Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “ZipArt” – Freihaltungsbedürfnis

Aktenzeichen  27 W (pat) 502/11

Datum:
8.3.2012
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
Spruchkörper:
27. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 010 294.5
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 8. März 2012 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, den Richter Kruppa und die Richterin Werner
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I. 
1
Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat nach Einschränkung des Verzeichnisses die Anmeldung der Wortmarke
2
ZipArt
3
mit Beschluss vom 26. August 2011, nach Beanstandungsbescheiden vom 2. Juli und 25. November 2009, für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen der
4
Klasse 16: Papier; Pappe (Karton); Waren aus diesen Materialien; Fotografien; Bilder; Gemälde; Portraits; Öldrucke; Radierungen; Zeichnungen; Almanache; Alben; Kalender; Glückwunschkarten; Postkarten; Kunstgegenstände; Lithografien;
5
Klasse 41: Unterhaltung; kulturelle Aktivitäten; Fotografieren, insbesondere künstlerisches Fotografieren beziehungsweise Fotografieren von Kunstgegenständen; öffentliche Präsentation von Werken der bildenden Kunst, hier insbesondere Bilder;
6
nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen, weil dem angemeldeten Zeichen insoweit die erforderliche Unterscheidungskraft fehle. Außerdem bestehe an der Bezeichnung ein Freihaltungsbedürfnis (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
7
Bei der Wortkombination handle es sich um eine Verknüpfung zweier beschreibender uneingeschränkt verständlicher englischer Sachangaben. „Zip“ werde ohne weiteres im Sinn von „mit einem Reißverschluss schließen oder öffnen“ verstanden, zumal die Bezeichnung aus Begriffen wie „Zip-Datei“ bekannt sei. „Art“ sei auch im Deutschen allgemein verständlich für „Kunst“. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen weise der Begriff geradewegs darauf hin, dass es sich bei den Waren um künstlerische Artikel oder Werke sowie bei den beanspruchten Dienstleistungen um solche künstlerischen Leistungen handle, die im Zusammenhang mit Reißverschlüssen stünden, ohne dass für dieses Verständnis erforderlich wäre, dass dem Publikum bereits bei unvoreingenommener, flüchtiger Betrachtung des Zeichens bekannt sei oder werde, worin genau dieser Zusammenhang bestehe.
8
Dass „Zip“ auch im Sinne von „Elan, nix, null, Pep, Schwung, schwirren, herumrennen“ verstanden werden und damit mehrere Bedeutungen haben könne, liege im Kontext mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht nahe.
9
In der genannten Bedeutung besitze „ZipArt“ für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibenden Charakter. Der Begriff weise erkennbar auf die Art der Waren (nämlich Kunstwerke) und deren Gestaltung (nämlich unter Einbeziehung von Reißverschlüssen) sowie auf die Art und Gestaltung sowie den Gegenstand der Dienstleistungen (nämlich künstlerische Darbietungen etc. unter Einbeziehung / Verwendung von Reißverschlüssen) hin. Auch soweit dies nichts Konkretes über Beschaffenheit und Inhalt der beanspruchten Waren und Dienstleistungen aussage, fehle die erforderliche Unterscheidungskraft, da die angemeldete Bezeichnung allgemeine Informationen über die fraglichen Waren und Dienstleistungen enthalte, so dass der Verbraucher hierin nur eine Sachangabe sehe.
10
Auch wenn „Zip“ im Sinn von Datenkompressionsformaten verstanden werde, sei „ZipArt“ lediglich im Sinn von Kunst unter Nutzung von Datenkompressionsformaten zu verstehen und damit ebenfalls eine beschreibende Sachangabe. Insofern sei das angemeldete Zeichen nicht mehrdeutig, sondern allenfalls in mehrfacher Hinsicht beschreibend, wobei es für die Annahme des Schutzhindernisses genüge, wenn es auch nur in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichne.
11
Sofern die mit „Button Art“, „Phonebook Art“ und „Tape Art“ bezeichneten Kunstformen bzw. zu deren Bezeichnung verwendeten Begriffe bestimmten Künstlern zugeordnet würden, belege dies keine Herkunftshinweisfunktion der Angabe im Sinn einer Marke. Vielmehr bestätige dies, dass es sprachüblich sei, Kunstarten und -richtungen hinsichtlich ihres Gegenstandes oder Mittels zu spezifizieren (und damit zu beschreiben), indem dem Begriff „Art“ der Gegenstand der Kunst vorangestellt werde.
