Sozialrecht

Überschreitung der Förderungshöchstdauer

Aktenzeichen  12 ZB 20.2821

Datum:
10.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 2706
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BAföG § 15 Abs. 3, § 48

 

Leitsatz

1. Eine Erkrankung muss für eine nicht unerhebliche Verzögerung der Ausbildung kausal sein, soll sie die Überschreitung der Förderungshöchstdauer rechtfertigen.  (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein schwerwiegender Grund für die Überschreitung der Förderungshöchstdauer ist auch das Nichtbestehen einer Prüfung. Das Nichtbestehen einzelner Leistungsnachweise, das nicht an der Fortsetzung des Studium hindert, rechtfertigt eine Verlängerung der Förderungshöchstdauer allerdings nicht.  (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 3 K 19.305 2020-10-14 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin die Leistung von Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus.
I.
Die Klägerin studierte seit dem Wintersemester 2014/2015 Rechtswissenschaften an der Universität B. Während ihres Studiums lag die Regelstudienzeit für diesen Studiengang bei 9 Fachsemestern. Im ersten Fachsemesters bestand die Klägerin die Klausuren in den Fächern BGB-AT, Strafrecht-AT I, Staatsorganisationsrecht, Bausteine des Rechts, im Grundlagenfach sowie die Hausarbeit im Strafrecht. Im folgenden zweiten Fachsemester legte sie die Zwischenprüfungen im Bürgerlichen Recht, im Öffentlichen Recht und im Strafrecht ab, wobei sie letztere nicht bestand. Im dritten Fachsemester nahm sie erfolgreich an den Prüfungen im Sachenrecht, im Recht der vertraglichen Schuldverhältnisse, im Verwaltungs- und Verwaltungsprozessrecht sowie im Strafrecht III teil. Letztere Klausur wurde als erfolgreich abgelegte Zwischenprüfung im Strafrecht gewertet. Im vierten Fachsemester legte sie schließlich die Klausur im Rahmen der Übung für Fortgeschrittene im Strafrecht erfolgreich ab, gefolgt von der Hausarbeit der Übung im Strafrecht für Fortgeschrittene im fünften Fachsemester sowie weiteren stets erfolgreichen Prüfungen. Ferner reichte die Klägerin am 5. Juli 2016 beim beklagten Studentenwerk ein Zeugnis über das Bestehen der Zwischenprüfung sowie das Formblatt „Leistungsbescheinigung nach § 48 BAföG“ ein. Anhand dieses Formblatts wurde ihr bestätigt, dass sie bei geordnetem Verlauf ihrer Ausbildung die bis zum Ende des 4. Fachsemesters üblichen Leistungen erbracht hatte.
Zu Beginn des Sommersemesters 2015 – ihrem zweiten Fachsemester – erkrankte die Klägerin an infektiöser Mononukleose (Pfeifferschem Drüsenfieber) und befand sich deswegen ab 16. April 2015 mehrfach in ärztlicher Behandlung, vom 24. bis 29. April 2015 auch in stationärer Behandlung. Ab Ende Juni 2015 war die Krankheit weitestgehend ausgeheilt. Während ihrer Krankheit konnte die Klägerin nach eigenen Angaben an der Universität keine Lehrveranstaltungen besuchen.
Am 6. Januar 2019 beantragte die Klägerin beim beklagten Studentenwerk nach § 15 Abs. 3 BAföG die Leistung von Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus und gab dazu an, dass sie im Verlauf des zweiten Fachsemesters aufgrund einer Erkrankung die Zwischenprüfung im Strafrecht nicht bestanden habe. Daher hätte sie nicht schon im Wintersemester 2016/2017 (richtig wohl Wintersemester 2015/2016) mit der Übung im Strafrecht für Fortgeschrittene beginnen können; ihr Studium habe sich folglich um ein Semester verzögert. Diesen Antrag lehnte das Studentenwerk mit Bescheid vom 6. März 2019 ab, da Gründe für ein Überschreiten der Förderungshöchstdauer nach § 15 Abs. 3 BAföG nicht vorliegen würden. Am 5. Juli 2016 habe die Klägerin die Bescheinigung nach § 48 Abs. 1 BAföG vorgelegt. Demzufolge habe ein Leistungsrückstand gegenüber anderen Studierenden zu diesem Zeitpunkt nicht vorgelegen. Eine Berufung auf Verzögerungen, die vor dem Leistungsnachweis entstanden seien, sei der Klägerin daher nicht möglich.
