Sozialrecht

Bemessungszeitraum für Elterngeld bei schwangerschaftsbedingter Krankheit

Aktenzeichen  L 9 EG 29/17

Datum:
12.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 33422
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
BEEG § 2 b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3
BEEG § 2 b Abs. 3
EFZG § 3
EFZG § 4
MuSchG § 18
SGB X § 44

 

Leitsatz

1. Die Kausalität zwischen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung und einem Einkommensausfall im Sinn von § 2 b Abs. 1 BEEG beurteilt sich nach der Theorie der wesentlichen Bedingung.
2. Ein Einkommensausfall kann nur dann kausal auf eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung zurückgeführt werden, wenn diese Erkrankung auch Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte.

Verfahrensgang

S 5 EG 30/16 2017-08-25 Urt SGAUGSBURG SG Augsburg

Tenor

I. Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 25. August 2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Berufung des Beklagten hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht entsprochen. Höhere Leistungen, als sie der Beklagte im Bescheid vom 09.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.07.2016 bewilligte, stehen der Klägerin nicht zu.
Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage richtet sich gegen den Rücknahmebescheid vom 09.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.07.2016. Der Klägerin geht die darin ausgesprochene Änderung des vorläufigen Bescheids vom 27.04.2016 zu ihren Gunsten nicht weit genug; sie begehrt noch höhere Leistungen. Dabei zielt die Klage nicht auf den Erlass eines endgültigen, sondern eines in noch größerem Umfang geänderten vorläufigen Bescheids. Da das Klagebegehren allgemein in der Zuerkennung höherer Elterngeldleistungen liegt, ist der Streitgegenstand nicht auf einzelne Berechnungselemente beschränkt, insbesondere nicht auf das rechtliche Problem des Bemessungszeitraums. Vielmehr prüft der Senat innerhalb der Grenzen des klägerischen Anspruchs unter allen tatsächlichen und rechtlichen Facetten, ob der Klägerin noch höhere Leistungen zustehen. Andererseits berücksichtigt der Senat in diesem Zusammenhang auch solche Aspekte, die das von der Klägerin begehrte Optimum auf anderem Weg wieder reduzieren.
Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt auch nach Eintritt seiner Unanfechtbarkeit mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich des Ausgangsbescheids vom 27.04.2016 nur soweit vor, wie der Beklagte durch den Bescheid vom 09.05.2016 von sich aus die ursprüngliche Regelung geändert hat. Eine demgegenüber noch weitergehende Änderung kommt nicht in Betracht.
Der Anwendbarkeit von § 44 SGB X steht nicht entgegen, dass es sich beim Bescheid vom 27.04.2016 lediglich um eine vorläufige Bewilligung gehandelt hatte. Das Rechtsinstitut des vorläufigen Verwaltungsakts ist geschaffen worden, um den ansonsten geltenden Vertrauensschutz des Bürgers in den Bestand eines begünstigenden Verwaltungsakts zu relativieren. Die Anordnung der Vorläufigkeit soll ein schützenswertes Vertrauen einschränken oder gar ausschließen. Da aber § 44 SGB X die Rücknahme belastender Verwaltungsakte betrifft, hat die Norm keine Berührungspunkte zum Vertrauensschutz des Bürgers. Vielmehr liegt die Kernaussage von § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X darin, dass die Behörde nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet ist, einen als rechtswidrig erkannten belastenden Verwaltungsakt trotz dessen Unanfechtbarkeit aufzuheben beziehungsweise zu Gunsten des Betroffenen zu ändern. Solche Konstellationen können auch im Zusammenhang mit vorläufigen Bewilligungsbescheiden auftreten. Die gesetzliche Verpflichtung zur Rücknahme beziehungsweise zur begünstigenden Änderung hat deshalb auch dort ihr Anwendungsfeld. Denn aus der rechtlichen Beschränkung der Vorläufigkeit allein ergibt sich keine entsprechende Verpflichtung zur Anpassung des Ausgangsverwaltungsakts, wie sie § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X statuiert.
Der vorläufige Bewilligungsbescheid vom 27.04.2016 war nur insoweit rechtswidrig, als der Beklagte für die Monate April und Juli 2015 kein Erwerbseinkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit angesetzt hatte. Zwar konnte er dafür nichts, weil die Klägerin zunächst falsche Verdienstabrechnungen eingereicht hatte, die nur den Schluss auf das Fehlen entsprechender Einkünfte in den Monaten April und Juli 2015 zuließen. Trotzdem führte dies zur anfänglichen Rechtswidrigkeit des vorläufigen Bewilligungsbescheids; denn tatsächlich war der Klägerin für die beiden fraglichen Monate Arbeitsentgelt zeitnah und leistungswirksam zugeflossen. Nachdem die Klägerin im Mai 2016 die zutreffenden Entgeltabrechnungen nachgereicht hatte, korrigierte der Beklagte den Fehler in vollem Umfang durch den Bescheid vom 09.05.2016. Dabei hat er den zustehenden Elterngeldbetrag mit 950,02 EUR monatlich zutreffend berechnet. Darüber hinaus stehen der Klägerin keine Leistungen zu.
Die Voraussetzungen für die Entstehung eines Anspruchs dem Grunde nach liegen unzweifelhaft vor. Dies folgt aus § 1 Abs. 1 Satz 1 BEEG in der ab 01.01.2015 geltenden Fassung. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer
1.einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,
2.mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,
3.dieses Kind selbst betreut und erzieht und
4.keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
Alle diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin. Sie hatte während des gesamten Bezugszeitraums ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, lebte mit H. in einem Haushalt, betreute und erzog ihn selbst und übte während des Bezugszeitraums keine Erwerbstätigkeit aus. Ein ordnungsgemäßer Antrag lag vor. Der Ausschlusstatbestand des § 1 Abs. 8 BEEG ist nicht erfüllt, weil das zu versteuernde Einkommen beider Elternteile zusammen im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt deutlich unter 500.000 EUR blieb.
Dagegen ergeben die Bestimmungen des BEEG zur Höhe des Elterngelds keinen höheren Leistungsanspruch als die vom Beklagten zugesprochenen 950,02 EUR monatlich.
Die Basisnorm für die Bemessung des Elterngelds ist § 2 Abs. 1 und 2 BEEG. Soweit für den vorliegenden Fall von Bedeutung, lauten diese Regelungen wie folgt:
„(1) 1Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. 2Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. 3Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus
1. nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes sowie
2. Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b … hat.
