Steuerrecht

Abrechnungsbescheid, Streitigkeit, Säumniszuschlag, Erstattung, Steuerverwaltungsakt

Aktenzeichen  12 K 2165/18

Datum:
30.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 20369
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
AO § 47, § 218 Abs. 2, § 226, § 227, § 228, § 231, § 232, § 240

 

Leitsatz

1. Der Abrechnungsbescheid entscheidet bei Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit  der Erhebung von Säumniszuschlägen nicht nur über den Fortbestand der  Zahlungsverpflichtung, sondern auch darüber, ob Säumniszuschläge überhaupt  entstanden sind und ggf. in welcher Höhe und ob zwischenzeitlich  Zahlungsverjährung eingetreten ist.
2. Hat das Finanzamt mit einem Erlass Säumniszuschläge erlassen, die nicht entstanden sind, kann der Erlass auch nicht seine Wirkung als rechtsgestaltender Verwaltungsakt entfalten und einen gegenwärtigen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis nach zum Erlöschen bringen oder eine Erstattung auslösen.
3. Erlassgegenstand ist der abstrakte Anspruch des Steuergläubigers gegen den Steuerschuldner auf die Steuer, unabhängig davon, ob er schon entstanden oder schon durch einen Steuerverwaltungsakt konkretisiert ist.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Streitig ist, ob den Klägern nach einer Aufrechnungserklärung des Finanzamts ein Erstattungsanspruch zusteht.
I.
Mit Steuerbescheiden für 1996 und 1999 vom 10. Juni 2009 setzte das Finanzamt [… M-Stadt] (Wohnsitzfinanzamt) die Einkommensteuer für 1996 und 1999 jeweils auf 0,00 € fest, den Solidaritätszuschlag von 1996 und 1999 jeweils auf 0,00 €, die Zinsen zur Einkommensteuer 1996 auf -7.316,00 €, die Zinsen zur Einkommensteuer 1999 auf 0,00 € und den Verspätungszuschlag für 1996 auf 0,00 €. Im Abrechnungsteil wies der Bescheid für 1996 Erstattungsbeträge aus; der Bescheid für 1999 wies keine Erstattungsbeträge aus und forderte zur Zahlung von Säumniszuschlägen zur Einkommensteuer 1999 von 15.956,23 € (9.191,23 + 6.765,00 = 15.956,23) und von Säumniszuschlägen zum Solidaritätszuschlag 1999 von 1.339,50 € (979,50 + 360,00 = 1.339,50) auf. Hinsichtlich der Erstattungsbeträge für 1996 (Einkommensteuer : 11.333,21 €, Zinsen zur Einkommensteuer : 7.316,00 €, Solidaritätszuschlag : 779,32 €) wies der Bescheid vom 10. Juni 2009 einen Ausgleich durch verschiedene Verrechnungen aus und zwar mit folgenden (zusammengefassten) Abgaben (wegen der einzelnen Positionen wird auf den Bescheid verwiesen; vgl. Rechtsbehelfsakte Abrechnung Bl 18; Sonderakte Bl 77):
ESt
Zinsen
SolZ
Verrechnung mit



Umsatzsteuer (USt) (diverse Jahre )
3.126,50
USt Verspätungszuschlag (div. J.)
354,42
Zinsen zur USt (div. J.)
456,00
Säumniszuschlag zur USt (div. J.)
3.638,77
Säumniszuschlag zur ESt 1996
553,55
Säumniszuschlag zum SolZ 1996
75,69
Säumniszuschlag zur ESt 1997
245,42
Säumniszuschlag zum SolZ 1997
18,41
Säumniszuschlage zur ESt 1999
2.864,45
7.316,00
779,32
Summen
11.333,21
7.316,00
779,32
Nach diesen Verrechnungen wurde im Abrechnungsteil des Bescheids weiter mitgeteilt, dass keine Erstattungsbeträge auszuzahlen seien […].
Mit Schreiben vom 5. Oktober 2009 und 3. Dezember 2009 […] begehrten die Kläger die Auszahlung der Erstattungsbeträge für 1996 auf das Konto ihres Steuerberaters, der […] (StB-GmbH) und verwiesen auf die entsprechende Abtretungserklärung […].
Mit Bescheid vom 4. September 2009 fertigte das Wohnsitzfinanzamt einen Erlass über Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 in Höhe von 15.956,23 € (9.191,23 + 6.765,00 = 15.956,23) und über Säumniszuschläge zum Solidaritätszuschlag 1999 in Höhe von 1.339,50 € (979,50 + 360,00 = 1.339,50). Mit Bescheid vom 7. Dezember 2009 sprach das Wohnsitzfinanzamt einen weiteren Erlass über Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 in Höhe von 10.959,77 €, zur Einkommensteuer 1996 in Höhe von 553,55 € und zum Solidaritätszuschlag 1996 in Höhe von 75,69 € aus […]. Das Wohnsitzfinanzamt vertrat die Auffassung, dass aus den beiden Erlassen vom 4. September 2009 und 7. Dezember 2009 ein Guthaben in Höhe von 10.959,77 € und ein Guthaben von 629,24 € resultiere und überwies am 28. Dezember 2009 diese Guthaben an den damaligen Steuerberater der Kläger, die StB-GmbH (Rechtsbehelfsakte Abrechnung Bl 23; Z-Abfrage Bl 7, Y-Abfrage Bl 8: txt 41; 2.864,45 + 7.316,00 + 779,32 = 10.959,77; Rechtsbehelfsakte Abrechnung B 23, Z-Abfrage Bl 16, Y-Abfrage Bl 9: txt 41; 553,55 + 75,69 = 629,24).