Die hiergegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 14. Oktober 2020 ab. Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG werde über die Förderungshöchstdauer hinaus für eine angemessene Zeit Ausbildungsförderung geleistet, wenn sie infolge schwerwiegender Gründe überschritten worden sei. Einen schwerwiegenden Grund könne auch eine Erkrankung darstellen. Zugleich verlange die Leistung von Ausbildungsförderung nach § 9 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 BAföG den Nachweis der Eignung für die zu fördernde Ausbildung, insbesondere über die erbrachten Studienfortschritte durch Erbringung der Nachweise nach § 48 BAföG. Die von der Klägerin am 5. Juli 2016 vorgelegte Leistungsbescheinigung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG habe insoweit zum Ausdruck gebracht, dass sie bei einem geordneten Verlauf ihrer Ausbildung die bis zum Ende des vierten Fachsemesters üblichen Leistungen erbracht habe und dass keine relevanten Verzögerungen bei der Bewältigung der Ausbildung eingetreten seien bzw. dass ein eventuell doch eingetretener Studienrückstand zum bescheinigten Zeitpunkt nur als verhältnismäßig gering und im weiteren Studienverlauf nachholbar angesehen werden müsse. Dies ergebe sich gleichermaßen aus der Regelung des § 48 Abs. 2 BAföG, wonach bei Vorliegen von Tatsachen, die eine Überschreitung der Förderungshöchstdauer nach § 15 Abs. 3 BAföG rechtfertigen würden, eine spätere Vorlage der Bescheinigung zugelassen werden könne. Unabhängig davon, welche verwaltungsrechtliche Handlungsform der Leistungsbescheinigung zugrunde liege, handle die Klägerin treuwidrig, wenn sie nachträglich Umstände geltend mache, die zum Inhalt der Leistungsbescheinigung in Widerspruch stünden. Nach deren Vorlage kämen für eine Verlängerung der Förderungshöchstdauer nach § 15 Abs. 3 BAföG nur solche Gründe in Betracht, die nach dem in der Bescheinigung angegebenen Zeitpunkt eingetreten seien. Weiterhin hätte die Klägerin nach § 48 Abs. 2 BAföG die Möglichkeit besessen, im Falle einer Verzögerung ihrer Ausbildung aufgrund der Erkrankung im 2. Semester den Leistungsnachweis nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG zu einem späteren Zeitpunkt ausstellen zu lassen, mit der Folge, dass sich die Förderungsdauer um ein Semester verlängert hätte. Von der Möglichkeit des § 48 Abs. 2 BAföG Gebrauch zu machen, stelle zwar keine Verpflichtung, jedoch eine Obliegenheit des Auszubildenden dar.
Unabhängig davon sei nicht ersichtlich, wie allein das Nichtbestehen der Zwischenprüfungsklausur im Strafrecht im 2. Semester zu einer Verzögerung des Studienfortschritts geführt habe. Auch wenn die Klägerin vorgetragen habe, sie habe nicht mit der Übung im Strafrecht für Fortgeschrittene beginne können, wäre es ihr nach § 13 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 11 lit. c der Studien- und Prüfungsordnung für den Studiengang Rechtswissenschaft möglich gewesen, bereits mit der Übung im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene zu beginnen und somit die vorgetragene Verzögerung zu vermeiden. Darüber hinaus habe sie im 2. Semester, in dem ihre Erkrankung aufgetreten sei, die Zwischenprüfung im Zivilrecht und im Öffentlichen Recht abgelegt und damit ihr Studium vorangetrieben. Aus dem Studienplan der Universität B., der ein Muster für einen geordneten Studienverlauf beinhalte, ergebe sich, dass die Übung im Strafrecht für Fortgeschrittene regelmäßig erst im 4. Fachsemester begonnen werden sollte. Daraus folge einerseits, dass die Klägerin ihren Studienfortschritt infolge ihrer Erkrankung zwar nicht überobligatorisch schnell habe vorantreiben können, sie andererseits infolge ihrer Erkrankung aber auch nicht zurückgefallen sei. Insgesamt handele es sich bei dem Studienverlauf der Klägerin um einen, der im Wesentlichen mit dem Studienplan übereinstimme, weshalb nicht ersichtlich sei, worin die vorgetragene Verzögerung liegen solle. Dass die Klägerin eine um ein Semester ausgedehntere Examensvorbereitung betrieben habe, lasse sich nicht auf ihre Erkrankung im zweiten Fachsemester und die in diesem Semester nicht bestandene Prüfung zurückführen.
Gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem sie ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, besondere rechtliche Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vortragen lässt. Demgegenüber verteidigt das beklagte Studentenwerk das angefochtene Urteil.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen oder nicht in einer § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechenden Weise dargelegt worden sind.
1. Die Richtigkeit des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Bayreuth ist nicht im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ernstlich zweifelhaft.
1.1 Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG wird über die Förderungshöchstdauer hinaus für eine angemessene Zeit Ausbildungsförderung geleistet, wenn sie aus schwerwiegenden Gründen überschritten worden ist. Zu derart schwerwiegenden Gründen rechnet auch eine Erkrankung des Auszubildenden. Diese Erkrankung muss indes für eine nicht unerhebliche Verzögerung der Ausbildung kausal gewesen sein (vgl. hierzu OVG Bremen, B.v. 23.8.2019 – 1 PA 161/19 – BeckRS 2019, 19594 Rn. 9; OVG Münster, B.v. 26.9.2013 – 12 A 1477/13 – BeckRS 2014, 50756), soll sie die Überschreitung der Förderungshöchstdauer rechtfertigen. Dies muss der Auszubildende substantiiert darlegen und glaubhaft machen, insbesondere auch, dass der durch die Erkrankung versäumte Stoff von ihm nicht aufgeholt werden konnte (vgl. Winkler in BeckOK Sozialrecht, Stand 1.12.2020, § 15 BAföG Rn. 21). An den genannten Voraussetzungen fehlt es im Fall der Klägerin jedoch offenkundig. Aus der von ihr zum Ende des 4. Fachsemesters vorgelegten Bescheinigung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG ergibt sich bereits, dass sie mit ihrem Studienverlauf die bis zum Ende des 4. Fachsemesters üblichen Leistungen erbracht hat. Demzufolge hat die im 2. Fachsemester aufgetretene Erkrankung zum Ende des 4. Fachsemesters zu keinerlei Verzögerungen im Ausbildungsgang geführt: Schon gar nicht kann sie damit kausal für die Überschreitung der Förderungshöchstdauer nach dem 9. Fachsemester geworden sein. Auch im Übrigen hat das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass der Ablauf des Studiums einschließlich der jeweils abzulegenden Prüfungen bei der Klägerin weitgehend dem von der Universität vorgeschlagenen Studienplan entsprochen hat und die Überschreitung der Förderungshöchstdauer um ein Semester lediglich einer ausgedehnteren Examensvorbereitung geschuldet gewesen sei. Auch dies belegt, dass die Erkrankung im 2. Fachsemester nicht kausal für die Überschreitung der Förderungshöchstdauer geworden ist, sodass bereits deshalb ein schwerwiegender Grund im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG nicht anzunehmen ist.
1.2 Demzufolge kommt es auf den von der Klägerin in der Zulassungsbegründung aufgegriffenen, aber auch vom Verwaltungsgericht thematisierten Aspekt eines rechtsmissbräuchlichen bzw. widersprüchlichen Verhaltens nicht mehr entscheidungserheblich an. Im Übrigen ist es, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, in der Rechtsprechung geklärt, dass es als widersprüchliches Verhalten anzusehen ist, einerseits die Bescheinigung der Ausbildungsstätte über die Erbringung der zum 4. Fachsemester üblichen Leistungen nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG vorzulegen, sich andererseits aber auf krankheitsbedingte Verzögerungen der Ausbildung im Zeitraum davor – bei der Klägerin im 2. Fachsemester – zu berufen. Derartigen Ausbildungsverzögerungen im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG wäre bereits durch eine spätere Vorlage der Bescheinigung nach § 48 Abs. 2 BAföG richtigerweise Rechnung zu tragen gewesen (OVG Münster, B.v. 26.9.2013 – 12 A 1477/13 – BeckRS 2014, 50756; Sächs. OVG, B.v. 3.1.2011 – 1 B 192/10 – BeckRS 2011, 47438).
1.3 Als schwerwiegender Grund im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG ist auch, worauf der Bevollmächtigte der Klägerin zutreffend hinweist, das (erstmalige) Nichtbestehen einer Prüfung anzusehen, ungeachtet etwaiger krankheitsbedingter Ursachen hierfür. Aber auch dann gilt, dass die Leistung von Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus nur in Betracht kommt, wenn gerade das Nichtbestehen einer spezifischen Prüfung kausal für Ausbildungsverzögerung geworden ist. Dies ist in der Regel jedoch nur bei derart „verschulten“ Studiengängen der Fall, die einen Ausgleich der Verzögerung im Verlauf des Studiums nicht zulassen bzw. in Fallkonstellationen, bei denen das Bestehen einer bestimmten Prüfung „Voraussetzung für die Weiterführung der Ausbildung“ ist (vgl. Ziffer 15.3.3. BAföG-VwV; ferner Schepers Bundesausbildungsförderungsgesetz, 3. Online-Auflage 2016, § 15 Rn. 3; Lackner in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 15 Rn. 26; Sächs. OVG, B.v. 19.5.2011 – 1 B 52/11 – BeckRS 2011, 51084 Rn. 2, 5 ff.). Das Nichtbestehen einzelner Leistungsnachweise, das den Auszubildenden nicht an der Fortsetzung seines Studium im nächsthöheren Semester hindert, rechtfertigt eine Verlängerung der Förderungshöchstdauer regelmäßig nicht (Lackner, a.a.O.). Daher muss sich die Klägerin auch unter diesem Aspekt entgegenhalten lassen, dass das Nichtbestehen der Zwischenprüfung im Strafrecht im 2. Fachsemester sie nicht an der Fortsetzung ihres Studiums gehindert hat und sie eine gegenüber dem üblichen Studienplan eingetretene „Verzögerung“ spätestens bis zum Ende des 4. Fachsemesters ausweislich der Bescheinigung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG bereits wieder „kompensiert“ hatte, sodass es an der Kausalität des Nichtbestehens der Zwischenprüfung im Strafrecht im 2. Fachsemester für die Überschreitung der Förderungshöchstdauer fehlt.
1.4 Schließlich führt auch der vom Bevollmächtigten der Klägerin vorgetragene Umstand der Verlängerung der Regelstudienzeit für das Studium der Rechtswissenschaften von 9 auf 10 Semester – und daran anknüpfend die Verlängerung der Förderungshöchstdauer nach § 15a Abs. 1 BAföG – nicht zu ernstlichen Richtigkeitszweifeln an der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.
Zwar wurde durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes vom 22. November 2019 (BGBl I, 1755) § 5d Abs. 2 Satz 1 DRiG dahingehen geändert, dass das Studium der Rechtswissenschaften nunmehr regelmäßig in fünf statt wie zuvor in viereinhalb Jahren durchgeführt werden soll. Diese Gesetzesänderung führt zugleich zu einer Anhebung der Förderungshöchstdauer im Bereich der Ausbildungsförderung (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 19/8581, S. 1, 2). Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin ist diese Gesetzesänderung, die ohne Übergangsregelung im November 2019 in Kraft getreten ist, im Fall der Klägerin nicht zu berücksichtigen, da Klagegegenstand der Verpflichtungsklage die Leistung von Ausbildungsförderung im Sommersemester 2019, mithin im Förderzeittraum April 2019 bis September 2019 bildet. Ungeachtet der „Faustregel“ (vgl. hierzu Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 55), dass der für die Sachentscheidung maßgebliche Zeitpunkt bei einer Verpflichtungsklage regelmäßig derjenige der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sei, beurteilt sich das Bestehen des mit der Verpflichtungsklage geltend gemachten Anspruchs regelmäßig nach dem aus dem materiellen Recht ableitbaren maßgeblichen Zeitpunkt. Nachdem der Gesetzgeber eine Rückwirkung der Verlängerung der Förderungshöchstdauer auf bereits abgeschlossene Förderverfahren nicht vorgesehen hat, scheidet vorliegend die Anwendung des geänderten § 5d Abs. 2 Satz 1 DRiG auf die Klägerin aus (vgl. hierzu Wolff in Sodan/Ziekow, 5. Aufl. 2018, § 113 Rn. 104). Mithin kommt ihr auch nicht rückwirkend ein Förderanspruch für das Sommersemester 2019 zu.
2. Die vorliegende Rechtssache weist auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf, die die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO rechtfertigen würde. Der Bevollmächtigte der Klägerin sieht besondere rechtliche Schwierigkeiten in der Rechtsfrage, „ob vorliegend der Grundsatz von Treu und Glauben gegen eine Verlängerung der Förderungshöchstdauer sprechen kann, wenn vorliegend der Anknüpfungspunkt für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten zu einem Zeitpunkt ‚gelegt‘ wird, zu welchem die Klägerin noch keine Kenntnis über ein unter Umständen widersprüchliches Verhalten hat“. Da im vorliegenden Fall, wie bereits unter 1.1 und 1.2 aufgezeigt, es an der Kausalität der Erkrankung der Klägerin für die Überschreitung der Förderungshöchstdauer fehlt, stellt sich die aufgeworfene Frage nicht entscheidungserheblich, sodass hierauf die Zulassung der Berufung nicht gestützt werden kann.
3. Der vorliegenden Rechtssache kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu. Die vom Bevollmächtigten der Klägerin hierzu aufgeworfene Rechtsfrage, ob „vorliegend die beantragte Zulassungsbescheinigung, welche die Verwaltungsvorschriften zur Weitergewährung von BAföG höchstselbst von der Klägerin fordern, ein rechtsmissbräuchliches Verhalten darstellen soll“, stellt sich, wie unter 1. dargelegt, ebenfalls nicht entscheidungserheblich.
Mithin scheidet die Zulassung der Berufung aus allen, vom Bevollmächtigten der Klägerin vorgetragenen Gründen aus. Der Zulassungsantrag war daher abzulehnen.
4. Die Klägerin trägt nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden in Angelegenheiten des Ausbildungsförderungsrechts nach § 188 Satz 2, 1 VwGO nicht erhoben. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das verwaltungsgerichtliche Urteil nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.


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