Steuerrecht

Körperschaftsteuergesetz, abweichendes Wirtschaftsjahr, Gewerbesteuermessbetrag, Offenbare Unrichtigkeit, Bundesfinanzhof, Rumpfwirtschaftsjahr, Veranlagungszeitraum

Aktenzeichen  7 K 2496/17

Datum:
9.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 14288
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Streitig ist die Veranlagung der Klägerin zur Körperschaftsteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag für 2011.
Die Klägerin ist eine inländische Kapitalgesellschaft, Unternehmensgegenstand ist die Verwaltung des eigenen Vermögens. Die Klägerin hatte ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1. März bis zum 28. Februar. Laut Handelsregister wurde am 14. September 2011 die Umstellung des Wirtschaftsjahres auf das Kalenderjahr beschlossen.
Für das Jahr 2011 erließ das … jeweils am 19. April 2013 Bescheide zur Körperschaftsteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag. Die Veranlagung erfolgte endgültig entsprechend der am 1. März 2013 eingereichten Steuererklärungen und dem Jahresabschluss zum 28. Februar 2011. Auf dem amtlichen Vordruck für die Körperschaftsteuererklärung hatte die Klägerin in Zeile 15 ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1. März 2010 bis 28. Februar 2011 vermerkt und auf dem amtlichen Vordruck für die Gewerbesteuererklärung die Frage auf Zeile 32, ob im Erhebungszeitraum zwei Wirtschaftsjahre enden würden, mit „nein“ beantwortet.
Am 23. Juli 2013 reichte die Klägerin weitere Steuererklärungen zur Körperschaftsteuer 2011 und zum Gewerbesteuermessbetrag 2011 sowie einen Jahresabschluss zum 31. Dezember 2011 für das Rumpfwirtschaftsjahr vom 1. März 2011 bis 31. Dezember 2011 ein, in denen ein zu versteuerndes Einkommen von negativ 24.405 € erklärt worden war. Die Klägerin teilte mit, dass die Umstellung des Geschäftsjahres gemäß Handelsregisterauszugs bereits am 14. September 2011 mit Wirkung zum 31. Dezember 2011 beschlossen worden sei.
Mit Schreiben vom 12. November 2013 lehnte das … den Antrag auf Änderung der Veranlagung zur Körperschaftsteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag ab. Es führte aus, dass die bereits erfolgte Veranlagung bestandskräftig und eine Änderung nicht möglich sei.
Der dagegen gerichtete Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 4. September 2017 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der dagegen erhobenen Klage wiederholt und vertieft die Klägerin ihren Vortrag aus dem Einspruchsverfahren. Zu Unrecht begründe das … seine Entscheidung damit, dass die Veranlagung für das Jahr 2011 bereits bestandskräftig sei und die im Rumpfwirtschaftsjahr entstandenen Verluste deshalb nicht berücksichtigt werden könnten. Das steuerliche Ergebnis für den Zeitraum vom 1. März 2011 bis 31. Dezember 2011 sei bislang weder im Bescheid vom 23. Juli 2013 noch in einem späteren Bescheid berücksichtigt worden. Eine Berücksichtigung im Veranlagungszeitraum 2012 sei ausgeschlossen, da Gewinne in dem Zeitraum zu erklären seien, in dem das Wirtschaftsjahr ende. Der Anwendungsbereich des § 174 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit § 174 Abs. 4 AO sei erfüllt, da insoweit ein negativer Widerstreit vorliege.
Die Klägerin beantragt,
das … unter Änderung des Bescheids vom 12. November 2013 und der Einspruchsentscheidung vom 4. September 2017 zu verpflichten, die Bescheide vom 19. April 2013 zur Körperschaftsteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag für das Jahr 2011 dahingehend zu ändern, dass im Jahr 2011 ein zu versteuerndes Einkommen bzw. ein Gewerbeertrag von negativ 20.133 € berücksichtigt wird und die Körperschaftsteuer sowie den Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 0 € festzusetzen.
Das … beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die …s-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
II.
Die Klage ist unbegründet. Zu Recht hat es das … abgelehnt, die bestandskräftigen Bescheide vom 19. April 2013 zur Körperschaftsteuer 2011 und zum Gewerbesteuermessbetrag 2011 zu ändern.
1. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 129 AO im Streitfall nicht erfüllt.