Mit Schreiben vom 9. Mai 2011 […] beanstandeten die Kläger vertreten durch die StB-GmbH die zögerliche Umsetzung der außergerichtlichen Einigung in den Klageverfahren vor dem Finanzgericht München (Aktenzeichen 11 K 2147/06 und 11 K 2688/09). In einer der Anlagen zu diesem Schreiben wurde dem Wohnsitzfinanzamt am 18. Mai 2011 nochmals angezeigt, dass die Kläger die Erstattungsansprüche aus den Einkommensteuerveranlagungen für 1996 und 1997 sowie die Säumniszuschläge und Nebenkosten zur Einkommensteuer und zur Umsatzsteuer für die Kalenderjahre ab 1996 an die StB-GmbH am 10. August 2006 abgetreten hatten […].
Mit Bescheid vom 1. Juni 2011 sprach das Wohnsitzfinanzamt einen weiteren dritten Erlass über Säumniszuschläge zur Einkommensteuer für 1999 in Höhe von 7.316,00 € aus […]. Mit Schreiben vom 25. Juli 2011 teilte das Wohnsitzfinanzamt der StB-GmbH mit, dass dieser Erlass in Höhe von 7.316,00 € zu keinem Guthaben führen würde, das zu erstatten sei […].
Mit Schreiben vom 7. März 2017 […] beantragte die StB-GmbH namens der Kläger einen Abrechnungsbescheid. Zur Begründung wurde angeführt, dass die Zinsfestsetzung zur Einkommensteuer 1996 vom 10. Juni 2009 aufgrund des Erlasses der Säumniszuschläge zu einer Erstattung führen würde. Es sei streitig, ob diese Erstattung bereits an die Kläger überwiesen worden sei.
Am 16. März 2017 erteilte der nun für das Erhebungsverfahren zuständig gewordene Beklagte – das Finanzamt [… D-Dorf] (Finanzamt) – gegenüber den Klägern einen Abrechnungsbescheid […]. Das Finanzamt vertrat dabei die Auffassung, dass nach den beiden Auszahlungen am 28. Dezember 2009 über 10.959,77 € und 629,24 € kein weiteres Guthaben für die Kläger mehr verbleibe. Diese Guthaben würden aus den Beträgen aus den Erlassen von Säumniszuschlägen zur Einkommensteuer 1996 mit Solidaritätszuschlag über 629,24 € (553,55 + 75.60 = 629,24) und von Säumniszuschlägen zur Einkommensteuer 1999 mit Solidaritätszuschlag über 10.959,77 € (2.864,45 + 7.316,00 + 779,32 = 10.959,77) resultieren. Nach der Einkommensteuerfestsetzung für 1996 vom 10. Juni 2009 hätten sich die folgenden Erstattungsansprüche ergeben: 11.333,21 € Einkommensteuer, 7.316,00 € Zinsen und 779,32 € Solidaritätszuschlag. Die rückständigen Säumniszuschläge hätten sich zur Einkommensteuer 1996 auf 553,55 € und zum Solidaritätszuschlag auf 75,69 € belaufen. Nach der Einkommensteuerfestsetzung für 1999 vom 10. Juni hätten sich weder zur Einkommensteuer noch zum Solidaritätszuschlag Erstattungsbeträge ergeben. Die rückständigen Säumniszuschläge hätten sich auf 15.956,23 € zur Einkommensteuer 1999 und auf 1.339,50 € zum Solidaritätszuschlag 1999 belaufen. Das Einkommensteuerguthaben 1996 von 11.333,21 € sei gegen diverse Steuerrückstände in Höhe von 7.839,52 € (nach einer Aufstellung in Anlage 2), gegen die rückständigen Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1996 in Höhe von 629,24 € sowie gegen Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 in Höhe von 2.864,45 € aufgerechnet worden. Das Zinsguthaben in Höhe von 7.316,00 € und das Guthaben aus dem Solidaritätszuschlag 1996 in Höhe von 779,32 € seien vollständig gegen Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 aufgerechnet worden. Nach dem Erlass am 4. September 2009 über Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 von 15.956,23 € und zum Solidaritätszuschlag von 1.339,50 € habe sich ein Guthaben von 10.959,77 € ergeben, das am 28. Dezember 2009 ausgezahlt worden sei. Aus dem Erlass am 7. Dezember 2009 über Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1996 von 553,55 € und zum Solidaritätszuschlag von 75,69 € hätten sich Guthaben ergeben, die am 28. Dezember 2009 ausgezahlt worden seien (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf dem Bescheid verwiesen; […]). Der dagegen gerichtete Einspruch, den die Kläger nicht weiter begründeten, wurde mit Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2018 als unbegründet zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die Klage. Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger vor, dass das Wohnsitzfinanzamt am 6. Oktober 2009 mit Säumniszuschlägen zur Einkommensteuer und zum Solidaritätszuschlag die Aufrechnung erklärt habe. Zum Zeitpunkt der Aufrechnung der Guthaben aus der Einkommensteuer 1996 seien aber die Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 und zum Solidaritätszuschlag 1999 bereits verjährt gewesen. Es werde deshalb die Erstattung der aufgerechneten Beträge begehrt. Die vorgelegte Abtretungsanzeige an die StB-GmbH sei weiter wirksam.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
