Sozialrecht

Verrechnung von Rentenansprüchen

Aktenzeichen  S 9 R 433/19

Datum:
13.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 27994
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB I § 51 Abs. 1, § 52

 

Leitsatz

Sozialleistungsträger dürfen eigene Ansprüche bis zur Hälfte einer laufenden Geldleistung verrechnen, soweit nicht Hilfebedürftigkeit nachgewiesen wird.  (Rn. 19 – 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zum örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht Nürnberg erhobene Klage ist gem. §§ 51 Abs. 1 Nr. 1, 57 Abs. 1 SGG (Sozialgerichtsgesetz) zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abänderung des Bescheides vom 24.01.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.04.2019 und Erstattung der einbehaltenen 168,78 €.
Der Kläger hat im Verfahren vorgetragen, dass er seine Selbständigkeit als Exporteur nach Kuweit durch den zweiten Golfkrieg verloren hätte und ihm daher weitere Versicherungszeiten angerechnet werden müssten bzw. ihm eine Entschädigung zustehen müsste. Zudem fühle er sich diskriminiert, weil mit seinen Rentenversicherungsbeiträgen versicherungsfremde Leistungen bezahlt werden und eine Verletzung seiner Grundrechte und der UN-Charta vorliege. Von diesen Begründungen hat er jedoch Abstand genommen und in der mündlichen Verhandlung vom 13.04.2021 einen Antrag gem. § 44 SGB X (Sozialgesetzbuch – Zehntes Buch) bei der Beklagten gestellt.
Daher ist Streitgegenstand nur noch der Einbehalt von 168,78 €.
Der Einbehalt von 168,78 € erfolgte rechtmäßig gem. § 51 Abs. 1 und § 52 SGB I (Sozialgesetzbuch – Erstes Buch).
§ 51 Abs. 2 SGB I lautet:
„Mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen nach diesem Gesetz kann der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch wird.“
§ 52 SGB I lautet:
„Der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger kann mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 die Aufrechnung zulässig ist.“
Die Forderung der Beklagten war mit Bescheid vom 04.09.2017 festgestellt worden. Es handelte sich um eine Überzahlung aufgrund des Zuschusses zur freiwilligen Krankenversicherung in Höhe von 67,52 € gem. § 106 SGB VI (Sozialgesetzbuch – Sechstes Buch) und den Beitrag zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenkasse sowie zur sozialen Pflegekasse in Höhe von 101,26 € gem. § 255 Abs. 2 SGB V (Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch) und § 60 SGB XI (Sozialgesetzbuch – Elftes Buch). Dieser Bescheid war auch Gegenstand des Gerichtsverfahrens, das mit dem Berufungsurteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 10.10.2018 endete. Damit wurde die Berechnung rechtskräftig festgestellt.
Der Einbehalt dieser Überzahlung im Wege der Aufrechnung erfolgte ebenfalls rechtmäßig. Denn gem. §§ 51 Abs. 2 und 52 SGB I kann bis zur Hälfte der monatlichen Rente aufgerechnet werden, soweit der Leistungsberechtigte nicht nachweist, durch diese Aufrechnung hilfebedürftig zu werden. Der Kläger wurde daher im Bescheid vom 04.09.2017 zu der festgestellten Überzahlung und dem vorgesehenen Einbehalt angehört und es wurde ihm mitgeteilt, dass er eine eventuell eintretende Hilfebedürftigkeit nachweisen müsse. Es wurde mit dem Einbehalt im Februar 2019 weniger als die Hälfte der monatlichen Rente einbehalten.
Der Kläger hat jedoch im Verwaltungsverfahren keine Nachweise über seine Hilfebedürftigkeit vorgelegt. Im Klageverfahren wurde eine Bedarfsbescheinigung vom 27.08.2019 und vom 27.04.2020 vorgelegt. Diese Bedarfsbescheinigungen weisen jedoch eine Hilfebedürftigkeit für Februar 2019 nicht nach. Der Kläger hat auch keinen Nachweis über die Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen für Februar 2019 erbracht. Zudem ist zu beachten, dass Sozialhilfeleistungen nicht für die Vergangenheit beantragt werden können, sondern immer nur für die Zukunft. Somit erfolgte der Einbehalt zu Recht.
Der Bescheid vom 24.01.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.04.2019 erweist sich daher als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Berufung wird nicht zugelassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, vgl. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG.


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