Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “Top Kosher & Gourmet (Wort-Bild-Marke)” – keine Unterscheidungskraft

Aktenzeichen  27 W (pat) 122/11

Datum:
8.3.2012
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
Spruchkörper:
27. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 058 430
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 8. März 2012 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und Richterin Werner
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

1
I.    
2
Die Markenstelle hat die Anmeldung der Wort-/Bild-Marke
3
für die Waren und Dienstleistungen
4
29: Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, tiefgekühltes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees); Konfitüren, Kompotte, Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette;
5
30: Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis. Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz; Senf; Essig; Saucen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis;
6
39: Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; Veranstaltung von Reisen;
7
43: Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen; Catering
8
zurückgewiesen. Das hat die Markenstelle damit begründet, die Wortfolge “Top Kosher & Gourmet” erschöpfe sich in einer rein sachbezogene Aussage, indem sie auf Art, Bestimmung und den Gegenstand der so bezeichneten Waren und Dienstleistungen hinweise. So sei ihr ohne gedankliche Analyse zu entnehmen, dass die Anmelderin Speisen anbiete, die entsprechend den Regeln der koscheren Küche zubereitet würden und so exquisit seien, dass sie den Ansprüchen von Feinschmeckern genügten.
9
Die Zusammenstellung sei nicht so ungewöhnlich, dass sie den Aussagegehalt überlagere. Schlagwortartige Begriffskombinationen aus der Art des gastronomischen Angebots und dem durch den Ausdruck “Gourmet” vermittelten Hinweis auf die gehobene Küche seien gang und gäbe (“Wine & Gourmet”, “Lean & Green Gourmet”, “Village Sushi and Gourmet”, “Golf & Gourmet”).
10
“Top” sei ein übliches verstärkendes Wortbildungselement.
11
Die Schreibweise “kosher” an Stelle von “koscher” sei nicht nur im Englischen, sondern auch in deutschsprachigen Artikeln festzustellen. Es liege damit keine Fremdsprachigkeit vor, die der Marke ausreichend markenrechtliche Unterscheidungskraft verleihe.
12
Diese ergebe sich auch nicht aus der Graphik. Sie bewirke keine Verfremdung, die den beschreibenden Charakter der Wortbestandteile überlagern würde.
13
Unabhängig davon, dass Voreintragungen keine rechtliche Bindungswirkung entfalteten, fehle es vorliegend an der tatsächlichen Vergleichbarkeit des streitgegenständlichen Zeichens und der von der Anmelderin angeführten Wort-/Bild-Marke “Meine Familie und ich Lieblingsmarkt”.
14
Die Anmelderin hat dagegen Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, hier seien englische und französische Ausdrücke kombiniert. “Kosher” sei auch ein Synonym für “erstklassige Qualität”. Die Graphik und Farbgestaltung seien unterscheidungskräftig; sie hätten keine sachliche Bedeutung.
15
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
16
die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.
II.
17
Die zulässige Beschwerde, über die nachdem die Anmelderin keine mündliche Verhandlung beantragt hat und auch der Senat eine solche für entbehrlich erachtet, ohne eine solche entschieden werden kann, hat in der Sache keinen Erfolg.
18
1) Einer Registrierung der angemeldeten Marke steht § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.
19
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese von denjenigen anderer zu unterscheiden. Sie ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Kreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist.
20
Die Markenstelle hat belegt, dass in Deutschland “kosher” neben “koscher” benutzt wird. Es beschreibt sowohl Lebensmittel als auch deren Transport, Verpackung, Lagerung und Zubereitung als jüdischen Regeln entsprechend.
21
Im Zusammenhang mit Reisen und Beherbergung beschreibt es Fahrten zu Lokalen, in denen koschere Produkte angeboten werden, sowie Beherbergungsbetriebe mit koscherer Küche.
22
“Top” ist – ohne Bezug zu Bekleidungsstücken – eine aus dem Englischen stammende, aber auch im Deutschen gebräuchliche Superlativangabe, die auch als Attribut verwendet werden kann (EuG, T-0242/02, 13.7.2005).
23
“Gourmet” ist ein Wort französischen Ursprungs, das mit der Bedeutung “Feinschmecker” in die deutsche Sprache eingegangen ist (BPatG Mitt. 1997, 224). Es wird im Zusammenhang mit Lebensmitteln und deren Bearbeitung bzw. Darreichung ohne weiteres als Sachhinweis darauf verstanden, dass diese den Ansprüchen von Feinschmeckern genügten.
24
In ihrer Kombination besagen die drei Ausdrücke, dass nach jüdischen Regeln bereitete Lebensmittel besonders wohlschmeckend sind, wobei “Top” dies bestärkt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob “Top” nur “kosher” betont, dem es graphisch zugeordnet ist, oder ob es “Kosher & Gourmet” insgesamt betont.
25
Die Zusammenstellung hat in keinem der beiden Fällen eine Eigenart, die einen markenmäßig unterscheidungskräftigen Herkunftshinweis vermittelt.
26
Dies gilt auch für die Graphik. Die in einem orange-gelblichen Ton gehaltene Farbgebung ist nicht so auffallend, wie die der Entscheidung zu “my shoes” zu Grunde liegende (BPatG, 27 W (pat) 54/06), wo farblich und typographisch unterschiedlich gestaltete Textblöcke durch einen auffallenden Zwischenraum getrennt nebeneinander stehen.
27
Ob auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG einem Markenschutz entgegensteht, bedarf damit keiner Prüfung mehr.
28
2) Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sieht der Senat keine Veranlassung. Der vorliegende Fall wirft eine grundsätzliche Rechtsfrage auf. Die Entscheidung des Senats erschöpft sich in der einzelfallbezogenen Anwendung höchstrichterlich geklärter Beurteilungsgrundsätze.


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