Nach dieser Vorschrift kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit innerhalb der Feststellungsfrist berichtigen, vgl. § 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 169 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO). Die einem Schreib- oder Rechenfehler ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten können nach ständiger Rechtsprechung des BFH nicht nur die in dem Verwaltungsakt bekundete Willensäußerung des …s, sondern auch die dem Erlass des Verwaltungsakts vorausgehende Willensbildung betreffen. Durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist ferner geklärt, dass eine solche Unrichtigkeit auch dann „beim Erlass eines Verwaltungsakts“ unterlaufen kann, wenn die Veranlagungsstelle des …s eine offenbare Unrichtigkeit der Steuer- oder Feststellungserklärung des Steuerpflichtigen als eigene übernimmt (BFH-Urteile vom 3. März 2011 IV R 8/08, BFH/NV 2011, 1649 m.w.N.). Allerdings dürfen keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Veranlagungsbeamte rechtliche Überlegungen angestellt hat, insoweit ist der Anwendungsbereich des § 129 AO ausgeschlossen (Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 150. Lieferung 10.2017, § 129 Rz. 14). In allen genannten Fällen setzt der Tatbestand des § 129 AO voraus, dass es sich um die einem Schreib- oder Rechenfehler ähnliche Unrichtigkeit und damit um einen nur „mechanischen“ Fehler handelt, der ebenso „mechanisch“, also ohne weitere Prüfung, erkannt und berichtigt werden kann (BFH-Urteile vom 29. März 1990 V R 27/85, BFH/NV 1992, 711; vom 12. April 1994 IX R 31/91, BFH/NV 1995, 1).
Nach diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 129 AO nicht vor. Insbesondere liegt in dem Umstand, dass die Klägerin auf dem amtlichen Vordruck für die Gewerbesteuererklärung die Frage, ob im Erhebungszeitraum zwei Wirtschaftsjahre enden würden, verneint hat, keine offenbare Unrichtigkeit, die das … übernommen hat.
Im Streitfall hat das … die Veranlagung zur Körperschaftsteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag entsprechend der am 1. März 2013 eingereichten Steuererklärungen und dem abgegebenen Jahresabschluss zum 28. Februar 2011 vorgenommen und ist dabei von einem zum 28. Februar 2011 endenden Wirtschaftsjahr ausgegangen. Nach § 7 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) bemisst sich die Körperschaftsteuer nach dem Einkommen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat. Die Körperschaftsteuer ist eine Jahressteuer. Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln (§ 7 Abs. 3 KStG). Bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr (vgl. § 7 Abs. 4 KStG) decken sich der Einkünfteermittlungs- und Steuerbemessungszeitraum nicht, so dass der Gewinn des abweichenden Wirtschaftsjahres in voller Höhe dem Veranlagungszeitraum zuzuordnen ist, in dem das abweichende Wirtschaftsjahr endet. Sofern zwei aufeinander folgende Wirtschaftsjahre in einem Kalenderjahr enden, bilden die Gewinne beider Wirtschaftsjahre das Einkommen des Kalenderjahres (BFH-Urteil vom 12. Juli 2007 X R 34/05, BStbl II 2007, 775, Blümich/Rengers KStG § 7 Rn. 45 m.w.N.).
Soweit die Klägerin auf dem amtlichen Vordruck für die Gewerbesteuererklärung die Frage, ob im Erhebungszeitraum zwei Wirtschaftsjahre enden würden, – zu Unrecht – verneint hat, liegt jedoch keine offenbare Unrichtigkeit vor, die das … übernommen hat. Denn die Umstellung des Wirtschaftsjahres auf das Kalenderjahr wurde durch die Hauptversammlung erst am 14. September 2011 beschlossen und ist am 19. September 2011 auch in das Handelsregister eingetragen worden. Der entsprechende Auszug aus dem Handelsregister und die notarielle Niederschrift über die Hauptversammlung hatten sich zwar in den Dauerunterlagen des …s befunden. Da die Umstellung des Wirtschaftsjahres auf das Kalenderjahr jedoch erst im September 2011 und damit zeitlich nach dem Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zum 28. Februar 2011 erfolgt ist, konnte der Sachbearbeiter im … nicht ohne weitere Sachverhaltsermittlungen