Steuerrecht

Altfahrzeugannahmestelle, Untersagungsanordnung, Fehlende Anerkennung, Abgrenzung Reparaturtätigkeit, Schrotthandel

Aktenzeichen  Au 9 K 21.395

Datum:
13.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 33294
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KrWG § 62
AltfahrzeugV § 2 Abs. 2
AltfahrzeugV § 5 Abs. 2 und 3

 

Leitsatz

Tenor

I. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
II. Die Klage wird abgewiesen.
III. Soweit das Verfahren in Ziffer I. eingestellt wurde, trägt die Beklagte die Kosten des Verfahrens.
Im Übrigen trägt der Kläger die Kosten des Verfahrens.
IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

1. Nachdem die Beklagte durch Änderungsbescheid vom 8. September 2021 die Ziffer III. des streitgegenständlichen Bescheids vom 9. Februar 2021 aufgehoben hatte, wurde der Rechtsstreit durch die Beteiligten insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Verfahren war daher in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Nach Abgabe der entsprechenden Erledigungserklärungen ist lediglich gemäß § 161 Abs. 2 VwGO über die Kosten des Verfahrens insoweit nach billigem Ermessen zu entscheiden (vgl. Ziffer III. des Urteilstenors).
2. Soweit die Klage nach Durchführung der mündlichen Verhandlung und den wechselseitigen Erklärungen der Beteiligten noch aufrechterhalten wurde, ist die Klage zulässig, jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a) Der streitgegenständliche Bescheid stützt sich zutreffend auf § 62 KrWG i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 2 AltfahrzeugV. Nach § 62 KrWG kann die zuständige Behörde im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen treffen. Die Beklagte hat die Untersagungsverfügung erlassen, um die Einhaltung der Vorschriften der Altfahrzug-Verordnung (i. d. F. der Bekanntmachung vom 21. Juni 2002 – BGBl. I S. 2214 – AltfahrzeugV) sicherzustellen. Die Verordnung wurde aufgrund der Ermächtigungen des KrW-/AbfG a.F., namentlich der §§ 7, 12, 24, 59 KrW-/AbfG a.F., wirksam erlassen.
Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 AltfahrzeugV müssen Betreiber von Annahmestellen, Rücknahmestellen, Demontagebetrieben, Schredderanlagen und sonstigen Anlagen zur weiteren Behandlung von Altfahrzeugen die für sie jeweils geltenden Anforderungen des Anhangs 1 der AltfahrzeugV erfüllen. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AltfahrzeugV dürfen Betreiber von Annahmestellen und Demontagebetrieben für Altfahrzeuge diese nur annehmen und behandeln, wenn die Betriebe nach § 2 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 AltfahrzeugV anerkannt sind. Das ist der Fall, wenn der jeweilige Betrieb über die erforderliche Bescheinigung nach § 5 Abs. 3 AltfahrzeugV verfügt (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 AltfahrzeugV) oder ein Entsorgungsfachbetrieb ist und die Einhaltung der Anforderungen der AltfahrzeugV geprüft und dies im Überwachungszertifikat ausgewiesen ist. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger die nach § 2 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 AltfahrzeugV erforderlichen Bescheinigungen nicht besitzt. Die vom Kläger bei der Beklagten vorgelegten Zertifizierungen erfüllen – wovon auch die Beteiligten des Verfahrens ausgehen – bereits inhaltlich nicht die nach § 2 Abs. 2 Nrn. 1 und 2, § 5 Abs. 3 AltfahrzeugV erforderlichen Anforderungen, so dass es auf die Frage, ob diese wirksam ausgestellt wurden nicht entscheidungserheblich ankommt. Der Kläger ist daher nicht berechtigt, Altfahrzeuge im Sinne von § 5 Abs. 2 AltfahrzeugV anzunehmen.
