B1… – könne das Zeichen an die Antragstellerin verraten haben. Bei dieser Sachlage sei davon auszugehen, dass die Behinderung der Antragstellerin bzw. der mit ihr verbundenen Unternehmen zumindest ein wesentliches Motiv für die Anmeldung der angegriffenen Marke durch den Antragsgegner gewesen sei. Dies gelte für alle Waren der Eintragung, weil es sich hierbei durchweg um Reitzubehör handele. Die Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens auf den Antragsgegner sei angesichts des bösgläubig erlangten Registerrechts billig.
11
Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde. Er ist der Ansicht, seine Kenntnis von der Benutzung des Zeichens „flexostar“ durch die Antragstellerin begründe für sich genommen keine bösgläubige Markenanmeldung. Auch aus der zeitlichen Nähe der Markenanmeldung zu den sich damals anbahnenden rechtlichen Auseinandersetzungen wegen gewerblicher Schutzrechte könne keine wettbewerbswidrige Behinderungsabsicht abgeleitet werden. Die Antragstellerin treffe die Beweislast für das Vorliegen seiner Bösgläubigkeit. Ungeachtet dessen sei die in der Fa. B… erdachte, aber bisher nur als Vorrat vor- gehaltene Kennzeichnung „FLEXOSTAR“ angemeldet worden, nachdem die „Entwendung“ dieser Bezeichnung durch die Antragstellerin aufgefallen sei, um sie vor weiterreichender Entwertung zu schützen. Eine der Anmeldung der angegriffenen Marke vorangegangene Benutzung der Bezeichnung „FLEXOSTAR“ durch die Antragstellerin sei von dieser nicht nachgewiesen worden, insbesondere nicht durch die von ihr eingereichte Abbildung von Reitgurten, deren Aufnäher auch nachträglich eingefügt worden sein könnten. Es fehle an einem schützenswerten Besitzstand der Antragstellerin, den der Antragsgegner habe stören können. Diese habe auch nichts dazu vorgetragen, wie sie auf die Bezeichnung „Flexostar“ gekommen sei. Es gebe im Markenrecht auch kein Vorbenutzungsrecht, weshalb allein die Kenntnis des Antragsgegners von der Benutzung der Kennzeichnung „Flexostar“ durch die Antragstellerin unbeachtlich sei. Die besonderen Voraussetzungen einer Wettbewerbswidrigkeit des Vorgehens des Antragsgegners seien nicht gegeben.
12
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
13
den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. März 2012 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.
14
Die Antragstellerin beantragt,
15
die Beschwerde zurückzuweisen und der Gegenseite die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
16
Sie schließt sich der im angegriffenen Beschluss von der Markenabteilung vertretenen Auffassung an und trägt vor, der Antragsgegner wiederhole in der Beschwerdebegründung nur seinen Vortrag aus dem Löschungsverfahren vor dem Patent- und Markenamt. Sie bestreitet im Übrigen, Produkte der Fa. B… kopiert und irgendwelche Markenkonzepte von dieser entwendet zu haben. Der Vortrag des Antragsgegners sei widersprüchlich. Die Kenntnis von der Vorbenutzung der Bezeichnung „Flexo Star“ durch die Antragstellerin werde vom Antragsgegner mal bestritten, mal als Grund für die Anmeldung der angegriffenen Marke genannt. Die Voraussetzungen der Bösgläubigkeit der Anmeldung seien erfüllt, weil der Antragsgegner die angegriffene Marke ohne eigenen Benutzungswillen mit der von Anfang an bestehenden Absicht angemeldet habe, die mit der Marke verbundene Monopolstellung gegenüber der Antragstellerin zweckwidrig im Wettbewerbskampf als Ersatz für nicht einschlägige Geschmacksmusterrechte einzusetzen.
II
17
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist unbegründet. Die Markenabteilung hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Löschung der angegriffenen Marke wegen Bösgläubigkeit des Antragsgegners zum Anmeldezeitpunkt beschlossen (§§ 50 Abs. 1, 54 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG).
18
Der Begriff der bösgläubigen Anmeldung in § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG entspricht dem in Art. 3 Abs. 2 Buchst. d MarkenRichtl. verwendeten Begriff “Bösgläubigkeit”. Die rechtliche Beurteilung, ob eine Marke bösgläubig angemeldet worden ist, hat umfassend und unter Berücksichtigung aller im Einzelfall erheblichen Faktoren zu erfolgen (EuGH GRUR 2009, 763, Nr. 37 – Lindt & Sprüngli/Franz Hauswirth; BGH GRUR 2009, 780, Nr. 18 – Ivadal). Für die Beurteilung der Bösgläubigkeit kommt es dabei vor allem darauf an, ob die Markenanmeldung bei objektiver Würdigung aller Umstände in erster Linie auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs des Anmelders bezogen oder auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung von Mitbewerbern gerichtet ist. Hierbei muss die Erschwerung der Benutzung der Marke durch den/die Dritten nicht der einzige Beweggrund für die Markenanmeldung sein, sondern es reicht aus, wenn diese Absicht ein wesentliches Motiv darstellt (BGH GRUR 2008, 621 – AKADEMIKS; GRUR 2008, 917 – EROS). Deshalb wird die Annahme einer Bösgläubigkeit des Anmelders auch nicht allein durch den Nachweis eines eigenen Benutzungswillens ausgeschlossen.
19
Der Erwerb eines formalen Markenrechts kann sich – ohne einen im Inland bestehenden Besitzstand vorauszusetzen und ohne in einen solchen Besitzstand einzugreifen – auch unter anderen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten als wettbewerbs- oder sittenwidrig erweisen. Das wettbewerblich Verwerfliche kann insbesondere darin bestehen, dass ein Markenanmelder die mit der Eintragung der Marke verbundene – an sich unbedenkliche – Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt (BGH a. a. O. – AKADEMIKS). Die Behinderungsabsicht des Markenanmelders kann sich dabei aus den objektiven Gesamtumständen des Einzelfalls ergeben. Hierbei kommt dem Verhalten des Markenanmelders vor und nach der Anmeldung Bedeutung zu. Bösgläubig ist insbesondere eine Markenanmeldung, die in Kenntnis der Tatsache, dass ein Dritter die Angabe benutzt bzw. die Benutzung der angemeldeten Angabe beabsichtigt, mit dem eindeutigen Ziel erfolgt, die Benutzung zu sperren oder jedenfalls zu erschweren (BGH GRUR 2001, 242, 244 – Classe E). Eine rechtsmissbräuchliche Behinderungsabsicht liegt auch nahe, wenn der Markenanmelder die Benutzungsabsicht eines Konkurrenten kennt oder kennen muss und zudem weiß oder wissen muss, dass es sich bei der durch die Anmeldung der Marke gesperrten Angabe um eine solche handelt, die zur Bezeichnung einer Ware oder Dienstleistung im Verkehr verwendet und benötigt wird.
20
Ausgehend von diesen rechtlichen Voraussetzungen hat die Markenabteilung die Bösgläubigkeit des Antragsgegners zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke zu Recht bejaht.
21
Auf Grund des Sachvortrags der Antragstellerin und der Einlassungen des Antragsgegners hierzu steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Fa. b… GmbH als Unternehmen der Antragstellerin bereits vor der Anmeldung der angegriffenen Marke eine mit dieser klanglich identische und sich auch schriftbildlich von dieser nur unwesentlich unterscheidende Bezeichnung „Flexo-Star“ für sog. baumlose Sättel im Verkehr verwendet hat, indem sie solche Sättel über die Internet-Verkaufsplattform „eBay“ angeboten und offenbar auch verkauft hat. Dies ergibt sich zum einen aus der mit dem Löschungsantrag als Anlage ASt3 vorgelegten Feedback-Seite von „eBay“, der zu entnehmen ist, dass Käufer Sättel mit der Bezeichnung „Flexo-Star“ erworben und zwischen dem 17. September 2009 und dem 10. Oktober 2009, also zweifelsfrei auch schon vor dem Anmeldetag der angegriffenen Marke (01.10.2009) unter Benennung dieser Kennzeichnung ein Feedback zu den von ihnen erworbenen Sätteln der b… GmbH abgegeben haben. Dies sowie seine Kenntnis von der Benutzung der Bezeichnung „Flexo-Star“ durch das Unternehmen der Antragstellerin wird auch vom Antragsgegner zumindest mittelbar dadurch eingeräumt, dass er in der Erwiderung auf den Löschungsantrag vorgetragen hat, er habe sich zur Anmeldung der Marke entschlossen, nach dem ihm bekannt geworden sei, dass die Antragstellerin nicht nur Sättel der Firma B… nachahme, sondern „nunmehr auch deren Kennzeichnung entwendet“ habe. Ob die Antragstellerin bzw. ihr Unternehmen, die b… GmbH, bereits einen schützenswerten Besitzstand an der Bezeichnung „Flexo-Star“ durch die der Markenanmeldung vorangegangene Benutzung dieser Bezeichnung im Verkehr erworben hatte, ist entgegen der Ansicht des Antragsgegners rechtlich unbeachtlich, wenn Tatsachen ersichtlich sind, die den Schluss zulassen, dass die Anmeldung der Marke bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls allein bzw. in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung von Mitbewerbern gerichtet war. Solche Tatsachen liegen hier vor.
