Sozialrecht

Leistungen, Arbeitslosengeld, Bewilligung, Einkommen, Krankengeld, Bescheid, Krankenkasse, Nachzahlung, Unterkunftskosten, Beschwerde, Kindergeld, Anrechnung, Aufhebung, Widerspruch, Sicherung des Lebensunterhalts, Sicherung des Lebensunterhaltes, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes

Aktenzeichen  S 8 AS 1003/19

Datum:
28.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 56211
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstattet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Entscheidung konnte im Wege des Gerichtsbescheides erfolgen, da gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Ein Gerichtsbescheid kann nur dann nicht ergehen, wenn es sich um einen Fall überdurchschnittlicher Schwierigkeit handelt (Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG,.12. Aufl, § 105, Rz. 6). Das ist nach Überzeugung der Kammer vorliegend nicht der Fall.
Insbesondere ist weder der Sachverhalt besonders schwer zu übersehen noch sind die wirtschaftlichen, sozialen, medizinischen oder technischen Hintergründe des Falles nicht leicht abzuschätzen (Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG,.12. Aufl, § 105, Rz. 6a). Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass es nicht von vornherein von Bedeutung ist, ob ein Fall erheblichen Arbeitsaufwand bedeutet (ebd.). Der Sachverhalt ist vorliegend geklärt. Wesentlich ist dabei, dass im Rahmen der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) nicht entscheidungserhebliche tatsächliche Umstände offen bleiben (Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG,.12. Aufl, § 105, Rz. 7). Die Klärung kann daher auch aufgrund von Beweisaufnahme zustande kommen (ebd.). Dies ist vorliegend geschehen.
Besondere rechtliche Schwierigkeiten liegen nicht vor. Besondere rechtliche Schwierigkeiten liegen dann vor, wenn der Fall komplizierte Rechtsfragen aufwirft, die höchstrichterlich noch nicht entscheiden sind (Schmidt in Meyer-Ladewig / Keller / Leitherer / Schmidt, SGG,.12. Aufl, § 105, Rz. 6b). Das ist vorliegend nicht der Fall. Die Frage der Anrechnung von Nachzahlungen auf SGB-II-Leistungen ist rechtlich weder kompliziert, noch höchstrichterlich ungeklärt.
Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 17.04.2020 ordnungsgemäß zum Erlass eines Gerichtsbescheids gehört.
Klagegegenstand ist der Bewilligungsänderungsbescheid vom 29.11.2018 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.11.2018, 01.03.2019, 15.05.2019, 12.06.2019 und 22.08.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.04.2019, jeweils, soweit sie den Zeitraum 01.01.2019 bis 31.05.2019 umfassen, denn nur dieser Zeitraum war vom mit Widerspruch und später der Klage S 8 AS 1003/19 angegriffenen Änderungsbescheid vom 29.11.2019 umfasst, sodass nach § 86 und § 96 SGG die weiteren Änderungsbescheide, die während des Widerspruchs- und Klageverfahrens ergingen, nur insoweit Gegenstand der zunächst des Widerspruchs und dann der Klage S 8 AS 1003/19 werden konnten, als sie den ursprünglich angegriffenen Zeitraum 01.01.2019 bis 31.05.2019 betrafen. Auf die entsprechenden Ausführungen auch im Beschluss des BayLSG vom 09.10.2019 (L 15 AS 525/19 B ER) wird verwiesen.
Die frist- und formgerecht (§§ 87, 92 SGG) eingelegte Klage gegen den Änderungsbescheid vom 29.11.2018 für die Zeit vom 01.01.2019 bis 31.05.2019 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.11.2019, 01.03.2019, 15.05.2019, 12.06.2019 und 22.08.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.04.2019 ist in der Form der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn für den Zeitraum 01.01.2019 bis 31.03.2019 ist die Bewilligung zwar aufgrund einer geringfügig zu niedrig angesetzten Anrechnung von Krankengeld zwar rechtswidrig, jedoch ist dies eine Rechtswidrigkeit zugunsten der Kläger, sodass sie nicht in ihren Rechten verletzt sind. Für die Zeit vom 01.04.2019 bis zum 31.05.2019 ist die Bewilligung hingegen rechtmäßig.
Den Klägern sind für den Zeitraum 01.01.2019 bis 31.05.2019 nach vorliegender Bescheidslage folgende SGB-II-Leistungen bewilligt worden:
– 01.01.2019 bis 31.03.2019 monatlich 258,75 Euro (maßgeblich: Änderungsbescheid vom 12.06.2019: Bedarf 1.981,88 Euro; Anrechnung von ALG I i.H.v. 706,58 Euro, Krankengeld von 658,56 Euro und Kindergeld in Höhe von 388,00 Euro; Bereinigung um 30,00 Euro Versicherungspauschale; keine Anrechnung von bayerischem Familiengeld),
– 01.04.2019 bis 30.04.2019: 243,73 Euro (maßgeblich: Änderungsbescheid vom 12.06.2019: Bedarf 1.981,88 Euro; Anrechnung von ALG I i.H.v. 706,58 Euro, Krankengeld von 673,56 Euro und Kindergeld von 388,00 Euro; Bereinigung um 30,00 Euro Versicherungspauschale; keine Anrechnung von bayerischem Familiengeld) und
– 01.05.2019 bis 31.05.2019: 950,32 Euro (maßgeblich: Änderungsbescheid vom 22.08.2019; Bedarf 1.981,88 Euro; keine Anrechnung der ALG-I-Nachzahlung, Anrechnung von Krankengeld von 673,56 Euro und Kindergeld von 388,00 Euro; Bereinigung um 30,00 Euro Versicherungspauschale; keine Anrechnung von bayerischem Familiengeld)
1. Zeitraum 01.01.2019 bis 31.03.2019 Für den Zeitraum vom 01.01.2019 bis zum 31.03.2019 ist die Bewilligung lediglich geringfügig zugunsten der Kläger rechtswidrig, sodass eine Rechtsverletzung der Kläger ausscheidet.
Die Antragsteller sind im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II hilfebedürftig. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann, § 9 Abs. 1 SGB II.
Vorliegend liegt ausgehend von einer Grundmiete von 442,88 Euro, Heizkosten von 99,00 Euro, Nebenkosten von 129,99 Euro (jeweils kopfteilig aufzuteilen) sowie Regelbedarfen von je 382 Euro (Kläger zu 1. und 2.) bzw. 302,00 Euro (Klägerin zu 3.) und 245 Euro (Kläger zu 4.) der Bedarf der Kläger bei je 549,72 Euro für die Kläger zu 1. und 2., bei 469,72 Euro für die Klägerin zu 3. und bei 412,72 Euro für den Kläger zu 4.. Der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft beläuft sich somit auf 1.981,88 Euro monatlich.
Auf diese Bedarfe ist nach §§ 9, 11 SGB II das Einkommen der Kläger anzurechnen. Als Einkommen sind nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen zu berücksichtigen.
Bayerisches Familiengeld wurde entsprechend der rückwirkend auch bereits ab dem 01.01.2019 geltenden Anrechnungsfreiheit auf SGB-II-Leistungen im nunmehr maßgeblichen Bescheid vom 12.06.2019 für die Zeit vom 01.01.2019 bis 01.03.2019 nicht mehr angerechnet.
Zu Recht hat der Beklagte das Kindergeld in Höhe von monatlich 194 Euro jeweils bei den Klägern zu 3. und 4. Euro als Einkommen angerechnet. Denn nach § 11 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 4 SGB II ist das Kindergeld für der Bedarfsgemeinschaft angehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28 SGB II, benötigt wird, als Einkommen des jeweiligen Kindes anzurechnen.
Zu Recht hat der Beklagte auch die Nachzahlung von Arbeitslosengeld I (in Höhe von insgesamt 4.239,48 Euro, Bescheid der Agentur für Arbeit vom 11.10.2018, Zufluss im Oktober 2018) verteilt auf sechs Monate beginnend ab dem Monat nach dem Zufluss (d.h. von November 2018 bis April 2019) und damit jedenfalls auch von Januar bis März 2019 in Höhe von monatlich 706,58 Euro angerechnet. Denn nach § 11 Abs. 3 Satz 1 SGB II sind zwar einmalige Einnahmen grundsätzlich in dem Monat anzurechnen, in dem sie zufließen. Nach § 11 Abs. 3 Satz 4 SGB II sind jedoch einmalige Einnahmen bei der Anrechnung auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen, wenn der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in nur einem Monat den Leistungsanspruch entfallen ließe. Das ist hier der Fall, denn die ALG-I-Nachzahlung in Höhe von 4.239,48 Euro übersteigt den monatlichen Bedarf der Kläger um mehr als das Doppelte. Der Betrag von 4.239,48 Euro war daher durch 6 zu teilen (=706,58 Euro) und auf sechs Monate verteilt anzurechnen. Der Beginn der auf sechs Monate verteilten Anrechnung der ALG-I-Nachzahlung vom Oktober 2018 war nach § 11 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB II auf November 2018 anzusetzen. Denn nach § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II werden Einmalzahlungen in bzw. bei zu verteilenden Einmalzuflüssen (Satz 4) ab dem Folgemonat des Zuflusses berücksichtigt, sofern für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen erbracht worden sind. Das ist hier der Fall, die SGB-II-Leistungen für Oktober 2018 waren bereits zu Monatsbeginn ausbezahlt worden. Die Anrechnung der auf sechs Monate verteilten ALG-I-Nachzahlung hatte damit in der Zeit von November 2018 bis April 2019 zu erfolgen.
Das Vorbringen der Kläger, es habe sich doch um eine ALG-I-Nachzahlung für einen zurückliegenden Zeitraum gehandelt, kann demgegenüber nicht durchgreifen. Denn nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II gelten als anzurechnende einmalige Einnahmen auch als Nachzahlung zufließende Einnahmen, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht werden.
Weiterhin kann auch das Vorbringen der Kläger, die ALG-I-Nachzahlung sei zur Begleichung von Schulden verwendet worden und habe der Bedarfsgemeinschaft damit gar nicht für die Sicherung des laufenden Lebensunterhalts zur Verfügung gestanden, nicht durchgreifen. Denn als Zufluss im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II gilt jeder Zufluss in Geld. Entscheidend für die Frage, ob ein Zufluss als Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II bedarfsmindernd anzurechnen ist, ist, ob ein tatsächlicher wertmäßiger Zuwachs im Sinne einer Mehrung des Gesamtvermögens nach Leistungsbeginn vorliegt. Abzustellen ist dabei auf den Moment des Zuflusses (Schmidt in: Eicher / Luik, SGB II, 4. Aufl., § 11 Rz. 21). Eine solche Vermögensmehrung ist vorliegend durch die Auszahlung der ALG-I-Nachzahlung erfolgt. Schulden ändern grundsätzlich nichts daran, dass tatsächlich zugeflossene Einnahmen (zunächst) auch bereitstehen. Sie ändern auch nichts an der Obliegenheit, während des SGB-II-Leistungsbezugs zufließende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts und nicht zur Schuldentilgung zu verwenden (Schmidt in: Eicher / Luik, SGB II, 4. Aufl. Rz. 26).
Auch aus den von den Klägern vorgelegten Fotos der Internetseite zur Privatinsolvenz folgt im Übrigen nichts anderes: Dort wird gerade zu einer Schuldentilgung vor dem Bezug von SGB-II-Leistungen geraten, weil bis in die Zeit des SGB-II-Bezugs hinein weiter fortbestehende Schulden während des SGB-II-Bezugs gerade nicht gegengerechnet oder sonst berücksichtigt werden.
Die Anrechnung der ALG-I-Nachzahlung ist somit in den streitigen Bescheiden, die sie letztlich durch den Änderungsbescheid vom 12.06.2019 für die Zeit vom 01.01.2019 bis zum 31.03.2019 erhalten haben, korrekt erfolgt.
Die Anrechnung der Krankengeldnachzahlung in Höhe von 4.041,36 Euro ist zwar für die Zeit vom 01.01.2019 bis zum 31.03.2019 mit der Bewilligung in der Fassung des letztlich einschlägigen Änderungsbescheids vom 12.06.2019 nicht in rechnerisch richtiger Höhe erfolgt. Denn tatsächlich hätte sie in Höhe von 673,56 Euro monatlich erfolgen müssen und nicht nur in Höhe von 658,56 Euro (Differenz 15 Euro pro Monat). Dies ist allerdings eine Abweichung zugunsten der Kläger, denen somit insgesamt 45 Euro für den Zeitraum 01.01.2019 bis 31.03.2019 zu viel bewilligt wurden.
Denn die am 17.12.2018 (auf dem Konto von B.K.) zugeflossene Zahlung von 4.041,36 Euro war nach den obigen Ausführungen zur sechsmonatigen Verteilung und zum Beginn der Anrechnung (§ 11 Abs. 3 SGB II) ab dem auf die Überweisung folgenden Monat Januar 2019 auf sechs Monate verteilt in Höhe von monatlich 673,56 Euro (4.041,36 Euro ./. 6) anzurechnen. Tatsächlich hat der Beklagte jedoch nur 658,56 Euro monatlich, also zugunsten der Kläger 15 Euro monatlich zu wenig angerechnet.
In Bezug auf die Krankengeldnachzahlung kann ebenfalls das Vorbringen der Kläger, es habe sich um eine Nachzahlung für einen vergangenen Zeitraum gehandelt, aufgrund der ausdrücklichen Regelung zur Anrechnung auch solcher Nachzahlungen in § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II nicht durchgreifen, s.o..
Ebenso kann auch der Umstand, dass diese 4.041,36 Euro direkt von der Barmer Ersatzkasse auf das Konto von B. überwiesen wurden, nicht zu einer Nichtanrechnung führen. Zwar sind grundsätzlich nur solche Mittel als Einkommen im Sinne von § 11 SGB II zu berücksichtigen, die zumindest im Moment des Zuflusses den SGB-II-Leistungsempfängern zunächst zur Deckung des Lebensunterhalts zur Verfügung standen (sogenannte „bereite Mittel“). Das könnte dafür sprechen, die Nachzahlung des Krankengeldes, die nicht auf ein Konto der Kläger erfolgte, nicht als Einkommen im Sinne des § 11 SGB II bedarfsmindernd anzurechnen. Jedoch ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts z.B. der vereinbarte Lohneinbehalt durch einen Arbeitsgeber zur Tilgung von Schulden eine bloße (unbeachtliche) Vermögensverwendung (BSG, Urteil vom 24.05.2017, B 14 AS 32/16 R). Nichts anderes kann für den hier vorliegenden Fall gelten, in dem ebenfalls Schulden (nicht bei einem Arbeitgeber, sondern einem privaten Dritten) bestehen und mit Zustimmung der Kläger eine Tilgung dieser Schuld durch direkte Auszahlung einer Krankengeldauszahlung an diesen Dritten erfolgt. Es handelt sich um eine bloße (in Bezug auf die Anrechnung als Einkommen nach § 11 SGB II) unbeachtliche Entscheidung der Kläger, die Krankengeldnachzahlung zur Krankengeldzahlung zur Schuldentilgung und nicht für den laufenden Lebensunterhalt zu verwenden. Für eine (wirksame) Abtretung (als Verfügungsgeschäft, nicht bloßes Verpflichtungsgeschäft durch Darlehen) des Anspruches des Klägers zu 1. gegen die Barmer Ersatzkasse an B.K. im Sinne eines Verfügungsgeschäfts, was unter bestimmten Voraussetzungen dazu führen könnte, dass die Auszahlung direkt an B.K. nicht als Einkommen der Kläger zu berücksichtigen wäre (vgl. Schmidt in: Eicher / Luik, SGB II, § 11, Rz. 26), bestehen vorliegend keinerlei Anhaltspunkte.
Die Bereinigung des Einkommens um die Versicherungspauschale in Höhe von 30 Euro nach § 11 b Abs. Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitslosengeld / Sozialgeld-Verordnung – ALG II-VO hat der Beklagte im Änderungsbescheid vom 12.06.2019 berücksichtigt.
Die Bewilligung, wie sie letztlich mit Änderungsbescheid vom 12.06.2019 für den Zeitraum 01.01.2019 bis 31.03.2019 unter Abänderung der zuvor für diesen Zeitraum erlassenen Bescheide erlassen wurde, ist damit zwar in Bezug auf die Höhe der Bewilligung geringfügig (in Höhe von 15 Euro monatlich) rechtswidrig, jedoch zugunsten der Kläger. Eine Rechtsverletzung der Kläger scheidet daher für den Zeitraum 01.01.2019 bis 31.03.2019 aus.
2. Zeitraum 01.04.2019 bis 30.04.2019 Für den Zeitraum 01.04.2019 bis 30.04.2019 ist mit den streitgegenständlichen Bewilligungen in der Fassung, die sie durch den Änderungsbescheid vom 12.06.2019 erfahren haben, rechtmäßig eine Bewilligung in Höhe von 243,73 Euro erfolgt.
Insofern kann auf die Ausführungen für den Zeitraum Januar bis März 2019 (oben 1.) verwiesen werden; die Bewilligung für April 2019 fällt lediglich deshalb (zu Recht) um 15 Euro niedriger aus als für die Monate Januar bis März 2019, weil für den Monat April 2019 nunmehr der korrekte monatliche Anteil (1/6 x 4.041,36 Euro) an der Krankengeldnachzahlung angesetzt wurde.
3. Zeitraum 01.05.2019 bis 31.05.2019 Für den Zeitraum 01.05.2019 bis 31.05.2019 ist mit den streitgegenständlichen Bewilligungen in der Fassung, die sie durch den Änderungsbescheid vom 22.08.2019 erfahren haben, ebenfalls rechtmäßig eine Bewilligung in Höhe von 950,32 Euro erfolgt. Insofern kann auf die Ausführungen oben unter 1. und 2. verwiesen werden. Zu der Bewilligungshöhe im April 2019 in Höhe von 243,73 Euro waren jedoch weitere 706,58 Euro dazuzurechnen, weil die auf sechs Monate verteilte Anrechnung der ALG-I-Nachzahlung (zugeflossen im Monat Oktober 2018) mit dem Monat April 2019 endete. Daraus ergibt sich ein Anspruch in Höhe von 950,31 Euro (= 1 Cent weniger, als den Klägern bewilligt wurde, also eine minimale Abweichung zugunsten der Kläger) .
4. Hinweis
Soweit die Kläger darauf verweisen, dass Ihnen die Bestreitung des Lebensunterhalts mit den aufgrund der auf sechs Monate verteilten Anrechnung der Nachzahlungen von Krankengeld und ALG I nicht möglich gewesen sei, da sie die Nachzahlungen ja schon für die Tilgung von Schulden verwendet hätten, so weist die Kammer auf folgendes hin: Bei einem solchen vorzeitigen Verbrauch von verteilt auf sechs Monate anzurechnendem Einkommen besteht gerade aufgrund der sich daraus ergebenden Schwierigkeiten, den laufenden Lebensunterhalt zu bestreiten, die Möglichkeit, vom Jobcenter ein Darlehen zu erhalten (§ 24 Abs. 4 Satz 2 SGB II). Dies haben die Kläger jedoch trotz entsprechender Angebote des Beklagten für einen Großteil des hier streitgegenständlichen Zeitraum 01.01.2019 bis 31.05.2019 mehrfach ausdrücklich abgelehnt; nur für die Monate Februar und März 2019 (Bescheid vom 01.03.2019) wurde daher ein entsprechendes Darlehen erteilt.
5. Ergebnis
Die SGB-II-Bewilligungen für die Zeit vom 01.01.2019 bis zum 31.05.2019 (Änderungsbescheid vom 29.11.2018 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.11.2018, 01.03.2019, 15.05.2019, 12.06.2019 und 22.08.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.04.2019) sind daher rechtmäßig (Zeitraum 01.04.2019 bis 31.05.2019), bzw. soweit sie rechtswidrig sind (Zeitraum 01.01.2019 bis 31.03.2019), so wurden den Klägern geringfügig höhere SGB-II-Leistungen bewilligt, als ihnen rechtmäßig zustanden, so dass sie nicht in ihren Rechten verletzt sind.
Die Klage wird daher abgewiesen.
6. Kosten
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.


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