Steuerrecht

Kostenforderung für einen brandschutzrechtlichen Zweitbescheid

Aktenzeichen  Au 5 K 17.1195

Datum:
28.9.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 81, § 113 Abs. 1 S. 1
SchfHwG SchfHwG § 25 Abs. 2
BayKG Art. 12 Abs. 3, Art. 16 Abs. 5

 

Leitsatz

Das freiwillige Befolgen bzw. die zwangsweise Durchsetzung einer durch Verwaltungsakt aufgegebenen Verpflichtung allein führt nicht zur Erledigung, solange die Folgen noch rückgängig gemacht werden können und dies bei objektiver Betrachtung noch sinnvoll erscheint oder der Kläger noch beschwert ist. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu 1 zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin zu 1 darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Das Gericht konnte über die Klage der Kläger entscheiden, ohne dass die Kläger an der mündlichen Verhandlung vom 28. September 2017 teilgenommen haben. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten ausweislich der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Die Kläger sind zur mündlichen Verhandlung am 28. September 2017 form- und fristgerecht geladen worden.
1. Nach erfolgter Beschränkung der Klage im Schriftsatz vom 22. September 2017 ist ausschließlicher Gegenstand des Verfahrens Au 5 K 17.1195 nur noch die von der Klägerin zu 1 begehrte Aufhebung der Kostenentscheidung im Bescheid der Beklagten vom 3. Juli 2017 (Nrn. 4 und 5).
Die dergestalt beschränkte Klage erweist sich im Hinblick auf den Kläger zu 2 bereits als unzulässig. Die Klage wurde für den Kläger zu 2 bereits nicht wirksam erhoben.
Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist die Klage bei dem Gericht schriftlich zu erheben. Das Erfordernis der Schriftlichkeit soll gewährleisten, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie herrührt, mit hinreichender Sicherheit entnommen werden können. Außerdem muss feststehen, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Wollen des Urhebers dem Gericht zugeleitet worden ist. Schriftform im prozessrechtlichen Sinn bedeutet, dass das Schriftstück von dem Kläger eigenhändig unterschrieben sein muss. Im Rechtsverkehr ist die Unterschrift das typische Merkmal, dass das Schriftstück – das bis dahin nur ein unterfertiges Internum bzw. ein Entwurf war – nunmehr für den Rechtsverkehr bestimmt ist (Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 81 Rn. 3; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 81 Rn. 5, 5a).
Diese Anforderungen an eine eigenhändige Unterschrift oder eine sonstige individualisierte Zuordnungsmöglichkeit des Schriftstückes an den Kläger zu 2 sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Der Schriftsatz vom 2. August 2017, mit dem die Klägerin zu 1 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben hat, trägt lediglich ihre eigene Unterschrift. Für den Kläger zu 2 wurde ebenfalls keine Vollmacht zur Klageerhebung vorgelegt. Dass der Kläger zu 2 nach dem dem Gericht vorliegenden Grundbuchauszug Miteigentümer des betroffenen Grundstücks Fl.Nr. … der Gemarkung … (…) ist, und damit auch zutreffend Adressat des mit der Klage angegriffenen Zweitbescheides der Beklagten vom 3. Juli 2017 war, bleibt in Bezug auf eine wirksame Klageerhebung nach § 81 Abs. 1 VwGO unbeachtlich.
Die fehlende Schriftlichkeit der Klage des Klägers zu 2 führt zu deren (teilweiser) Unzulässigkeit, auch wenn gleichwohl Rechtshängigkeit eintritt (Geiger in Eyermann, a.a.O., § 81 Rn. 15).
2. Soweit sich die Klägerin zu 1 mit ihrer Klage gegen ihre Kostenpflicht in Nr. 4 des Bescheids und den in Nr. 5 des Bescheids von der Beklagten geforderten Betrag in Höhe von 129,11 EUR wendet, ist die Klage zwar zulässig, in der Sache aber unbegründet. Die Kostenerhebung zu Lasten der Klägerin zu 1 erfolgte rechtmäßig und verletzt die Klägerin zu 1 nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Das Gericht legt dabei die im Schreiben der Klägerin zu 1 vom 22. September 2017 beantragte Nichtigkeitsfeststellung der Kostenerhebung als Anfechtungsklage im Sinne des § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO, gerichtet auf Aufhebung der Kostenforderung unter gleichzeitiger Rückgewähr des von der Klägerin zu 1 entrichteten Betrags in Höhe von 129,11 EUR, aus (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 VwGO).
Der so verstandene Klageantrag ist zulässig und insbesondere statthaft.
