Steuerrecht

Bezirksschornsteinfeger, Feuerstättenbescheid, Bevollmächtigter, Aufhebung der Bestellung, Kehrbezirksüberprüfung, Nach Aufhebung, Zwingende Aufhebung, Untersuchungsgrundsatz, Unzuverlässigkeit, Feuerstättenschau, Aufsichtsmaßnahmen, Schornsteinfeger-Handwerksgesetz, Vertrauenstatbestand, Aufsichtsbehörde, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Schwerwiegende Pflichtverletzung, Schornsteinfegerarbeiten, Verwaltungsgerichte, Kostenentscheidung, Zweitbescheid

Aktenzeichen  M 16 K 17.616

Datum:
30.5.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 164066
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SchfHwG § 12 Abs. 1 Nr. 2
SchfHwG § 21
SchfHwG § 5
SchfHwG § 14
SchfHwG § 19

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 27. Januar 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Die Aufhebung der Bestellung des Klägers zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger für den Kehrbezirk … … ist formell und materiell rechtmäßig. Maßgeblich ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung. Da der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger auch nach Aufhebung seiner Bestellung die Möglichkeit hat, sich um einen frei werdenden Bezirk zu bewerben, sind die für eine eventuelle Wiedergestattung relevanten Umstände in einem laufenden Anfechtungsprozess nicht zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, U.v. 7.11.2012 – 8 C 28/11 – juris Rn. 13; OVG Saarl, B.v. 11.10.2013 – 1 B 395/13 – juris Rn. 5). Somit ist der rechtlichen Bewertung des vorliegenden Falles das Schornsteinfeger-Handwerksgesetz – SchfHwG vom 26.11.2008 (BGBl I 2242), zuletzt geändert am 31.8.2015 (BGBl I 1474), zugrunde zu legen.
Formelle Fehler des Bescheides sind nicht ersichtlich. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen den Untersuchungsgrundsatz (Art. 24 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz – BayVwVfG) vor. Nach Art. 24 Abs. 1 BayVwVfG ermittelt die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Dabei hat die Behörde alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen (Art. 24 Abs. 2 BayVwVfG). Es ist nicht ersichtlich, dass sich die Regierung an diese Vorgaben nicht gehalten hätte. Insbesondere ergibt sich aus der aufsichtlichen Befugnisnorm des § 21 Abs. 1 Satz 2 SchfhwG, wonach die zuständige Behörde die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger hinsichtlich der Wahrnehmung der ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse und der Einhaltung ihrer Pflichten jederzeit überprüfen kann, kein subjektives Recht auf Durchführung einer zweiten Kehrbezirksüberprüfung.
Die streitgegenständliche Entscheidung ist auch materiell rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bestellung des Klägers zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger für den Kehrbezirk … … ist § 12 Abs. 1 Nr. 2 SchfHwG. Danach ist die Bestellung aufzuheben, wenn die zuständige Behörde auf Grund einer Überprüfung der Tätigkeiten des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers nach § 21 Abs. 1 Satz 2 SchfHwG zu der Auffassung gelangt ist, dass dieser oder diese die erforderliche persönliche oder fachliche Zuverlässigkeit für die Ausübung des Amtes nicht besitzt.
Der Beklagte ist aufgrund einer solchen Überprüfung zu seiner Bewertung gelangt. Unter einer Überprüfung im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 2 SchfHwG ist nicht nur die Kehrbezirksüberprüfung in der Form einer Außenprüfungen zu verstehen, sondern sämtliche sonstige Maßnahmen der Aufsichtsbehörde, die der Überprüfung des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers hinsichtlich der Wahrnehmung der ihm übertragenen Aufgaben und Befugnisse und der Einhaltung seiner Pflichten dienen. Hierzu gehört neben der Aufforderung zur Vorlage des Kehrbuchs und der für die Führung des Kehrbuchs erforderlichen Unterlagen (§ 21 Abs. 2 Satz 1 SchfHwG), insbesondere auch die Prüfung von Beschwerden hinsichtlich vorliegender Pflichtverletzungen. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass sich der streitgegenständliche Bescheid über das Ergebnis der Kehrbezirksüberprüfung hinaus auch auf außerhalb dieser Prüfung festgestellte Pflichtverstöße stützt. Nicht entscheidungserheblich ist im vorliegenden Fall, ob eine Aufhebung der Bestellung auch dann auf § 12 Abs. 1 Nr. 2 SchfHwG gestützt werden kann, wenn sich die Unzuverlässigkeit des Betroffenen nicht unmittelbar aus Pflichtverstößen im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit, sondern aus anderweitigen Erkenntnissen, etwa über Tatsachen aus dem privaten Bereich ergibt (vgl. BVerwG, U.v. 7.11.2012 – 8 C 28/11 – juris Rn. 20 ff.).