unter Änderung des Abrechnungsbescheids vom 6. März 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2018 einen Erstattungsbetrag aus der Einkommensteuer 1996 in Höhe von 11.333,21 €, einen Erstattungsbetrag aus den Zinsen zur Einkommensteuer 1996 in Höhe von 7.316,00 € und einen Erstattungsbetrag aus dem Solidaritätszuschlag 1996 in Höhe von 779,32 € festzusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Finanzamt verweist zur Begründung darauf, dass wegen der rückständigen Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 und zum Solidaritätszuschlag 1999 wiederholt die Zahlungsverjährung unterbrochen wurde. Für den Zeitraum vom 16. September 2003 bis zum 10. Juni 2009 seien zur Einkommensteuer 1999 insgesamt Säumniszuschläge in Höhe von 26.916,00 € entstanden und fällig gewesen. Da die Zahlungsverjährungsfrist fünf Jahre betrage und die Verjährungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres beginne, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden sei, seien für alle Säumniszuschläge, die ab 1. April 2004 entstanden und fällig geworden seien, auch ohne Unterbrechungshandlungen bis zum Zeitpunkt der Abgabe der Aufrechnungserklärung am 10. Juni 2009 noch keine Zahlungsverjährung eingetreten gewesen. Aber auch für die ab 16. September 2003 bis 31. Dezember 2003 entstandenen und fälligen Säumniszuschläge in Höhe von 1.996,00 € würden Unterbrechungshandlungen vorliegen. Am 26. November 2003 habe Vollziehungsbeamte eine Zahlungsaufforderung hinterlassen, die auch die bisher entstandenen Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 und zum Solidaritätszuschlag 1999 ausweise. Am 27. November 2003 sei eine Forderungspfändung ausgebracht worden, die wiederum die die bisher entstandenen Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 und zum Solidaritätszuschlag 1999 umfasse. Am 17. Dezember 2003 habe der Vollziehungsbeamte ein Protokoll über eine fruchtlose Pfändung erstellt. Mit Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 1999 vom 22. November 2006 seien im Abrechnungsteil die aus der am 15. September 2003 fälligen Hauptforderung angefallen und fälligen Säumniszuschläge in Höhe von 15.749,00 € zur Zahlung angemahnt worden. Alle entstandenen Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 seien mit den Verfügungen vom 3. September 2009 über 15.956,23 € und vom 4. Dezember 2009 über 10.959,77 € erlassen worden (15.956,23 + 10.959,77 = 26.916,00). Das daraus resultierende Guthaben in Höhe von 10.959,77 € (2.864,45 + 7.316,00 + 779,32 = 10.959,77) sei an den steuerlichen Vertreter, die StB-GmbH, als Abtretungsgläubiger am 28. Dezember 2009 überwiesen worden. Ein weiterer Erstattungsanspruch auf Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 würde nicht bestehen. Soweit das Finanzamt mit Verfügung vom 1. Juni 2011 einen weiteren Erlass von Säumniszuschlägen zur Einkommensteuer 1999 in Höhe von 7.316,00 € ausgesprochen habe, sei dieser Erlass irrtümlich erfolgt. Denn bereits mit den beiden vorausgegangenen Verfügungen vom 3. September 2009 und 4. Dezember 2009 seien sämtliche Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 in Höhe von insgesamt 26.916,00 € vollständig erlassen worden. Der steuerliche Vertreter der Kläger sei mit Fax vom 2. August 2011 darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass der Erlass vom 1. Juni 2011 zu Unrecht erfolgt sei. Auch das aus dem weiteren Erlass vom 4. Dezember 2009 von Säumniszuschlägen zur Einkommensteuer 1996 über 553,55 € und zum Solidaritätszuschlag 1996 über 75,69 € resultierende Guthaben (553,55 + 75,69 = 629,24) sei am 28. Dezember 2009 an die StB-GmbH ausbezahlt worden.
Mit Beschluss vom 24. März 2020 hat der Senat den Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Finanzgerichtsordnung ).
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die ausgetauschten Schriftsätze verwiesen. Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung – auch durch den Einzelrichter – einverstanden (§ 90 Abs. 2 FGO).
II.
Die Klage ist unbegründet.
1. Der Beklagte hat in seinem angefochtenen Abrechnungsbescheid vom 16. März 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2018 zutreffend festgestellt, dass nach den Auszahlungen vom 28. Dezember 2009 keine weiteren Erstattungsansprüche zugunsten der Kläger bestehen. Der weitere, dritte Erlass vom 1. Juni 2011 hat zu keinem Erstattungsbetrag geführt, da die in diesem Erlass angesprochenen Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 nicht mehr bestanden haben.
