Sozialrecht

Keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit wegen Verweisbarkeit

Aktenzeichen  L 19 R 679/16

Datum:
14.12.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 141232
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB VI § 43, § 240

 

Leitsatz

Zu den Voraussetzungen einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (hier: Verweisbarkeit eines Schreiners auf die Tätigkeiten eines Kassierers in Bädern und Theatern oder Poststellenmitarbeiters). (Rn. 45 – 48)

Verfahrensgang

S 14 R 940/14 2016-02-29 Urt SGWUERZBURG SG Würzburg

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 29.02.2016 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Zwar hat der Kläger bei der Berufungseinlegung eine Beschränkung des Antrags auf die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit angedeutet gehabt. Eine eindeutige Beschränkung mit teilweiser Erledigungserklärung ist aber nicht erfolgt, so dass der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag einschließlich der Hilfsanträge zulässig war. Aus Sicht des Senates ist auch die Formulierung bei der Einlegung des Widerspruchs unschädlich, da die nachfolgende Verwaltungsentscheidung – Widerspruchsbescheid – sich auf alle möglichen Formen einer Rente wegen Erwerbsminderung bezogen hat.
Gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie
1.voll erwerbsgemindert sind,
2.in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und
3.vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, die in gleicher Weise für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gelten, hat der Kläger für alle in Frage kommenden Leistungszeitpunkte erfüllt, nachdem er im Anschluss an seine aus Beschäftigung gezahlten Pflichtbeiträge durchgängig Leistungen nach dem SGB III und dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezogen hat. Eine Anwendung von § 241 Abs. 2 SGB VI würde allerdings nicht in Betracht kommen, da der Kläger zum 01.01.1984 erst 53 Kalendermonate Pflichtbeiträge aufzuweisen gehabt hatte und damit die allgemeine Wartezeit (§ 50 Abs. 1 Satz 1 SGB VI) nicht erfüllt gehabt hatte.
Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die medizinischen Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 SGB VI erfordern, dass ein Versicherter nicht mindestens 6 Stunden täglich einsatzfähig ist. Ergänzend führt § 43 Abs. 3 SGB VI aus, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Eine volle oder teilweise Erwerbsminderung im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 2 bzw. Abs. 1 Satz 2 SGB VI liegt bei dem Kläger nach dem Ergebnis der Ermittlungen eindeutig nicht vor.
Zur Überzeugung des Senats verfügt der Kläger in Anbetracht seiner gesundheitlichen Einschränkungen über folgendes Leistungsbild: Er kann Tätigkeiten in wechselnder Stellung mit einem deutlichen Überwiegen des sitzenden Anteils verrichten, wobei die körperlichen Einschränkungen Tätigkeiten mit leichten bis mittelschweren Anforderungen zulassen. Vermieden werden müssen dabei Tätigkeiten mit Absturzgefahr, Zwangshaltungen, Knien, Hocken, gehäufte schwere Hebetätigkeiten, witterungsbedingte Einflüsse, häufiges Klettern und Steigen und längere Gehstrecken. Bei Beachtung der Einschränkungen kann die Arbeit täglich 6 Stunden und mehr verrichtet werden.
Der Senat sieht dies durch die Feststellungen des Dr. M. und des Dr. R., die von Prof. Dr. O. geteilt werden, bestätigt. Die gutachterlichen Feststellungen stimmen im sozialmedizinischen Leistungsbild sämtlich nahezu vollständig überein. Auch das Attest des behandelnden Orthopäden Dr. K. weicht letztlich nicht davon ab.
Ein Eintritt einer wesentlichen Verschlechterung der gesundheitlichen Situation des Klägers nach der Gutachtenerstellung ist ebenfalls nicht ersichtlich und wird nicht geltend gemacht. Im Zentrum der Beeinträchtigung des Klägers stehen nach wie vor die Folgen des Unfalls aus dem Jahr 2002 einschließlich der psychischen Begleiterscheinungen.
Eine Rente wegen voller Erwerbsminderung käme nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Beschluss vom 11.12.1969 – Az. GS 4/69; Beschluss vom 10.12.1976 – Az. GS 2/75, GS 3/75, GS 4/75, GS 3/76 – jeweils zitiert nach juris) auch in Betracht, wenn nur eine teilweise Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI) vorliegen würde, gleichzeitig aber eine Teilzeitbeschäftigung nicht ausgeübt würde und der Teilzeitarbeitsmarkt für den Kläger als verschlossen anzusehen wäre (s.a. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand August 2012, § 43 SGB VI Rn 30 mwN). Unabhängig von der Diskussion darüber, ob diese Rechtsprechung auch aktuell noch zur Anwendung zu bringen ist, scheitert ein derartiger Rentenanspruch daran, dass beim Kläger zur Überzeugung des Senats keine teilweise Erwerbsminderung im Rechtssinne vorliegt, da das quantitative Leistungsvermögen nicht gemindert ist.
Selbst wenn – wie im Fall des Klägers – eine relevante quantitative Einschränkung seines Leistungsvermögens an geeigneten Arbeitsplätzen nicht besteht, kann in bestimmten Ausnahmefällen dennoch eine Rentengewährung wegen voller Erwerbsminderung erfolgen. Dazu müssten allerdings die Voraussetzungen für einen von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelten sog. Katalogfall erfüllt sein, was beim Kläger nicht der Fall ist. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 09.05.2012, B 5 R 68/11 R – zitiert nach juris) ist bei der Prüfung, ob ein Ausnahmefall vorliegt, mehrschrittig vorzugehen. Zunächst ist festzustellen, ob mit dem Restleistungsvermögen Verrichtungen erfolgen können, die bei ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, wie Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Maschinenbedienung, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen. Wenn sich solche abstrakten Handlungsfelder nicht oder nur unzureichend beschreiben lassen und ernste Zweifel an der tatsächlichen Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen kommen, stellt sich im zweiten Schritt die Frage nach der besonderen spezifischen Leistungsbehinderung oder der Summierung ungewöhnlicher Einschränkungen und, falls eine solche Kategorie als vorliegend angesehen wird, wäre im dritten Schritt von der Beklagten eine Verweisungstätigkeit konkret zu benennen und die Einsatzfähigkeit dann hinsichtlich dieser Tätigkeit abzuklären (vgl. Gürtner a.a.O. Rn 37 mwN).
Für den Senat ergeben sich bereits keine ernsthaften Zweifel an der Einsatzfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, da bis auf Transportieren alle Arbeitsfelder grundsätzlich geeignet wären, solange die Möglichkeit besteht, sie deutlich überwiegend im Sitzen zu verrichten. Eine schwere spezifische Behinderung wie etwa eine – ggf. funktionale – Einarmigkeit oder eine Summierung von ungewöhnlichen Einschränkungen bestehen nicht.
Der Kläger ist auch nicht gehindert, einen eventuellen Arbeitsplatz zu erreichen. Die Gehfähigkeit des Klägers ist grundsätzlich in dem geforderten Umfang (viermal täglich mehr als 500 Meter in jeweils weniger als 20 Minuten) zu bestätigen und auch die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist zumutbar.
Ein Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung oder – wie hilfsweise beantragt – wegen teilweiser Erwerbsminderung ist damit nicht nachgewiesen Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch auf die weiter hilfsweise beantragte Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI), wobei der Kläger von seinem Geburtsjahrgang her noch zu der Altersgruppe gehört, für die diese Übergangsvorschrift überhaupt in Betracht kommt.
Nach § 240 Abs. 2 SGB VI sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hat für die Einstufung der verschiedenen beruflichen Tätigkeiten ein Mehrstufenschema entwickelt, das ursprünglich von vier Gruppen ausging (vgl. etwa schon BSG, Urteil vom 09.09.1986, Az. 5b RJ 82/85- zitiert nach juris). Jede Stufe wurde dabei durch Leitberufe klassifiziert. Der ersten Stufe gehörten Vorarbeiter mit Vorgesetztenfunktion und besonders hoch qualifizierte Facharbeiter an, der zweiten Stufe Facharbeiter in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von mehr als zwei Jahren und ihnen Gleichgestellte. Der dritten Stufe gehörten angelernte Arbeiter an, die eine erforderliche Ausbildungszeit von längstens zwei Jahren Dauer, aber mindestens drei Monaten absolviert hatten. Der Gruppe der Ungelernten waren schließlich die Versicherten zuzuordnen, deren Tätigkeit nicht zu einer höherwertigen Einstufung führte. An der bestehenden Einteilung haben sich auch nach der ergänzenden Einbeziehung der früheren Angestelltenberufe in ein neues Sechsstufenschema keine wesentlichen Änderungen ergeben (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand August 2012, § 240 SGB VI, Rn. 24 mwN aus der Rechtsprechung).
Der Kläger hat eine Facharbeitertätigkeit erlernt und ausgeübt gehabt. Es ist nicht hinreichend ersichtlich, dass die vom Kläger zuletzt ausgeübte Tätigkeit dieses Qualifikationsniveau nicht mehr erreicht gehabt hätte. Hinzu kommt, dass die angesprochene Veränderung des Tätigkeitsbildes im Gefolge des Unfalls des Klägers eingetreten war und somit nachvollziehbar die Veränderung des Tätigkeitsbildes auf diese – für die Rentenversicherung bedeutsam werden könnende – gesundheitliche Verschlechterung des Klägers zurückzuführen war.
Für den Senat ergibt sich aus sämtlichen Gutachten, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen auf den üblichen Arbeitsplätzen für Schreiner nicht mehr vollumfänglich einsatzfähig ist. Eine Rentengewährung setzt aber über die nachgewiesene wesentliche gesundheitliche Einschränkung im erlernten und ausgeübten Beruf hinaus voraus, dass auch keine sogenannte Verweisungstätigkeit mehr zumutbar ist.
Da beim Kläger eine Facharbeitertätigkeit als Tischler/Schreiner maßgeblicher Ausgangsberuf ist, ist die Verweisung auf dieselbe und auf die nächst niedrigere Stufe – also angelernte Tätigkeiten – zulässig (Gürtner a.a.O. Rn. 95). Damit ist der Kläger nicht auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und die Beklagte ist gehalten, eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen (Gürtner a.a.O. Rn. 114).
Aus den gutachterlichen Feststellungen zu den benannten Verweisungstätigkeiten ergibt sich zunächst, dass ein zeitlich nicht eingeschränkter Einsatz als Endkontrolleur in der Möbelindustrie nicht in Betracht kommt, da dort regelmäßig das Stehen überwiegt und der Kläger einer solchen Tätigkeit gesundheitlich nicht gewachsen ist. Auch für die Tätigkeit des Hausmeisters liegen Beschränkungen vor, die vor allem im Ausschluss des Besteigens von Leitern liegen. Eine Tätigkeit als Hauswart ist ebenfalls nicht zumutbar, da auch hier der ausreichende sitzende Anteil fraglich ist.
Allerdings ist dem Kläger die Tätigkeit eines Kassierers in Bädern und Theatern sozial zumutbar. Daran ändern auch die Hinweise der Klägerseite nichts, die unter Berufung auf vorgelegten Unterlagen für eine Kassierertätigkeit eine Anlernzeit von üblicherweise mehr als 3 Monaten in Frage stellt. Zutreffend hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass etwa in dem Tarifvertrag über die Entgeltordnung des Bundes Kassierertätigkeiten ausdrücklich erfasst sind. Sie erstrecken sich über den Bereich von der Entgeltgruppe 2 bis zur Entgeltgruppe 9b. Aus dem Vergleich mit den Beschreibungen zur allgemeinen Verwaltungstätigkeit lässt sich ersehen, dass zur Entgeltgruppe 5 Beschäftigte im Kassendienst zählen, deren Tätigkeit gründliche Fachkenntnisse erfordert, was mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung gleichgesetzt wird. Zur Entgeltgruppe 3 zählen Beschäftigte im Kassendienst mit Tätigkeiten, für die eine fachliche Anlernung erforderlich ist. Lediglich in der Entgeltgruppe 2 sind Beschäftigte im Kassendienst mit so einfachen Tätigkeiten befasst, dass eine einfache Einarbeitung ausreicht, wobei aber selbst diese noch über eine sehr kurze Einweisung oder Anlernphase hinausgeht. Aus Sicht des Senates ist lediglich bei der Entgeltgruppe 2 von Tätigkeiten auf der untersten Stufe des Mehrstufensystems des Bundessozialgericht auszugehen, während Kassentätigkeiten in allen anderen Entgeltstufen für den Kläger sozial zumutbare Verweisungstätigkeiten darstellen.
Auch die Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters ist dem Kläger sozial zumutbar. Die Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters beinhaltet nach der Beschreibung des Bayer. Landessozialgerichts (Urteil vom 16.02.2015 – L 13 R 250/14) die Entgegennahme und das Öffnen der täglichen Eingangspost sowie der Hauspost, die Entgegennahme des Inhalts von Postsendungen, die Überprüfung der Vollständigkeit, das Anbringen eines Posteingangsstempels bzw. eines Eingangs-/Weiterleitungsvermerks, das Anklammern der Anlagen, das Auszeichnen, Sortieren und schließlich das Verteilen der Eingangspost innerhalb der Poststelle in die Fächer der jeweils zuständigen Abteilungen. Daneben würden Poststellenmitarbeiter die Ausgangspost vorbereiten. Dies geschehe durch das Falzen und Sortieren, Kuvertieren bzw. Verpacken der Post, das Frankieren und Bereitstellen der ausgehenden Post, das Bedienen der ausgehenden Aktenpost, das Packen von Päckchen und Paketen, das Eintragen von Wert- und Einschreibesendungen in Auslieferungsbücher. Hierbei handele es sich regelmäßig um eine körperlich leichte Arbeit im Wechsel vom Sitzen, Gehen und Stehen in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen, zum Teil in Großraumbüros. Es werde überwiegend im Sitzen, teilweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Die Tätigkeit erfordere keine besonderen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen sowie die Feinmotorik der Hände; ausreichend seien durchschnittliche Lese- und Schreibkenntnisse. Das Tragen von Lasten von über 10 kg sei zumindest in größeren Behörden und Firmen nicht typisch für die Tätigkeiten in einer Poststelle. Besondere Anforderungen in geistiger Hinsicht, die über eine Einarbeitung von wenigstens 3 Monaten erforderlich machen würden, würden nicht gestellt.
Der Senat geht dabei davon aus, dass beim Kläger durch seine Facharbeitertätigkeit allgemein verwertbare Vorkenntnisse vorliegen, die über den speziellen Einsatzbereich in der Holzbearbeitung hinausgehen und es dem Kläger ermöglichen, die genannten Verweisungsberufe in einer Anlernzeit von bis zu 3 Monaten ausüben zu können.
Damit sind zur Überzeugung des Senats die Tätigkeiten eines Kassierers in Bädern und Theatern und eines Poststellenmitarbeiters Berufstätigkeiten, auf die der Kläger verwiesen werden kann. Zwar mag beim Kassierer der ausreichende Wechselrhythmus und beim Poststellenmitarbeiter der ausreichende sitzende Anteil nicht an allen Arbeitsplätzen gewährleistet sein. Nach den vorliegenden Unterlagen aus BERUFENET und den in Bezug genommenen Gerichtsentscheidungen ist zu ersehen, dass die Einschränkungen der Arbeitsbedingungen beim Kläger einem Einsatz in diesen beiden Tätigkeiten nicht entgegenstehen.
Ob sich der Kläger auch in angelernte Registraturtätigkeiten in der erforderlichen Zeit einarbeiten kann, kann dahingestellt bleiben. Ebenfalls offenbleiben kann die Frage, ob der Kläger auch auf die Ausübung von Furnier- und Einlegearbeiten verwiesen werden kann. Diese wären dem Kläger – wie auch vom Gutachter Dr. R. ausgeführt – gesundheitlich weiter zumutbar, da diese Tätigkeit vorwiegend im Sitzen ausgeübt werden kann, der Kläger sie über einen langen Zeitraum tatsächlich ausgeübt hat und seither keine wesentlichen gesundheitlichen Verschlechterungen nachgewiesen sind. Der Senat sieht darin auch eine abgrenzbare, arbeitsmarktgängige Spezialisierungstätigkeit, die als Furniertischler bezeichnet werden kann. Auch wenn diese Tätigkeit berufskundlich erfasst ist, ist vorliegend nicht zu entscheiden, ob für diese Tätigkeit auf dem deutschen Arbeitsmarkt noch Stellen – frei oder besetzt – in ausreichender Anzahl vorhanden sind.
Dementsprechend sind die Entscheidungen der Beklagten, die einen Rentenanspruch des Klägers nicht als belegt ansehen, nicht zu beanstanden und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 29.02.2016 war als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.


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