Der Beklagte ist auch zu Recht zur Auffassung gelangt, dass der Kläger die erforderliche Zuverlässigkeit für die Ausübung seines Amtes nicht (mehr) besitzt. Die hierfür erforderliche fachliche und persönliche Zuverlässigkeit besitzt der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger nur, wenn er nach dem Gesamtbild seiner Persönlichkeit die Gewähr für eine ordnungsgemäße Erfüllung seiner Berufs- und Amtspflichten bietet. Der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger hat eine Doppelstellung. Er nimmt als beliehener Unternehmer öffentliche Aufgaben wahr und gehört gemäß § 8 Abs. 2 SchfHwG als Gewerbetreibender dem Schornsteinfegerhandwerk an. Der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger hat demnach im Vergleich zu anderen Handwerkern eine Sonderstellung inne. Für ihn gelten nicht nur die Anforderungen des allgemeinen Gewerbe- und Handwerksrechts, er muss darüber hinaus auch die Gewähr dafür bieten, diejenigen spezifischen Amtspflichten zu erfüllen, die sich gerade aus der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben begründen. Seine Zuverlässigkeit beurteilt sich anhand von Tatsachen, welche auf sein künftiges Verhalten in Ausübung seines Amtes schließen lassen. Von der Behörde wird somit eine Wertung von Tatsachen verlangt, verbunden mit einer Prognose auf das künftige Verhalten des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers. Dabei entspricht es den allgemeinen Grundsätzen des Rechts der Gefahrenabwehr, umso strengere Anforderungen an die Zuverlässigkeit zu stellen, je schutzwürdiger die Rechtsgüter sind, die gefährdet werden können, und je höher der mögliche Schaden ist (vgl. BVerwG, U.v. 7.11.2012 – 8 C 28/11 – juris Rn. 19). In Anbetracht der dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger übertragenen öffentlichen Aufgaben im Bereich des präventiven Brand- und Immissionsschutzes sind an dessen Zuverlässigkeit daher hohe Anforderungen zu stellen (vgl. VGH BW, B.v. 6.9.1990 – 14 S 1080/90 – juris Rn. 2; VG Augsburg, U.v. 2.8.2012 – Au 5 K 12.55 – juris Rn. 44).
Zutreffend hat der Beklagte angenommen, dass der Kläger bei der Ausübung seines Amtes in schwerwiegender Weise gegen grundlegende Berufspflichten eines bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers verstoßen und sich damit als unzuverlässig erwiesen hat.