b) Die Anordnung war auch erforderlich. Es bestanden für die Beklagte ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger Tätigkeiten einer Altfahrzeugannahmestelle vornimmt bzw. beabsichtigt, Tätigkeiten einer Altfahrzeugannahmestelle durchzuführen, ohne die hierfür erforderliche Anerkennung zu besitzen.
Bereits die Tatsache, dass der Kläger zum 1. Februar 2016 die gewerberechtliche Tätigkeit als Altfahrzeugannahmestelle, Demontage von Altfahrzeugen und Handel mit Kraftfahrzeugen und KFZ-Zubehör angemeldet hat, lässt den Schluss zu, dass der Kläger zumindest ernsthaft beabsichtigt, auf dem streitgegenständlichen Grundstück * eine Altfahrzeugannahmestelle zu betreiben. Der Einwand des Klägerbevollmächtigten, dass eine gewerberechtliche Anmeldung im Regelfall bereits im Vorfeld zur Aufnahme der beabsichtigten gewerblichen Tätigkeit erfolgt, um die Voraussetzungen für diese schaffen zu können, ist nicht geeignet, den Betrieb einer Altfahrzeugannahmestelle durch den Kläger bzw. die konkrete Absicht hierzu und somit die Erforderlichkeit der streitgegenständlichen Anordnung in Zweifel zu ziehen. Der Einwand belegt vielmehr, dass der Kläger weiterhin beabsichtigt, eine Altfahrzeugannahmestelle zu betreiben. Da der Kläger jedoch die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt, rechtfertigt dies allein bereits die streitgegenständliche Anordnung. Im Übrigen hätte spätestens zu dem Zeitpunkt, als mit rechtskräftigem Urteil vom 16. Mai 2018 (Au 4 K 17.1434) festgestellt worden war, dass die beabsichtigte Tätigkeit einer Altfahrzeugannahmestelle auf dem streitgegenständlichen Grundstück baurechtlich nicht zulässig ist, die Veranlassung bestanden, das Gewerbe Altfahrzeugannahmestelle, Demontage von Altfahrzeugen für die Betriebsstätte * abzumelden. Der Umstand, dass der Kläger dieses unterließ und die Gewerbeanmeldung bis heute besteht, lässt den Schluss zu, dass der Kläger weiterhin beabsichtigt, das Gewerbe einer Altfahrzeugannahmestelle aufzunehmen, ohne die erforderlichen Voraussetzungen hierfür zu erfüllen. Auffallend ist in diesem Zusammenhang auch, dass auf dem streitgegenständlichen Grundstück * zwar baurechtlich der Betrieb einer Kfz-Kleinwerkstätte genehmigt wurde, die gewerberechtliche Anmeldung für die Betriebsstätte * die Tätigkeit einer Kfz-Werkstätte jedoch gerade nicht enthält. Gemeldet sind: Handel mit Kraftfahrzeugen und Kfz-Zubehör, Abschleppdienst, Altfahrzeugannahmestelle, Demontage von Altfahrzeugen.
Auch das in den Akten enthaltene Bildmaterial und die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Aufnahmen über den Zustand und die Ausstattung der Werkstatt lassen den Schluss zu, dass der Kläger im Wesentlichen Altfahrzeuge zerlegt und mit Kfz-Teilen handelt – was im übrigen auch der gewerberechtlichen Anmeldung entspricht. Für diese Einschätzung spricht auch der Umstand, dass auf dem Bildmaterial, das den Betriebsraum der angeblichen Kfz-Werkstatt zeigt, jegliche für diese Tätigkeit erforderliche technische Ausstattung (Hebebühne, Werkzeug) fehlt (vgl. Bild 6 bis 8 der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Bilddokumentation). Der Raum stellt sich vielmehr als Lager von Kfz-Teilen dar. Anhaltspunkte für einen regulären Werkstattbetrieb sind nicht erkennbar.
Auch der Umstand, dass im Jahr 2016 im Zuge eines Brandereignisses festgestellt wurde, dass der Kläger Altfahrzeuge unzulässiger Weise annimmt und behandelt, was zu einer strafrechtlichen Verurteilung zu einer Geldstrafe wegen vorsätzlichem unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen in acht tatmehrheitlichen Fällen führte, stellt ein Indiz für die Absicht des Klägers dar, gewerblich Altfahrzeuge anzunehmen und zu zerlegen. Aus dem Jahr 2016 stammt im Übrigen auch die gewerberechtliche Anmeldung einer Altfahrzeugannahmestelle, die wie bereits erwähnt bis heute gültig ist.