Nach Art. 12 Abs. 3 Kostengesetz (KG) kann die Kostenentscheidung zusammen mit dem Verwaltungsakt oder selbstständig nach Maßgabe der Vorschriften über die Verwaltungsgerichtsbarkeit angefochten werden. Da mithin auch eine von Anfang auf die Kostenentscheidung beschränkte Klage zulässig gewesen wäre, begegnet die Fortführung der Klage nach Beschränkung des Klageantrages auf die Nrn. 4 und 5 des streitgegenständlichen Bescheides vom 3. Juli 2017 keinen rechtlichen Bedenken.
Der Statthaftigkeit der Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) steht weiter nicht die unstreitig erfolgte Zahlung der Klägerin zu 1 auf die Kostenforderung der Beklagten entgegen. Insoweit ist eine Erledigung des Rechtsstreits nicht eingetreten.
Erledigung tritt ein durch den Wegfall der mit einer angefochtenen Regelung verbundenen Beschwer, also durch den Wegfall ihrer intendierten Regelungswirkung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, a.a.O., § 113 Rn. 102). Fälle der Erledigung eines Verwaltungsaktes sind in Art. 43 Abs. 2 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) genannt. Danach bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Eine Erledigung des Verwaltungsaktes „auf andere Weise“ ist etwa dann anzunehmen, wenn alle Beteiligten übereinstimmend einen früheren Verwaltungsakt als obsolet ansehen und davon ausgehen, dass die Sach- und Rechtslage auf dem Boden einer neuen „Geschäftsgrundlage“ anzusehen ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, a.a.O., § 113 Rn. 102, Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 43 Rn. 196).
Die freiwillige Befolgung bzw. die im Wege des Verwaltungszwangs erfolgende Durchsetzung einer durch Verwaltungsakt aufgegebenen Verpflichtung allein führt noch nicht zur Erledigung, solange die Folgen noch rückgängig gemacht werden können und dies bei objektiver Betrachtung noch sinnvoll erscheint oder der Kläger durch sonstige unmittelbare rechtliche Auswirkungen des Verwaltungsaktes noch beschwert ist, z.B. wenn noch ein Kostenersatzanspruch (öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch) in Betracht kommt, für den der Verwaltungsakt die Grundlage bildet (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, a.a.O., § 113 Rn. 104, 106; BVerwG, B.v. 17.11.1998 – 4 B 100.98 – juris; BayVGH, B.v. 25.2.2005 – 25 ZB 04.1538 – juris). Da vorliegend ein möglicher Anspruch der Klägerin zu 1 auf Rückgewähr des von ihr aufgewendeten Betrages in Höhe von 129,11 EUR jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen ist, kann ein Fortbestehen des Rechtsschutzbedürfnisses für eine Klage gegen die Kostenerhebung in Nrn. 4 und 5 des streitgegenständlichen Bescheides vom 3. Juli 2017 nicht verneint werden. Eine Erledigung des Rechtsstreits ist insoweit nicht eingetreten.
3. Die zulässige Anfechtungsklage ist jedoch unbegründet, weil die Kostenerhebung rechtmäßig ist und die Klägerin zu 1 hierdurch nicht in ihren Rechten verletzt ist. Die Klage war deshalb abzuweisen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Weder der in Nr. 4 des streitgegenständlichen Zweitbescheids getroffene grundsätzliche Kostenlastausspruch noch der zugehörige, in Nr. 5 vorgenommene konkrete Kostenansatz (125,00 EUR Bescheidsgebühr zuzüglich 4,11 EUR Auslagenersatz) sind rechtswidrig, so dass die Klägerin zu 1 hierdurch nicht in ihren Rechten verletzt wird.
a) Rechtsgrundlage für die Kostenerhebung ist Art. 1 Abs. 1 Satz 1, 3, Art. 2, Art. 6 KG. Für die Auslagenerhebung gilt Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 KG.
Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Kostenerhebung bestehen nicht. Dies gilt selbst dann, wenn man zu Gunsten der Klägerin zu 1 davon ausgeht, dass ihr die Seite 2 des streitgegenständlichen Bescheides vom 3. Juli 2017 nicht ordnungsgemäß bekannt gegeben wurde. Für die Klägerin zu 1 hätte insoweit unschwer die Möglichkeit bestanden, dieses Versäumnis der Beklagten anzuzeigen und diese um Übersendung der noch fehlenden Bescheidsseite zu ersuchen.
b) Die Kostenerhebung ist auch materiell rechtmäßig. Kosten können demnach nur für rechtmäßiges Verwaltungshandeln erhoben werden. Dies folgt aus Art. 16 Abs. 5 KG und Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG). Offenbleiben kann, ob eine solche inzidente Überprüfung der der Kostenerhebung zugrunde liegenden Maßnahme (Nr. 1 des Bescheids vom 3. Juli 2017) auch dann geboten ist, nachdem bezüglich der Nrn. 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheides übereinstimmende Hauptsacheerledigungserklärungen der Beteiligten abgegeben wurden (vgl. zu dieser Konstellation BayVGH, B.v. 19.10.2016 – 22 ZB 16.1914 – juris Rn. 11).
Der von der Beklagten erlassene Zweitbescheid begegnet jedenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Ein Zweitbescheid muss nach dem unmittelbaren Wortlaut des § 25 Abs. 2 Satz 1 SchfHwG zwingend ergehen, wenn dem bevollmächtigten Bezirkschornsteinfeger nicht innerhalb der im bestandskräftigen Feuerstättenbescheid genannten Frist die vollständige Durchführung der ebenfalls im bestandskräftigen Feuerstättenbescheid bezeichneten Schornsteinfegerarbeiten in dem in § 4 SchfHwG genannten Verfahren mittels des vorgeschriebenen Formblatts nachgewiesen worden ist. Ein Ermessensspielraum hinsichtlich des Bescheids-erlasses an sich kommt der zuständigen Behörde hierbei nicht zu. Ein Ermessensspielraum verbleibt lediglich hinsichtlich des konkreten Zeitpunkts, zu dem sie den Zweitbescheid erlässt, ferner hinsichtlich der Bemessung der im Zweitbescheid zu setzenden Nachfrist für die Durchführung der noch ausstehenden Arbeiten.
Unstreitig unter den Beteiligten ist, dass die im bestandskräftigen Feuerstättenbescheid vom 26. Juli 2014 bestimmten Fristen für die im Kalenderjahr 2017 vorzunehmen Schornsteinfegerarbeiten am 30. April 2017 abgelaufen sind, ohne dass dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger die fristgerechte Ausführung der Arbeiten nachgewiesen worden wäre. Auch die der Klägerin von der Beklagten zweimalig gesetzte Nachfrist, zuletzt bis zum 19. Juni 2017, ist ergebnislos verstrichen.
Aus welchen Gründen die Klägerin zu 1 die im bestandskräftigen Feuerstättenbescheid gesetzten Fristen und die ihr von der Beklagten eingeräumten Nachfristen versäumt hat, ist angesichts der mit der Fristsetzung im Feuerstättenbescheid verbundenen Wahrung der Brand- und Feuersicherheit unerheblich.
Anhaltspunkte dafür, dass hinsichtlich des Zeitpunkts des Erlasses des Zweitbescheides bzw. hinsichtlich der Dauer der im Zeitbescheid gesetzten Nachfrist Ermessensfehler vorliegen, sind weder substantiiert dargetan noch sonst ersichtlich. Damit erweisen sich die Nrn. 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheides ungeachtet der zwischenzeitlich erfolgten übereinstimmenden Erledigungserklärungen und unter Berücksichtigung des gerichtlich eingeschränkten Prüfungsmaßstabes aus § 114 Satz 1 VwGO bei Ermessensentscheidungen als rechtmäßig.
Nachdem die Klägerin zu 1 den Erlass des Zweitbescheides vom 3. Juli 2017 selbst durch ihre Untätigkeit veranlasst hat, ist sie gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 1 KG verpflichtet, die Kosten des Verwaltungsverfahrens zu tragen. Der Ausspruch zur Kostenpflicht in Nr. 4 des Zweitbescheides erfolgte damit zu Recht.
c) Auch der konkrete Kostenansatz gemäß Art. 6 KG i.V.m. Tarifnummer 2.IV.8 Tarifstelle 8 i.V.m. Tarifnummer 1.I.8 Tarifstelle 1 des Kostenverzeichnisses zum KG bleibt nach Maßgabe von § 114 Satz 1 VwGO unbeanstandet. Dabei kann letztlich dahinstehen, ob der der Beklagten zur Verfügung stehende Kostenrahmen bereits bei einem Betrag von 150,00 EUR endet, oder ob der obere Gebührenrand aufgrund des Wortlautes von Tarifnummer 2.IV.8 Tarifstelle 8 („erhöht sich die Gebühr um die Gebühr nach Tarifnummer 1.I.8 Tarifstelle 1“) erst bei einem Betrag von 230,00 EUR erreicht wird. Diese Streitfrage bedarf vorliegend keiner Klärung, da der von der Beklagten festgesetzte Gebührenbetrag (125,00 EUR) jedenfalls unter dem Betrag von 150,00 EUR bleibt. Eine Rechtsverletzung der Klägerin zu 1 im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist jedenfalls ausgeschlossen. Die Auslagenerhebung in Höhe von 4,11 EUR begegnet keinen Bedenken und entspricht der Regel bei Postzustellung (Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 KG).
4. Nach allem war die Klage daher kostenpflichtig abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat die Klägerin zu 1 als alleinige Veranlasserin des gerichtlichen Verfahrens die Gerichtskosten gemäß § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).


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