Steuerrecht

Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen einen Straßenausbaubeitragsbescheid

Aktenzeichen  B 4 S 16.462

Datum:
19.7.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 130200
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG
AO § 118

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 698,82 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen einen Straßenausbaubeitragsbescheid.
Der Antragsteller ist Eigentümer des 1.028 qm großen, mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Flnr. …Gemarkung … Im Jahr 2008 wurden die Fahrbahn (Ober- und Unterbau) der Straße und der Mehrzweckstreifen in voller Länge erneuert und ein Wendehammer neu errichtet. Zugleich wurden die in der Straße verlegten Kanal- und Wasserleitungen saniert. Die letzte Unternehmerrechnung ging am 02.02.2010 ein.
Mit Bescheid vom 14.05.2009 setzte der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller eine Vorauszahlung auf einen Straßenausbaubeitrag in Höhe von 6.892,43 EUR fest. Dabei ging er von voraussichtlichen Gesamtkosten in Höhe von 181.679,64 EUR aus. Der Antragsteller erhob dagegen Widerspruch. Einen Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen, lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth mit Beschluss vom 29.04.2010 ab (B 4 S 10.306). Daraufhin zahlte der Antragsteller den Beitrag in voller Höhe.
Mit Schreiben vom 26.11.2014 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zum beabsichtigten Erlass eines endgültigen Straßenausbaubeitragsbescheides Anfang Dezember 2014 an. Dabei teilte er die Gesamtkosten der Maßnahme und die beitragspflichtige Fläche des Grundstücks des Antragstellers mit und gab ihm Gelegenheit, bis 05.12.2014 Stellung zu nehmen.
Mit Bescheid vom 10.12.2014 setzte der Antragsgegner einen endgültigen Ausbaubeitrag in Höhe von 11.185,63 EUR fest, so dass sich abzüglich der bereits geleisteten Vorauszahlung ein Zahlbetrag von 4.293,10 € ergibt. Er ging von Gesamtkosten der Anlage von 286.741,76 EUR aus und legte eine beitragspflichtige Grundstücksfläche des Antragstellers von 1.028,00 qm x 1,3 = 1.336,40 qm zugrunde.
Am 08.01.2015 erhob der Antragsteller Widerspruch und stellte einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, den der Antragsgegner am 19.01.2015 ablehnte. Einen beim Verwaltungsgericht am 30.03.2015 erhobenen Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen, lehnte das Gericht mit Beschluss vom 16.07.2015 ab (B 4 S 15.182). Auf die Gründe wird verwiesen.
In einem Telefax vom 14.11.2015 an den Antragsgegner erklärte der Antragsteller, der Bescheid vom 10.12.2014 liege ihm nun seit 22.11.2015 vor. Die Postzustellungsurkunde … lasse sich mit diesem Bescheid nicht in Einklang bringen. Er bitte um Aufhebung des Bescheids und um Aussetzung der Vollziehung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2016 wies das Landratsamt F. den Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 10.12.2014 zurück und lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Auf die Begründung wird Bezug genommen.
Mit Telefax vom 02.02.2016 erhob der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth und führte aus, der Bescheid vom 10.12.2014 liege ihm erst seit 22.10.2015 vor, als ihm das Landratsamt diesen als Kopie per Telefax übermittelt habe. Er habe am 14.11.2015 gegen diesen Bescheid rechtzeitig Widerspruch erhoben. In dem Schreiben des Antragsgegners vom 26.11.2014 stecke ein Verwaltungsakt, auch wenn es als „Anhörung“ bezeichnet worden sei. Der Versand sei per Postzustellungsurkunde erfolgt. Dem Verwaltungsgericht habe im Verfahren B 4 S 15.182 der Bescheid vom 10.12.2014 vorgelegen, ihm dagegen nicht. Eine ordnungsgemäße Zustellung des Bescheids liege nicht vor. Der Widerspruchsbescheid setze zu Unrecht Kosten von 153,45 EUR fest.
Das Klageverfahren wird unter dem Az. B 4 K 16.59 geführt.
Die Antragsgegnerseite hat mit Schriftsatz vom 31.03.2016 ausgeführt, der Bescheid vom 10.12.2014 sei dem Antragsteller mit PZU durch Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt worden. Es genüge nicht, den Zugang des Schriftstücks zu bestreiten. Der Antragsteller habe bereits in seinen Schreiben von Anfang 2015 auf den endgültigen Bescheid Bezug genommen. Der Antragsteller sei Volljurist bei der Finanzverwaltung und müsse den Unterschied zwischen einem Anhörungsschreiben und einem Beitragsbescheid kennen. Der Widerspruch vom 14.11.2015 sei wegen der dem Bescheid vom 10.12.2014 beigefügten ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung:unzulässig.
Der Antragsteller berief sich im Schriftsatz vom 11.04.2016 auf die fristgerechte Klageerhebung mit dem Ziel, den Bescheid vom 10.12.2014 aufheben zu lassen.
Mit Telefax vom 23.06.2016 wandte sich der Antragsteller an das Verwaltungsgericht Bayreuth mit der Bitte um vorläufigen Rechtsschutz, da die Vollstreckung durch den Antragsgegner drohe. Dem Antrag war ein vollstreckbares Ausstandsverzeichnis beigefügt, wonach die Zahlung eines Gesamtrückstands von 2.792,82 EUR auf den Straßenausbaubeitrag … bis zum 05.07.2016 gefordert wird. In einem weiteren Telefax vom 27.06.2016 stellt der Antragsteller noch einmal den Verfahrensverlauf dar, ohne sich zur Beitragsfestsetzung dem Grunde und der Höhe nach zu äußern Der Antragsgegner verweist mit Schriftsatz vom 27.06.2016 auf das anhängige Klageverfahren und dass mangels aufschiebender Wirkung der Klage und Vorliegen eines Stundungsgrundes die Vollstreckung der Forderung betrieben und ein vollstreckbares Ausstandsverzeichnis zugestellt werden konnte.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte – auch im Verfahren B 4 K 16.59 – und die Behördenakten verwiesen.
II.
1. Der Antrag, der als Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 02.02.2016 zu verstehen ist, ist zulässig. Die Zulässigkeitsvoraussetzung des § 80 Abs. 6 VwGO ist erfüllt, nachdem die Widerspruchsbehörde in ihrem Bescheid vom 28.01.2016 einen Antrag des Antragstellers auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hat.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist aber unbegründet.
Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Klage durch Beschluss anordnen (§ 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 und Satz 2 VwGO), wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Zahlungspflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel sind anzunehmen, wenn die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides so erheblichen Bedenken begegnet, dass seine Aufhebung oder Abänderung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann (BayVGH, Beschluss vom 06.02.1996 – 23 CS 94.3550).
Gemessen daran ist der Antrag abzulehnen, weil Gründe, aus denen die Vollziehung des Bescheides vom 10.12.2014 für den Antragsteller eine unbillige Härte zur Folge hätte, weder geltend gemacht wurden noch sonst ersichtlich sind und ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids nicht bestehen.
Das Gericht hat keine Zweifel, dass der Bescheid des Antragsgegners dem Antragsteller wirksam per Postzustellungsurkunde bekanntgegeben wurde. In der Behördenakte ist auf dem „Laufzettel zum Bescheid vom 10.12.2014“ mit Unterschriftskürzel vermerkt: „Bescheid versandt am 10.12.2014 mit PZU“. Aus der Postzustellungsurkunde ergibt sich als Tag der Zustellung der 11.12.2014. Am 15.12.2014 ging die PZU wieder beim Antragsgegner ein. Der Umstand, dass auf der Postzustellungsurkunde das Aktenzeichen des Beitragsvorgangs … – wie auch auf den übrigen Schreiben an den Antragsteller – enthalten ist, sich aber nicht auf dem Beitragsbescheid findet, ändert nichts an der zeitlich eindeutigen Zuordnung der PZU zum Bescheid. Für eine andere Zuordnung ergeben sich keine Anhaltspunkte.
Der Antragsteller hat am 08.01.2015 unter dem Betreff „Bescheid betr. Festsetzung Ausbaubeitrag … Fl. Nr. …“ an den Antragsgegner geschrieben „Ich lege gegen den (endgültigen) Beitragsbescheid Widerspruch ein und beantrage Aussetzung der Vollziehung“. Sein Vortrag, er habe damit gegen das Anhörungsschreiben vom 26.11.2014 Widerspruch erhoben, das seiner Meinung nach ein Verwaltungsakt, ein sog. „Anhörungsbescheid“, sei, ist in keiner Weise nachvollziehbar. Eine „Anhörung“ kann schon begrifflich kein Verwaltungsakt nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b) KAG i.V.m. § 118 AO sein, weil sie keine Regelung enthält, sondern eine solche erst ankündigt. So findet sich in dem Anhörungsschreiben vom 26.11.2014 weder ein konkreter Beitragssatz noch ein für das Grundstück des Antragstellers der Höhe nach festgesetzter Beitrag oder eine Zahlungsaufforderung. Die Beitragsfestsetzung in Höhe von 11.185,53 EUR – und nur dies ist der maßgebliche Verwaltungsakt – erfolgte erst in dem Bescheid vom 10.12.2014, in dem auch auf die Fälligkeit und die Folgen nicht rechtzeitiger Zahlung hingewiesen wurde. Wäre dem Antragsteller der Beitragsbescheid mit diesem Inhalt nicht bekannt gewesen, würde der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung vom 08.01.2015 keinen Sinn ergeben.
Somit ist ein Zustellungsmangel nicht ersichtlich. Der Bescheid vom 10.12.2014 ist aller Voraussicht nach formell ordnungsgemäß ergangen.
In materieller Hinsicht hat der Antragsteller keine Gründe vorgetragen, die die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids in Frage stellen. Hierzu wird auf die Ausführungen in den Gründen des Beschlusses vom 16.07.2015 (B 4 S 15.182) verwiesen.
2. Als unterliegender Teil trägt der Antragsteller gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens.
3. Die Höhe des Streitwertes – ¼ des Zahlbetrages – richtet sich nach § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 3 GKG i. V. m. Ziffern. 3.1 und 1.5 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.


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