Eine solche schwerwiegende Berufspflichtverletzung ist zunächst darin zu sehen, dass der Kläger einen feuergefährlichen Mangel zwar festgestellt und Sicherungsmaßnahmen ergriffen, diesen Vorgang aber nicht der Behörde mitgeteilt, sondern vielmehr – obwohl der Mangel nicht behoben war – im Rahmen einer späteren Feuerstättenschau die Mängelfreiheit der Anlage bescheinigt hat. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG besichtigen die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger persönlich zweimal während des Zeitraums ihrer Bestellung sämtliche Anlagen in den Gebäuden ihres Bezirks, in denen Arbeiten nach den Rechtsverordnungen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 sowie nach der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen oder nach den landesrechtlichen Bauordnungen durchzuführen sind, und prüfen die Betriebs- und Brandsicherheit der Anlagen (Feuerstättenschau). Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SchfHwG setzen die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger bei der Feuerstättenschau gegenüber den Eigentümern durch schriftlichen Bescheid fest, welche Schornsteinfegerarbeiten nach den Rechtsverordnungen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 oder der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen durchzuführen sind und innerhalb welchen Zeitraums dies zu geschehen hat (Feuerstättenbescheid). Stellen die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger bei der Feuerstättenschau nach Absatz 2 fest, dass eine Anlage nicht betriebs- oder brandsicher ist, treffen sie vorläufige Sicherungsmaßnahmen, wenn Gefahr im Verzug besteht (§ 14 Abs. 3 Satz 1 SchfHwG). Als Sicherungsmaßnahme ist auch die vorläufige Stilllegung einer Anlage zulässig (§ 14 Abs. 3 Satz 2 SchfHwG). Die zuständige Behörde ist unverzüglich über die ergriffenen Sicherungsmaßnahmen zu unterrichten (§ 14 Abs. 3 Satz 3 SchfHwG). Sie hat diese als Sicherungsmaßnahmen zu verfügen oder die vorläufige Sicherungsmaßnahmen aufzuheben (§ 14 Abs. 3 Satz 4 SchfHwG). Im Anwesen …str. 6, 1. OG links wurde bei der Kehrbezirksüberprüfung festgestellt, dass ein Rohr am Gasdurchlauferhitzer an einer Stelle durchgerostet und das Leck vom Kläger zur Sicherung lediglich mit „Silberpapier“ überklebt worden war. Hierzu hat der Kläger eingeräumt, den Mangel bereits im Jahr 2014 festgestellt zu haben und bei der Außenprüfung zunächst angegeben, den Mangel weitergeleitet und auch eine Mängelabstellmeldung erhalten zu haben. Bei der Prüfung der Unterlagen des Klägers konnte allerdings weder eine Mängelanzeige noch eine Mängelabstellmeldung festgestellt werden. Den vorgelegten Behördenakten (Teil II Blatt 59 der RGU-Akte) ist vielmehr zu entnehmen, dass der Kläger im Rahmen einer Feuerstättenschau am … … März 2015 die Mängelfreiheit der Anlage bescheinigt hat, obwohl der Mangel zum Zeitpunkt der Feuerstättenschau nicht behoben war. Allein der Umstand, dass der Kläger bei einem von ihm bereits im Jahr 2014 festgestellten Mangel nicht auf eine zeitnahe Behebung hingewirkt, die Unterrichtung der Behörde unterlassen und geraume Zeit später gar die Mängelfreiheit der Anlage bescheinigt hat, stellt einen so schwerwiegenden Verstoß gegen grundlegende Berufspflichten dar, dass dieser für sich genommen schon auf die Unzuverlässigkeit des Klägers schließen lässt. Offen bleiben kann deshalb, ob eine sofortige Stilllegung der Anlage notwendig gewesen wäre.
Zutreffend sieht der streitgegenständliche Bescheid auch in der Vernichtung eingegangener Mängelabstellmeldungen einen schwerwiegenden Verstoß gegen Berufspflichten des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG sind Mängel an kehr- und überprüfungspflichtigen Anlagen, die nicht innerhalb des im Feuerstättenbescheid für die Durchführung der Schornsteinfegerarbeiten festgesetzten Zeitraums behoben sind, vom Schornsteinfeger im Formblatt (§ 4) zu vermerken. Ihre Behebung ist dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger innerhalb von sechs Wochen nach dem Tag, bis zu dem die Schornsteinfegerarbeiten gemäß der Festsetzung im Feuerstättenbescheid spätestens durchzuführen waren, nachzuweisen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 SchfHwG). Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SchfHwG sind im Formblatt nach § 4 vermerkte oder selbst festgestellte Mängel und das Datum des Abstellens der Mängel in das Kehrbuch einzutragen. Dem Kehrbuch kommt eine besondere Nachweisfunktion für die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers zu, weil an Hand der darin enthaltenen Aufzeichnungen die Aufsichtsbehörde die tatsächliche Tätigkeit des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers nachvollziehen und stichprobenartig überprüfen kann (vgl. BayVGH, B.v. 15.2.2012 – 22 ZB 10.2972 – juris Rn. 18 m.w.N.). Nach § 19 Abs. 4 Satz 1 SchfHwG sind nicht nur das Kehrbuch, sondern auch die für die Führung des Kehrbuchs erforderlichen Unterlagen einschließlich der eingereichten Formblätter durch die jeweils zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger bis zum Ablauf von sieben Jahren ab der letzten Eintragung aufzubewahren, sofern nicht andere Rechtsvorschriften eine längere Aufbewahrung vorschreiben. Erst nach Ablauf dieser Frist sind die Daten zu löschen und die Unterlagen zu vernichten (§ 19 Abs. 4 Satz 2 SchfHwG). Der Beklagte geht zu Recht davon aus, dass zu den erforderlichen Unterlagen im Sinne dieser Vorschrift auch die Mängelabstellmeldungen zählen. Denn nachgewiesen wird die Mängelbehebung nicht durch eine bloße Erklärung des Eigentümers bzw. Betreibers der Anlage, sondern durch Vorlage einer Bestätigung des Fachbetriebs, der die Mängelbeseitigung durchgeführt hat (vgl. Schira, Schornsteinfeger-Handwerksgesetz, 2. Aufl. 2015, § 5 Rn. 5). Nur durch Einsichtnahme in diese Nachweise lässt sich für die Aufsichtsbehörde nachvollziehen, ob der festgestellte Mangel fachgerecht abgestellt wurde. Die entsprechenden Unterlagen nehmen somit an der besonderen Nachweisfunktion des Kehrbuchs teil und unterliegen daher auch der genannten Aufbewahrungspflicht.
Als weitere schwerwiegende Pflichtverletzung führt der streitgegenständliche Bescheid zu Recht auf, dass der Kläger im Anwesen …str. 20 am *. Juni 2014 Abgasaustritt aus dem Raumheizer im Kinderzimmer und im Wohnzimmer festgestellt und den Betreiber zwar auf die potenzielle Lebensgefahr durch eine erhöhte CO-Konzentration hingewiesen, nicht aber die erforderliche vorläufige Stilllegung der Anlage veranlasst (§ 14 Abs. 3 Satz 2 SchfHwG), sondern dem Betreiber vielmehr eine nicht zu vertretende Behebungsfrist von sechs Wochen eingeräumt hat. Das Vorbringen des Kläger, er habe den Mangel als nicht so gravierend angesehen, weil eine Gefahr nicht für den Innenraum, sondern für außen bestanden und der Betreiber ihm versichert habe, die Anlage nicht vor Mängelbeseitigung wieder in Betrieb zu nehmen, vermag möglicherweise die nicht vorgenommene sofortige Stilllegung der Anlage, aber keinesfalls das Setzen einer derart langen Behebungsfrist rechtfertigen.
Dass der Kläger den erforderlichen Überblick über seine Mängelverwaltung verloren hat, zeigt sich auch in der Weiterleitung von Vorgängen an die Aufsichtsbehörde. Nach § 25 Abs. 1 SchfHwG melden die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger der zuständigen Behörde unverzüglich, wenn das Formblatt nicht innerhalb der in § 4 Abs. 3 Satz 3 genannten Frist eingegangen ist und die Durchführung der Arbeiten auch nicht auf andere Weise innerhalb dieser Frist nachgewiesen wurde. Nach § 25 Abs. 2 Satz 1 SchfHwG setzt die zuständige Behörde in einem Zweitbescheid gegenüber dem Eigentümer fest, welche Reinigungen oder Überprüfungen nach den Rechtsverordnungen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 oder wiederkehrenden Messungen nach § 15 der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen innerhalb welchen Zeitraums durchzuführen sind. Der Kläger hat der Aufsichtsbehörde mehrere Vorgänge bereits vor Ablauf der von ihm gesetzten Frist übermittelt oder auch solche Vorgänge vorgelegt, bei denen ein Werkvertrag zwischen ihm selbst und den betroffenen Eigentümern zur Durchführung der jeweiligen Schornsteinfegerarbeiten bestand. Dabei waren die Arbeiten in einem der vorgelegten Fälle vom Kläger bereits durchgeführt worden. Darüber hinaus mussten aufgrund von Fehlinformationen des Klägers erlassene Zweitbescheide wieder aufgehoben werden. Der Kläger hatte dem RGU am 12. Mai 2016 zunächst mitgeteilt, dass ihm ein Nachweis über die Durchführung notwendiger Schornsteinfegerarbeiten im Anwesen …-Str. 20, 4. OG links nicht vorliege, musste aber nach Erlass der entsprechenden Zweitbescheide einräumen, die Arbeiten selbst bereits im April 2016 durchgeführt zu haben. Hinzu kommt, dass der Kläger seitens des RGU mehrfach zur Korrektur von bei der Kehrbezirksüberprüfung festgestellten Fehlern in seinen Unterlagen und zur Vorlage fehlender Nachweise aufgefordert werden musste und trotz entsprechender Bemühungen seinerseits nicht in der Lage war, die Unterlagen fehlerfrei und vollständig vorzulegen.
Schließlich liegt auch ein Verstoß des Klägers gegen Pflichten aus § 11 Abs. 1 SchfHwG vor. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG ersuchen bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger, die vorübergehend verhindert sind, ihre Aufgaben wahrzunehmen, unverzüglich einen anderen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger, ihre Aufgaben für die Dauer der Verhinderung wahrzunehmen. Der verhinderte bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger zeigt die Verhinderung und die ersuchte Person unverzüglich der zuständigen Behörde an (§ 11 Abs. 1 Satz 3 SchfHwG). Zur Verhinderung in diesem Sinne gehört auch die urlaubsbedingte Abwesenheit. Der Kläger ist diesen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Er war im März 2016 urlaubsbedingt verhindert, ohne dies der Aufsichtsbehörde zuvor mitzuteilen (siehe E-Mail-Nachricht des Klägers aus dem Urlaub vom … März 2016, Teil I Blatt 98 der RGU-Akte).
Da die bislang aufgeführten Pflichtverletzungen Verstöße von einem solchen Gewicht darstellen, dass sie die von der Regierung verfügte Aufhebung der Bestellung des Klägers zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger bereits rechtfertigen, kommt es nicht mehr entscheidungserheblich auf die darüber hinaus im streitgegenständlichen Bescheid angeführten Pflichtverletzungen an. Einer weitergehenden Aufklärung und Bewertung dieser Vorwürfe bedarf es daher nicht.
Aufgrund der dargelegten schwerwiegenden und nachhaltigen Verletzung seiner Pflichten als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger bot der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses keine Gewähr für eine künftige uneingeschränkt pflichtgemäße und verlässliche Aufgabenerfüllung. Von einer künftigen grundlegenden Änderung seines Verhaltens ist nicht auszugehen. Das Gericht teilt vielmehr die Einschätzung der beiden Aufsichtsbehörden, dass der Kläger mit der Verwaltung eines Kehrbezirks überfordert ist. Die von der Regierung getroffene negative Prognose hinsichtlich der Zuverlässigkeit des Klägers erweist sich daher als richtig.
Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Nr. 2 SchfHwG ist die Bestellung zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger aber – ohne Ermessensspielraum – zwingend aufzuheben. Die von der Klägerseite geltend gemachten „Ermessensfehler“ sind daher nicht entscheidungserheblich.
Eine nochmalige Verhängung von Aufsichtsmaßnahmen auf der Grundlage von § 21 Abs. 3 SchfHwG kommt nicht in Betracht. Entsprechende Aufsichtsmaßnahmen setzen voraus, dass trotz des Vorliegens von Pflichtverletzungen nicht von einer Unzuverlässigkeit des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers auszugehen und durch die Aufsichtsmaßnahme eine grundlegende Verhaltensänderung zu erwarten ist (vgl. BVerwG, U.v. 7.11.2012 – 8 C 28/11 – juris Rn. 29; VGH BW, B.v. 6.9.1990 – 14 S 1080/90 – juris Rn. 2). Dies ist beim Kläger – wie dargelegt – nicht der Fall. Die bereits verhängten beiden Warnungsgelder haben gerade keine solche Verhaltensänderung bewirkt.
Zuzustimmen ist der Klägerseite zwar darin, dass ein bestimmter Sachverhalt nach Erlass einer Aufsichtsmaßnahme nach § 21 Abs. 3 SchfHwG dergestalt verbraucht ist, dass die Aufhebung der Bestellung wegen Unzuverlässigkeit allein auf diesen nicht mehr gestützt werden kann. Kommen aber zu den der Aufsichtsmaßnahme zugrundeliegenden Pflichtverletzungen weitere hinzu, kann dies in einer Gesamtschau zur Feststellung der Unzuverlässigkeit des Betroffenen führen und damit zwingend die Aufhebung der Bestellung zur Folge haben. Vorliegend ist der Sachverhalt, der zur Aufhebung der Bestellung des Klägers für den Kehrbezirk … … geführt hat, schon nicht identisch mit dem Sachverhalt, der den Warnungsgeldbescheiden zugrunde liegt. Für die Warnungsgeldbescheide waren fehlerhafte Feuerstättenbescheide und Rechnungen für die Anwesen …str. 8 und 10 entscheidungserheblich, während der Aufhebung der Bestellung die bereits dargestellten Vorfälle zugrunde liegen.
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf den Grundsatz von Treu und Glauben berufen. Aus der Übertragung des Teilbereichs des Kehrbezirks … … trotz Erlass des ersten Warnungsgeldbescheides lässt sich kein Vertrauenstatbestand ableiten, der dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheides entgegensteht. Zum damaligen Zeitpunkt konnte der Beklagte noch davon ausgehen, dass der Kläger sich durch das Warnungsgeld zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Pflichten und Aufgaben angehalten lässt. Auch aus dem Zeitablauf zwischen Kehrbezirksüberprüfung am 8. Oktober 2015 und Erlass des streitgegenständlichen Bescheides am 27. Januar 2017 ergibt sich kein Vertrauenstatbestand, der den Beklagten an der Aufhebung der Bestellung des Klägers hindert. Dem Kläger wurde mit Schreiben des RGU vom 29. Februar 2016 mitgeteilt, dass der Regierung die Aufhebung seiner Bestellung vorgeschlagen worden sei. Am 9. Mai 2016 wurde der Kläger von der Regierung zur beabsichtigten Aufhebung der Bestellung angehört. Am 2. Oktober 2016 übermittelte das RGU der Regierung eine Auflistung weiterer Vorkommnisse zur Kehrbezirksverwaltung des Klägers. Der Kläger konnte daher zu keinem Zeitpunkt davon ausgehen, dass die festgestellten Berufs- und Amtspflichtverletzungen folgenlos bleiben würden.
Die Aufhebung der Bestellung des Klägers als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger für den Teilbereich des Kehrbezirks … … ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die entsprechende Übertragung beruht auf § 10 Abs. 3 SchfHwG. Danach sind für einen ausgeschriebenen Bezirk, für den sich keine geeignete Person beworben hat, für längstens drei Jahre bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger benachbarter Bezirke im Bereich der zuständigen Behörde auszuwählen und als bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger zu bestellen. Zu Recht geht der Beklagte – ohne eine Rechtsgrundlage für die Aufhebung zu nennen – zwar davon aus, dass der Kläger aufgrund der sofort vollziehbaren Aufhebung seiner Bestellung für den Kehrbezirk … … die Voraussetzung für die Übertragung nicht mehr erfüllt. Dies ist aber hier nicht der ausschlaggebende Rechtsgrund für die Aufhebung der Bestellung für den übertragenen Teilbereich. Ansonsten wäre die Bestellung nicht aufzuheben, sondern auf Grundlage des Art. 49 BayVwVfG zu widerrufen, was der Beklagte nicht getan hat. Aufgrund der vorliegenden Unzuverlässigkeit des Klägers findet die Aufhebung dieser Bestellung vielmehr ihre Rechtsgrundlage ebenfalls in § 12 Abs. 1 Nr. 2 SchfHwG. Da es sich hierbei – wie bereits ausgeführt – um eine gebundene Entscheidung handelt, die bei Vorliegen der Voraussetzungen zwingend zu erfolgen hat, können etwaige Begründungsmängel im Ergebnis nicht zum Erfolg der Klage führen (vgl. BayVGH, B.v. 15.5.2013 – 22 ZB 12.2262 – juris Rn. 10).
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung – ZPO.


Ähnliche Artikel

Steuererklärung für Rentner

Grundsätzlich ist man als Rentner zur Steuererklärung verpflichtet, wenn der Grundfreibetrag überschritten wird. Es gibt allerdings Ausnahmen und Freibeträge, die diesen erhöhen.
Mehr lesen

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen


Nach oben