erkennen, dass die Umstellung bereits mit Wirkung für den streitigen Veranlagungszeitraum 2011 erfolgen sollte, zumal auch dem Handelsregisterauszug bzw. der notariellen Niederschrift über die Beschlussfassung kein entsprechender Vermerk enthalten war. Es wäre ebenso in Betracht gekommen, dass die Umstellung erst nach Ablauf des während der Beschlussfassung im September 2011 laufenden Wirtschaftsjahres am 28. Februar 2012 erfolgen sollte und sich insoweit erst im Veranlagungszeitraum 2012 steuerlich ausgewirkt hätte. Es kann daher keine Rede davon sein, dass der Umstand, dass die Umstellung bereits im Veranlagungszeitraum 2011 erfolgen sollte, für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als offenbare Unrichtigkeit erkennbar gewesen ist. Vielmehr besteht die mehr als theoretische Möglichkeit eines Tatsachen- oder Rechtsirrtums, eines Denkfehlers oder einer unvollständigen Sachverhaltsaufklärung, so dass eine Berichtigung nach § 129 AO ausgeschlossen ist.
2. Die Bescheide zur Körperschaftsteuer und zum Gewerbesteuermessbescheid 2011 sind auch nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zu ändern. Nach dieser Vorschrift sind Steuerbescheide zugunsten des Steuerpflichtigen aufzuheben oder zu ändern, soweit nachträglich Tatsachen oder Beweismittel bekanntwerden, die zu einer niedrigeren Steuer führen, und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekanntwerden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO stehen (§ 173 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 AO). Ein unmittelbarer oder mittelbarer Zusammenhang liegt vor, wenn eine zu einer höheren Besteuerung führende Tatsache die zu einer Steuerermäßigung führende Tatsache ursächlich bedingt, so dass der steuererhöhende Vorgang nicht ohne den steuermindernden Vorgang denkbar ist (BFH-Urteile vom 19. Oktober 2009 X B 110/09, BFH/NV 2010, 169 und vom 19. Oktober 1995 V R 60/92, BStBl II 1996, 149).
Dem … sind im vorliegenden Fall zwar nachträglich, d.h. mit Einreichen der weiteren Steuererklärungen am 23. Juli 2013 Tatsachen bekanntgeworden, die zu einer niedrigeren Steuer führen würden. Zu diesem Zeitpunkt ist dem … erstmals mitgeteilt worden, dass die Umstellung des Wirtschaftsjahres auf das Kalenderjahr bereits im Veranlagungszeitraum 2011 erfolgen sollte und der auf das Rumpfwirtschaftsjahr vom 1. März bis 31. Dezember 2011 entfallende Verlust bei der Steuerfestsetzung für das Veranlagungsjahr 2011 zu berücksichtigen ist.
Der Klägerin bzw. ihrem steuerlichen Berater trifft jedoch ein grobes Verschulden hinsichtlich des nachträglichen Bekanntwerdens. Der mit der Ausarbeitung der Steuererklärung betraute steuerliche Berater muss sich um eine sachgemäße und gewissenhafte Erfüllung der Erklärungspflicht seines Mandanten bemühen. Dabei sind an ihn erhöhte Anforderungen hinsichtlich der von ihm zu erwartenden Sorgfalt zu stellen. Insbesondere muss von ihm die Kenntnis und sachgemäße Anwendung der einschlägigen steuerrechtlichen Bestimmungen erwartet werden. Ihn trifft ein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden von Tatsachen oder Beweismitteln, wenn er bei der Abgabe der Steuererklärungen die ihm zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt.
Im Streitfall oblag dem steuerlichen Berater der Klägerin eine konkrete Pflicht zur Überprüfung der Bescheide vom 1. März 2013. Dabei hätte sich ihm aufdrängen müssen, dass in der Steuerfestsetzung für den Veranlagungszeitraum 2011 auch die steuerlichen Ergebnisse für das Rumpfwirtschaftsjahr vom 1. März 2011 bis zum 31. Dezember 2011 zu berücksichtigen gewesen wären. Beim Übersehen dieser fehlerhaften Angaben und dem offensichtlichen Unterlassen der Nachprüfung wurde die zumutbare Sorgfalt in einem ungewöhnlichen Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt (vgl. Klein/Rüsken AO § 173 Rn. 132).
