Steuerrecht

Erhebung eines Herstellungsbeitrages zur Wasserversorgung

Aktenzeichen  AN 1 K 17.02722

Datum:
3.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 37920
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 61, § 42 Abs. 2
AO § 124 Abs. 1
UmwG 1995 § 202 S. 1

 

Leitsatz

1. Die Beteiligtenfähigkeit einer BGB-Gesellschaft im Sinne des § 61 Nr. 2 VwGO endet mit deren Vollbeendigung. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
2. Mit Vollbeendigung der BGB-Gesellschaft durch Formwechsel lebt die durch die Klagebefugnis der BGB-Gesellschaft überlagerte Klagebefugnis der einzelnen Gesellschafter wieder auf; sie geht nicht auf den Rechtsnachfolger über, selbst dann nicht, wenn ein Formwechsel nach dem Umwandlungsgesetz 1995 (UmwG 1995) erfolgt ist, für den § 202 Abs. 1 S. 1 UmwG 1995 zivilrechtlich keine Rechtsnachfolge bewirkt (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
3. Auch wenn sich bei der Umwandlung einer BGB-Gesellschaft in eine Kommanditgesellschaft nur die Rechtsform unter Aufrechterhaltung der Identität des Rechtssubjekts ändert, ist ein Übergang der Klagebefugnis auf den Rechtsnachfolger ausgeschlossen. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Bescheid zur Erhebung eines Herstellungsbeitrages zur Wasserversorgung vom 27. November 2017 wird aufgehoben.
2. Im Übrigen wird die Klage der Kläger zu 1) und zu 5) abgewiesen.
3. Die Kläger tragen 2/5 der Kosten des Verfahrens, der Beklagte trägt 3/5 der Kosten des Verfahrens.
4. Die Kläger und der Beklagte können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweils andere vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

