Sozialrecht

Arbeitsunfall, Bescheid, Unfall, Berufung, Widerspruchsbescheid, Unfallfolge, Anerkennung, Widerspruch, Unfallfolgen, Beschlussverfahren, Klageverfahren, Ablehnung, Unfallzeitpunkt, Gutachten, Folge eines Arbeitsunfalls, Besorgnis der Befangenheit

Aktenzeichen  L 17 U 170/17

Datum:
8.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 26701
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGG § 153 Abs. 4

 

Leitsatz

Zur Anerkennung einer Lumboischialgie als Folge eines Arbeitsunfalls und zur Entscheidung im Beschlussverfahren (§ 153 Abs. 4 SGG)

Verfahrensgang

S 15 U 194/15 2017-04-26 Urt SGNUERNBERG SG Nürnberg

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 26.04.2017 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
1. Der Kläger hat im Berufungsverfahren beantragt, seinen Widerspruch – Berufung – gegen das Urteil des SG vom 26.04.2017 zuzulassen. Dieser Berufungsantrag des Klägers ist im oben dargelegten Sinn auszulegen (§ 123 SGG). Dem Vorbringen des Klägers ist zu entnehmen, dass er im Berufungsverfahren gestützt auf das Ergebnis des Gutachtens des B seinen erstinstanzlich in der öffentlichen Sitzung vom 26.04.2017 am SG gestellten Klageantrag auf Anerkennung einer „Lumboischialgie links bei links paramedianer Bandscheibenprotrusion im Segment LWK 5/SWK 1 mit Kontakt zur S1-Wurzel links im Rezessus und zur L5-Wurzel links intraforaminal“ als Folge des Arbeitsunfalls vom 18.10.2008 weiterverfolgt.
2. Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören (§ 153 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Der Senat hält die Berufung einstimmig für unbegründet. Auch ist eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich. Die Beteiligten wurden vor Ergehen des Beschlusses mit gerichtlichem Schreiben vom 14.03.2018 gehört. Nach Durchführung des Ablehnungsverfahrens und Eingang der Stellungnahme der Beklagten zum Vergleichsvorschlag des Klägers wurde der Kläger mit gerichtlichem Schreiben vom 16.07.2018 nochmals darauf hingewiesen, dass es bei der mit gerichtlichem Schreiben vom 14.03.2018 angekündigten Vorgehensweise – Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 S. 1 SGG – verbleibt.
II.
Die Berufung ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 26.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2015 ist rechtmäßig ergangen; der Kläger ist somit nicht in seinen Rechten verletzt.
Die rechtliche Grundlage für den Anspruch des Klägers auf Feststellung der Unfallfolge „Lumboischialgie links bei links paramedianer Bandscheibenprotrusion im Segment LWK 5/SWK 1 mit Kontakt zur S1-Wurzel links im Rezessus und zur L5-Wurzel links intraforaminal“ bildet § 102 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach wird in den Fällen des § 36a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Vierten Buches die Entscheidung über einen Anspruch auf eine Leistung schriftlich erlassen. Diese Ermächtigungsnorm für den Unfallversicherungsträger, wonach er über einen Anspruch auf Leistung selbst „entscheiden“ darf, ist zugleich Rechtsgrundlage für den Anspruch des Versicherten auf Feststellung der Unfallfolgen, die aus einem erlittenen Arbeitsunfall resultieren (BSG, Urteil vom 15.05.2012 – B 2 U 31/11 R; grundlegend Urteil vom 05.07.2011 – B 2 U 17/10 R).
Ein Anspruch des Klägers auf Feststellung einer „Lumboischialgie links bei links paramedianer Bandscheibenprotrusion im Segment LWK 5/SWK 1 mit Kontakt zur S1-Wurzel links im Rezessus und zur L5-Wurzel links intraforaminal“ als weitere Folge des Arbeitsunfalls vom 18.10.2008 besteht jedoch nicht.
Aufgrund der vorliegenden Gutachten des Su und des B sowie der enstprechenden Befunde der behandelnden Ärzte, insbesondere der MRT vom 10.03.2012 steht zur vollen Überzeugung des Senats fest, dass beim Kläger eine „Lumboischialgie links bei links paramedianer Bandscheibenprotrusion im Segment LWK 5/SWK 1 mit Kontakt zur S1-Wurzel links im Rezessus und zur L5-Wurzel links intraforaminal“ vorliegt.
Allerdings kann sich der Senat nicht im erforderlichen Beweismaß der hinreichenden Wahrscheinlichkeit davon überzeugen, dass dieser Gesundheitsschaden auf den Arbeitsunfall vom 18.10.2008 zurückzuführen ist.
Zwar ist nach Aktenlage davon auszugehen, dass der Kläger vor dem Unfall am 18.10.2008 im Bereich der Lendenwirbelsäule beschwerdefrei war und das Vorliegen einer Bandscheibenprotrusion im Segment LWK 5/SWK 1 erst nach dem Arbeitsunfall festgestellt wurde. Allerdings erfolgte die Feststellung erst ca. dreieinhalb Jahre nach dem Arbeitsunfall (MRT vom 10.03.2012). Zudem spricht die unmittelbar nach dem Arbeitsunfall anlässlich der Untersuchung im Klinikum B. beschriebene Klinik gegen einen akuten Bandscheibenvorfall (bzw. Bandscheibenprotrusion), wie auch der ärztliche Sachverständige B einräumt. Im Klinikum B. wurde lediglich eine muskuläre Verspannung im Lumbosakralbereich des Klägers diagnostiziert. Die Schmerzen wurden als paravertebral beidseits, nicht ausstrahlend beschrieben; Parästhesien, motorische oder sensible Defizite wurden nicht festgestellt. Der in dem Befundbericht des Klinikums B. beschriebene Schmerz ist laut dem ärztlichen Sachverständigen Sch ohne Weiteres mit einer durch den Unfall am 18.10.2008 verursachten (bloßen) Zerrung der Lendenwirbelsäule vereinbar. Auch ansonsten fehlen jegliche Befunde, die eine traumatische Verletzung der Bandscheibe im Segment LWK 5/SWK 1 belegen könnten. Auch der Befund der MRT vom 10.03.2012 bietet keinerlei Anhaltspunkte für eine traumatische Verletzung der Bandscheibe. Nach alledem spricht nicht deutlich mehr für einen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall vom 18.10.2008 und der am 10.03.2012 festgestellten links paramedianen Bandscheibenprotrusion im Segment LWK 5/SWK 1 mit Kontakt zur S1-Wurzel links im Rezessus und zur L5-Wurzel links intraforaminal (mit einhergehender Lumboischialgie), sondern sogar mehr gegen einen solchen Unfallzusammenhang.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 SGG), sind nicht ersichtlich.


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