Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – zum Regelgegenstandswert im Widerspruchsbeschwerdeverfahren

Aktenzeichen  26 W (pat) 47/10

Datum:
30.11.2011
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 23 Abs 2 S 1 RVG
§ 23 Abs 3 S 2 RVG
Spruchkörper:
26. Senat

Leitsatz

Regelgegenstandswert im Widerspruchsbeschwerdeverfahren
Im Widerspruchsbeschwerdeverfahren wird im Regelfall einer im Inland noch unbenutzten Marke ein Gegenstandswert in Höhe von 50.000 € für angemessen erachtet (Anschluss an BPatG PAVIS PROMA, 27 W (pat) 75/09, Beschluss vom 5. August 2008).

Verfahrensgang

vorgehend BPatG München, 2. Februar 2011, Az: 26 W (pat) 47/10

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die IR-Marke …
hier: Festsetzung des Gegenstandswerts
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 30. November 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann, des Richters Reker und der Richterin Dr. Schnurr
beschlossen:
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50 000,– EUR festgesetzt.

Gründe

I
1
Gegen die Erstreckung des Schutzes der für Waren der Klassen 4, 8, 16, 17, 20, 21, 26 und 28 international registrierten Marke … war Widerspruch erhoben worden aus der für die Waren „lebende Pflanzen und natürliche Blumen; Gebinde, Kränze und Dekorationen aus natürlichen Blumen und/oder lebenden Pflanzen“ eingetragen prioritätsälteren nationalen Verbandsmarke …. Die zuständige Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch sowie die Erinnerung der Widersprechenden zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat die Widersprechende zurückgenommen. Der Senat hat der Widersprechenden mit Beschluss vom 2. Februar 2011 die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.
2
Die Markeninhaberin beantragt nunmehr,
3
den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren nach billigem Ermessen, aber mindestens auf den Wert von 20.000 EUR festzusetzen.
4
Zur Begründung trägt sie vor, im vorliegenden Fall könne auch ein höherer Gegenstandswert als der bisherige Regelwert von 20.000 EUR angemessen sein, weil die mit dem Widerspruch angegriffene IR-Marke in dem an Deutschland angrenzenden Wirtschaftsraum der Benelux-Staaten schon seit längerem umfangreich benutzt werde.
5
Die Widersprechende hat sich zu dem ihr zugestellten Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswerts innerhalb der ihr hierfür gesetzten Frist nicht geäußert.
II
6
Der Antrag der Markeninhaberin auf Gegenstandswertfestsetzung ist zulässig.
7
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf §§ 33, 23 Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 S. 2 RVG. Zwar gelten die vorgenannten Bestimmungen unmittelbar nur für die Festsetzung des Gegenstandswerts für die Kostenberechnung von Rechtsanwälten. In Markenbeschwerdeverfahren, in denen Patentanwälte tätig geworden sind, kann jedoch der Gegenstandswert entsprechend den vorstehenden Bestimmungen des RVG auch auf Antrag eines ausschließlich durch Patentanwälte vertretenen Verfahrensbeteiligten festgesetzt werden (BPatGE 41, 6 – Kostenfestsetzung in Markenverfahren; BPatG GRUR 1999, 65 – P-Plus).
8
Gemäß § 23 Abs. 2 S. 1 i. V. m. Abs. 3 S. 2 MarkenG ist der Gegenstandswert nach billigem Ermessen zu bestimmen, wobei hierfür nach ständiger Rechtsprechung das wirtschaftliche Interesse des Inhabers der angegriffenen Marke an der Aufrechterhaltung der Marke maßgeblich ist (BGH GRUR 2006, 704 – Markenwert). Hiervon ausgehend hält der Senat im vorliegenden Widerspruchsverfahren einen Gegen-standswert von 50.000 EUR für billig.
9
In Widerspruchsverfahren beläuft sich der Regelwert bei fehlenden anderweitigen Anhaltspunkten in der Rechtsbeschwerdeinstanz auf 50.000 EUR (BGH a. a. O.). In der Beschwerdeinstanz ist der Regelgegenstandswert von Widerspruchsverfahren bei im Verkehr noch nicht benutzten Marken seit dem Jahre 2006 im Allgemeinen auf 20.000 EUR festgesetzt worden (vgl. insoweit z. B. BPatG BlPMZ 2007, 45). Dieser seit einigen Jahren unverändert gebliebene Wert wird jedoch der tatsächlichen Bedeutung eingetragener Marken im Wirtschaftsleben nicht mehr gerecht (ebenso bereits: BPatG PAVIS PROMA 27 W (pat) 75/08, Beschluss vom 5. August 2008). Auch besteht für eine von der Gegenstandswertfestsetzung des BGH in Rechtsbeschwerdeverfahren abweichende, deutlich niedrige Wertfestsetzung schon deshalb keine Veranlassung, weil das wirtschaftliche Interesse an der Aufrechterhaltung einer eingetragenen Marke sich allein durch die Einlegung der Rechtsbeschwerde im Allgemeinen nicht ändert, also auch nicht erhöht (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Auflage, § 71 RdNr. 28).
10
Für eine weitere Erhöhung des Gegenstandswerts wegen der von der Markeninhaberin vorgetragenen langjährigen, umfangreichen Benutzung der angegriffenen Marke in den Benelux-Staaten besteht hingegen kein Raum; denn eine Benutzung der angegriffenen Marke, die zur einer Werterhöhung führen soll, muss im Inland erfolgt sein, weil der Gegenstand des nationalen Widerspruchsverfahrens vor dem DPMA und dem BPatG auch nur die Aufrechterhaltung des Schutzes der Marke im Inland ist.
11
Dr. Fuchs-Wissemann
Dr. Schnurr
Reker 


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