2. Gemäß § 218 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) entscheidet die Finanzbehörde über Streitigkeiten, die die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis betreffen, durch Abrechnungsbescheid.
a) Streitigkeiten darüber, ob Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis durch Eintritt der Zahlungsverjährung (§§ 228, 232 AO) erloschen sind, sind durch Abrechnungsbescheid zu entscheiden. Das gilt z.B., wenn der Steuerpflichtige gegen eine Aufrechnung die Verjährung einwendet (§ 226 Abs. 2 AO) einwendet und damit begründet, dass die Forderung mangels verjährungsunterbrechender Handlung verjährt sei oder eine Unterbrechungshandlung (§ 231 AO) ihm gegenüber nicht wirksam bekannt gegeben worden sei (Alber in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 218 AO Rz. 99 [März 2010]; BFH-Urteil vom 21. November 2006 VII R 68/05, BFHE 215, 70, BStBl II 2007, 291).
Der Abrechnungsbescheid enthält dabei grundsätzlich nur die Feststellung, ob und inwieweit der festgesetzte Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis bereits verwirklicht (also erfüllt) oder noch zu verwirklichen ist; d.h. er entscheidet darüber, ob eine bestimmte Zahlungsverpflichtung durch Zahlung, Aufrechnung, Verrechnung, Erlass, Eintritt der Zahlungsverjährung oder ob eine Schuld bereits vor der Begründung der Zahlungspflicht oder infolge von Vollstreckungsmaßnahmen erloschen ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 19. März 2019 VII R 27/17, BFHE 263, 483, BStBl II 2020, 31; vom 18. April 2006 VII R 77/04, BFHE 212, 29, BStBl II 2006, 578; vom 12. August 1999 VII R 92/98, BFHE 189, 331, BStBl II 1999, 751, m.w.N.).
Als Ausnahme zu diesem Grundsatz ist in der Rechtsprechung des BFH anerkannt, dass der Abrechnungsbescheid bei Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit der Erhebung von Säumniszuschlägen unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes nicht nur über den Fortbestand der Zahlungsverpflichtung entscheidet, sondern auch darüber, ob Säumniszuschläge überhaupt entstanden sind und ggf. in welcher Höhe (BFH-Urteil in BFHE 212, 29, BStBl II 2006, 578, m.w.N.). Damit wird ein zusätzliches Regelungsbedürfnis hinsichtlich des Entstehens von Säumniszuschlägen anerkannt, soweit eine Überprüfung des Entstehens dieser Säumniszuschläge nach Grund und Höhe erforderlich ist. Das betrifft insbesondere die Fragen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Entstehung von Säumniszuschlägen nach § 240 AO erfüllt sind oder ob außerhalb der Verwirklichung des Tatbestands des § 240 AO trotz Bestehens einer Säumnis Umstände vorliegen, die das Entstehen von Säumniszuschlägen hindern, z.B. weil für bestimmte Zeiträume, für die sie erhoben werden könnten, Stundung oder Aussetzung der Vollziehung (AdV) gewährt worden ist, oder soweit sich die Parteien über die Wirkung einer AdV oder eines Vollstreckungsaufschubs im Hinblick auf die Verwirkung von Säumniszuschlägen streiten (BFH-Urteil in BFHE 212, 29, BStBl II 2006, 578).
b) Zuständig für die Entscheidung durch Abrechnungsbescheid ist gemäß § 218 Abs. 2 Satz 1 AO „die Finanzbehörde“. Das ist – nach der neuesten BFH-Rechtsprechung – die nach den allgemeinen Zuständigkeitsregelungen der §§ 16 ff. AO zuständige Finanzbehörde (BFH-Urteil in BFHE 263, 483, BStBl II 2020, 31, Rn. 17).
2. Nach diesem Maßstab ist der Abrechnungsbescheid rechtmäßig.
a) Zu Recht hat der Beklagte den Abrechnungsbescheid und die Einspruchsentscheidung erlassen, denn der Beklagte ist für das Wohnsitzfinanzamt seit dem 1. August 2015 die sachlich und örtlich zuständige Finanzkasse i.S. des § 17 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Satz 4 Finanzverwaltungsgesetz (FVG). Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Verordnung über Organisation und Zuständigkeiten in der Bayerischen Steuerverwaltung vom 1. Dezember 2005 in der für den Streitfall gültigen Fassung (Steuer-Zuständigkeitsverordnung – BayZustVSt; juris Abkürzung: StVwOrgZustVBY) ist dem Beklagten die Zuständigkeit in Sachen Erhebung für den Bezirk des Wohnsitzfinanzamts übertragen (Anlage 3 Nr. [… 99] zur BayZustVSt, zuletzt geändert mit BayZustÄndVSt vom 29. März 2019, BStBl I 2019, 644). Da der Beklagte erst seit 1. August 2015 für die Erhebung zuständig ist, hat auch das Wohnsitzfinanzamt als die zuständige Finanzbehörde im Jahr 2009 eine wirksame Aufrechnungserklärung abgeben können (Lindwurm in Leopold/Madle/Rader, AO, § 226 Rz. 47 [Jan. 2018] m.w.N.; AEAO zu § 226, Nr. 4).