(2) … 2In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1.200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1.200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.“
Eine zeitliche Spezifizierung des Normteils „vor der Geburt des Kindes“ erfolgt in § 2b BEEG:
(1) 1Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c vor der Geburt sind die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich. 2Bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums nach Satz 1 bleiben Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person
1.im Zeitraum nach § 4 Absatz 1 Satz 1 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat,
2.während der Schutzfristen nach § 3 Absatz 2 oder § 6 Absatz 1 des Mutterschutzgesetzes nicht beschäftigt werden durfte oder Mutterschaftsgeld nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch oder nach dem Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat,
3.eine Krankheit hatte, die maßgeblich durch eine Schwangerschaft bedingt war, oder
4.Wehrdienst nach dem Wehrpflichtgesetz in der bis zum 31. Mai 2011 geltenden Fassung oder nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes oder Zivildienst nach dem Zivildienstgesetz geleistet hat und in den Fällen der Nummern 3 und 4 dadurch ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte.
(2) Für die Ermittlung des Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2d vor der Geburt sind die jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegen. 2Haben in einem Gewinnermittlungszeitraum die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 vorgelegen, sind auf Antrag die Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem diesen Ereignissen vorangegangenen abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum zugrunde liegen.
(3) Abweichend von Absatz 1 ist für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich, der den Gewinnermittlungszeiträumen nach Absatz 2 zugrunde liegt, wenn die berechtigte Person in den Zeiträumen nach Absatz 1 oder Absatz 2 Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte. 2Haben im Bemessungszeitraum nach Satz 1 die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 vorgelegen, ist Absatz 2 Satz 2 mit der zusätzlichen Maßgabe anzuwenden, dass für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der vorangegangene steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich ist.
Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass der Bemessungszeitraum das Kalenderjahr 2015 ist und nicht, wie die Klägerin meint, das Kalenderjahr 2014.
Konkret bewirken diese Regelungen, dass hinsichtlich des Einkommens der Klägerin aus Gewerbebetrieb gemäß § 2b Abs. 2 Satz 1 BEEG nicht die zwölf Kalendermonate vor H.s Geburt, sondern das letzte vor der Geburt liegende Kalenderjahr, also 2015, maßgebend ist. Um ein Auseinanderfallen der Bemessungszeiträume zu vermeiden, zieht § 2b Abs. 3 Satz 1 BEEG abweichend von der allgemeinen Regelung des § 2b Abs. 1 Satz 1 BEEG das Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit quasi nach, wenn wie hier die beiden Einkunftsarten in der in § 2b Abs. 3 Satz 1 BEEG beschriebenen Weise parallel bezogen worden sind. Das Zusammenspiel der Vorschriften führt dazu, dass einheitlich das letzte vor der Geburt liegende Kalenderjahr als Bemessungszeitraum heranzuziehen ist.
Das Kalenderjahr 2015 stellt den steuerlichen Gewinnermittlungszeitraum dar, der dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor H.s Geburt zugrunde liegt. Ein Tatbestand, der den Bemessungszeitraum gemäß § 2b Abs. 2 Satz 2 BEEG beziehungsweise § 2b Abs. 3 Satz 2 BEEG weiter in die Vergangenheit verlagert, liegt entgegen der Ansicht der Klägerin nicht vor.
§ 2b Abs. 1 Satz 2 BEEG nennt Verschiebetatbestände, die auch im Rahmen von § 2b Abs. 2 BEEG (vgl. § 2b Abs. 2 Satz 2 BEEG) und § 2b Abs. 3 BEEG (vgl. § 2b Abs. 3 Satz 2 BEEG) Geltung beanspruchen. Relevant ist hier allein der Verschiebetatbestand des § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BEEG. Allerdings erfüllt die Klägerin dessen Voraussetzungen nicht, so dass es beim Kalenderjahr 2015 als Bemessungszeitraum bleiben muss. Sie hatte nämlich während des Kalenderjahrs 2015 keine Krankheiten, die maßgeblich durch die Schwangerschaft bedingt waren und erwiesenermaßen ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit zur Folge hatten.
Die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BEEG sind:
* Krankheit
* schwangerschaftsbedingt
* Ausfall bei Einkommen aus Erwerbstätigkeit
* Kausalität zwischen Krankheit und Einkommensausfall.
Die Klägerin würde ihr Ziel, den Bemessungszeitraum in die Vergangenheit zu verschieben, schon dann erreichen, wenn nur ein einziger Kalendermonat mit relevantem Einkommensverlust festgestellt würde. Das gelingt aber nicht. Denn die vier Tatbestandsvoraussetzungen müssten allesamt konkret nachgewiesen sein; eine nur überschlägige oder mit Vermutungen operierende Betrachtung und Beurteilung darf nicht stattfinden. Die objektive Beweislast obliegt hinsichtlich sämtlicher Tatbestandsmerkmale der Klägerin; relevante Restzweifel verbunden mit einer Unaufklärbarkeit müssen sich stets zu deren Ungunsten auswirken. Vor diesem Hintergrund scheitert das Unterfangen der Klägerin daran, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen schwangerschaftsbedingter Erkrankung und Einkommensverlust nicht erwiesen ist.
1. Krankheit
Eine Krankheit lag bei der Klägerin während der Schwangerschaft entgegen der Ansicht des Beklagten definitiv vor. Zutreffend hat das Sozialgericht in diesem Zusammenhang den Krankheitsbegriff angewandt, wie er im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung etabliert ist: Krankheit im Rechtssinn erfordert einen regelwidrigen, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichenden Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht.
Die Ende Oktober 2015 eingetretene vorzeitige Wehentätigkeit stellte zweifelsohne eine Krankheit in diesem Sinn dar. Die gegenteilige Meinung des Beklagten ist nicht nachvollziehbar und bedauerlicher Weise ohne Beiziehung medizinischen Sachverstands zustande gekommen. Der sinngemäße gedankliche Ansatz des Beklagten, was Anlass für ein individuelles Beschäftigungsverbot sei, könne, sofern nicht eine explizite Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliege, nicht Krankheit sein, erscheint abwegig; das Gesetz liefert hierfür keinerlei Anhaltspunkte.
Bereits vor Beginn der vorzeitigen Wehentätigkeit traten während der Schwangerschaft körperliche Unregelmäßigkeiten mit Krankheitswert auf. Die insoweit von Dr. J. genannten Befunde und Diagnosen, nämlich Schwangerschaftserbrechen, Kreislaufdystonie etc., sind glaubhaft. Es ist aber nicht aufklärbar, wann genau und wie oft derartige Zustände vorlagen und in welcher Ausprägung und Intensität. Weder die behandelnden Ärztinnen haben insoweit aussagekräftige Angaben machen können noch die Klägerin selbst. Die festzustellende Unbestimmtheit der Diagnosen und Befunde führt indes nicht dazu, insoweit bereits eine Krankheit zu negieren. Denn hierfür reicht die Überzeugung des Senats, dass überhaupt – auch ohne weitere Konkretisierbarkeit – derartige regelwidrige Körperzustände während des fraglichen Zeitraums auftraten. Ob die Zwillingsschwangerschaft als solche im medizinischen Sinn als „Krankheit“ zu begreifen ist – das Sozialgericht hat dies (wohl zutreffend) verneint -, bedarf hier keiner Klärung.
2. Schwangerschaftsbedingt
§ 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BEEG lässt nicht jegliche Krankheit für eine Verschiebung des Bemessungszeitraums genügen, sondern nur eine solche, die maßgeblich durch eine Schwangerschaft bedingt war. Insoweit können bezüglich der vorzeitigen Wehentätigkeit keine Zweifel bestehen. Ebenso impliziert die Diagnose Schwangerschaftserbrechen bereits ihre Ursache. Allerdings hat Dr. J. auch unspezifische Befunde erhoben und Diagnosen gestellt (z.B. Erschöpfung, Müdigkeit). Genauso wenig wie es notwendig ist zu klären, ob die Zwillingsschwangerschaft als solche eine Krankheit im rechtlichen Sinn verkörpert, muss geklärt werden, ob die unspezifischen Gesundheitsstörungen ihre wesentliche Ursache in der Schwangerschaft hatten – auch wenn dies sehr plausibel erscheinen mag. Denn letztlich lässt sich für all diese wirklichen oder vermeintlichen schwangerschaftsbedingten Gesundheitsstörungen nicht nachweisen, dass durch sie ein Ausfall von Einkommen aus Erwerbstätigkeit entstanden ist (vgl. dazu ausführlich unten Abschnitt 4).
3. Einkommensausfall
Ein Einkommensausfall sowohl im Bereich der nichtselbständigen als auch der gewerblichen Tätigkeit kann allein aufgrund des Vorbringens der Klägerin unterstellt werden. Diese hätte in der Tat im Rahmen der abhängigen Beschäftigung mehr Arbeitsleistung erbringen und dadurch höheres Einkommen erzielen können. Zugunsten der Klägerin geht der Senat davon aus, dass auch dasjenige Entgehen von Erwerbseinkommen, welches wie hier bedingt ist durch die Nichtinanspruchnahme einer Arbeitsoption, grundsätzlich geeignet ist, einen Einkommensverlust im Sinn von § 2b Abs. 1 Satz 2 BEEG zu erzeugen. Demnach darf nicht zur Voraussetzung erhoben, gerade die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung habe schwangerschaftsbedingt nicht erbracht werden können. Vielmehr genügt der hier von der Klägerin behauptete schwangerschaftsbedingt erzwungene Verzicht auf eine Arbeitsoption. Im Hinblick auf den Gewerbebetrieb hat sich der Senat davon überzeugt, dass der Gewinn im Jahr 2015 niedriger als in den Vorjahren ausfiel.
4. Kausalität zwischen schwangerschaftsbedingter Krankheit und Einkommensausfall
§ 2 Abs. 1 Satz 2 BEEG verlangt für die Fälle schwangerschaftsbedingter Erkrankungen zusätzlich, dass dadurch ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit resultierte. Notwendig ist also ein kausaler Zusammenhang zwischen schwangerschaftsbedingter Krankheit und Einkommensausfall. Daran scheitert das Begehren der Klägerin. Denn für keine der möglichen schwangerschaftsbedingten Erkrankungen lässt sich ein darauf zurückgehender Einkommensverlust feststellen. Gerade für dieses Tatbestandsmerkmal hebt der Senat die Notwendigkeit einer ganz konkreten anstatt einer überschlägigen, „näherungsweisen“ Betrachtung hervor.
Materiell muss die Kausalität anhand der im Sozialrecht gängigen Theorie der wesentlichen Bedingung beurteilt werden. Das Bundessozialgericht (BSG) hat in einem Urteil vom 16.03.2017 – B 10 EG 9/15 R für Zurechnungsfragen im Rahmen von § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BEEG die Theorie der wesentlichen Bedingung proklamiert, wobei es damals nur um die Kausalität zwischen Schwangerschaft und Krankheit ging. Dieses Zurechnungsmodell muss aber auch als Maßstab für die hier in Frage stehende Kausalität zwischen schwangerschaftsbedingter Krankheit und Einkommensausfall herangezogen werden. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs beziehungsweise Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Eine Ursache, die als rechtlich allein wesentliche Ursache anzusehen ist, drängt die sonstigen Umstände in den Hintergrund; diese müssen in wertender Betrachtung als rechtlich nicht wesentliche Mitursachen für die Frage der Verursachung unberücksichtigt bleiben (BSG, Urteil vom 16.03.2017 – B 10 EG 9/15 R, Rn. 22, m.w.N.). Nach versorgungsrechtlichen Grundsätzen, die aber verallgemeinerungsfähig sind, darf ein Verursachungsfaktor bei Vorhandensein mehrerer nur dann als wesentliche Bedingung qualifiziert werden, wenn annähernde Gleichwertigkeit besteht (vgl. statt vieler BSG, Beschluss vom 08.09.1958 – 9 RV 158/55, Rn. 2; Urteil vom 09.12.1969 – 9 RV 418/67, Rn. 16).
Das bedeutet für die Klägerin, dass es ihr noch nichts nützen würde, wäre eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung bloße conditio sine qua non für einen Ausfall von Erwerbseinkommen. Vielmehr müsste die schwangerschaftsbedingte Erkrankung im Verhältnis zu anderen Kausalbeiträgen der dominierende Faktor sein oder wenigstens gleichwertig mit anderen dominieren. Dabei gehen verbleibende Restzweifel zu Lasten der Klägerin; dieser obliegt wie gesagt die objektive Beweislast.
Und tatsächlich vermag der Senat unter keinem Blickwinkel festzustellen, irgendeine schwangerschaftsbedingte Erkrankung könnte wesentliche Bedingung für irgendeinen Ausfall von Erwerbseinkommen gewesen sein. Wer Gegenteiliges vertritt, geht von spekulativen Sachverhalten aus. Das gilt sowohl im Hinblick auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (vgl. dazu unten a) als auch im Hinblick auf die Einkünfte aus Gewerbebetrieb (vgl. dazu unten b).
a) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
Für die Zeit des von Frau E. angeordneten individuellen Beschäftigungsverbots steht zur Überzeugung des Senats zwar eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung fest, jedoch kein dadurch bedingter Ausfall von Arbeitsentgelt. Denn ein Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MuSchG aF (aktuell § 16 MuSchG), wie das von Frau E. ausgesprochene, führt dazu, dass die Arbeitnehmerin nach § 11 MuSchG aF (aktuell § 18 MuSchG) für seine Dauer Anspruch auf Mutterschutzlohn hat. Auch die Klägerin hat während ihres Beschäftigungsverbots Mutterschutzlohn erhalten. Dieser hat keine Entgeltlücken offengelassen. § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG aF lautet:
Den unter den Geltungsbereich des § 1 fallenden Frauen ist, soweit sie nicht Mutterschaftsgeld nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung beziehen können, vom Arbeitgeber mindestens der Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen oder der letzten drei Monate vor Beginn des Monats, in dem die Schwangerschaft eingetreten ist, weiter zu gewähren, wenn sie wegen eines Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs. 1, §§ 4, 6 Abs. 2 oder 3 oder wegen des Mehr-, Nacht- oder Sonntagsarbeitsverbots nach § 8 Abs. 1, 3 oder 5 teilweise oder völlig mit der Arbeit aussetzen.
Daraus wird deutlich, dass der Mutterschutzlohn sich an einem Referenzlohn orientiert, der vor Beginn der Schwangerschaft verdient worden war. Der Referenzlohn kann demnach nicht durch schwangerschaftsbedingte Umstände reduziert sein. Für die Klägerin wirkte sich diese Berechnungstechnik in hohem Maß günstig aus. Denn die besonders einkommensstarken Monate März und April 2015 gehörten zum Referenzzeitraum. Damit hat die Klägerin kurioser Weise einen höheren Erlös erzielt, als wenn sie in den Monaten November und Dezember 2015 tatsächlich Arbeitsleistung erbracht hätte. Denn diese beiden Monate gehörten zur Vorlesungszeit der Universität A-Stadt, so dass die Klägerin im Höchstfall 20 Stunden pro Monat gearbeitet hätte. Vor diesem Hintergrund wäre es unseriös, hier einen Entgeltausfall zu bejahen.
Aber auch für den übrigen Zeitraum der abhängigen Beschäftigung, der in die Schwangerschaft fiel (Juni bis Oktober 2015), wäre es spekulativ, eine schwangerschaftsbedingte Krankheit als wesentliche Ursache irgendeines Entgeltausfalls zu sehen.
aa) Keine Arbeitsunfähigkeit
Wie unter 1. ausgeführt, geht der Senat davon aus, dass die Klägerin tatsächlich vereinzelt schwangerschaftsbedingt krank war, auch wenn sich diese Erkrankungen zeitlich und qualitativ nicht ansatzweise konkretisieren lassen. Es liegen lediglich allgemein gehaltene Angaben von Dr. J. vor, die eine nähere Zuordnung und Bestimmung nicht zulassen. Auch deren mitgeschickte Unterlagen geben diesbezüglich keine Aufschlüsse.
Belegt ist nicht einmal ein Arbeitsausfall im Zeitraum Juni bis Oktober 2015, der durch die Schwangerschaft bedingt war. Denn für die Zeit vor dem individuellen Beschäftigungsverbot lässt sich keine Arbeitsunfähigkeit nachweisen, geschweige denn, genau terminieren.
Zwar wird die Arbeitsunfähigkeit nicht ausdrücklich als Tatbestandsvoraussetzung in § 2b Abs. 1 Satz 2 BEEG genannt. Trotzdem ist sie unabdingbares logisches Bindeglied, um einen Ausfall von Arbeitsentgelt auf eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung als wesentliche Ursache zurückführen zu können. Im Rahmen der Kausalitätsprüfung macht es einen beträchtlichen Unterschied, ob die schwangerschaftsbedingte Krankheit Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte oder nicht:
* Bei einer Arbeitnehmerin mit einem im Arbeitsvertrag fix geregelten Stundensoll kann davon ausgegangen werden, dass eine Krankheit ohne gleichzeitige Arbeitsunfähigkeit nicht zu einem Entgeltausfall führt. Ist jemand „nur krank“, nicht aber arbeitsunfähig, bleibt diese Person zur Arbeitsleistung verpflichtet und fähig. Verweigert sie diese gleichwohl, hat sie zwar einen Entgeltausfall. Im Rahmen der Theorie der wesentlichen Bedingung ist aber zu beachten, dass der Entgeltausfall in erster Linie darauf beruht, dass die Person nicht gearbeitet hat, obwohl sie es gesundheitlich hätte können und arbeitsvertraglich hätte müssen. Dieser vom Betroffenen autonom gesetzte Kausalfaktor ist derart dominierend, dass er die Krankheit als Auslöser des Ganzen überlagert. Nur wenn auch Arbeitsunfähigkeit gegeben ist, kann die Krankheit maßgebende Ursache im Sinn einer wesentlichen Bedingung für einen Entgeltausfall sein.
* Im Fall der Klägerin ist die Konstellation eine andere. Hier liegt ein optionales Arbeitsquantum vor. Vorgegeben ist lediglich ein Höchstmaß der Arbeitsleistung: während der Semesterferien 40 Wochenstunden, sonst 20. Im Einzelnen musste die konkrete Arbeitsleistung immer wieder neu abgesprochen werden. Weder die Klägerin noch die KG verfügten offenbar über ein einseitiges Bestimmungsrecht – der konkrete Arbeitsumfang musste im Konsens festgelegt werden. Während also eine Arbeitnehmerin mit fest geregeltem Arbeitsquantum kraft Arbeitsvertrags die Pflicht hat, voll zu arbeiten, hatte die Klägerin im vorliegenden Fall nur die Möglichkeit. Dieser Unterschied rechtfertigt aber nicht, bei der Bewertung der kausalen Zusammenhänge die Arbeitsfähigkeit/Arbeitsunfähigkeit auszublenden. Ein hinreichender kausaler Zusammenhang zu der ausgeschlagenen Option, die volle Arbeitszeit einzubringen, darf nur dann bejaht werden, wenn die Krankheit auch zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat. Denn würde es im Fall der Klägerin an der Arbeitsunfähigkeit fehlen, hätte sie aus gesundheitlichen Gründen ja auch 40 Stunden arbeiten können. Wenn sie das, aus welchen Gründen auch immer, gleichwohl nicht in die Tat umsetzte, dann war die wesentliche Bedingung nicht die Krankheit, sondern ein davon unabhängiger, autonomer Entschluss der Klägerin, der im Kausalverlauf eine Zäsur bedeutet und der dominiert. Der Kausalverlauf ist gewahrt, wenn ein bestimmtes Pensum krankheitsbedingt nicht geleistet werden kann. Er ist aber unterbrochen, wenn beispielsweise die Erfüllung dieses Pensums nur unbequem erscheint. Es reicht nicht, wenn nur eine prophylaktische Arbeitsreduzierung erfolgt ist. Ebenso wenig ist die schwangerschaftsbedingte Erkrankung wesentliche Bedingung für eine Arbeitsreduzierung aufgrund höherer subjektiver Mühseligkeit (weil die Arbeit schwerer und damit unangenehmer empfunden wird).
Eine somit erforderliche Arbeitsunfähigkeit ist aber für den Zeitraum Juni bis Oktober 2015 nicht belegt. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wurden nicht ausgestellt. Auch ansonsten existieren keine Hinweise für auch nur einzelne Tage der Arbeitsunfähigkeit.
An dieser Stelle gereicht der Klägerin zum Nachteil, dass die von Dr. J. angegebenen Erkrankungen zeitlich und qualitativ in keiner Weise konkretisiert sind. Es kann nicht einmal nachvollzogen werden, wie sich die Klägerin an bestimmten Tagen im Zeitraum Juni bis Oktober 2015 körperlich gefühlt hat, geschweige denn, dass an bestimmten Tagen die gesundheitlichen Beschwerden einer ganztägigen Erwerbstätigkeit entgegengestanden haben. Falsch wäre, allein aufgrund der Zwillingsschwangerschaft den automatischen Schluss zu ziehen, die Klägerin sei nicht mehr imstande gewesen zu arbeiten; es spricht hier auch keine „tatsächliche Vermutung“ zu ihren Gunsten. Die Krankheitszeiten waren unabhängig von einer eventuellen Arbeitsunfähigkeit sicherlich überschaubar. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin im Zeitraum Juni bis Oktober 2015 nur an wenigen einzelnen Tagen schwangerschaftsbedingte Beschwerden hatte; dem hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auch nicht widersprechen wollen. Von einer durchgehenden oder auch nur länger bestehenden Krankheit kann keine Rede sein.
Das wird dadurch bestätigt, dass die Klägerin im gesamten Zeitraum von Juni 2015 bis Februar 2016 tatsächlich nur zwei Ärzte aufgesucht hat, eben Dr. J. und Frau E.. Bei Dr. J. war sie lediglich fünf Mal; für eine werdende Mutter erscheint dies keineswegs häufig. Ernstlich oder nachhaltig krank kann die Klägerin nicht gewesen sein. Die Anhäufung von Arztterminen im Juli ist lediglich darauf zurückzuführen, dass in diesem Monat die Schwangerschaft festgestellt wurde und noch die Zwillingsschwangerschaft abzuklären war. Im August und September suchte die Klägerin Dr. J. jeweils nur ein einziges Mal auf. Frau E. wiederum ist offenbar allein wegen der vorzeitigen Wehentätigkeit konsultiert worden – bezeichnender Weise erst Ende Oktober 2015 -, nicht aber, weil es der Klägerin vorher so schlecht gegangen war. Wenn also gesundheitliche Beschwerden vorgelegen haben sollten, dann sicher nicht in dem Ausmaß, dass für längere Zeit Arbeitsunfähigkeit daraus resultieren konnte. Die Befundberichte zu den Doppler-Untersuchungen am Klinikum A-Stadt geben keinerlei Aufschluss über Beschwerden der Klägerin, sondern betreffen nur die ungeborenen Kinder; die Befindlichkeiten der Klägerin spielten dabei keine Rolle.
Weitere Fakten belegen dies: Dass die Klägerin ihre gesundheitliche Situation in den Monaten vor Oktober 2015 selbst nicht als besonders schlecht einstufte, zeigt ihre zeitnahe Angabe im Elterngeldantrag; in einem eigenen Formblatt hatte die Klägerin am 23.03.2016 als Phase einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung lediglich angegeben „02.11.2015 bis 02.02.2016“. Und noch Mitte September 2015 ging es der Klägerin so gut, dass sie und die KG die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis 31.12.2015 vereinbarten. Offenbar hatte die KG keinerlei Bedenken, die Klägerin würde nicht bis Ende des Jahres gesundheitlich und kräftemäßig durchhalten können.
Dem Attest der Dr. J. vom 18.04.2016 misst der Senat keinen Aussagewert bei. Sage und schreibe zweieinhalb Monate nach der Entbindung bescheinigte die Ärztin, dass die Klägerin wegen der Schwangerschaft einen Schonarbeitsplatz erhalten sollte. Schon die schieren zeitlichen Relationen lassen das Attest fragwürdig erscheinen.
Letztlich scheinen die gesundheitlichen Beschwerden der Klägerin in der Phase Juni bis Oktober 2015 so geartet gewesen zu sein, dass sie die Klägerin nur an einzelnen Tagen betroffen haben. Auch der Zeuge C. hat in der mündlichen Verhandlung lediglich bekundet, „gefühlt“ seien es „einige Tage“ gewesen, an denen die Klägerin sich am Morgen entschuldigt habe. Eine exakte zeitliche Zuordnung ist allerdings unmöglich; auch der Zeuge C. hat sich dazu nicht in der Lage gesehen. In gleicher Weise ist es unmöglich, in diesem Zeitraum auch nur für einen einzigen Tag gesichert Arbeitsunfähigkeit, hervorgerufen gerade durch eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung, anzunehmen. Das unterstreicht die Aussage des Zeugen C., wonach die Klägerin nie angab, aus welchem Grund es ihr schlecht ging, wenn sie sich am Morgen entschuldigte.
Dieses Ergebnis erscheint vor dem Hintergrund sehr plausibel, dass es sich bei der Tätigkeit der Klägerin nach deren eigener Aussage (Schriftsatz im Berufungsverfahren vom 08.02.2018) um eine Tätigkeit mit geringstmöglicher Belastung handelte, die – so die Klägerin sinngemäß – qualitativ bereits einem Schonarbeitsplatz entsprach.
Unabhängig von dem Problem, dass rein schon aus medizinischer Perspektive im Zeitraum Juni bis Oktober 2015 keine Zeiten der Arbeitsunfähigkeit nachweisbar sind, erbringt auch die von der Klägerin tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung keinen Hinweis für Arbeitsausfälle, die durch eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung verursacht wurden. Unter Vorlage einer Bestätigung vom 18.04.2016 des Zeugen C., ihres unmittelbaren Vorgesetzten, hat die Klägerin Arbeitsausfälle in der vorlesungsfreien Zeit von August bis Oktober 2015 behauptet. Gerade die im Berufungsverfahren vorgelegten Stundenaufzeichnungen weisen aber darauf hin, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit andere Gründe wesentliche Bedingungen für einen unterstellten Arbeitsausfall waren.
Betrachtet man die Arbeitszeitaufzeichnung für Oktober 2015, stellt man für die zweite Oktoberhälfte keinerlei Reduktion der Arbeit fest, obwohl – das gilt es zu betonen – ab 12.10.2015 schon wieder die Vorlesungszeit an der Universität A-Stadt begonnen hatte. Man findet im Oktober nicht einen einzigen Werktag (außer Samstag), an dem die Klägerin nicht gearbeitet hatte. Die Zahl der Gesamtstunden war mit 89,10 hoch. Das erstaunt umso mehr, als in diesem Monat die vorzeitige Wehentätigkeit eintrat und die Klägerin sich bereits im fünften Schwangerschaftsmonat befand.
Für die Monate August und September vermitteln die Stundenaufzeichnungen kein wesentlich anderes Bild. Laut diesen Unterlagen gab es im September nur einen einzigen Werktag (außer Samstag), an dem die Klägerin nicht arbeitete (der 08.09.2015); die Gesamtstundenzahl war mit 78,10 relativ hoch. Für den Monat August 2015 gilt mit kleinen Abstrichen das Gleiche. Der Zeuge C. hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, aufgrund der betrieblichen Notwendigkeiten (Abwicklung des Asiengeschäfts) habe die Klägerin ihre Arbeitsleistung vorwiegend vormittags erbracht. Festzuhalten bleibt, dass die Klägerin während des gesamten fraglichen Zeitraums, wenn überhaupt, so nur äußerst selten ganztägig außerstande war, ihrer Arbeit nachzugehen. Allgemein ist bekannt, dass Schwangerschaftserbrechen in erster Linie am Morgen auftritt. Dazu steht im Gegensatz, dass die Klägerin ihrer Arbeitsleistung ganz überwiegend am Vormittag erbrachte. Das Schwangerschaftserbrechen hat die Klägerin also nicht nennenswert von ihrer Arbeit abhalten können. Solche gesundheitlichen Beschwerden, die mit Fortdauer der Schwangerschaft erst entstehen oder zunehmen (z.B. Erschöpfung, Stammvarikosis), können die Klägerin in den Monaten August und September 2015 nicht wirklich beeinträchtigt haben, wenn schon im fünften Schwangerschaftsmonat, nämlich im Oktober 2015, keine darauf zurückzuführenden Ausfälle identifiziert werden können.
Die geradezu kuriose Konstellation, dass die Klägerin im Oktober 2015, wo erwiesenermaßen ernsthafte schwangerschaftsbedingte Gesundheitsbeschwerden auftraten und zudem die Vorlesungszeit begann, mehr und konstanter Arbeitsleistung erbrachte als in den Vormonaten August und September, spricht gegen einen schwangerschaftsbedingten Arbeitsausfall in den Monaten August und September. Alles weist vielmehr darauf hin, dass dafür ein anderer, vom Zeugen C. angeführter Grund maßgebend war. Der Sommer 2015 war außerordentlich heiß. Zu allem Überfluss war der Klägerin ein Arbeitszimmer zugewiesen, welches in hohem Maß wärmeexponiert war; das Zimmer hatte Südlage. Der Zeuge C. hat mitgeteilt, auch andere Mitarbeiter hätten mit dem Raum Probleme; er selbst wollte darin nicht arbeiten. Damit verträgt sich zwanglos, dass die Klägerin zumeist nur einen halben Tag gearbeitet hat. In nach Süden ausgerichteten Räumen sind die klimatischen Verhältnisse zumeist vormittags noch erträglich, während am frühen Nachmittag das Arbeiten schwerfällt. Man muss nicht erst krank sein, um derartigen Arbeitsbedingungen auszuweichen. Sofern also die Klägerin um die Mittagszeit das Büro verlassen hat, liegt es viel näher, dies auf die räumlichen Unannehmlichkeiten als auf eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung zurückzuführen. Zwar mag die Schwangerschaft die unzureichenden Arbeitsverhältnisse noch unerträglicher gemacht haben, wesentliche Bedingung war sie im Vergleich dazu aber nicht.
Für die Monate Juni und Juli 2015 hat die Klägerin selbst nicht geltend gemacht, es sei zu schwangerschaftsbedingten Arbeitsausfällen gekommen. Entsprechendes wird nur für die Semesterferien von August bis Oktober behauptet. Dann muss man aber mit Erstaunen registrieren, dass die Stundenaufzeichnungen für diese beiden Monate keine signifikant anderen Tagesarbeitszeiten ausweisen wie die Monate August bis Oktober 2015. Es fällt auf, dass im Juni und Juli 2015, die innerhalb der Vorlesungszeit lagen, einige Tage überhaupt nicht belegt sind. Aber auch im Juni tauchen tägliche Arbeitszeiten von gerade einmal 2:32, 3:32 oder 3:29 Stunden auf – exakt das war das Niveau von August bis Oktober. Das nährt die Einschätzung, dass die Klägerin ihre täglichen Arbeitszeiten aus anderen Gründen so geringhielt. Man darf also die kurzen Tagesarbeitszeiten im August, September oder Oktober nicht zwangsläufig auf etwaige besondere gesundheitliche Beeinträchtigungen zurückführen. Die Klägerin vermag nicht mit dem Einwand durchzudringen, im Juni habe sie deswegen so wenig gearbeitet, um die arbeitsvertraglich festgelegte 20-Stunden-Grenze nicht zu überschreiten. Hätte sie das nämlich getan, so mag die Klägerin argumentieren, wäre sie nicht mehr als Werkstudentin krankenversicherungsfrei gewesen. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass dies der Wahrheit entspricht. Denn mit einer Monatsarbeitsleistung im Juni von 62:45 Stunden lag die Klägerin sehr weit unter der zulässigen Grenze. Es hätte somit keinerlei Anlass bestanden, die tägliche Arbeitszeit im Juni derart zu verringern. Als Grund für die niedrige Arbeitsleistung können somit weder das Werkstudentenprivileg noch gesundheitliche Probleme angeführt werden. Festzuhalten bleibt: Die Arbeitsleistung im August, September und Oktober fällt keineswegs aus der Reihe. Im Gegenteil ist von Juli auf August eine Erhöhung der monatlichen Stundenzahl von 58:23 auf 73:42 zu beobachten, im September auf 78:10 Stunden und im Oktober gar auf 89:10 Stunden. Im Oktober fällt auch eine längste Tagesarbeitszeit von 7:24 Stunden auf; gerade in diesem Monat scheint die Klägerin besonders leistungsfähig und -willig gewesen zu sein.
Überhaupt muss jegliches Vorbringen, in den vorlesungsfreien Monaten sei aus dem Grund so wenig gearbeitet worden, um das Werkstudentenprivileg nicht zu gefährden, schon deswegen kritisch hinterfragt werden, weil diese niedrige Arbeitsleistung von vornherein nicht notwendig war, um die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung zu wahren. Denn das gelang der Klägerin ohnehin nicht. Sie hatte im Sommersemester 2015 nämlich keine Veranstaltungen an der Hochschule besucht; allein schon deswegen war sie nicht mehr Werkstudentin. Das Werkstudentenprivileg greift nur, soweit eine abhängige Beschäftigung neben dem Studium ausgeübt wird; hier aber spielte das Studium evident – wenn auch nur vorübergehend – keine Rolle mehr. Der Senat vermag sich nicht vorzustellen, dass dies der Klägerin nicht bewusst gewesen sein könnte.
bb) Entgeltfortzahlung
Unabhängig davon, dass schon ein durch eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung hervorgerufener Arbeitsausfall nicht festgestellt werden kann, würde es auch dann an einer kausalen Beziehung zu einem Entgeltausfall fehlen, wenn man einen solchen Arbeitsausfall unterstellen würde. Denn aufgrund der Bestimmungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) wäre der Klägerin kein Entgeltausfall entstanden. An dieser Stelle wiederholt der Senat seine Überzeugung, dass Arbeitsunfähigkeit, wenn überhaupt, so nur an sehr wenigen, einzelnen Tagen vorgelegen haben kann. Die Klägerin hätte sich schlicht krankmelden können und hätte dafür selbstverständlich Entgeltfortzahlung erhalten. Denn nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, ohne dass ihn ein Verschulden trifft. Nirgendwo im zwischen der Klägerin und der KG geschlossenen Arbeitsvertrag findet sich eine Andeutung, der Anspruch auf Entgeltfortzahlung könne eingeschränkt worden sein. Dies wäre im Übrigen arbeitsrechtlich auch gar nicht möglich.
Im Rahmen der Entgeltfortzahlung hätte die Klägerin für die vorlesungsfreien Monate sogar beanspruchen können, die Entgeltfortzahlung auf der Basis einer Arbeitszeit von 40 Wochenstunden zu bemessen. Das folgt aus § 4 Abs. 1 EFZG:
Für den in § 3 Abs. 1 oder in § 3a Absatz 1 bezeichneten Zeitraum ist dem Arbeitnehmer das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen.
Daraus geht hervor, dass das regelmäßige Arbeitsentgelt fortzuzahlen ist, und zwar gerade das regelmäßige während des Zeitraums des Arbeitsausfalls. Wie hoch das regelmäßige Arbeitsentgelt in der Vergangenheit war, ist unerheblich. Darauf käme es nur bei schwankendem Arbeitsentgelt an, was aber bei einer festen 40-Stunden-Arbeitszeit nicht gegeben wäre. Dem EFZG liegt das sog. modifizierte Entgeltausfallprinzip zugrunde. Der Arbeitnehmer soll diejenige Vergütung erhalten, die er erhalten hätte, wenn er nicht arbeitsunfähig krank geworden wäre (vgl. BAG, Urteil vom 24.03.2004 – 5 AZR 346/03; BAG, Urteil vom 16.07.2014 – 10 AZR 242/13; Linck in Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 17. Auflage 2017, § 98 Rn. 71).
Auf der Basis einer Arbeitszeit von 40 Wochenstunden hätte die Bemessung der Entgeltfortzahlung deshalb erfolgen müssen, weil für den fraglichen Zeitraum außerhalb der Vorlesungszeiten bereits von Beginn des Arbeitsverhältnisses an eine solche Arbeitszeit vereinbart war. Das hat sich über jeden Zweifel erhaben aus der Aussage des Zeugen C. in der mündlichen Verhandlung ergeben, die insoweit übrigens mit der eigenen Einlassung der Klägerin übereinstimmt. Das schriftliche Formular eines Werkstudentenvertrags hatte man deswegen verwandt, um überhaupt einen Anhalt zu haben, was zu regeln sei. Man war sich bewusst gewesen, hier nur einen Standardvordruck zu verwenden. Details und Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses sollten gesondert regelbar sein. Vor diesem Hintergrund kann die im schriftlichen Standardvertrag enthaltene Schriftformklausel nur als Scheingeschäft im Sinn von § 117 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kategorisiert werden. Die Klägerin und die KG waren sich einvernehmlich bewusst, dass auch die mündliche Absprache Geltung haben sollte, wonach während der vorlesungsfreien Zeit die Arbeitszeit 40 Wochenstunden betragen sollte. Dass die Klägerin letztlich dann doch weniger arbeiten durfte, beruhte nach den aufschlussreichen Ausführungen des Zeugen C. nicht darauf, dass die KG glaubte, keinen Rechtsanspruch auf die volle Arbeitsleistung zu haben, sondern weil die Klägerin gute Arbeit leistete und man angesichts dessen verminderte Arbeitsleistung immer noch für besser erachtete als keine. Man wollte die Klägerin offenkundig nicht demotivieren oder „vergraulen“, zumal die KG im Hinblick auf die Wenigerleistung der Klägerin keinerlei Vergütungsrisiko bei sich sah.