Die von der Beklagten im Klageverfahren vorgelegten aktuellen Internetauszüge belegen ebenfalls, dass der Kläger konkret beabsichtigt, Altfahrzeuge anzunehmen und zu behandeln. So gab der Kläger eine eBay-Kleinanzeigen auf mit der Aussage „Wir holen Ihr Restfahrzeug/Schrottfahrzeug“. Unter Beschreibung der Tätigkeit wird ausgeführt „Sie wollen Ihr Restfahrzeug loswerden, wir vergüten Ihnen zugleich den Tagesschrottpreis, entsorgen Sie Ihr Restfahrzeug bei zertifizierten Betrieben.“.
Entgegen der Auffassung der Klägerseite kommt es für die Rechtsmäßigkeit der streitgegenständlichen Anordnung nicht darauf an, ob einzelne Fahrzeuge, die auf dem Grundstück des Klägers abgestellt sind, die Abfalleigenschaft erfüllen. Regelungsgehalt des streitgegenständlichen Bescheids ist die Untersagung einer Tätigkeit als Altfahrzeugannahmestelle, so dass es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheids lediglich darauf ankommt, ob konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Kläger die gewerbliche Tätigkeit einer Altfahrzeugannahmestelle beabsichtigt bzw. vornimmt, ohne die erforderliche Anerkennung zu besitzen. Liegen ausreichende Indizien hierfür vor, kommt es auf die Abfalleigenschaft eines einzelnen Autos nicht an. Diese Frage stellt sich allenfalls auf der Vollzugsebene, nämlich bei der Beurteilung, ob die Tätigkeit an einem konkreten Fahrzeug als Reparaturauftrag oder als Altfahrzeugannahme zu qualifizieren ist. Die klägerischen Ausführungen zur Abfalleigenschaft einzelner Fahrzeuge sind daher nicht entscheidungserheblich. Die vom Bevollmächtigten des Klägers geforderte Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Abfalleigenschaft einzelner Fahrzeuge war daher nicht veranlasst. Im Übrigen hat der Kläger weder bei der Behörde noch im Klageverfahren Unterlagen vorgelegt, die die Tätigkeit als Reparaturwerkstatt belegen (Reparaturaufträge, Rechnungen). Ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass auf den in der Behördenakte vorgelegten Fotografien kein einziges Kraftfahrzeug zu erkennen ist, das angemeldet und fahrbereit ist.
Angesichts der eindeutigen Indizienlage war dem in der mündlichen Verhandlung gestellten bedingten Beweisantrag nicht zu entsprechen, zumal der Aussage eines Mitarbeiters des Klägers nur eingeschränkte Beweiskraft zukommt. Das Gericht ist bereits aufgrund des vorgelegten Akteninhalts, der Aussagen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung und der von der Beklagten vorgelegten Bilddokumentation davon überzeugt, dass der Kläger zumindest auch Tätigkeiten einer Altfahrzeugannahmestelle vornimmt.
c) Die Ermessensausübung der Beklagten ist gerichtlich nicht zu beanstanden, Anhaltspunkte für Ermessensfehler bestehen nicht und wurden auch nicht geltend gemacht (§ 114 VwGO).
3. Hinsichtlich des aufgrund der übereinstimmend abgegebenen Erledigungserklärung eingestellten Verfahrensteils war gemäß § 161 Abs. 2 VwGO eine Kostenentscheidung nach billigem Ermessen zu treffen. Da die zunächst angegriffenen Regelungen in Ziffer III des Bescheids seitens der Beklagten aufgehoben wurden, erachtet es das Gericht für sachgerecht, der Beklagten insoweit die Kosten aufzuerlegen.
Soweit die Klage als unbegründet abzuweisen war, trägt der Kläger als im Verfahren unterlegen nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).


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