Steuerrecht

Kein Anspruch auf Rückzahlung von Gerichtsvollzieherkosten

Aktenzeichen  M 19 K 16.5745

Datum:
14.2.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 43 Abs. 2, § 70 Abs. 1, § 74 Abs. 1 S. 1, § 88, § 101 Abs. 2, § 113 Abs. 1 S. 1
RBStV RBStV § 5 Abs. 2 Nr. 2, § 10 Abs. 3

 

Leitsatz

Die Nichterweislichkeit des Erhebens eines Widerspruchs oder dessen Zugangs geht zu Lasten des Widerspruchsführers. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Über die Klage konnte im schriftlichen Verfahren entschieden werden, da beide Beteiligte schriftlich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben, § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Klage bleibt ohne Erfolg.
Die Klage ist im Hauptantrag (Nr. 1. a), gerichtet gegen die Festsetzungsbescheide des Beklagten vom 2. November 2015 und vom 1. Dezember 2015, unzulässig.
Zwar hat die Bevollmächtigte des Klägers zuletzt beantragt, den Beklagten zu verpflichten, die hier streitgegenständlichen Bescheide aufzuheben. Nach § 88 VwGO ist das Gericht jedoch gehalten, das im Antrag und im gesamten Vorbringen der Klägerin zum Ausdruck kommende Rechtsschutzziel zu ermitteln. Daran orientiert, richtet sich das Begehren der Klägerin auf Aufhebung der sie belastenden Bescheide durch das Gericht. Dieses kann sie durch Erhebung einer Anfechtungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO erreichen. Eine Verpflichtungsklage hingegen ist statthaft, sofern die Klägerin einen Anspruch auf einen abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakt geltend machen möchte. Die Anforderungen an die Einhaltung der Widerspruchs- bzw. Klagefrist sind für Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gleich. Gemäß § 88 VwGO legt das Gericht den Klageantrag zugunsten des Klägers dahingehend aus, dass das Klagebegehren auf Aufhebung der Bescheide gerichtet ist. Damit geht der Hilfsantrag der Klägerin, gerichtet auf Verbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (Nr. 2), ins Leere, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.
Die so ausgelegte Klage ist unzulässig.
Sowohl der Bescheid vom 2. November 2015 als auch der Bescheid vom 1. Dezember 2015 waren ausweislich der vorgelegten Behördenakten mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung:versehen. Beide Bescheide sind bestandskräftig geworden und können nicht mehr mit einer Anfechtungsklage angegriffen werden. Der behauptete Widerspruch vom … Januar 2016 findet sich nicht in den Akten. Es ist auch im Gerichtsverfahren, trotz Hinweises des Gerichts, hierzu nichts weiter vorgetragen worden. Für die Tatsache, dass die Klägerin Widerspruch erhoben hat und dieser dem Beklagten auch zugegangen ist, ist die Klägerin materiell beweispflichtig. Die Nichterweislichkeit dieser Tatsache geht mithin zu ihren Lasten (Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 86 Rn. 2a). Bei Klageerhebung am 21. Dezember 2016 war sowohl die Frist nach § 70 Abs. 1 VwGO als auch nach § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO bereits abgelaufen. Die Klage ist also verfristet. Dafür, dass die Bescheide der Klägerin nicht zugegangen sind, und damit der Fristlauf gehindert wurde, wurde weder seitens der Klägerin etwas vorgetragen noch ist es sonst ersichtlich. In der History – Aufstellung, die sich in den Akten des Beklagten findet, sind jeweils die Postauflieferungsdaten der angegriffenen Bescheide aufgeführt.
Die Klage ist im Antrag 1. b zulässig aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rückzahlung des an die Gerichtsvollzieherin gezahlten Betrags von 93,51 € nach § 10 Abs. 3 RBStV. Die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch liegen nicht vor, da dieser Betrag von der Klägerin nicht ohne Rechtsgrund entrichtet wurde. Dies gilt sowohl für die in der Zahlung enthaltenen Rundfunkbeträge als für auch die Säumniszuschläge. Denn die Bescheide des Beklagten vom 2. November 2015 und vom 1. Dezember 2015 sind endgültiger Rechtsgrund für die erfolgte Zahlung. Diese dem Vollstreckungsersuchen vom 4. März 2016 zugrunde liegenden Bescheide sind nicht nur damals sofort vollziehbar gewesen, sondern mittlerweile – mangels Anfechtung (vgl. oben) – auch bestandskräftig geworden.
Die Klage ist in Nummer 3 des Klageantrags unstatthaft und damit unzulässig. Ihr steht die Subsidiarität der Feststellungsklage entgegen, § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Sinn dieser Regelung ist, dass ein Kläger, soweit er sein Rechtsschutzziel mit Hilfe einer Gestaltungsklage erreichen kann, dies auch tun, und nicht auf die weniger rechtsschutzintensive Feststellungsklage ausweichen soll (Happ in Eyermann, VWGO, 14. Aufl., § 43 Rn. 41). Die besonderen Sachurteilsvoraussetzungen (z.B. die Klagefrist) dürfen nicht mithilfe der Feststellungsklage unterlaufen werden. Durch die Regelung der Subsidiarität der Feststellungsklage wird dies sichergestellt. Die Klägerin hätte die Rechtmäßigkeit der hier streitgegenständlichen Bescheid im Rahmen von Widerspruch und Anfechtungsklage überprüfen lassen können. In diesem Rahmen wäre vom Beklagten (Widerspruch) oder Verwaltungsgericht (Klage) zu prüfen gewesen, ob und inwieweit eine Beitragspflicht auch über den 1. Juni 2015 hinaus überhaupt bestanden hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff Zivilprozessordnung.


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