b) Der Beklagte hat mit seinem Abrechnungsbescheid vom 16. März 2017 auch zutreffend über die zwischen ihm und den Klägern bestehenden Streitigkeiten entschieden. Im Abrechnungsbescheid ist nach der ständigen BFH-Rechtsprechung (BFH-Beschluss vom 18. März 2015 VI B 87/14, BFH/NV 2015, 954, Rn. 5) nur über die zwischen den Beteiligten bestehenden Streitigkeit zu entscheiden. Aus dem Antrag auf Abrechnungsbescheid vom 7. März 2017 ergibt sich, dass die Kläger Aufklärung über das Bestehen und Erlöschen des Erstattungsanspruchs aus den im Bescheid vom 10. Juni 2009 festgesetzten Erstattungszinsen zur Einkommensteuer 1996 in Höhe von 7.316,00 € begehrt haben. Aus der Klagebegründung ist weiter ersichtlich, dass zwischen Kläger und Beklagten – wie bereits im Erhebungsverfahren – streitig ist, ob die vom Wohnsitzfinanzamt als Aktivforderung (Gegenforderung) bei der Aufrechnung gem. § 226 AO geltend gemachten Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 durch Zahlungsverjährung (§ 232 AO) erloschen sind oder nicht.
aa) Die Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999, mit denen das Wohnsitzfinanzamt (als Aktivforderung) die Aufrechnung erklärt hat, waren im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung am 10. Juni 2009 fällig (§ 226 Abs. 1 AO i.V.m. § 387 Bürgerliches Gesetzbuch ). Sie waren nicht durch Zahlungsverjährung erloschen (§ 232 AO i.V.m. § 47 AO); die Aufrechnung war also nicht durch § 226 Abs. 2 AO ausgeschlossen.
(1) Die Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 sind erstmals aufgrund des Änderungsbescheides zur Einkommensteuer 1999 vom 11. August 2003 entstanden. Aus diesem Änderungsbescheid resultierte eine zum 15. September 2003 fällige Nachzahlung in Höhe von 49.917,43 € ([…] O-Abfrage vom 20. November 2003, 0030 – 1999 – txt 92), die nicht zum Fälligkeitszeitpunkt entrichtet wurde.
Für diese Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 von 1.996,00 €, die aufgrund dieser zum 15. September 2003 fälligen Nachzahlung noch im Jahr 2003 nach § 240 Abs. 1 Satz 1 AO entstanden sind (1% von 49.900,00 € für vier angefangene Monate; 49.900 * 0,04 = 1.996), beginnt die Zahlungsverjährung mit Ablauf des 31. Dezember 2003. Denn für Säumniszuschläge beginnt die Zahlungsverjährung – ebenso wie für alle anderen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis – mit Ablauf des Kalenderjahres, in den der Anspruch erstmals fällig geworden ist (§ 229 Abs. 1 Satz 1 AO); d. h. mit Ablauf des 31. Dezember 2003. Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre (§ 228 Satz 2 AO); innerhalb dieser Fünfjahresfrist bis zum 31. Dezember 2008 wurde die Verjährung auch für die bis 31. Dezember 2003 entstandenen und fälligen Säumniszuschläge unterbrochen. Durch die Unterbrechungshandlungen wurde die Zahlungsverjährung zuerst auf den 31. Dezember 2011 (vgl. sogleich Tz. (2)) und dann nochmals auf den 31. Dezember 2013 (vgl. sogleich Tz. (3)) hinausgeschoben. Auf die vom Wohnsitzfinanzamt vor dem 31. Dezember 2003 vorgenommenen Unterbrechungshandlungen (Vollstreckungshandlungen) kommt es für die Zahlungsverjährung nicht an.
(2) Für alle seit dem Jahr 2003 entstandenen Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 wurde die Verjährung durch schriftliche Geltendmachung des Anspruchs am 22. November 2006 unterbrochen (§ 231 Abs. 1 Nr. 8 AO). Da mit Ablauf des Kalenderjahres in dem die Unterbrechung geendet hat, eine neue fünfjährige Verjährungsfrist beginnt (§ 231 Abs. 3 AO), endet die Zahlungsverjährung für alle diese seit 2003 entstandenen Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 nicht vor dem Ablauf des 31. Dezember 2011.
Mit Einkommensteueränderungsbescheid 1999 vom 22. November 2006 wurde die Einkommensteuer herabgesetzt und die fällige Nachzahlung zur Einkommensteuer 1999 verminderte sich auf 36.813,02 € (14.229,25 + 22.583,77 = 36.813,02). Für die aus der Nachzahlung in Höhe von ursprünglich 49.917,43 € resultierenden Säumniszuschläge waren zum 22. November 2006 noch Säumniszuschläge in Höhe von 15.749,00 € rückständig (aus der am 15. September 2003 fälligen Hauptforderung). Dieser Betrag wird im Abrechnungsteil des Änderungsbescheids zur Einkommensteuer 1999 vom 22. November 2006 ausgewiesen (Rechtsbehelfsakte Abrechnung Bl 12) und es wurde in diesem Einkommensteueränderungsbescheid eine Zahlungsaufforderung für entstandene und fällige Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 in Höhe von 15.749,00 € ausgesprochen. Damit wurden für alle seit dem Jahr 2003 entstandenen Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 die Verjährung durch schriftliche Geltendmachung des Anspruchs am 22. November 2006 unterbrochen (§ 231 Abs. 1 Nr. 8 AO).
Dieser Betrag von Säumniszuschlägen zur Einkommensteuer 1999 ist auch der Höhe nach zutreffend ausgewiesen. Diese Säumniszuschläge entfallen auf die seit 15. September 2003 fällige Hauptforderung über 49.917,43 €; für diese Hauptforderung wurde mit Bescheid vom 23. Mai 2006 eine Aussetzung der Vollziehung ab dem 13. Februar 2006 über 35.688,18 € gewährt und der Restbetrag in Höhe von 14.229,25 € blieb fällig ([…]). Demgemäß ergeben sich gemäß § 240 Abs. 1 Satz 1 AO für diese Hauptforderung Säumniszuschläge in Höhe von 15.749,00 € (499,00 * 29 = 14.471,00; 142,00 * 9 = 1.278,00; 14.471,00 + 1.278,00 = 15.749,00), die sich für 29 angefangene Monate aus dem abgerundeten Betrag von 49.900,00 € und für 9 angefangene Monate aus dem abgerundeten Betrag von 14.200,00 € errechnen.
Ausweislich der Einkommensteuerbescheide 1999 vom 22. November 2006 und vom 10. Juni 2009 ([…]) wurde vom Wohnsitzfinanzamt auch nicht mit älteren Säumniszuschlägen als den Säumniszuschlägen zu der am 15. September 2003 fälligen Hauptforderung die Aufrechnung erklärt.
(3) Außerdem wurde die Verjährung für die Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 nebst dem Solidaritätszuschlag hierzu und für die Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1996 nebst dem Solidaritätszuschlag hierzu durch eine Rückstandsaufstellung vom 25. November 2008 mit Zahlungsaufforderung gemäß § 231 Abs. 1 Nr. 8 AO unterbrochen, die dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 26. November 2008 zugestellt wurde ([…]). Diese Rückstandsaufstellung weist Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 (der sich aus Säumniszuschlägen zu der zum 15. September 2003 fälligen Hauptforderungen und Säumniszuschlägen zu der zum 27. Dezember 2006 fälligen Hauptforderung zusammensetzt) in Höhe von 24.485,50 € aus (19.299,00 + 5.186,50 = 24.485,50). Auch diese Säumniszuschläge sind der Höhe nach zutreffend ausgewiesen (14.471,00 € wie bisher; 142,00 * 34 = 4.828,00; 14.471,00 + 4.828,00 = 19.299,00; sowie nun neue Säumniszuschläge über 225,50 * 23 = 5.186,50 für die seit dem 27. Dezember 2006 fällige Hauptforderung aus dem Bescheid vom 22. November 2006, nach dem Wegfall der Aussetzung der Vollziehung). Diese Unterbrechungshandlung i.S. des § 231 Abs. 1 Nr. 8 AO führt dazu, dass die Zahlungsverjährung für diese streitigen Säumniszuschläge frühestens mit Ablauf des Jahres 2013 eintreten kann. Dieser Betrag der Säumniszuschläge von 24.485,50 € ist zwischen den Beteiligten zu Recht auch der Höhe nach nicht streitig.
(4) Wie das Finanzamt auch zutreffend in seiner Stellungnahme im Klageverfahren vom 27. November 2018 ausgeführt hat, sind diese Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 bis zum Zeitpunkt des Änderungsbescheides vom 10. Juni 2009 auf den Betrag von 26.916,00 € (Y-Abfrage vom 10. Oktober 2018, […]) angewachsen. Auch dieser Betrag der insgesamt angefallenen Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 ist zwischen den Beteiligten zu Recht der Höhe nach nicht streitig (Berechnung: wegen seit 15. September 2003 fälliger Hauptforderung: 14.471,00 wie bisher; 142,00 * 40 = 5.680,00; wegen seit 27. Dezember 2006 fälliger Hauptforderung: 225,50 * 30 = 6.765,00; 14.471,00 + 5.680,00 + 6,765,00 = 26.916,00).
(5) Zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gemäß § 226 Abs. 1 AO i.V.m. § 388 BGB im Abrechnungsteil des Einkommensteuerbescheid 1996 vom 10. Juni 2009 ([…]) kann demgemäß keine Zahlungsverjährung für die Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 in Höhe von 26.916,00 € eingetreten sein. Die Verrechnung in diesem Einkommensteuerbescheid 1996 erfüllt auch die Voraussetzungen einer Aufrechnungserklärung (BFH-Urteil vom 26. Juli 2005 VII R 72/04, BFHE 210, 8, BStBl II 2006, 350, Rn. 12).