1. Die Klage der Klägerin zu 1) und zu 5) ist unzulässig.
a) Der Klägerin zu 1) fehlte bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 28. Dezember 2017 die Beteiligtenfähigkeit, da sie zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses am 27. November 2017, und damit erst recht zum Zeitpunkt der Klageerhebung, aufgrund Umwandlung in die Klägerin zu 5), eine GmbH und Co.KG, nicht mehr existent war.
In der höchstrichterliche Rechtsprechung (BGH, U.v.29.1.2001 – II ZR 331/00 – juris; BVerwG, B.v. 15.04.2010 – 4 BN 41/09 – juris, Rn. 4) ist es anerkannt, dass eine BGB-Gesellschaft partielle Rechtsfähigkeit besitzt, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet, und in diesem Rahmen sowohl klagen als auch verklagt werden kann. Im Verwaltungsprozess ist die BGB-Gesellschaft damit gemäß § 61 Nr. 2 VwGO beteiligtenfähig (BeckOK VwGO/Kintz, 51. Ed. 1.10.2019, VwGO § 61 Rn. 13 m.w.N.).
Die Beteiligtenfähigkeit einer BGB-Gesellschaft endet jedoch mit deren Vollbeendigung (BFH, B.v. 8.11.2005 – VIII B 3/96 – BeckRS 2005, 25009888, beck-online). Eine entsprechende Vollbeendigung liegt auch im vorliegenden Fall vor, da die Klägerin zu 1) durch die Umwandlung in die Klägerin zu 5) mit gleichzeitigem Beitritt eines zusätzlichen Kommanditisten mit Wirkung zum 29. Juli 2015 erloschen ist.
Die Klägerin zu 1) gilt für den vorliegenden Rechtsstreit auch nicht als fortbestehend, was für schwebende Auseinandersetzungen um Forderungen und Verbindlichkeiten gemäß § 730 Abs. 2 Satz 1 BGB anzunehmen ist (OVG Lüneburg, U.v. 20.12.2011 – 10 LC 188/07 – BeckRS 2017, 131605, beck-online mit Hinweis auf BSG, B.v. 17.3.2010 – B 6 KA 23/09 B – juris m.w.N.).
Der verfahrensgegenständliche Bescheid über die Erhebung von Herstellungsbeiträgen wurde erst am 20. November 2017 erlassen und damit nach Umwandlung der BGB-Gesellschaft. Die sich aus dem Bescheid ergebende Forderung der Beklagten ist damit gerade nicht als schwebendes Geschäft i.S.d. § 730 Abs. 2 Satz 1 BGB zu betrachten, da unter die Regelung des § 730 Abs. 2 Satz 1 BGB alle Geschäfte, die im Zeitpunkt der Auflösung der Gesellschaft entweder bereits zustande gekommen oder von der Gesellschaft mit Bindungswirkung gegenüber dem Verhandlungspartner vorbereitet sind, deren Erfüllung oder anderweitige Beendigung aber noch aussteht, fallen (BeckOK BGB/Schöne, 52. Ed. 1.11.2019, BGB § 730 Rn. 25). Zum Zeitpunkt der Beendigung der Klägerin zu 1) war die durch den Bescheid begründete Forderung jedoch noch nicht existent, auch wenn die grundsätzliche Betragspflicht für die streitgegenständlichen Grundstücke bereits vorher entstanden war.
b) Der Klägerin zu 5) als Rechtsnachfolgerin der Klägerin zu 1) fehlt dagegen die Klagebefugnis.
Mit Vollbeendigung der BGB-Gesellschaft durch Formwechsel lebt die durch die Klagebefugnis der BGB-Gesellschaft überlagerte Klagebefugnis der einzelnen Gesellschafter wieder auf. Sie geht nicht auf den Rechtsnachfolger über, selbst dann nicht, wenn ein Formwechsel nach dem Umwandlungsgesetz 1995 (UmwG 1995) erfolgt ist, für den § 202 Abs. 1 Satz 1 UmwG 1995 zivilrechtlich keine Rechtsnachfolge bewirkt (BFH, U.v. 11.4.2013 – IV R 20/10 – juris Rn. 19 m.w.N.; FG LSA, U.v. 29.1.2014 – 3 K 1223/11 – juris Rn. 76).
Vorliegend wurde die Klägerin zu 1) in eine GmbH & Co.KG umgewandelt. Durch diesen Formwechsel lebte die Klagebefugnis der Gesellschafter der Klägerin zu 1), also der Kläger zu 2) bis 4), wieder auf. Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesfinanzhof, wonach die Klagebefugnis weder bei einer Umwandlung nach dem UmwG noch außerhalb des UmwG auf den Rechtsnachfolger übergeht, ist es nicht relevant, dass es sich vorliegend nicht um einen Formwechsel im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 UmwG handelte, da die Klägerin zu 1) als BGB-Gesellschaft nicht formwechselnder Rechtsträger im Sinne des § 191 Abs. 1 UmwG sein konnte.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn man davon ausgeht, dass sich bei der Umwandlung einer BGB-Gesellschaft in eine Kommanditgesellschaft nur die Rechtsform unter Aufrechterhaltung der Identität des Rechtssubjekts ändert (BayObLG, B.v. 7.5.2002 – 3Z BR 55/02 – beck-online; KG Berlin, B.v.1.10.2008 – 1 W 203 und 220/07 – juris Rn. 8; KG Berlin, B.v. 26.2.2001 – 8 RE-Miet 1/01 – juris Rn. 10 f.; Münchner Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 2, 5. Auflage 2019, § 2 Rn. 15). Bei Annahme einer Identität des Rechtssubjekts auch bei Umwandlungen außerhalb des UmwG würde eine vergleichbare Situation wie im Falle der Anwendbarkeit des UmwG entstehen. Die entscheidende Kammer schließt sich insoweit aber den Überlegungen des Bundesfinanzhofes (a.a.O.) an, der einen Übergang der Klagebefugnis auf den Rechtsnachfolger sowohl außerhalb des UmwG als auch bei Anwendbarkeit des UmwG ausschließt und damit den Besonderheiten des öffentlichen Rechts, insbesondere auch der Abgabenordnung (AO), die über Art. 13 KAG weitgehend für das Bayerische Kommunalabgabenrecht Anwendung findet, Rechnung trägt.