12
Allein der fehlende Nachweis einer derzeitigen beschreibenden Verwendung (etwa im Internet) begründe noch nicht die Schutzfähigkeit einer – neuen – Begriffsbildung, wenn sie einen unmissverständlich beschreibenden Aussagegehalt aufweise und vollkommen sprachüblich gebildet sei. Zumindest sei dann ein künftiges Freihaltungsbedürfnis gegeben, weil „ZipArt“ als Sachhinweis auf die Art der beanspruchten Waren und Dienstleistungen und die Art sowie den Inhalt ihrer Gestaltung dienen könne. Dabei spiele es keine Rolle, wie groß die Zahl der Konkurrenten sei, die ein Interesse an der Verwendung des Zeichens haben könnten. Es sei auch unerheblich, ob andere Zeichen oder Angaben, die gebräuchlicher seien als die, aus denen das angemeldete Zeichen bestehe, zur Bezeichnung derselben Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen existierten. Jeder Wirtschaftsteilnehmer, der Waren oder Dienstleistungen, die mit den beanspruchten konkurrierten, gegenwärtig anbiete oder künftig anbieten könnte, müsse alle Zeichen oder Angaben, die zur Beschreibung der Merkmale seiner Waren oder Dienstleistungen dienen könnten, frei nutzen dürfen.
13
Der Beschluss ist dem Anmelder am 30. August 2010 zugestellt worden.
14
Dagegen wendet er sich mit seiner Beschwerde vom 29. September 2010.
15
Er ist der Auffassung, bei dem angemeldeten Zeichen handle es sich weder um einen Begriff, der einen für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt aufweise, noch handle es sich um eine Angabe, die einen eng beschreibenden Bezug zu den zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen herstellen könnte.
16
Die Markenstelle habe den Begriff „ZipArt“ offensichtlich lediglich in Hinblick auf die angemeldeten Dienstleistungen „kulturelle Aktivitäten“ und die Ware „Kunstgegenstände“ geprüft, da ausschließlich auf die Bedeutung „Reißverschluss“ des englischsprachigen Begriffs „Zip“ in Verbindung mit dem zweiten Markenbestandteil „Art“ hingewiesen werde. Warum einer Wortmarke „ZipArt“ für die übrigen im Warenverzeichnis enthaltenen Waren der Klasse 16 oder aber die übrigen Dienstleistungen der Klasse 41, zum Beispiel Fotografien oder aber auch „öffentliche Präsentation von Werken der bildenden Kunst“ Unterscheidungskraft fehle beziehungsweise ein Freihaltebedürfnis gegeben sein sollte, lasse der die Anmeldung zurückweisende Beschluss nicht erkennen.
17
„ZipArt“ stelle auch keinen engen beschreibenden Bezug zu den angemeldeten Waren und Dienstleistungen her, welcher die Annahme rechtfertige, dass der Verbraucher den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen „ohne Weiteres“ und „ohne Unklarheiten“ erfasse.
18
Der Begriff „ZipArt“ bestehe nicht aus gebräuchlichen Wörtern der deutschen Sprache. Da aktuell keine so benannte Kunstform „ZipArt“ existiere, könne das angesprochene Publikum auch nicht – zumindest nicht ohne weiterführende Assoziation – unmittelbar einen beschreibenden Begriffsinhalt zu den hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen herstellen.
19
Da die Übersetzung des Wortes „Zip“ mit „Reißverschluss“ nicht allgemein bekannt sei, finde auch keine entsprechende Verwendung in der Werbung oder in den Medien statt.
20
Soweit der Gesamtbegriff „ZipArt“ als Sachhinweis auf Kunstwerke oder künstlerische Darbietungen oder Veranstaltungen unter Einbeziehung von Reißverschlüssen verstanden werden sollte, verlange dies bereits ein erhebliches Maß an künstlerischer Phantasie. Zudem bleibe unklar, was eine Veranstaltung unter Einbeziehung von Reißverschlüssen sei. Damit sei zudem nicht verständlich, inwieweit insofern ein absolutes Schutzhindernis für die Eintragung der übrigen Waren, insbesondere Papier, Pappe, Waren aus diesen Materialien, Fotografien, Postkarten, aber auch Dienstleistungen wie insbesondere Fotografieren gegeben sein solle. Es sei nicht erkennbar, inwieweit der Begriff „ZipArt“ ein unmittelbar naheliegendes beschreibendes Merkmal für diese Dienstleistungen oder Waren enthalte.
21
Dabei sei auch nicht verständlich, weshalb der Begriff „Reißverschluss“ in Hinblick auf bestimmte Kunstformen einen Sinn ergeben sollte, nicht jedoch die als Marke eingetragenen „ElanKunst“, „NullKunst“, „PepKunst“ oder „SchwirrKunst“.
22
Sofern „ZipArt“ als Hinweis auf eine Kunstform erkannt werden könnte, sei es wie das für die Kunstform des Dadaismus bekannt Kürzel „Dada“, das im Register in zahlreichen Wort-/Bildmarken zu finden sei, einzutragen.
23
Der Anmelder beantragt sinngemäß,
24
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 vom 26. August 2010 aufzuheben.
25
Zu den ihm am 9. Februar 2012 übersendeten Unterlagen, in denen „Zip-Art“ im Zusammenhang mit Kunstprojekten genannt ist, hat der Anmelder mit Schriftsatz vom 27. Februar 2012 unter Aufrechterhaltung seiner bisherigen Auffassung Stellung genommen.
II.    
26
Die nach §§ 66, 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1.
27
Über die Beschwerde kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da der Anmelder keinen Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung gestellt hat und der Senat diese auch nicht für erforderlich hält, § 69 MarkenG.
28
Der Anmelder hatte ausreichend Gelegenheit seine Beschwerde zu begründen und sich zu den vom Senat herangezogenen Fundstellen zu äußern.
2.
29
Das angemeldete Zeichen ist für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen beschreibend, so dass seiner Eintragung § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht.
a)
30
Die Vorschrift verbietet es, Zeichen als Marken einzutragen, die ausschließlich aus Teilen bestehen, welche zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen können, unabhängig davon, ob und inwieweit sie bereits bekannt sind oder verwendet werden (vgl. Ströbele, FS für Ullmann, S. 425, 428).
31
Der Ausschluss solcher zur Beschreibung geeigneter Zeichen oder Angaben dient dazu, dass sie jedermann frei verwenden kann. Es ist daher nicht erlaubt, solche Zeichen oder Angaben durch ihre Eintragung als Marke einem Einzigen vorzubehalten, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspricht (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Rn. 25 – Windsurfing Chiemsee; GRUR Int. 2003, 632, Rn. 73 – Linde). Hierbei wird das Allgemeininteresse nicht nur durch (erfolgte) unmittelbare oder tatsächliche Behinderungen, sondern bereits durch eine potentielle Beeinträchtigung der wettbewerblichen Grundfreiheiten tangiert.
32
Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG betrifft alle beschreibenden Zeichen und Angaben und ist nicht auf übliche Fachbegriffe oder glatt beschreibende Gattungsbezeichnungen beschränkt. Deshalb spielt die wirtschaftliche Bedeutung der von dem angemeldeten Zeichen beschriebenen konkreten Eigenschaft grundsätzliche keine Rolle (BGH GRUR 2002, 809, 811 – Frühstücks-Drink; BPatG GRUR 2007, 333 – Papaya). Unerheblich ist auch, ob die Waren und Dienstleistungen, die der Anmelder unter dem Zeichen vertreibt oder vertreiben will, die betreffenden, durch das Zeichen beschriebenen Eigenschaften tatsächlich aufweisen (BGH GRUR 2007, 1066 – Kinderzeit). Ebenfalls ohne Bedeutung ist, ob die sachliche Aussage des angemeldeten Zeichens einen technischen Sinn vermittelt (EuG GRUR Int. 2008, 511 – Vom Ursprung her vollkommen).
33
Dass eine Angabe oder ein Zeichen neuartig, ungewohnt oder fremdsprachig ist, schließt die Eignung zur Beschreibung nicht aus. Das gilt umso mehr, als die Verbraucher daran gewöhnt sind, im allgemeinen Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen und Abbildungen konfrontiert zu werden, die ihnen sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermitteln. Ebenso ist bekannt, dass sich solche Erfindungen häufig nicht an geläufigen Formen, grammatikalischen Regeln oder korrektem Sprachstil orientieren. Daher sind auch bisher noch nicht verwendete oder grammatikalisch fehlerhafte, aber gleichwohl verständliche Sachaussagen durchaus zur Beschreibung geeignet. Das gilt vor allem für Wortneubildungen, die sich aus bekannten und geläufigen Elementen zusammensetzen und eine verständliche Gesamtaussage vermitteln, selbst wenn diese nicht lexikalisch nachweisbar ist (BGH GRUR 2002, 809, 811 – Frühstücks-Drink; BPatG GRUR 1997, 640 Asthma-Brause).
b)
34
Bei der Wortkombination „ZipArt“ handelt es sich um eine Verknüpfung zweier beschreibender allgemein verständlicher englischer Sachangaben.
35
„Zip“ wird ohne weiteres im Sinne von „Reißverschluss“ bzw. „mit einem Reißverschluss schließen oder öffnen“ verstanden, zumal die Bezeichnung aus Begriffen wie „Zip-Datei“ (Komprimierungscomputerprogramm) oder „zip disk“ (Zipdiskette) oder „zip drive“ (Computer Ziplaufwerk) oder „Zip file“ (Computer Zipdatei) bekannt ist (Duden-Oxford – Großwörterbuch Englisch. 3. Aufl. Mannheim 2005).
36
Bei dem weiteren Wortbestandteil „art“ handelt es sich um das allgemein bekannte englische Wort für „Kunst“ bzw. „eine Stilrichtung der modernen Kunst, die im weiteren, meist ersten, Bestandteil der Kombination näher definiert wird“ (Carstensen / Busse; Anglizismen-Wörterbuch, 2001). „art“ wird mit dieser Bedeutung auch im deutschen Sprachgebrauch vielfältig zur Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen verwendet. So finden sich unter der Bezeichnung „Art“ einerseits zahlreiche Hinweise auf Galerien, Ausstellungen und kulturelle Veranstaltungen und andererseits Hinweise auf Kunstbuchhandlungen sowie Kunst- und kunstgeschichtliche Drucke und Fotografien. Das angesprochene Publikum wird daher den Wortbestandteil „art“ nur als Sachangabe dahingehend verstehen, dass die so bezeichneten Druckereierzeugnisse, Gemälde, Aquarelle und Fotografien Kunst reproduzieren oder sich thematisch mit Kunst befassen bzw. es sich im Bereich der Unterhaltung um Veranstaltungen zum Thema „Kunst“ handelt. In beiden Fällen liegt eine im Vordergrund stehende Sachangabe vor, die keine Mehrdeutigkeit des Markenwortes beinhaltet, die zur Überwindung des Schutzhindernisses führen könnte, denn es wird jeweils in der kürzest möglichen Form eine Sachaussage im Hinblick auf die Waren und Dienstleistungen getroffen.
37
Dem Publikum sind Gesamtbegriffe mit dem Bestandteil „art“ geläufig und vertraut, wie z. B. art déco (Kunstrichtung bzw. im Sinn von dekorativ), artifiziell (künstlich), art director (künstlerischer Leiter), Landhausart, Pop-Art (Bartzsch / Pogarell / Schroeder, Wörterbuch überflüssiger Anglizismen, 8. Aufl., 2009; Carstensen / Busse; Anglizismen-Wörterbuch, 2001); Wall-Art (Wandtattoos), clip-art (Graphikkunst für den Computer) u. v. m.
38
Den Gesamtbegriff „ZipArt“ wird das angesprochene Publikum deshalb ohne weiteres als Sachhinweis auf Kunstwerke oder künstlerische Darbietungen oder Veranstaltungen unter Einbeziehung von Reißverschlüssen verstehen.
39
Da sich die Kunst mit jedem Gegenstand sowie jeder Idee beschäftigen kann und dabei von jeder Technik Gebrauch machen kann, sind Wortkombination mit „Art“ meist beschreibend. Der angemeldete Begriff bezeichnet wohl noch nicht, wie etwa „Popart“, eine bereits gängige Kunstrichtung. Es besteht aber jedenfalls ein zukünftiges Freihaltungsbedürfnis, weil der Begriff geeignet ist, eine Kunstform der Art nach zu bezeichnen.
40
Dies ist – nach der Recherche des Senats – bei „ZipArt“ zu erwarten, da Reißverschlüsse bereits Gegenstand der Kunst sind und die Werke auch als „Zip-Art“ beschrieben werden.
41
So haben sich an dem Kunstprojekt „The-zip-association“ aus der Reihe „Art meets Economy“ in Zusammenarbeit mit der virtuelle-galerie.de (Leipzig) zahlreiche Künstler mit ganz unterschiedlichen Arbeiten zum Thema „Kunst mit Reißverschluss“, „Reißverschluss in der Kunst“, „Reißverschluss als Kunstobjekt“ mit Werken in Stoff, Papier, Buch u. a. beteiligt. In vielen Städten gibt es Ausstellungen zu „Zip-Art“, in denen Exponate internationaler Künstler zum Thema „Reißverschluss in der Kunst“ gezeigt werden.
42
Zwar beansprucht Frau G… den Begriff „Zip-Art“ für von ihr erfundene Kunst mit Reißverschlüssen. Selbst sie könnte daraus aber keinen Anspruch ableiten, dass die Bezeichnung für sie als Marke eingetragen wird (so schon BPatG, Beschluss vom 25. Juli 2001, Az.: 32 W (pat) 111/00, BeckRS 2009, 17771 – Aurikulo-Medizin). Auch diese Verwendungsform macht den Begriff allgemein bekannt, so dass er allgemein als beschreibend verstanden wird.
43
Soweit das Publikum „Zip“ im Sinne von Datenkompressionsformaten versteht, wird es das Gesamtzeichen lediglich im Sinn von Kunst unter Nutzung von Datenkompressionsformaten verstehen und darin ebenfalls lediglich eine die beanspruchten Waren und Dienstleistungen hinsichtlich ihrer Art und Form beschreibende Sachangabe sehen.
44
Dass die Bezeichnung „ZipArt“ dann sowohl als Bezeichnung einer Kunstform mit Reißverschlüssen als auch im Computerbereich verstanden werden kann, macht sie nicht eintragungsfähig; denn verschiedene gleichwertige Bedeutungen eines Zeichens sprechen nicht für dessen Unterscheidungskraft, wenn sich in Bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen alle Deutungsmöglichkeiten als sachbezogen erweisen (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch; GRUR 2004, 778, 779 – URLAUB DIREKT), was in Bezug auf das angemeldete Zeichen bei beiden vorgenannten Verständnismöglichkeiten der Fall ist.
3.
45
Ob die Bezeichnung „ZipArt“ auch jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) entbehrt, bedarf im Hinblick auf das der Eintragung des angemeldeten Zeichens entgegenstehende Freihaltungsbedürfnis keiner Prüfung mehr.
4.
46
Soweit der Anmelder auf vermeintlich vergleichbare Voreintragungen wie etwa „cartonart“, „grafic art“, parfum art“ oder auch „dada“ verweist, kann er daraus keinen Anspruch auf Eintragung der vorliegenden Markenanmeldung ableiten.
47
Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des Deutschen Patent- und Markenamts, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstellen. Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige Amtspraxis als willkürlich herausstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche rechtswidrig waren (BPatG, Beschluss vom 10. Januar 2007, Az.: 29 W (pat) 43/04, BeckRS 2007, 12252 – print24).
48
Allein aus den vom Anmelder zitierten vorangegangenen Entscheidungen lässt sich jedoch noch nicht der Vorwurf einer willkürlichen Ungleichbehandlung folgern.
49
Dass die Entscheidungspraxis des Deutschen Patent- und Markenamts nicht willkürlich ist, hat die Markenstelle eingehend erläutert. Die vom Anmelder als vergleichbar angesehenen Marken sind nicht gleichgelagert, was Zeichenart bzw. Waren und Dienstleistungen anbelangt.
50
Es verbietet sich eine pauschale Betrachtungsweise, da jeder Fall gesondert unter Einbeziehung seiner Besonderheiten, insbesondere der Marke selbst, der Waren und Dienstleistungen für die sie eingetragen werden soll und des beteiligten Publikums, zu beurteilen ist. Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage. Selbst Voreintragungen identischer oder vergleichbarer Marken führen nach ständiger Rechtsprechung somit nicht zu einem Anspruch auf Eintragung. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (EuGH GRUR 2009, 667, 668 Rn. 18 – Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und Schwabenpost).
5.
51
Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein Anlass.
6.
52
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen.
53
Der Senat hat nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs über einen Einzelfall entschieden. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist auch nicht zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil diese Entscheidung nicht von denen anderer Senate des Bundespatentgerichts oder anderer nationaler Gerichte abweicht. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die der Senat anhand der tatsächlichen Gegebenheiten getroffen hat.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben