Aktenzeichen S 2 R 222/19
Leitsatz
Tenor
I. Die Anhörungsrüge gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 09.01.2020, S 2 R 222/19, wird als unzulässig verworfen.
II. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Anhörungsrüge wird abgelehnt.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
1.
Mit Schriftsatz vom 10.04.2019, eingegangen am 15.04.2019, erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Würzburg, S 2 R 222/19, und stellte zugleich einen Antrag auf Prozesskostenhilfe. Die Klage wurde von der Klägerin in der Folgezeit mehrfach erweitert und abgeändert und beinhaltete schließlich verschiedene isolierte bzw. kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklagen. Insgesamt begehrte die Klägerin eine gerichtliche Klärung darüber, ob eine Zuzahlungsverpflichtung der Klägerin in Höhe von 420,00 Euro zur vom 05.12.2018 bis zum 29.01.2019 durchgeführten stationären Leistung zur medizinischen Rehabilitation in der Klinik H besteht, ob die seitens der Klägerin diesbezüglich bereits anteilig geleistete Zuzahlung in Höhe von 280,00 Euro von der Beklagten an die Klägerin zurückzuerstatten ist, ob die Beklagte der Klägerin ab dem 29.01.2019 eine ambulante Psychotherapie im Umfang von 2 Einheiten pro Woche zu gewähren hat, ob die Beklagte der Klägerin ab dem 16.01.2019 Übergangsgeld zu erbringen hat, ob die Beklagte die der Klägerin ab dem 27.07.2018 entstandenen Kosten für Zuzahlungen zu ambulanter Psycho- und Ergotherapie usw. sowie für Fahrten zu den ambulanten Nachbehandlungsmaßnahmen zu erstatten und einen Ausgleich für die von der Klägerin im Rahmen der Nachbehandlung in Anspruch genommenen Urlaubstage zu finden hat und ob die Beklagte die Klägerin auf Lebenszeit von Kosten bzw. Zusatzzahlungen (im Zusammenhang mit Reha-Maßnahmen, ambulanter oder stationärer augenärztlicher Behandlung, Krankenhausaufenthalten im Allgemeinen, ambulanter Psychotherapie, Bewegungs- und Entspannungstherapie, Quaddeln, Schwimmtherapie, Medikamenten) freizustellen sowie die Fahrtkosten bezüglich der notwendigen ambulanten Therapien zu übernehmen hat.
Mit Schriftsatz vom 10.07.2019 zeigte Herr Rechtsanwalt H unter Vorlage einer Vollmacht und eines Mandatsauftrages vom 06.07.2019 die anwaltliche Vertretung der Klägerin an. Mit Schriftsatz vom 16.07.2019 informierte die Klägerin das Gericht darüber, dass sie Herrn Rechtsanwalt H eine Vollmacht erteilt habe und dieser sie vertreten werde.
Mit dem am 21.11.2019 zugestellten Beschluss vom 27.09.2019 wurde der Antrag der Klägerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe nach § 73a Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 118 Abs. 2 S. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) abgelehnt, weil die Klägerin weder innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist noch bis zum Zeitpunkt der Entscheidung mittels Beschluss vom 27.09.2019 glaubhaft gemacht hatte, dass sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 01.10.2019 wurden die Beteiligten darüber informiert, dass beabsichtigt sei, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG zu entscheiden; sie erhielten Gelegenheit, sich hierzu bis zum 30.10.2019 zu äußern. Die Beklagte bestätigte den Empfang des gerichtlichen Schreibens vom 01.10.2019 unter dem 01.10.2019 und teilte mit Schriftsatz vom 07.10.2019 mit, dass seitens der Beklagten Einverständnis bestehe, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Der Bevollmächtigte der Klägerin bestätigte den Empfang des gerichtlichen Schreibens vom 01.10.2019 erst unter dem 21.11.2019. Aus diesem Grund gab das Gericht dem Bevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 21.11.2019, welches noch am selben Tag per Fax übersandt wurde, Gelegenheit, bis zum 05.12.2019 bezüglich der Anhörung zum Gerichtsbescheid Stellung zu nehmen. Der Eingang dieses gerichtlichen Schreibens wurde auf telefonische Nachfrage noch am 21.11.2019 durch die Kanzlei des Bevollmächtigten der Klägerin bestätigt.
Mit dem am 16.01.2020 zugestelltem Gerichtsbescheid vom 09.01.2020, S 2 R 222/19, wies das Gericht die Klage ab und informierte mittels Rechtsmittelbelehrung darüber, dass dieser Gerichtsbescheid mit der Berufung angefochten werden könne; die genauen Modalitäten hierzu wurden in der Rechtsmittelbelehrung dargelegt.
Die seitens der Klägerin gegen die Vorsitzende der 2. Kammer des Sozialgerichts Würzburg wegen Besorgnis der Befangenheit eingelegten Ablehnungsgesuche waren zuvor mit Beschluss vom 11.09.2019, S 6 SF 68/19 AB, und mit Beschluss vom 14.11.2019, S 6 SF 100/19 AB, zurückgewiesen worden.
Mit Schriftsatz vom 20.01.2020, eingegangen am 22.01.2020, hat die Klägern gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 09.01.2020 wegen Form- und Verfahrensfehlern und der Verletzung von Grundrechten eine Anhörungsrüge erhoben sowie einen formlosen Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt und eine Kopie des Kontoauszuges 51 Anlage 2 Blatt 2 sowie Kopien von früheren Eingaben im Verfahren S 2 R 222/19 beigefügt. Die Klägerin hat u.a. geltend gemacht, dass die Vorsitzende der 2. Kammer des Sozialgerichts Würzburg es unterlassen habe, die Parteien davon zu informieren, dass sie ohne mündliche Anhörung der Parteien einen Gerichtsbescheid erlassen wolle. Damit seien der Klägerin die Grundrechte versagt worden, konkret die mündliche und persönliche Anhörung vor Gericht, weswegen die Nichtgewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG gerügt werde. Im Rügeverfahrensantrag gegen den Gerichtsbescheid sei wegen Form- und Verfahrensfehlern eine persönliche und mündliche Anhörung der Klägerin erforderlich.
Mit den Schriftsätzen vom 23.01.2020, 29.01.2020, 08.02.2020 und 13.02.2020 hat die Klägerin ergänzend Stellung genommen. Im Schriftsatz vom 13.02.2020 hat die Klägerin u.a. mitgeteilt, dass Herr Rechtsanwalt H ihr mit Schreiben vom 13.01.2020 angekündigt habe, nun nicht mehr tätig sein zu wollen im Verfahren S 2 R 222/19 vor dem Sozialgericht Würzburg – auch nicht für das Instanzverfahren.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte im Verfahren S 2 R 222/19 Bezug genommen.
2.
Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 09.01.2020, S 2 R 222/19, ist gemäß § 178a Abs. 4 Satz 1 SGG als unzulässig zu verwerfen. Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Anhörungsrüge ist der Klägerin nicht zu bewilligen.
a)
Gemäß § 178a Abs. 1 Satz 1 SGG ist das Verfahren auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten fortzuführen, wenn (1.) ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und (2.) das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 09.01.2020, S 2 R 222/19, ist nicht statthaft und deshalb gemäß § 178a Abs. 4 Satz 1 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 09.01.2020, S 2 R 222/19, ist ein Rechtsmittel gegeben; dieser kann mit der Berufung angefochten werden. Hierüber wurde die Klägerin mittels Rechtsmittelbelehrunginformiert (vgl. Seite 19 des Gerichtsbescheides vom 09.01.2020, S 2 R 222/19). Die Berufung stellt ein Rechtsmittel i.S.d. § 178a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG dar, welches der Anhörungsrüge vorgeht.
Damit scheidet die von der Klägerin begehrte Fortführung des Verfahrens aus.
b)
Prozesskostenhilfe ist der Klägerin für das Verfahren der Anhörungsrüge nicht zu bewilligen.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe scheitert daran, dass für das Verfahren der Anhörungsrüge keine hinreichenden Erfolgsaussichten bestehen (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Insofern wird auf die obigen Ausführungen verwiesen (vgl. 2. a).
c)
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG und der Erwägung, dass die Klägerin mit ihrem Begehren erfolglos blieb.
Dieser Beschluss ist bezüglich der Entscheidung über die Anhörungsrüge inkl. Kostenentscheidung (Punkt I. und III. des Tenors) unanfechtbar, § 178a Abs. 4 Satz 3 SGG.
Bezüglich der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag (Punkt II. des Tenors) wird auf die Rechtsmittelbelehrungim Anschluss verwiesen.