Das Verschulden ist auch nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO unbeachtlich, da die neu bekanntgewordene Tatsache nicht in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO steht (§ 173 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 AO). Die Vorschrift des § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO ermöglicht es beispielsweise, dass nach Ermittlung bisher nicht erfasster Betriebseinnahmen die zu diesen Einnahmen gehörenden Betriebsausgaben oder bei nachträglich bekannt gewordenen umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen die damit zusammenhängenden Vorsteuern abgezogen werden können (vgl. Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, 151. Lieferung 02.2018, § 173 AO Rn. 87). Im Streitfall fehlt jedoch ein unmittelbarer oder mittelbarer Zusammenhang zwischen der nachträglich bekannt gewordenen Tatsache (Umstellung des Wirtschaftsjahres auf das Kalenderjahr) zu nachträglich bekanntgewordenen Tatsachen oder Beweismittel im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, die zu einer höheren Steuer führen. Die neu bekannt gewordene Tatsache ist nur für eine niedrigere, nicht jedoch für eine höhere Steuer ursächlich (vgl. BFH-Urteil vom 13. Januar 2005 II R 48/02, BStBl II 2005, 451).
3. Entgegen der Ansicht der Klägerin können die Bescheide vom 1. März 2013 auch nicht nach § 174 Abs. 3 AO geändert werden: Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. „Sachverhalt“ ist jeder einzelne Lebensvorgang, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft (Loose in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 150. Lieferung 10.2017, § 174 AO Rn. 5 m.w.N.). Der Begriff des bestimmten Sachverhalts ist dabei nicht auf eine einzelne steuererhebliche Tatsache oder ein einzelnes Merkmal beschränkt, sondern erfasst den einheitlichen, für die Besteuerung maßgeblichen Geschehenskomplex. Dabei muss die Berücksichtigung des bestimmten Sachverhalts in einem Bescheid gerade in der erkennbaren Annahme unterblieben sein, dass er in einem anderen Bescheid zu berücksichtigen sei. Diese Annahme muss sich später als materiell unrichtig herausstellen und kausal für die Nichtberücksichtigung sein (Loose in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 150. Lieferung 10.2017, § 174 AO Rn. 29 m.w.N.). „Berücksichtigt“ in Sinne des § 174 Abs. 3 AO ist ein Sachverhalt, wenn er dem … bei der Entscheidungsfindung bekannt war und als Entscheidungsgrundlage herangezogen und verwertet worden ist (BFH-Urteil vom 6. März 1990 VIII R 28/84, BStBl II 1990, 558, Koenig/Koenig AO § 174 Rn. 13 m.w.N.).
Im Streitfall war dem … bei Erlass der streitigen Bescheide am 1. März 2013 jedoch nicht bekannt, dass die Klägerin bereits im Veranlagungszeitraum 2011 das Wirtschaftsjahr auf das Kalenderjahr umgestellt hat und der Besteuerung 2011 daher auch der für das Rumpfwirtschaftsjahr (1. März 2011 bis 31. Dezember 2011) entstandene Verlust zugrunde zu legen gewesen wäre. Das … hat damit die Umstellung des Wirtschaftsjahres gerade nicht als Entscheidungsgrundlage beim Erlass der Bescheide vom 19. April 2013 herangezogen und verwertet, so dass auch kein negativer Widerstreit im Sinne des § 174 Abs. 3 AO vorliegt.
4. Auch die Voraussetzungen nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist ein Steuerbescheid zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. Das Ereignis, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat, muss nachträglich eintreten (Loose in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 150. Lieferung 10.2017, § 175 AO Rn. 23 m.w.N.), d.h. es darf bei Erlass des ursprünglichen Bescheids noch nicht eingetreten sein. Im Streitfall ist die Umstellung des Wirtschaftsjahres auf das Kalenderjahr mit der Folge, dass bei der Veranlagung 2011 auch der im Rumpfwirtschaftsjahr 1. März 2011 bis 31. Dezember 2011 entstandene Verlust zu berücksichtigen ist, bereits im September 2011 und damit vor Erlass der streitigen Bescheide am 1. März 2013 eingetreten.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).


Ähnliche Artikel

Steuererklärung für Rentner

Grundsätzlich ist man als Rentner zur Steuererklärung verpflichtet, wenn der Grundfreibetrag überschritten wird. Es gibt allerdings Ausnahmen und Freibeträge, die diesen erhöhen.
Mehr lesen

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen


Nach oben