(6) Die Abtretung des Erstattungsanspruchs – der Passivforderung (Hauptforderung) – an die StB-GmbH steht der Aufrechnung mit den Säumniszuschlägen zur Einkommensteuer 1999 (als Aktivforderung) in Höhe von 10.959,77 € nicht entgegen (§ 226 Abs. 1 AO i.V.m. § 406 BGB). Das Finanzamt konnte die Aufrechnung auch gegenüber dem neuen Gläubiger – der StB-GmbH – erklären. Denn zum Zeitpunkt des Eingangs der Abtretungsanzeige beim Finanzamt [… U-Dorf] am 22. September 2006 […]) waren nach Auffassung des Gerichts bereits Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 in Höhe von 15.465,00 € entstanden und fällig (vgl. Einkommensteuerbescheid 1999 vom 22. November 2006 mit fälligen Säumniszuschlägen von 15.749,00 €; […]; 2 angefangene Monate weniger mit 142,00 * 2 = 284,00; 15.749,00 – 284,00 = 15.465,00). Darauf hat der Beklagte zu Recht hingewiesen (FG-Akte Bl 37). Der Beklagte ist nach Auffassung des Gerichts nur von einem niedrigen Bestand von rückständigen Säumniszuschlägen mit 15.250,00 € (wohl mit der Rechnung: 15.749,00 – 499,00 = 15.250,00 für einen Monat weniger Säumniszuschläge in dem Zeitraum von 22. November 2006 bis 22. September 2006) ausgegangen. Dieser Fehler jedoch hat auf das Ergebnis einer zulässigen Aufrechnung trotz Abtretung der Hauptforderung (Passivforderung) gem. § 226 Abs. 1 AO i.V.m. § 406 BGB keinen Einfluss. Die Aufrechnungserklärung in dem Einkommensteuerbescheid 1996 vom 10. Juni 2006 wurde auch gegenüber der StB-GmbH erklärt; der StB-GmbH wurde dieser Steuerbescheid bekannt gegeben […].
bb) Nach den Aufrechnungen der Guthaben aus der Veranlagung von 1996 mit den Säumniszuschlägen ist, wie im Abrechnungsbescheid vom 16. März 2017 – im Ergebnis – zutreffend ausgewiesen wurde, kein Guthaben aus Erstattungszinsen zur Einkommensteuer 1996 verblieben.
Der Abrechnungsbescheid vom 16. März 2017 ist jedoch nach Auffassung des Senats in der Begründung teilweise fehlerhaft. Der Abrechnungsbescheid berücksichtigt nämlich nicht den zweiten Erlass von Säumniszuschlägen zur Einkommensteuer 1999 über 10.959,77 €, der mit Bescheid vom 4. Dezember 2009 […] ausgesprochen wurde. Da der Abrechnungsbescheid aber auch Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 berücksichtigt, die um diesen Betrag von 10.959,77 € zu niedrig sind, ist der Abrechnungsbescheid vom 16. März 2017 im Ergebnis richtig (26.916,00 – 10.959,77 = 15.956,23).
(1) Der Abrechnungsbescheid weist zutreffend aus, dass das Guthaben aus der Festsetzung der Erstattungszinsen zur Einkommensteuer 1996 vom 10. Juni 2009 über 7.316,00 € vom Wohnsitzfinanzamt zur Aufrechnung gegen Rückstände aus den Säumniszuschlägen zur Einkommensteuer 1999 verwendet wurde.
(2) Der Abrechnungsbescheid weist zutreffend aus, dass nach dem Erlass der Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 über 15.956,23 € (9.191,23 + 6.765,00 = 15.969,23) und zum Solidaritätszuschlag über 1.339,50 € (979,50 + 360,00 = 1.339,50) mit Bescheid vom 3. September 2009 […] ein Guthaben von 10.959,77 € resultierte.
Der Abrechnungsbescheid leidet jedoch an dem – unschädlichen – Begründungsfehler, dass er nur die rückständigen Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 in Höhe von 15.956,23 € berücksichtigt, die in dem Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 10. Juni 2009 als rückständig zur Zahlung angefordert wurden. Dabei wird für den Ausweis dieser Säumniszuschläge in der Abrechnung der Stichtag vom 2. Juni 2009 zugrunde gelegt ([…]). Zu diesem Zeitpunkt waren aber, wie aus dem entsprechenden Kontoauszug ersichtlich ist, bereits Erstattungsbeträge in Höhe von 10.959,77 € (2.864,45 + 7.316,00 + 779,32 = 10.959,77) aus der Einkommensteuer 1996 auf die Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 umgebucht worden (Y-Abfrage vom 13. März 2017, […]) und die Säumniszuschläge entsprechend vermindert worden (26.916,00 – 10.959,77 = 15.956,23).
Diese Umbuchung zum Stichtag am 2. Juni 2009 ist auch daraus ersichtlich, dass die Säumniszuschläge aus der am 15. September 2003 fälligen Hauptforderung im Bescheid vom 10. Juni 2006 nur in Höhe von 9.191,23 € ausgewiesen sind. Die Säumniszuschläge aus der Hauptforderung zum 15. September 2003 sind nämlich am 10. Juni 2003 in Höhe von 20.151,00 € entstanden gewesen (14.471,00 + 5.680,00 = 20.151,00; vgl. oben Entscheidungsgründe Tz. II.2.b.aa.4). Nach Umbuchung des aufgerechneten Betrages von 10.959,77 € verbleiben nämlich nur noch Säumniszuschläge hieraus in Höhe von 9.191,23 €.
Die Aufrechnung mit diesen Erstattungsbeträgen über 10.959,77 € war zwar erst im Einkommensteuerbescheid für 1996 vom 10. Juni 2009 erklärt worden. Aufgrund der Rückwirkung dieser am 10. Juni 2009 erklärten Aufrechnung (§ 226 Abs. 1 AO i.V.m. § 389 BGB und § 240 Abs. 1 Satz 5 AO) ist jedoch der Ausweis der rückständigen Säumniszuschläge in Höhe von 15.956,23 € (9.191,23 + 6.765,00 = 15.596,23) im Abrechnungsteil des Einkommensteuerbescheids 1999 vom 10. Juni 2009 zutreffend.
Der Abrechnungsbescheid vom 16. März 2017 hätte demgemäß für die Einkommensteuer 1999 und die Säumniszuschläge hierzu mit den insgesamt entstandenen und am 10. Juni 2009 vor der Abgabe der Aufrechnungserklärung fällig gewesenen Säumniszuschläge in Höhe von 26.916,00 € in seiner Berechnung beginnen müssen. Die in der Begründung zutreffende Abrechnung ergibt sich aus der folgenden Tabelle:

Bis 10.06.2009 entstandene Sz zur ESt 1999
26.916,00
Aufrechnung am 10.06.2009 mit
ESt 1996 Erstattung lt. Bescheid v. 10.06.2009
– 2.864,45
Zinsen ESt 1996 Erstattung lt. Bescheid v. 10.06.2009
– 7.316,00
SolZ 1996 Erstattung lt. Bescheid v. 10.06.2009
– 799,32
= Rückstand Sz zur ESt 1999 nach Aufrechnung vom 10.06.2009
15.936,23
Erlass Sz zur ESt 1999 lt. VA v. 04.09.2009
– 9.191,23
Erlass Sz zur ESt 1999 lt. VA v. 04.09.2009
– 6.765,00
= Rückstand nach Erlass vom 04.09.2009
0,00
Erlass Sz zur ESt 1999 lt. VA v. 04.12.2009
– 10.959,77
= Kontostand für Sz zur ESt 1999 nach Erlass vom 04.12.2009
– 10.959,77
Auszahlung 28.12.2009
10.959,77
= Kontostand nach Auszahlung am 29.12.2009
0,00
Dass der Betrag von 10.959,77 € am 28. Dezember 2009 auf das Konto der StB-GmbH überwiesen wurde, ist zwischen den Beteiligten zurecht nicht streitig. Nach dieser Berechnung ist auch offensichtlich, dass sich kein Erstattungsanspruch für die Kläger mehr aus den Zinsen zur Einkommensteuer 1996 aufgrund des Bescheides vom 10. Juni 2009 ergeben kann. Der Erstattungsanspruch für die Zinsen zur Einkommensteuer 1996 ist durch Aufrechnung mit Säumniszuschlägen zur Einkommensteuer 1999 am 10. Juni 2009 erloschen (§ 47 AO). Durch den Erlass vom 4. Dezember 2009 über die getilgten Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 (§ 227, 2. HS AO) wurde ein entsprechender Erstattungsanspruch der Kläger ausgelöst, der durch Auszahlung erfüllt ist.
(3) Außerdem führte der zweite Erlass vom 4. Dezember 2009 […] über Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1996 von 553,55 € und zum Solidaritätszuschlag über 75,69 € zu einem weiteren Guthaben von 629,24 € (§ 227, 2. HS AO). Dieser zweite Erlass vom 4. Dezember 2009 für diese Säumniszuschläge wurde im Abrechnungsbescheid vom 16. März 2017 zutreffend berücksichtigt. Das Guthaben von 629,24 € wurde ebenfalls am 28. Dezember 2009 auf das Konto der StB-GmbH überwiesen; auch dies ist wiederum zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig.
c) Zu Recht weist der Beklagte auch darauf hin, dass Säumniszuschlägen zur Einkommensteuer 1999 nur in Höhe von insgesamt 26.916,00 € entstanden sind und nach dem zweiten Erlass vom 4. Dezember 2009 keine weiteren Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 mehr aufgelaufen waren (15.956,23 + 10.959,77 = 26.916,00; Y-Abfrage vom 13. März 2017 […]: 2.864,45 + 7.316,00 + 779,32 + 9.191,23 + 6.765,00 = 26.916,00).
Demgemäß bleibt der dritte Erlass über Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1999 in Höhe von 7.316,00 € ohne Wirkung. Mit diesem dritten Erlass vom 1. Juni 2011 […] hat das Wohnsitzfinanzamt Säumniszuschläge erlassen, die nicht entstanden sind (M-Hinweis-Meldung vom 8. Juni 2011, […]). Damit kann der Erlass nach § 227 AO auch nicht seine Wirkung als rechtsgestaltender Verwaltungsakt (von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 227 AO Rz. 371 [Jan. 2016]) entfalten und einen gegenwärtigen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis nach § 47 AO zum Erlöschen bringen oder eine Erstattung auslösen. Da Erlassgegenstand der abstrakte Anspruch des Steuergläubigers gegen den Steuerschuldner auf die Steuer ist, unabhängig davon, ob er schon entstanden oder schon durch einen Steuerverwaltungsakt konkretisiert ist (von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 227 AO Rz. 211 [Jan. 2016]), konnte dieser dritte Erlass kein weiteres (konkretes) Guthaben der Kläger erzeugen. Das Finanzamt wäre auch berechtigt gewesen, für diese dritte Erlassentscheidung unter den Voraussetzungen des § 131 Abs. 2 AO einen Widerruf auszusprechen (von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 227 AO Rz. 371 [Jan. 2016]). Ob der Aktenvermerk vom 2. August 2011, der dem steuerlichen Vertreter der Kläger am selben Tag per Telefax übermittelt wurde […] den Anforderungen eines Widerrufs genügt, muss jedoch mangels Auswirkungen des Erlasses vom 1. Juni 2011 nicht entschieden werden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.


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