Darüber hinaus erscheint nach Überzeugung der Kammer eine eigene Rechtsverletzung der Klägerin zu 5) nicht möglich. Der streitgegenständliche Bescheid ist ausdrücklich an die nicht mehr existente Klägerin zu 1) gerichtet. Dass er auch für die Rechtsnachfolgerin der Klägerin zu 1) hätte gelten sollen, ist aus der Adressierung des Bescheides nicht erkennbar, da der Bescheid keinen Hinweis auf die Geltung auch für einen möglichen Rechtsnachfolger enthält. Die Klägerin zu 5), die unter einem vollständig anderen Namen firmiert und ihren Sitz nicht unter der Adresse, an der die Klägerin zu 1) ursprünglich zu erreichen war, hat, ist weder im Adressfeld noch in den textlichen Festsetzungen genannt. Die eindeutige Adressierung des Bescheides steht einer Auslegung des Bescheides – selbst bei Berücksichtigung des Willens des Beklagten und des sachlichen Zusammenhangs – dahingehend, dass er auch für die Klägerin zu 5) gelten solle, entgegen, auch wenn die Klägerin zu 5) auf irgendeine Art und Weise in den Besitz des Bescheides gekommen ist.
2. Die damit zulässige Klage der Kläger zu 2) bis 4) ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 27. November 2017 ist rechtswidrig, da er nicht wirksam bekannt gegeben worden ist.
Die Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes setzt eine ordnungsgemäße Bekanntgabe des Bescheides voraus, Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG i.V.m. § 122 Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 1 AO. Gerichtet und bekannt gegeben werden kann ein Verwaltungsakt aber nur an existierende Rechtssubjekte. Eine Bekanntgabe an aufgelöste und erloschene Gesellschaften ist nicht möglich (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, 158. EL 10.2019, § 122 Rn. 25). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH, U.v. 16.9.2010 – V R 51/09 – juris Rn. 23 und U.v. 25.1.2006 – I R 52/05 – juris Rn. 9) ist demnach ein an ein nicht oder nicht mehr existentes Rechtssubjekt gerichteter Verwaltungsakt unwirksam, selbst wenn er in den Machtbereich der Rechtsnachfolgerin gelangt ist (vgl. auch FG LSA, U.v. 29.1.2014 – 3 K 1223/11 – juris Rn. 76; OVG LSA, B.v. 29.8.2011 – 4 L 90/11 – juris Rn. 4).
Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 27. November 2017 war – wie bereits ausgeführt – die Klägerin zu 1) durch Umwandlung erloschen. Der an die Beklagte zu 1) gerichtete Bescheid ist demnach unwirksam, da er nach Wegfall der Klägerin zu 1) an den Rechtsnachfolger unter dessen Namen, ggf. auch unter Angabe des Rechtsnachfolgeverhältnisses, hätte bekannt gegeben werden müssen (BFH, U.v. 16.9.2010 – V R 51/09 – juris Rn. 23; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, a.a.O., § 122 Rn. 25).
Da die Klägerin zu 5) als Rechtsnachfolgerin der Klägerin zu 1) nicht unter derselben Adresse wie die Klägerin zu 1) erreichbar war, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Bescheid trotz Adressierung an die Klägerin zu 1) an die Klägerin zu 5) bekanntgegeben worden ist, so dass ausnahmsweise von einer wirksamen Bekanntgabe ausgegangen werden könnte, sofern der Rechtsnachfolger von der Gesamtrechtsnachfolge Kenntnis hatte und der in Rede stehende Sachverhalt im Bescheid genau bezeichnet wird (so FG Berlin-Bbg, U.v. 10.3.2011 – 1 K 1114/07 – juris Rn. 12). Denn aufgrund der unterschiedlichen Adressen der Klägerin zu 1) und der Klägerin zu 5) kann nicht von einer willentlichen Bekanntgabe durch die Beklagte an die Klägerin zu 5) ausgegangen werden, sondern lediglich davon, dass die Klägerin zu 5) nur durch eine nicht durch die Beklagte beeinflussbare Weiterleitung, demnach also eher zufällig, von dem streitgegenständlichen Bescheid erfahren hat.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 1, § 161 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 a Abs. 1 VwGO nicht vorliegen.


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