Sozialrecht

Keine SGB-II-Leistungen bei Verstoß gegen Mitwirkungspflicht

Aktenzeichen  S 5 AS 702/14

Datum:
28.1.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 137081
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Landshut
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB II § 7 , § 9 Abs. 1

 

Leitsatz

Kann die Hilfebedürftigkeit mangels Mitwirkung des Klägers und bei Fehlen weiterer Ermittlungsmöglichkeiten nicht festgestellt werden, entspricht es den Beweislastgrundsätzen, dass kein Leistungsanspruch bejaht werden kann und die Klage erfolglos bleiben muss.
Keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hat, wer trotz Rechtsfolgenhinweises jegliche Mitwirkung bei der Aufklärung des zu berücksichtigenden Einkommens und Vermögens verweigert.(Rn. 33 – 37) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

Streitgegenstand ist ein Anspruch des Klägers auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) im Zeitraum vom 01.02.2013 bis zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung. Bei Komplettablehnungen ohne eine zeitliche Begrenzung ist grundsätzlich der gesamte Zeitraum bis zur letzten mündlichen Verhandlung einer Tatsacheninstanz zu prüfen (vgl. BSG Urteil vom 25.06.2008 – B 11b AS 45/06 R, juris, Rn. 28; BSG, Urt. vom 16.05.2007 – B 11b AS 37/06 R, Rn.15; BSG, Urt. vom 31.10.2007 – B 14/11b AS 59/06 R, Rn. 13 sowie BSG, Urteil vom 11.11.2007 – B 8/9b SO 12/06). Dies gilt dann nicht, wenn – was vorliegend nicht der Fall ist – der Zeitraum durch den streitgegenständlichen Ablehnungsbescheid ausdrücklich begrenzt worden ist oder seine Wirkung durch einen Folgebescheid verliert (so etwa BSG, Urteil vom 22. März 2012 – B 4 AS 99/11 R -, SozR 4-4200 § 12 Nr. 18, Rn. 11; BSG Urteil vom 25.06.2008 – B 11b AS 45/06 R, juris, Rn. 28).
Die gem. § 54 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte kombinierte Anfechtungs- und (unechte) Leistungsklage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da diese rechtmäßig sind.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für den streitgegenständlichen Zeitraum, weil die erforderliche Hilfebedürftigkeit gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 9 SGB II nicht festgestellt werden kann.
Gemäß § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
Im vorliegenden Fall bleibt durch die fehlende Mitwirkung des Klägers bereits seit Jahren unklar, wie es um seine wirtschaftlichen Verhältnisse steht. Zum einen ist der Kläger Eigentümer einer Immobilie, zum anderen lassen Bewegungen auf dem Konto des Klägers den Schluss zu, dass der Kläger Einkommen erzielt und es kann nicht nachvollzogen werden, wie der Kläger seit Februar 2013 seinen Lebensunterhalt sichert.
Bereits seit dem Jahr 2005 wird der Kläger immer wieder auf seine Mitwirkungspflichten hingewiesen, es erfolgten wiederholt Aufklärungen in diversen Klage-, einstweiligen Rechtsschutz- und Beschwerdeverfahren auch durch das Sozialgericht und das Bayerische Landessozialgericht, dass der Kläger für die Prüfung eines Leistungsanspruches zwingend seine wirtschaftlichen Verhältnisse darlegen müsse.
Der Kläger verweigert jedoch jegliche Mitwirkung. Er legt weder fortlaufende, vollständige Kontoauszüge vor, noch gibt er Erklärungen zu, dem Beklagten bekannten, Kontovorgängen ab, noch nimmt er die Unterstützung des Beklagten bezüglich der Erstellung eines Verkehrswertgutachtens für seine Immobilie an.
Eine Aufklärung, ob der Kläger seinen Lebensunterhalt durch Einkommen oder Vermögen sichern kann, ist somit nicht möglich.
Der Kläger trägt die Beweislast für die Feststellung seiner Hilfebedürftigkeit (BSG Urteil vom 18.02.2010 – B 14 AS 32/08 R – in juris Rn. 18; Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 10/08 R – in juris Rn. 21; vgl. auch BVerfG Beschluss vom 01.02.2010 – 1 BvR 20/10 in juris).
Denn die Unerweislichkeit einer Tatsache, vorliegend die Hilfebedürftigkeit, geht zu Lasten desjenigen Beteiligten, der aus ihr eine günstige Rechtsfolge herleitet (vgl. BSG Urteil vom 24.05.2006 – B 11a AL 7/05 R – in juris Rn. 32).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

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