Aktenzeichen S 16 AS 261/17
Leitsatz
Beihilfen des Bildungs- und Sozialwerks des Bayerischen Journalisten-Verbandes sind auf den Bedarf für Leistungen nach dem SGB II anzurechnen. (Rn. 17 – 20) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 19.04.2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 03.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.05.2017 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Gegenstand der vorliegenden Klage ist die Höhe der bewilligten Leistungen im Bewilligungszeitraum 01.03.2017 bis 30.09.2017. Der Kläger wendet sich gegen die Anrechnung der Beihilfe des Bildungs- und Sozialwerkes des Bayerischen Journalisten-Verbandes e.V. sowie gegen die gesetzliche Höhe des Regelbedarfes. Weitere Einwendungen gegen die Leistungsberechnung, insbesondere gegen die zugrunde gelegten KdU, erhebt der Kläger nicht.
Der Bewilligungsbescheid vom 19.04.2017 in der Fassung des Bescheides vom 03.05.2017 ist indes rechtmäßig ergangen und verletzt den Kläger in seinen Rechten nicht. Das Gericht folgt der ausführlichen Begründung im Widerspruchsbescheid vom 23.05.2017 und sieht daher gemäß § 136 Abs. 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Nur ergänzend ist Folgendes auszuführen:
Bei der Bedarfsberechnung kann ein höherer Regelbedarf als der derzeit geltende Betrag von 409 Euro für einen Alleinstehenden nicht zugrunde gelegt werden. Im Hinblick auf die Bindung der Gerichte an Gesetz und Recht und das Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichtes ist es ausgeschlossen, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren auf Verurteilung des Beklagten zur Gewährung höherer Leistungen Erfolg hat. Die Zuerkennung höherer Leistungen für den streitgegenständlichen Zeitraum 01.03.2017 bis 30.09.2017 könnte allenfalls das Ergebnis einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes sein, die aufgrund einer im fachgerichtlichen Verfahren erfolgten Richtervorlage oder aufgrund einer nach Ausschöpfung des Rechtsweges erhobenen Verfassungsbeschwerde des Klägers ergehen könnte (vgl. z.B. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 07.03.2017, Az.: L 13 AS 336/16 B; zit. nach juris). Der erkennenden Kammer wäre es somit bereits dem Grunde nach verwehrt, einen höheren als den gesetzlich festgeschriebenen Regelbedarf der Leistungsberechnung zugrunde zulegen.
Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der derzeit gültigen Regelbedarfe ergeben sich allerdings für die Kammer nicht. Es sind keine Hinweise für eine evidente Unterdeckung ersichtlich. An der Festlegung der Regelbedarfe für das Jahr 2017 bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere ist nicht auf die jeweiligen Teilbeträge in den einzelnen Abteilungen abzustellen. Entscheidend ist, dass durch einen internen Ausgleich zwischen den einzelnen Positionen die Existenz sowie die Teilhabe gesichert werden kann (BayLSG, Beschluss vom 23.08.2017, Az.: L 11 AS 529/17 NZB – m.w.N.; vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen a.a.O., Sächsisches LSG, Beschluss vom 04.01.2017, Az.: L 3 AS 1222/15 NZB – jeweils unter Verweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 23.07.2014; zit. nach juris). Im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers zu seinen Aufwendungen für den öffentlichen Personen-Nahverkehr sowie zu den Nahrungsmitteln und nicht alkoholischen Getränken ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass eine Anpassung des gesetzlichen Regelbedarfes aufgrund eines individuellen Bedarfes nicht möglich ist. Die Pauschalierung bei der Bemessung des gesetzlichen Regelbedarfes ist verfassungsgemäß.
Zutreffend hat somit der Beklagte einen monatlichen Bedarf in Höhe von 802,20 Euro zugrunde gelegt.
Nach Auffassung der Kammer hat der Beklagte zutreffend die einmalige Beihilfe des Bildungs- und Sozialwerkes des Bayerischen Journalisten-Verbandes e.V. als einmalige Einnahme bedarfsmindernd berücksichtigt. Auch aus Sicht der Kammer kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Betrag vom Bildungs- und Sozialwerk oder vom Journalisten-Verband selbst geleistet wurde. Denn weder nach § 11 a Abs. 4 noch nach § 11 a Abs. 5 SGB II ist die Zahlung des Bildungs- und Sozialwerkes nicht zu berücksichtigendes Einkommen. Nach § 11 a Abs. 4 SGB II sind Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie die Lage der Empfängerinnen und Empfänger nicht zu günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch gerechtfertigt wären. Gemäß § 11 a Abs. 5 SGB II sind Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit 1. ihre Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten grob unbillig wäre oder 2. sie die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären. Insoweit kann vorliegend dahinstehend, ob es sich dem Bildungs- und Sozialwerk um einen Träger der freien Wohlfahrtspflege handelt oder um einen Dritten im Sinne von Abs. 5.
Der ungedeckte Bedarf des Klägers nach dem SGB II betrug in den Monaten April bis September 2017 monatlich nur 34,23 Euro. Die Zahlung des Bildungs- und Sozialwerkes in Höhe von 850 Euro, beeinflusst somit die Lage des Klägers so günstig, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt sind.
Die Frage, ob „daneben Leistungen nach dem SGB II gerechtfertigt wären“ oder nicht, ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung. Nicht gerechtfertigt ist die Berücksichtigung als Einkommen immer dann, wenn eine einmalige oder gelegentliche Zuwendung nach allgemeiner Auffassung ohne Berücksichtigung für die Bewilligung von Sozialleistungen nach dem SGB II bleiben soll. Dies ist beispielsweise der Fall bei gelegentlichen kleinen Geldgeschenken anlässlich Geburtstag, Namenstag usw. oder bei dem monatlichen Taschengeld der Großeltern (vgl. Adolph in Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, 53. UPD 06/2017, § 11 a Rd. 90 ff). Das Bildungs- und Sozialwerk des Bayerischen Journalisten-Verbandes gewährt seinen Mitgliedern finanzielle Unterstützung z.B. bei unerwarteter Arbeitslosigkeit oder Krankheit. Da der Kläger neben der Witwerrente und Wohngeld keine weiteren Einnahmen aus seiner Tätigkeit als Journalist erzielte, erhielt er auf seinen Antrag hin vom Bildungs- und Sozialwerk eine einmalige Unterstützung in Höhe von 850 Euro. Es sind für die Kammer keine Gründe ersichtlich, dass dies bei der Bewilligung von SGB II-Leistungen außer Acht bleiben sollte. Eine Berücksichtigung dieser Beihilfe als Einkommen zur Deckung des Lebensunterhaltes ist somit gerechtfertigt.
Die Berücksichtigung der Beihilfe als Einkommen erscheint der Kammer auch nicht als grob unbillig.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass im Hinblick auf den ungedeckten SGB II-Bedarf von monatlich nur 34,23 Euro die Beihilfe lediglich in Höhe eines Teilbetrages von 205,38 Euro als Einkommen bedarfsmindernd berücksichtigt wurde. Der Restbetrag von 644,62 Euro verbleibt anrechnungsfrei beim Kläger.
Weitere Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Leistungsberechnung des Beklagten sind weder ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen. Die angefochtenen Bescheide sind somit rechtmäßig ergangen und verletzen den Kläger in seinen Rechten nicht. Die Klage war abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.