22
Eine rechtsmissbräuchliche Behinderungsabsicht liegt vor allem dann nahe, wenn der Markenanmelder die Benutzungsabsicht eines Dritten kennt und zwischen dem Anmelder und dem Dritten eine Konkurrenzsituation besteht (BGH GRUR 2008, 917 – EROS). Beide Voraussetzungen sind hier unstreitig erfüllt. Soweit der Antragsgegner demgegenüber vorträgt, er selbst habe die angegriffene Marke schon vor der Aufnahme der Benutzung durch die Fa. b… GmbH entwickelt gehabt und die Antragstellerin habe ihm die angegriffene Marke „entwendet“, ist er den Nachweis hierfür schuldig geblieben, obwohl die Antragstellerin diese Darstellung des Antragsgegners wiederholt ausdrücklich bestritten hat. Insoweit kann auf die überzeugenden Feststellungen und Darlegungen im angegriffenen Beschluss der Markenabteilung verwiesen werden. Der Antragsgegner hat demgegenüber weder neue Tatsachen vorgetragen noch die bereits in der Erwiderung auf den Löschungsantrag in Aussicht gestellte eidesstattliche Versicherung des Antragsgegners vorgelegt. Das allein vorgelegte, weitgehend geschwärzte Blatt vom 12. Dezember 2008 lässt außer diesem Datum und dem Wort „flexostar“ sowie der Überschrift „Weltwirtschaftskrise und die Chancen“ nichts darüber erkennen, ob und inwieweit die Bezeichnung „flexostar“ seinerzeit vom Antragsgegner selbst erdacht worden ist und ob und inwieweit er seinerzeit überhaupt – und wenn ja, für welche Waren oder Dienstleistungen – an einen Einsatz dieser Bezeichnung im Verkehr gedacht hat und welche darauf gerichteten Handlungen bis zur Benutzung der Bezeichnung „Flexo-Star“ durch die Fa. b… GmbH der  Antragstellerin von ihm vorgenommen worden sind. Der Vortrag des Antragsgegners vermag auch die von ihm behauptete „Entwendung“ der Bezeichnung „Flexo-Star“ durch die Antragstellerin nicht darzulegen, weil die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Abfassung des vorgelegten, geschwärzten Blattes vom 12. Dezember 2008, das das Wort „flexostar“ enthält, nach seinem eigenen Vortrag bereits aus der Fa. B… ausgeschieden war.
23
Somit sind keine Tatsachen dargetan und glaubhaft gemacht worden, die die Anmeldung der angegriffenen Marke als auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs des Antragsgegner bzw. seiner Lizenznehmer gerichtet erscheinen lassen könnten. Mangels Nachweises eines eigenen schutzwürdigen Interesses durch den Antragsgegner sind vielmehr nur Tatsachen ersichtlich, die das Verhalten des Antragsgegners als in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung der Fa. b… GmbH als Unternehmen der Antragstellerin ge richtet erscheinen lassen, weshalb die Schwelle der als bloße Folge des Wettbewerbs hinzunehmenden Behinderung hinüber zur Bösgläubigkeit hier nach der Faktenlage überschritten ist. Die Beschwerde des Antragsgegners kann deshalb keinen Erfolg haben.
24
In Folge der Löschung der angegriffenen Marke wegen Bösgläubigkeit entspricht es der Billigkeit, dem Antragsgegner die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG; BPatGE 36, 272, 274; BPatG GRUR 2000, 809, 812 – SSZ).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben