Patent- und Markenrecht

Patenteinspruchsbeschwerdeverfahren – “Küchenmaschine” – zur erfinderischen Tätigkeit bei einer Küchenmaschine mit einem Einlernmodus für Rezepte

Aktenzeichen  11 W (pat) 4/17

Datum:
8.4.2019
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2019:080419B11Wpat4.17.0
Normen:
§ 4 PatG
Spruchkörper:
11. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 10 2007 031 372
hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 8. April 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Höchst sowie der Richter Eisenrauch, Dr.-Ing. Fritze und Dipl.-Ing. (Univ.) Gruber
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss der Patentabteilung 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Juli 2016 aufgehoben, und das Patent wird in vollem Umfang aufrechterhalten.

Gründe

I.
1
Auf die am 5. Juli 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist die Erteilung des Patents mit der Bezeichnung
2
„Küchenmaschine“
3
am 11. April 2013 veröffentlicht worden.
4
Gegen das Patent ist Einspruch erhoben worden, worauf die Patentabteilung 16 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent durch Beschluss vom 22. Juli 2016 widerrufen hat. Die Patentabteilung ist zu der Auffassung gelangt, dass die Lehre des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung von einem Durchschnittsfachmann am Anmeldetag auf Grund seines Fachwissens und des nachgewiesenen Standes der Technik hätte gefunden werden können, ohne dass es dazu einer erfinderischen Tätigkeit bedurft hätte.
5
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin vom 19. August 2016.
6
Das Streitpatent ist von der früheren Patentinhaberin, der I… GmbH, am 13. Januar 2017 im Patentregister auf die B… GmbH umgeschrieben worden. Die Einsprechende hat mit Schreiben vom 28. Februar 2017 ihre Zustimmung zu der Übernahme der Verfahrensbeteiligung durch die B… GmbH gegeben. Die I… GmbH hat ihrerseits mit Schriftsatz vom 16. März 2017 ihr Ausscheiden aus dem Verfahren bekannt gegeben.
7
Mit Schriftsatz vom 29. Juni 2017 hat die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde begründet und vorgetragen, der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 beruhe entgegen der Auffassung der Patentabteilung auf einer erfinderischen Tätigkeit und sei daher patentfähig. In einem weiteren Schriftsatz vom 4. April 2019 hat sie ihren Vortrag ergänzt und Hilfsanträge 1 bis 11 vorgelegt.
8
Die Beschwerdeführerin hat den Antrag gestellt,
9
den Beschluss der Patentabteilung 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Juli 2016 aufzuheben und das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten. Hilfsweise hat sie beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses das Patent in der angegebenen Reihenfolge ihrer Hilfsanträge 1 bis 11 aus dem Schriftsatz vom 4. April 2019 beschränkt aufrechtzuerhalten.
10
Die Einsprechende hat dem Vorbringen der Beschwerdeführerin aus der Beschwerdebegründung mit Schriftsatz vom 25. März 2019 widersprochen und beantragt,
11
die Beschwerde zurückzuweisen.
12
Sie macht geltend, der Gegenstand nach Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung sei nicht patentfähig. Darüber hinaus sei der erteilte Patentanspruch 1 unzulässig erweitert worden und enthalte keine für den Fachmann nacharbeitbare Lehre.
13
Ihr Vorbringen stützt die Beschwerdegegnerin auf die bereits von ihr im Einspruchsverfahren genannten Druckschriften:
14
D1 EP 1 647 217 A1 aus dem Prüfungsverfahren
15
D2 DE 10 2005 040 206 A1
16
D3 EP 1 746 350 A2
17
D4 WO 91/07862 A1.
18
Im Prüfungsverfahren hat die Prüfungsstelle noch auf die Druckschriften
19
D5 DE 44 14 825 A1
20
D6 DE 44 14 824 A1
21
D7 CA 2,123,758 A1
22
D8 US 5,605,090 sowie
23
D9 GB 2 251 960 A
24
verwiesen.
25
Der erteilte Patentanspruch 1 mit hinzugefügter Gliederungsnummerierung lautet:
26
M1 Küchenmaschine (1) mit einem Topf (2) zur Aufnahme von Lebensmitteln,
27
M2 wobei der Topf (2) wenigstens einen mittels eines Antriebs rotierbaren Einsatz zur mechanischen Bearbeitung der Lebensmittel aufweist,
28
M3 mit einer Heizeinheit (6), mittels derer der Topf (2) zur Erwärmung der Lebensmittel beheizbar ist,
29
M4 mit einer Waage (7), mittels derer das Gewicht von im Topf (2) gelagerten Lebensmitteln bestimmbar ist,
30
M5 und mit einer Speichereinheit (13), in welcher Rezepturen in Form von Folgen von mit der Küchenmaschine (1) durchführbaren Bearbeitungsschritten eingegeben und in der Speichereinheit (13) gespeichert werden können,
31
dadurch gekennzeichnet, dass
32
M6a eine Rechnereinheit (12),
33
M6b welcher die Speichereinheit (13) zugeordnet ist,
34
M6c und eine von der Rechnereinheit (12) ansteuerbare Ein-/Ausgabeeinheit (9) vorgesehen sind,
35
M7 dass über die Ein-/Ausgabeeinheit (9) eine gespeicherte Rezeptur abrufbar und die der Rezeptur entsprechende Folge von Bearbeitungsschritten anzeigbar ist
36
M8 und diese Bearbeitungsschritte mittels wenigstens eines Betätigungselements aktivierbar oder quittierbar sind,
37
M9 dass die Küchenmaschine (1) einen Barcodeleser (15) aufweist,
38
M10 mittels dessen Lebensmittel kennzeichnende Barcodes erfassbar sind,
39
M11 oder dass die Küchenmaschine (1) ein RFID-Lesegerät aufweist,
40
M12 mittels dessen in RFID enthaltene, Lebensmittel kennzeichnende Codes lesbar sind,
41
M13 wobei die in einem Barcode oder Code enthaltene Produktinformation mit wenigstens einer Rezeptur in einem Einlernmodus über die Ein-/ Ausgabeeinheit (9) verknüpfbar ist,
42
M14 und wobei diese Verknüpfungen als vorgegebene Parameterwerte in der Speichereinheit (13) abgespeichert sind,
43
M15 und dass zur Auswahl einer Rezeptur nach Lesen eines Barcodes mit dem Barcodeleser (15) oder nach Lesen eines Codes mit dem RFID-Lesegerät mit diesem verknüpfte Rezepturen mittels der Ein-/Ausgabeeinheit (9) anzeigbar sind.
44
Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der abhängigen Ansprüche 2 bis 19 sowie zur Fassung der Hilfsanträge, wird auf die Amts- und Gerichtsakten verwiesen.
II.
45
Die Beschwerde ist zulässig.
46
Die gegenwärtige Patentinhaberin und Beschwerdeführerin, die am 13. Januar 2017 als neue Inhaberin des Streitpatents ins Patentregister eingetragen worden war, ist in das vorliegende Einspruchs- bzw. Einspruchsbeschwerdeverfahren wirksam an Stelle der bisherigen Patentinhaberin, der I… GmbH mit Sitz in E…, eingetreten. Die gegenwärtige Patentinhaberin hat mit Eingabe vom 21. März 2017 ihre Bereitschaft zur Übernahme der Verfahren angezeigt, wobei zuvor bereits die Einsprechende mit Schriftsatz vom 28. Februar 2017 hierzu ihre Zustimmung erklärt hatte und die bisherige Patentinhaberin mit Eingabe vom 16. März 2017 ihr Ausscheiden aus den Verfahren angezeigt hatte. Damit sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 265 Abs. 2 ZPO ersichtlich erfüllt worden, der gemäß § 99 Abs. 1 PatG hier entsprechend anwendbar ist (vgl. BGH GRUR 2008, 87 ff. – „Patentinhaberwechsel im Einspruchsverfahren“).
47
Die Beschwerde ist auch begründet.
A.
48
1. Die Erfindung betrifft eine Küchenmaschine (vgl. Abs. 0001 der Streitpatentschrift, im Folgenden nur als SPS bezeichnet).
49
Im Streitpatent ist angegeben, dass Küchenmaschinen der in Rede stehenden Art, insbesondere von sogenannten Mixtöpfen gebildet seien, in welchen Lebensmittel mechanisch bearbeitet werden können. Die mechanische Bearbeitung von Lebensmitteln in einem solchen Mixtopf könne verschiedenartig ausgebildet sein, wobei bevorzugt mit einem Mixtopf unterschiedliche Bearbeitungsvorgänge durchgeführt werden können. Beispiele für derartige Bearbeitungsvorgänge seien das Hacken, Mixen, Rühren, Schneiden, Schroten, Mahlen, Pulverisieren, Kneten und Emulgieren von Lebensmitteln unterschiedlicher Ausbildung (vgl. SPS Abs. 0002).
50
Ein Beispiel für einen derartigen, vielfältig einsetzbaren Mixtopf stelle gemäß den Ausführungen in der Streitpatentschrift der Thermomix TM 31 der Firma V… dar. Dieser Mixtopf weise neben einem Topf mit einem motorisch getriebenen Rührwerk auch eine Waage zum Wiegen der in den Mixtopf eingebrachten Lebensmittel auf. Weiterhin umfasse dieser Mixtopf eine Heizeinheit, mittels derer in den Mixtopf eingebrachte Lebensmittel erhitzt werden können. Damit können in dem Mixtopf unterschiedliche Lebensmittel gekocht und gegart werden. Der so ausgebildete Mixtopf erlaube eine vielfältige Bearbeitung unterschiedlichster Lebensmittel. Nachteilig hierbei sei jedoch, dass die Art der Bearbeitung des jeweiligen Lebensmittels vom Bediener selbst vorgegeben werden müsse. Hierzu müsse der Bediener typischerweise in Kochbüchern nachschlagen, um herauszufinden, in welcher Form die gewünschten Lebensmittel zu bearbeiten seien (vgl. SPS Abs. 0003 bis 0005).
51
In der Streitpatentschrift wird zum Stand der Technik die Druckschrift EP 1 647 217 A1 (D1) genannt, die eine Mehrzweck-Küchenmaschine zum Kochen, Kneten und Zerkleinern von Lebensmitteln betreffe. In diese Küchenmaschine könnten Rezepte einprogrammiert werden, so dass beim Aktivieren eines Programms die Küchenmaschine automatisiert mit gespeicherten Voreinstellungen laufe (vgl. SPS Abs. 0006).
52
Aus der ebenfalls im Streitpatent erwähnten Druckschrift CA 2,123,758 A1 (D7) sei eine Mehrzweck-Küchenmaschine bekannt, die programmierbar sei. Die Programmierung könne manuell erfolgen. Alternativ sei eine automatisierte Programmeingabe durch Einsatz eines Barcodelesers oder einer Memory Card möglich. Werde ein Programm von einem Benutzer gestartet, so laufe es durch einen Microcontroller gesteuert selbsttätig ab (vgl. SPS Abs. 0009).
53
Der Erfindung liege die Aufgabe zugrunde, eine Küchenmaschine der eingangs genannten Art bereitzustellen, welche eine erweiterte Funktionalität aufweist (vgl. SPS Abs. 0012).
54
Der mit der Lösung dieser Aufgabe befasste Fachmann ist ein Hochschulabsolvent eines Ingenieurstudiengangs mit vertieften Kenntnissen auf dem Gebiet der Entwicklung und Konstruktion von nicht handbetriebenen Küchenmaschinen, wobei der Fachmann insbesondere mit der Steuerung und Regelung sowie der Programmierung dieser Küchenmaschinen befasst ist.
55
2. Einige Merkmale der vorgeschlagenen Lösung bedürfen der Erläuterung.
56
Der Patentanspruch 1 stellt auf eine Küchenmaschine ab (Teilmerkmal M1), wobei unter einer Küchenmaschine zunächst ein Küchengerät zu verstehen ist, das mindestens ein bewegliches Teil zum Einwirken auf das zu verarbeitende Lebensmittel aufweist. Die Küchenmaschine soll einen Topf zur Aufnahme von Lebensmitteln umfassen (Teilmerkmal M1), der wenigstens einen mittels eines Antriebs rotierbaren Einsatz zur mechanischen Lebensmittelbearbeitung aufweist (Merkmal M2). Im Streitpatent (vgl. Abs. 0035) ist beschrieben, dass es sich bei dem Einsatz um ein Rührwerk, angetrieben durch einen Elektromotor, handeln könne.
57
Zur Erwärmung der Lebensmittel ist der Topf über eine Heizeinrichtung beheizbar (Merkmal M3). Zur Ermittlung des Gewichts von im Topf befindlichen Lebensmitteln ist eine Waage vorgesehen (Merkmal M4).
58
Rezepturen zur Zubereitung der im Topf befindlichen Lebensmittel können in Form von Folgen von mit der Küchenmaschine durchführbaren Bearbeitungsschritten in eine Speichereinheit eingegeben und gespeichert werden (Merkmal M5). Im Streitpatent ist hierzu angegeben (vgl. SPS Abs. 0045), dass die Bearbeitungsschritte einer Rezeptur wenigstens einen Sollwert für einen Bearbeitungsparameter, der mit der Küchenmaschine durchführbar ist, enthalten, wobei als Sollwerte das Lebensmittelgewicht, die Bearbeitungstemperatur, Rührwerksdrehzahlen oder Bearbeitungszeiten denkbar sind. Folgen von solchen Bearbeitungsschritten bzw. Parametersätzen sind als Rezepturen in eine Speichereinheit eingebbar, wobei gemäß Streitpatent eingebbar auch im Sinne von über eine Schnittstelle bspw. von einem PC oder von einem Server einlesbar zu verstehen ist (vgl. SPS Abs. 0040). Die Rezepturen können dann in der als Datenbank fungierenden Speichereinheit gespeichert werden (vgl. SPS Abs. 0037).
59
Die Speichereinheit ist einer Rechnereinheit zugeordnet (Merkmale M6a, M6b), wobei die Rechnereinheit wiederum zur Ansteuerung einer Ein-/Ausgabeeinheit, also bspw. von einem Tastenfeld und einer Anzeigeeinheit wie einem Display (vgl. SPS Abs. 0035, 0036, 0037) ausgebildet ist (Merkmal M6c).
60
Dem Streitpatent ist hierzu zu entnehmen (vgl. Abs. 0033), dass die Küchenmaschine ein Gehäuse aufweist, also eine die Küchenmaschine gegen ihre Peripherie abgrenzende mechanische Hülle. Dieser prinzipielle gegenständliche Aufbau der Küchenmaschine ist auch in Figur 1 der Streitpatentschrift wiedergegeben. Die Ein-/Ausgabeeinheit der bspw. von einem Microcontroller gebildeten Rechnereinheit kann an der Außenseite des Gehäuses angeordnet sein (vgl. SPS Abs. 0036, 0037). Über eine Schnittstelle der Rechnereinheit ist ein Datenaustausch mit externen Einheiten, wie Personalcomputern oder Rechnernetzwerken möglich (vgl. SPS Abs. 0040). Die Rechnereinheit mit ihren Komponenten bildet demnach eine interne, in die Küchenmaschine bzw. in deren Gehäuse auch körperlich integrierte Einheit der Küchenmaschine aus. Ein System bestehend aus einer oder mehreren Küchenmaschinen und einer externen Rechnereinheit, wie einem Personal Computer, kann demnach nicht auf die Küchenmaschine des Patentanspruchs 1 gelesen werden.
61
Gemäß Merkmal M7 kann über die Ein-/Ausgabeeinheit eine gespeicherte Rezeptur abgerufen sowie die Abfolge der in der jeweiligen Rezeptur festgelegten Bearbeitungsschritte angezeigt werden. Dies erfolgt über das Tastenfeld und die Anzeigeeinheit (vgl. SPS Abs. 0035, 0036).
62
Die Bearbeitungsschritte sind dann über zumindest ein Betätigungselement aktivierbar oder quittierbar (Merkmal M8). Im Streitpatent ist diesbezüglich beschrieben, dass Rezepturen über die Ein-/Ausgabeeinheit aufgerufen und mittels einer Betätigungstaste aktiviert werden können (vgl. SPS Abs. 0017, 0047). Die Rezepturen und deren Bearbeitungsschritte können demnach sequentiell und automatisch nach Aktivierung durch die Küchenmaschine abgearbeitet werden (vgl. SPS Abs. 0046, 0047). Alternativ können einzelne Bearbeitungsschritte nach Quittierung durch den Bediener beendet und der darauffolgende Bearbeitungsschritt abgearbeitet werden (vgl. SPS Abs. 0024). Die Formulierung des Merkmals M8 lässt demnach auch unter Berücksichtigung der Offenbarung in der übrigen Streitpatentschrift das Verständnis zu, dass entweder einzelne Bearbeitungsschritte für sich oder aber die gesamte Sequenz der Bearbeitungsschritte einer Rezeptur mittels Betätigung einer Taste gestartet werden können.
63
Die Küchenmaschine soll weiter einen Barcodeleser (Merkmal M9) oder ein RFID-Lesegerät (Merkmal M11) aufweisen, mittels derer Lebensmittel kennzeichnende Barcodes (Merkmal M10) oder Codes (Merkmal M12) erfassbar bzw. lesbar sein sollen. Über einen Barcodeleser oder ein RFID-Lesegerät lassen sich Barcodes oder Codes, die in einem entsprechenden RFID-Transponder hinterlegt sind, auslesen, die Lebensmittel kennzeichnen bzw. zur Kennzeichnung von Lebensmitteln dienen. Das Streitpatent (vgl. Abs. 0027) lässt bezüglich der Merkmale M9 bis M12 des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 nur ein Verständnis dahingehend zu, dass die Merkmale M9 und M10 alternativ zu den Merkmalen M11 und M12, also insbesondere entweder ein Barcodeleser oder ein RFID-Lesergerät schutzbeansprucht sind. Ob der Barcodeleser oder das RFID-Lesegerät integral am Gehäuse der Küchenmaschine vorgesehen, mit der Küchenmaschine koppel- oder an diese ansteckbar ausgebildet sind, ist im Patentanspruch 1 nicht weiter spezifiziert.
64
In einem Einlernmodus kann die im Barcode oder Code enthaltene Produktinformation dann zumindest mit einer Rezeptur über die Ein-/Ausgabeeinheit verknüpft werden (Merkmal M13). Der das Lebensmittel kennzeichnende Barcode oder Code enthält demnach die Information, um welches Produkt bzw. Lebensmittel es sich handelt. Das Streitpatent unterscheidet grundsätzlich zwischen Lebensmittel kennzeichnenden Produktinformationen und Rezepturen. Der anspruchsgemäße Barcode oder Code kennzeichnet also das Lebensmittel an sich und nicht eine Rezeptur zur Zubereitung dieses Lebensmittels.
65
Zu dem Merkmal „verknüpfbar“ ist im Abs. 0065 des Streitpatents beschrieben, dass ein Barcode für ein Lebensmittel X mit Rezepturen verknüpfbar ist, die eine Verarbeitung dieses Lebensmittels X vorsehen. Die Produktinformation bzw. die Information, um welches Lebensmittel es sich handelt, kann demnach einer oder mehreren Rezepturen zugeordnet bzw. mit dieser oder diesen verknüpft werden. Eine solche Zuordnung kann im Rahmen des geforderten Einlernmodus erfolgen. Im Abs. 0067 des Streitpatents ist der Einlernmodus dahingehend definiert, dass die Rechnereinheit vom Bediener über die Ein-/Ausgabeeinheit in den Einlernmodus versetzbar ist; dann wird mittels des Barcodelesers der spezifische Barcode eines Lebensmittels gelesen und über die Ein-/Ausgabeeinheit angefragt, welche Rezepturen der Bediener mit dem Barcode verknüpfen möchte. Die gewünschten Rezepturen wählt der Bediener aus den in der Speichereinheit gespeicherten Rezepturen aus.
66
Mit anderen Worten kann der Bediener in einem manuellen Einlernmodus geführt über die Ausgabeeinheit und unter Bedienung der Eingabeeinheit die ein Lebensmittel X kennzeichnende Produktinformation und somit das Lebensmittel X an sich mit einer oder mehreren in der Speichereinheit hinterlegten Rezepturen seiner Wahl verknüpfen (vgl. SPS Abs. 0067).
67
Der Einlernmodus läuft anspruchsgemäß über die Ein-/Ausgabeeinheit ab. Er unterscheidet sich demnach von einem Modus, bei dem werksseitig Verknüpfungen zwischen in Barcodes oder Codes enthaltenen Produktinformationen und Rezepturen als Voreinstellungen vorgenommen werden. Denn diese initialen, vom Hersteller vorgebbaren Voreinstellungen werden demgegenüber stets in Form einer bspw. tabellarischen Zuordnungsanweisung in einer Art „Initiierungsmodus“ auf die Speichereinheit vor Montage der Küchenmaschine aufgespielt oder in die bereits montierte Speichereinheit über die Schnittstelle einmalig eingelesen. Der geforderte Einlernmodus bedient sich zur Generierung von Verknüpfungen im Gegensatz hierzu der Ein/Ausgabeeinheit, um dem Bediener die Möglichkeit zu eröffnen, die werksseitig voreingestellten Verknüpfungen gemäß seinen individuellen Wünschen und Vorstellungen selbst zu bearbeiten oder dementsprechend neue Verknüpfungen zu generieren (vgl. SPS Abs. 0067).
68
Diese manuell im Rahmen des Einlernmodus vorgenommenen Verknüpfungen werden als vorgegebene Parameterwerte in der Speichereinheit hinterlegt bzw. abgespeichert (Merkmal M14). Die so bearbeitete bzw. angepasste Zuordnungsvorschrift oder Tabelle mit den anspruchsgemäßen Parameterwerten wird mit Beendigung des Einlernmodus in der Speichereinheit abgespeichert, so dass im Normalbetrieb die Rechnereinheit wiederkehrend auf die im Einlernmodus modifizierten oder erstellten Verknüpfungen zurückgreifen kann.
69
Für die Auswahl einer Rezeptur durch den Bediener besteht dann nach Lesen des Barcodes oder des Codes mittels des Barcodelesers oder des RFID-Lesegeräts die Möglichkeit, die mit diesem Barcode oder Code verknüpften Rezepturen über die Ein-/Ausgabeeinheit anzuzeigen (Merkmal M15). Für die abschließende bedienerseitige Rezepturauswahl vor dem Start zeigt die Küchenmaschine alle mit dem Barcode oder Code eines Lebensmittels X verknüpfte Rezepturen auf dem Display der Ein-/Ausgabeeinheit an, ungeachtet dessen, ob die Verknüpfung manuell im Einlernmodus erstellt wurde oder ob es sich um eine bereits werksseitig hinterlegte Verknüpfung handelt.
70
Es wird demnach anspruchsgemäß eindeutig zwischen der reinen Auswahl (Merkmal M15) einer mit in einem Barcode bzw. einem Code enthaltenen Produktinformation bereits verknüpften Rezeptur im Normalbetrieb und dem Verknüpfen einer in einem Barcode bzw. einem Code enthaltenen Produktinformation bzw. dem Lebensmittel an sich mit einer Rezeptur im Rahmen eines Einlernmodus (Merkmal M13) unterschieden.
B.
71
1. Die erteilten Patentansprüche sind zulässig.
72
Der erteilte Patentanspruch 1 geht auf die ursprünglichen Patentansprüche 1 sowie 20 bis 25 zurück.
73
Die Patentansprüche 2 bis 19 entsprechen den ursprünglichen Patentansprüchen 2 bis 19.
74
Die Beschwerdegegnerin hat vorgetragen, die Oder-Verknüpfung im erteilten Patentanspruch 1 zwischen den beiden Merkmalsblöcken M9 – M10 und M11 – M12 stelle eine unzulässige Erweiterung des Schutzbereiches dar, da diese Oder-Verknüpfung auch als nicht-ausschließliche Oder-Verknüpfung aufgefasst werden könne, den ursprünglichen Anmeldeunterlagen aber lediglich eine ausschließliche Verwendung entweder eines Barcodelesers oder eines RFID-Lesegeräts zu entnehmen sei.
75
Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Die ausschließliche Verknüpfung der beiden Merkmalsblöcke geht unstrittig aus den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen (vgl. Abs. 0021 der Offenlegungsschrift) sowie den gewählten Rückbezügen der ursprünglichen Patentansprüche 20 und 21 hervor. Im patentrechtlichen Sprachgebrauch ist die anspruchsgemäße Oder-Verknüpfung im ausschließlichen Sinne, also in der Bedeutung von „entweder…, oder…“ zu verstehen. Ist dagegen eine nicht ausschließliche Verknüpfung zweier Merkmale gewünscht, so wird dies regelmäßig über eine Und/Oder-Verknüpfung im Anspruchswortlaut zum Ausdruck gebracht. Daher vermag der diesbezügliche Vortrag der Beschwerdegegnerin nicht zu überzeugen.
76
Im Hinblick auf die von der Beschwerdegegnerin zusätzlich schriftsätzlich vorgetragenen Bedenken zur Zulässigkeit des Merkmals M11 des erteilten Patentanspruchs 1 ist insbesondere im ursprünglichen Patentanspruch 21 angegeben, dass die Küchenmaschine auch ein RFID-Lesegerät aufweisen soll. Dieses Merkmal ist demnach auch eindeutig den ursprünglich eingereichten Unterlagen zu entnehmen.
77
2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist auch ausführbar.
78
Der über das Merkmal M13 definierte Begriff Einlernmodus ist ein Fachausdruck für eine Bedienungsweise einer Maschine, in der bestimmte Einstellungen an der Maschine durch den Bediener vorgenommen werden können, die dann im Normalbetrieb auch dauerhaft wirksam bleiben. Wie oben zur Auslegung (vgl. Merkmale M13 und M14) bereits ausgeführt, lehrt das Streitpatent, im Einlernmodus ein Lebensmittel über die dieses Lebensmittel kennzeichnende und in einem einlesbaren Barcode oder Code enthaltene Produktinformation mit einer Rezeptur zu verknüpfen und diese Verknüpfung in Form eines Parameterwerts bzw. einer Verknüpfungsvorschrift in der Speichereinheit dauerhaft abzulegen. Ist über den Scan eines Barcodes oder das Einlesen eines Codes ein bestimmtes Lebensmittel identifiziert, so werden nur die diesem Lebensmittel zugeordneten Rezepturen letztendlich dem Bediener für seine Rezepturauswahl angeboten. Diese anspruchsgemäße Lehre ist für den Fachmann hinsichtlich der verwendeten Begrifflichkeiten eines „Einlernmodus“ sowie einer „Verknüpfung“ i. V. m. mit der Offenbarung in den Abs. 0059 bis 0061 der Offenlegungsschrift bzw. den Abs. 0065 bis 0067 der Streitpatentschrift problemlos nacharbeitbar. Die diesbezüglichen Bedenken der Beschwerdegegnerin erweisen sich somit als unbegründet.
79
3. Der gewerblich anwendbare Gegenstand gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist auch patentfähig.
80
a) Die Küchenmaschine nach dem erteilten Patentanspruch 1 ist neu (§§ 1, 3 PatG).
81
Die Beschwerdegegnerin hat die Neuheit der Küchenmaschine nach Patentanspruch 1 in der Fassung des Hauptantrags nicht in Frage gestellt.
82
Aus der Druckschrift D1 (vgl. Abs. 0011, 0015, 0028, Fig. 1, 27) ist eine Küchenmaschine (multi-purpose kitchen appliance) mit einem Topf (receptacle 6), einem rotierbaren Einsatz (operating unit 8), einer Heizeinheit (electrical resistance unit 7) und einer Waage (weighing unit 17) gemäß den Merkmalen M1 bis M4 des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 bekannt. In dieser Druckschrift ist eine Speichereinheit für Rezepturen (vgl. Abs. 0013, stored settings of given recipes) beschrieben, wobei die Rezepturen auch in die Küchenmaschine eingebbar sind (vgl. Abs. 0013, possibility of programming individually the recipes) (Merkmal M5). Die Küchenmaschine umfasst eine Rechnereinheit (vgl. Abs. 0028, microprocessor 123) mit einem Rezeptspeicher und einer Ein-/Ausgabeeinheit (keypad unit 130, LCD display 132), wie über die Merkmale M6a bis M6c des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 gefordert. Im Abs. 0013 dieser Druckschrift ist eine individuelle Bearbeitung bzw. Zusammenstellung von Rezepturen beschrieben, die implizit auch die Anzeige der gespeicherten Rezepturen sowie der der Rezeptur entsprechenden Folge von Bearbeitungsschritten auf dem Display 132 voraussetzt (Merkmal M7). Über einen Start-Knopf (program start key 133) sind die Bearbeitungsschritte der Rezeptur aktivierbar (vgl. Abs. 0028, Fig. 27) (Merkmal M8). Zu einem Barcodeleser oder RFID-Lesegerät sowie deren funktionalen Einbindung in die Küchenmaschine an sich und insbesondere im Rahmen des geforderten Einlernmodus (Merkmale M9 bis M15) ist in dieser Druckschrift nichts ausgeführt.
83
Die Druckschriften D5 (vgl. Patentanspruch 1, Sp. 4, Z. 41, Sp. 5, Z. 6 bis 10, Z. 32 bis 50, Fig. 1) und D6 (vgl. Patentanspruch 1, Sp. 3, Z. 36 bis Sp. 4, Z. 19, Fig. 1) offenbaren gattungsgemäße Küchenmaschinen aus dem Hause der Einsprechenden mit den über die Merkmale M1 bis M4, M6a, M6c und M8 des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 geforderten mechanischen und steuerungstechnischen Komponenten und Funktionen. Gemäß der Lehre der Druckschrift D5 können Rezepturen nur über einen externen PC gespeichert und abgerufen (vgl. Sp. 5, Z. 3 und 4) oder vom Bediener flüchtig über eine Ein-/Ausgabeeinheit (Drehschalter 16, 17, Bedienerdisplay 15) eingegeben werden. Ein interner Speicher für Rezepturen ist in beiden Druckschriften ebenso wenig offenbart wie Mittel zur Erfassung von Lebensmittel kennzeichnenden Barcodes oder Codes (Merkmale M5, M6b, M7, M9 bis M15).
84
Die in der Druckschrift D7 (vgl. Patentanspruch 1, S. 15, ab dem zweiten vollständigen Absatz, Fig. 1 bis 4) beschriebene Küchenmaschine (automated food preparation device) umfasst einen anspruchsgemäßen Topf (container 25) mit einem rotierbaren Einsatz (mixing blade 36) und einem Heizelement (heating plate 40, heating elements 42) (Merkmale M1 bis M3). Eine Waage, wie über das Merkmal M4 des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 gefordert, ist nicht vorgesehen. In die Küchenmaschine ist eine Rechnereinheit (vgl. S. 24, zweiter Absatz, micro-controller) mit einer Speichereinheit (vgl. S. 25, Z. 2, memory card, disk) und einer Ein-/Ausgabeeinheit (S. 14 unten, control panel 19, 21, display screen 22) mit Bedienelementen (vgl. S. 24 unten, push and manual entry buttons) zur Speicherung, Anzeige und Bearbeitung sowie zum Aktivieren von Rezepturen bzw. deren Bearbeitungsschritten (Merkmale M5 bis M8) integriert. Mittels eines Barcodelesegeräts (vgl. S. 24 unten, bar-code device) können Rezepturen erfasst bzw. eingelesen werden. Zu Lebensmittel kennzeichnenden Produktinformationen, die in den Barcodes enthalten sind und die in einem Einlernmodus mit den Rezepturen verknüpft werden können (Merkmale M13 bis M15), ist in dieser Druckschrift nichts offenbart.
85
Aus der Druckschrift D8 ist eine Küchenmaschine in Form einer Brotbackmaschine bekannt, die gemäß den Merkmalen M1 bis M8 der Küchenmaschine nach Patentanspruch 1 ausgebildet ist (vgl. Sp. 2, Z. 37 bis Sp. 3, Z. 56, Fig. 1 und 4, bread maker, bread case 11, kneading blade 18, kneading motor 23, radiating heater 9, weight sensor 13, CPU 41, ROM 42, RAM 43, control panel 32, LED display unit 47, start key 46). Lebensmittel kennzeichnende Produktinformationen in Form von Barcodes oder Codes können von dieser Brotbackmaschine aber nicht erfasst und anspruchsgemäß verarbeitet werden (Merkmale M9 bis M15).
86
Die Druckschrift D9 (vgl. S. 2 bis 3) offenbart ein System von einzelnen Küchengeräten (vgl. Fig. 1, WT 15, oven 17) und einer Küchenmaschine (vgl. Fig. 1, mixer 16), die über einen Computer 10 steuerungstechnisch verbunden sind, wobei der Computer als Rechnereinheit auch in eines der Küchengeräte oder in die Küchenmaschine direkt integriert werden kann (vgl. S. 3, Abs. 2). Über die Speichereinheit (disc drive) des Computers oder auch einen Barcodeleser (vgl. S. 3, Abs. 3) können Rezepturen eingelesen werden. Eine integral mit der Rechnereinheit bzw. dem Computer sowie der Speichereinheit ausgeführte Küchenmaschine ist dann aber nicht mit allen anspruchsgemäß geforderten Funktionen ausgebildet (Merkmale M3, M4), da das hier offenbarte System von einer Küchenmaschine und mehreren Küchengeräten nicht auf eine einzige Küchenmaschine gemäß Patentanspruch 1 gelesen werden kann. Der beschriebene Barcodeleser dient lediglich der Erfassung von Rezepturen, so dass das aus der Druckschrift D9 bekannte System auch nicht die Funktionen im Hinblick auf über Produktinformationen Lebensmittel kennzeichnende Barcodes und deren Verknüpfung mit Rezepturen im Rahmen eines Einlernmodus gemäß den Merkmale M13 bis M15 des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 umfassen kann.
87
Die Druckschrift D2 (vgl. Patentanspruch 1, Fig. 1) offenbart ein Kochsystem mit einem Küchen- oder Kochgerät in Form entweder eines Backofens oder einer Kochmulde, an die ein PC als externe Rechnereinheit anschließbar ist. Ein anspruchsgemäßer Topf mit rotierendem Einsatz oder eine Waage sind aus dieser Druckschrift nicht bekannt (Merkmale M1 bis M4).
88
In der Druckschrift D3 (vgl. Abs. 0002, Fig. 2) ist ein Küchengerät in Form eines Mikrowellenofens beschrieben, bei dem Rezepturen über einen Barcodeleser (vgl. Abs. 0062, bar code reader 16) in eine Rechnereinheit (vgl. Abs. 0047, control unit 22) eingelesen und gespeichert werden können (Merkmal M5), wobei die Rechnereinheit hierzu auch eine Ein-/Ausgabeeinheit (vgl. Abs. 0041, display und input unit 18, 20) mit einem Start-Knopf (vgl. Abs. 0065, start button) zur Bearbeitung und Aktivierung von Rezepturen (Merkmale M6 bis M8) aufweist. Zu in Barcodes oder Codes enthaltenen Produktinformationen und deren Verknüpfung mit den Rezepturen in einem Einlernmodus ist in dieser Druckschrift (vgl. Abs. 0059, 0063 bis 0065) nichts angegeben (Merkmale M13 bis M15).
89
Aus der Druckschrift D4 (vgl. S. 3, vorletzter Abs., S. 6, zweiter Abs., Figuren) ist ein Mikrowellenofen (microwave cooker) und ein Mixer (food processor) oder eine anderweitige Lebensmittel zubereitende Maschine (vgl. S. 1, erster Absatz) mit einer Wiegefunktion (vgl. S. 5, erster Abs.) bekannt (Merkmale M1, M2, M4). Die merkmalsgemäß summarisch geforderte gegenständliche Ausstattung der Küchenmaschine nach Patentanspruch 1 und deren Funktionen sind in dieser Druckschrift nicht offenbart. Auch ein Barcodelesegerät oder ein RFID-Lesegerät mit den weiteren Funktionalitäten gemäß den Merkmale M9 bis M15 gemäß Streitpatent sind hier nicht beschrieben.
90
b) Die Küchenmaschine gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit (§§ 1, 4 PatG).
91
Als geeigneter Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit wird einvernehmlich die Druckschrift D1 angesehen, die eine Küchenmaschine im Sinne des Streitpatents offenbart.
92
Gemäß der Lehre dieser Druckschrift eröffnet die Rechnereinheit der Küchenmaschine dem Bediener die Möglichkeit, vorgegebene Rezepturen nach den eigenen Wünschen individuell anzupassen, wobei die im Rahmen dieses Anpassungsvorgangs vorgenommenen Änderungen bei der Ausführung der Rezeptur übernommen und abgespeichert werden (vgl. Abs. 0013).
93
Zu einem Lesegerät eines Lebensmittel kennzeichnenden Barcodes oder Codes und der Verknüpfung der in diesem Barcode oder Code enthaltenen Produktinformation mit wenigstens einer Rezeptur im Rahmen eines Einlernmodus (Merkmale M9 bis M15) ist in der Druckschrift D1 nichts angegeben.
94
In der Druckschrift D2 ist ein Kochsystem beschrieben, bei dem ein Kochgerät mit einem externen Computer über eine USB-Schnittstelle verbunden wird, um die Eingabemöglichkeiten von Rezepturen bei dem Kochgerät zu verbessern und eine automatisierte Durchführung von nahrungsmittelspezifischen Rezepturen zu ermöglichen (vgl. Abs. 0007, 0005).
95
In Anbetracht der Aufgabe, die Funktionalität einer Küchenmaschine zu erweitern, wird der Fachmann angeregt, durch diese Hinweise die Lehre der Druckschrift D2 heranzuziehen und auf eine Küchenmaschine im Sinne des Streitpatents, wie sie in der Druckschrift D1 offenbart wird, übertragen. Dass die Druckschrift D2 ein Kochsystem mit einem Kochgerät und nicht mit einer Küchenmaschine betrifft, stellt dabei kein unüberwindliches Hindernis für den Fachmann dar.
96
Die Zusammenschau dieser beiden Druckschriften ist demnach zwar veranlasst, führt den Fachmann aber nicht zur Küchenmaschine mit sämtlichen Merkmalen des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag.
97
In der Druckschrift D2 (vgl. Abs. 0050, Fig. 1) ist im Einzelnen angegeben, dass das Kochgerät, das eine Kochmulde oder ein Backofen sein kann (vgl. Abs. 0001), über eine integrierte Rechnereinheit (Steuergerät 14) mit einer internen Speichereinheit, in der auch Rezepturen abgelegt werden können (vgl. Abs. 0039, 0052, 0054), verfügt (Merkmal M5). Die Rechnereinheit umfasst eine eigene Ein-/Ausgabeeinheit (Tastenfeld 16, Ausgabevorrichtung 18) zum Abrufen, Anzeigen und Aktivieren von Rezepturen und deren Bearbeitungsschritten (vgl. Abs. 0052, 0054) (Merkmale M6a bis M6c, Teilmerkmal M7, M8). Zum Einlesen bzw. zur Eingabe von Rezepturen kann an das Kochgerät ein Computer 30 (vgl. Abs. 0051, Fig. 1) als externe Rechnereinheit angeschlossen werden.
98
Über einen wiederum an den Computer angeschlossenen Barcodeleser (vgl. Abs. 0051, Strichcodelesegerät 42) oder ein RFID-Lesegerät (vgl. Abs. 0042) sind Lebensmittel kennzeichnende Barcodes oder Codes (vgl. Abs. 0043, Identifikationsinformationen) erfassbar (Merkmale M9 bis M12). Ein Mikroprozessor 36 des Computers (vgl. Abs. 0052) sucht auf einer Datenbank der Festplatte nach geeigneten, bereits mit dem jeweiligen Lebensmittel bzw. der im Barcode oder Code enthaltenen Produktinformation verknüpften Rezepturen. Diese bereits verknüpften Rezepturen werden auf dem Bildschirm (TFT-Bildschirm) des Computers dem Bediener zur Auswahl angezeigt (Merkmal M15). Nach erfolgter Auswahl werden die Bearbeitungsschritte der Rezeptur über die USB-Schnittstelle an die interne Rechnereinheit 14 des Kochgeräts übertragen, in dessen Speichereinheit abgelegt und auf der Ausgabeeinheit 18 der Rechnereinheit angezeigt (vgl. Abs. 0052). Durch Betätigung eines Betätigungselements 16 der Eingabeeinheit der Rechnereinheit werden die Bearbeitungsschritte der Rezeptur gestartet (Merkmal M8).
99
In der Zusammenschau der Druckschriften D1 und D2 gelangt der Fachmann zu einem System bestehend aus einer Küchenmaschine und einer externen Rechnereinheit in Form eines Computers. Dieses System ist aber nicht auf die anspruchsgemäße Küchenmaschine zu lesen. Zwar sieht auch das Streitpatent den Anschluss eines externen PCs an die Küchenmaschine vor, allerdings soll anspruchsgemäß bereits die Küchenmaschine an sich alle über den Patentanspruch 1 geforderten Merkmale (vgl. auch obige Ausführungen zur Auslegung) umfassen, insbesondere auch einen Barcodeleser oder ein RFID-Lesegerät.
100
Im Ergebnis der Übernahme der Lehre der Druckschrift D2 auf die Küchenmaschine nach der Druckschrift D1 sind der Barcodeleser oder das RFID-Lesegerät gegenständlich und funktional dem Computer, also einer externen Rechnereinheit, und nicht wie anspruchsgemäß gefordert der Küchenmaschine an sich zugeordnet (Merkmale M9 bis M12). Auch das beschriebene Anzeigen von Rezepturen und die anschließende Bedienerauswahl erfolgt gemäß der Lehre der Druckschrift D2 ausschließlich über den Bildschirm und die Tastatur des Computers und nicht wie über das Merkmal M7 i. V. m. M15 des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 gefordert, direkt über die interne Ein-/Ausgabeeinheit der Küchenmaschine. In der Zusammenschau der Druckschriften D1 und D2 ist dem Fachmann eine Küchenmaschine mit sämtlichen Merkmalen des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 in der Fassung des Hauptantrages also nicht nahegelegt.
101
Aber selbst wenn man bei einer breiteren Auslegung des Patentanspruchs 1 auch ein System aus Küchenmaschine und externem PC auf den Gegenstand des Patentanspruchs 1 lesen wollte, so wären dennoch die einen Einlernmodus betreffenden Merkmale M13 und M14 des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag nicht nahegelegt.
102
Die Beschwerdegegnerin sieht bereits in der Auswahl einer Rezeptur einen anspruchsgemäßen Einlernmodus (Merkmale M13 und M14) ausgebildet.
103
Dieser Auffassung kann aus folgenden Gründen nicht beigetreten werden:
104
Eine bloße bedienerseitige Auswahl, wie sie in der Druckschrift D2 im Abs. 0052 beschrieben ist, stellt eine einmalige und flüchtige Festlegung dar. Der über das Merkmal M13 geforderte Einlernmodus impliziert dementgegen bereits, dass dauerhafte, über den Einlernmodus hinaus geltende Festlegungen in Form von Verknüpfungen getroffen werden können (vgl. auch obige Ausführungen zur Auslegung). Der dauerhafte Charakter dieser Verknüpfung ist dann auch über die definierte Abspeicherung der erstellten Verknüpfung als vorgegebener Parameterwert anspruchsgemäß im Merkmal M14 gefordert.
105
Die Druckschrift D2 lehrt in diesem Zusammenhang nicht, eine Verknüpfung zwischen einer in einem Barcode/Code enthaltenen Produktinformation bzw. einem Lebensmittel und einer Rezeptur vorzunehmen. Eine Verknüpfung besteht bereits bei der Anzeige der Rezeptur auf der Ausgabeeinheit des Computers. Der Bediener wählt dann nur eine bereits mit der Produktinformation bzw. dem Lebensmittel verknüpfte Rezeptur zunächst zur Übertragung an die Küchenmaschine und dann zur Ausführung durch die Küchenmaschine aus. Einen Einlernmodus, bei dem, wie anspruchsgemäß gefordert, eine Produktinformation oder ein Lebensmittel mit einer Rezeptur über die Ein-/Ausgabeeinheit der Küchenmaschine verknüpft wird, ist durch den beschriebenen Auswahlprozess nicht ausgebildet (Merkmal M13). Auch führt diese bloße Auswahl einer bereits verknüpften Rezeptur nicht zur Abspeicherung einer Verknüpfung als vorgegebener Parameterwert in der Speichereinheit (Merkmal M14), sondern nur zur Abspeicherung der einzelnen Bearbeitungsschritte der ausgewählten Rezeptur in der internen Speichereinheit der Küchenmaschine. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass auch anspruchsgemäß im Streitpatent zwischen der reinen Auswahl einer Rezeptur durch den Benutzer (Merkmal M15) und einem Einlernmodus (Merkmale M13, M14) unterschieden wird. Eine solche Differenzierung wird im Stand der Technik gemäß Abs. 0052 der Druckschrift D2 aber nicht vorgenommen.
106
Die Beschwerdeführerin hat darüber hinaus vorgetragen und hierzu auf Abs. 0018 der Druckschrift D2 verwiesen, dass durch hier implizit offenbarte Verknüpfungen zwischen Zubereitungsverfahren und nahrungsmittelspezifischen Identifikationsnummern auch bereits ein Modus zur Erzeugung von Verknüpfungen mit offenbart sei, der auf den anspruchsgemäßen Einlernmodus gelesen werden müsse.
107
Richtig ist, dass in der Druckschrift D2 Verknüpfungen zwischen Rezepturen und den in Barcodes oder Codes enthaltenen Produktinformationen von Lebensmitteln voreingestellt werden müssen. Diese initialen Verknüpfungen sind wohl auch als vorgegebene Parameterwerte in der Speichereinheit als Werkseinstellungen hinterlegt. Soweit kann der Argumentation der Beschwerdegegnerin also gefolgt werden.
108
Was aber einen solchen Modus zur Generierung von Werkseinstellung bzw. einen „Initiierungsmodus“ (vgl. obige Ausführungen zur Auslegung) von dem anspruchsgemäßen Einlernmodus, insbesondere mit Blick auf das Merkmal M13 des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 unterscheidet, ist die Tatsache, dass werksseitig vorgenommene Verknüpfungen bspw. als Zuordnungstabelle über die Schnittstelle der Küchenmaschine auf die Speichereinheit aufgespielt werden oder bereits vor Montage der Speichereinheit in der Küchenmaschine auf dieser abgelegt sind. Im Rahmen des anspruchsgemäßen Einlernmodus werden die Verknüpfungen dagegen über die Ein-/Ausgabeeinheit der Küchenmaschine vorgenommen (vgl. Merkmal M13). Der geforderte Einlernmodus im Sinne des Streitpatents stellt gegenüber einem Modus zur Erstellung und Hinterlegung von Werkseinstellungen somit auch merkmalsgemäß auf einen vom Bediener oder Techniker manuell über die Ein-/Ausgabeeinrichtung vorzunehmenden Modus zur Anpassung der werksseitig voreingestellten Verknüpfungen nach individuellen Vorstellungen oder zur Erstellung von neuen, noch nicht vorhandenen Verknüpfungen ab. Selbst unter Berücksichtigung der von der Beschwerdegegnerin vorgetragenen Interpretation der Lehre der Druckschrift D2, fehlte es somit am vollständigen Merkmal M13 des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag.
109
In den Druckschriften D3 bis D9 ist, wie bereits dargelegt, nichts zur Erfassung einer in einem Lebensmittel kennzeichnenden Barcode oder Code enthaltenen Produktinformation sowie einem Einlernmodus, wie insbesondere über die Merkmale M10, M12, M13 und M14 des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 nach Hauptantrag gefordert, angegeben.
110
Eine etwaige Zusammenschau der Druckschrift D1 mit einer dieser Druckschriften kann den Fachmann demnach auch nicht zur Ausgestaltung einer Küchenmaschine mit sämtlichen patentgemäßen Merkmalen veranlassen. Hierzu ist im Beschwerdeverfahren auch nichts vorgetragen worden.
111
Die Gesamtbetrachtung des Standes der Technik ergibt somit, dass die über den Patentanspruch 1 in der Fassung des Hauptantrages vorgeschlagene Lösung nicht nahe lag.
112
c) Die nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 19 betreffen zweckmäßige und nicht selbstverständliche Weiterbildungen der Küchenmaschine nach Patentanspruch 1 nach Hauptantrag. Sie sind mit diesem ebenfalls bestandsfähig.
113
d) Auf die Hilfsanträge kommt es demnach nicht mehr an.


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