Der Einwand der Klägerin, hätte sie sich krankgemeldet, hätte die KG das Arbeitsverhältnis nicht bis 31.12.2015 verlängert, spiegelt die wahren Verhältnisse nicht ansatzweise wider. Wie der Zeuge C. in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt hat, wäre die Klägerin auf jeden Fall auch dann weiterbeschäftigt worden, wenn sie sich vereinzelt krankgemeldet hätte und so die KG hätte Entgeltfortzahlung hätte leisten müssen. Evident war der Zeuge C., der maßgebenden Einfluss auf die Verlängerung des Beschäftigungsverhältnisses hatte, in höchstem Maß mit der Arbeit der Klägerin zufrieden. Er wollte diese auf jeden Fall als Mitarbeiterin behalten. Nach dem Eindruck, den sich der Senat gemacht hat, wäre die Klägerin auch bei vereinzelten Krankmeldungen weit davon entfernt gewesen, ihren Arbeitsplatz aufs Spiel zu setzen. Nach dem 17.09.2015 – der Tag, an die Verlängerung bis zum Ende des Jahres vereinbart wurde – fehlte ohnehin jegliches Risiko insoweit.
Dass die Klägerin ihrer eigenen Aussage zufolge damals nicht gewusst haben wollte, dass sie Anspruch auf Fortzahlung des vollen Arbeitsentgelts hatte, vermag ihr nicht zu helfen. Durch den bewussten wie durch den versehentlichen Verzicht auf die Entgeltfortzahlung setzte sie eine autonome Ursache für einen Entgeltausfall, die allein wesentliche Bedingung war. Eventuelle schwangerschaftsbedingte Erkrankungen rückten demgegenüber in den Hintergrund.
b) Einkünfte aus Gewerbebetrieb
Auch in Bezug auf die Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb erweist sich kein hinreichender Zurechnungszusammenhang im Sinn der Theorie der wesentlichen Bedingung zwischen schwangerschaftsbedingter Erkrankung und Einkommensausfall. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ihre Tätigkeit in der GbR wie folgt beschrieben:
„Unsere Kunden befinden sich im Ausland – für den deutschen Markt sind wir zu klein. Wir verschicken benötigte Ersatzteile an unseren Kunden – unsere Qualität ist, dass wir schneller sind als zum Beispiel BMW. Die Arbeitsteilung sieht dergestalt aus, dass mein Mann das Versenden übernimmt und das Abholen der Ware von Lieferanten, während ich für die Kundenakquise zuständig bin. Des Weiteren bin ich zuständig für Buchführung im weiteren Sinne sowie für die Preiskalkulation. Die Akquisetätigkeit beinhaltet auch, dass ich Messen besuchen muss.“
Dem lässt sich entnehmen, dass die Klägerin keine körperlich anstrengende Arbeit verrichten musste, sondern in zeitlich eingeschränktem Umfang zuhause einer Bürotätigkeit nachging. Allenfalls die Messebesuche mögen eine gewisse Anstrengung abverlangt haben. Von daher besteht kein „Anfangsverdacht“, geschweige denn eine tatsächliche Vermutung, in Bezug auf die gewerbliche Tätigkeit sei die Arbeitsfähigkeit der Klägerin signifikant eingeschränkt gewesen. Welche Messebesuche damals konkret anstanden, hat die Klägerin nicht angeben können. Auch hier wirkt sich zu Lasten der Klägerin aus, dass Zeiten der Arbeitsunfähigkeit nicht konkret belegt sind, sondern nur diffus und allgemein behauptet werden.
Überdies hätte der Ehemann der Klägerin als Mitgesellschafter auch Aufgaben der Klägerin, zu denen sie aus gesundheitlichen Gründen womöglich nicht mehr in der Lage gewesen sein mag, mitübernehmen können. Die Klägerin hat zwar angegeben, sie habe im Umgang mit Geschäftspartnern ein überzeugenderes Auftreten als ihr Mann, was sie für die Messebesuche prädestiniere. Das aber hätte den Ehemann, der sich damals ebenso wie die Klägerin immerhin in akademischer Ausbildung befand und schon von daher sicherlich nicht komplett sozial inkompetent war, nicht daran gehindert, anstatt seiner schwangeren Frau einzelne Messen zu besuchen. Solches hat die Klägerin auch nicht behauptet. Jegliche Überlegungen in diese Richtung erscheinen auch vor dem Hintergrund unangebracht, dass der Ehemann ab 2016 den Gewerbebetrieb sogar allein führte.
Zwar hat die Klägerin immer wieder darauf hingewiesen, Umsätze seien Ende 2015 ausgeblieben. Jedoch lässt sich in der Umsatz- und Gewinnentwicklung der GbR keine Zäsur feststellen, die in Konnex mit der Schwangerschaft stehen könnte. Nach den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Einnahme-Überschuss-Rechnungen war nämlich bereits im Jahr 2014 – also weit entfernt von einer Schwangerschaft – ein massiver Umsatz- und Gewinneinbruch erfolgt. Das noch schlechtere Ergebnis des Jahres 2015 erscheint angesichts dessen eher als bloße Verstetigung einer schon lange vorher eingetretenen Entwicklung, welche andere Gründe haben muss. Somit besitzt der Hinweis auf die geringen Umsätze nicht die Aussagekraft, wie es sich die Klägerin vorstellt. Nicht zuletzt wird der Kausalitätsnachweis auch dadurch vereitelt, dass, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, Ende 2015 drei der Kunden der GbR insolvent wurden und daher neue Kunden gesucht werden mussten. Ein solches Wegbrechen des Kundenstamms hat mit der Schwangerschaft nichts zu tun. Es mag sein, dass Ende 2015 besondere Anstrengungen erforderlich gewesen wären, um dies zu kompensieren und neue Kunden zu akquirieren. Und es mag auch sein, dass diese besonderen Anstrengungen der Klägerin angesichts der Zwillingsschwangerschaft zu viel waren. Trotzdem ist insoweit nicht die Schwangerschaft wesentliche Bedingung, sondern der unabhängig davon eingetretene Verlust des Kundenstamms.
Nach alldem hat der Beklagte zurecht nicht das Kalenderjahr 2014, sondern das Kalenderjahr 2015 als Bemessungszeitraum herangezogen.
Sonstige Fehler des Beklagten bei der Ermittlung der Leistungshöhe liegen nicht vor. Zutreffend hat dieser einen Mehrlingszuschlag in Höhe von 300 EUR gewährt. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass bei Zwillingsgeburten gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 BEEG nur ein Anspruch auf Elterngeld besteht; dies hat die Klägerin aber ohnehin akzeptiert, indem sie nicht auch für B. Elterngeld beantragt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.


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