Steuerrecht

Steuerliche Anerkennung der Verpflegungsmehraufwendungen für Skikurse

Aktenzeichen  2 K 1726/16

Datum:
23.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 36297
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 1, § 9 Abs. 4a S. 2 Nr. 3

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

II.
Die Klage ist unbegründet.
1. Das FA hat zu Recht Aufwendungen für beschädigte Herrenschuhe in Höhe von 130 €, von Reinigungsaufwendungen für im Hauptberuf getragene bürgerliche Kleidung (Anzug, Hemden…) aufgrund erhöhter Verschmutzung in Höhe von 84 €, von Mehrverpflegungsaufwendungen als Skilehrer in Höhe von 318 €, von Aufwendungen für die Skipflege in Höhe von 65 € und von Aufwendungen für ein Arbeitszimmer, in dem auch berufliche Unterlagen gelagert werden, in Höhe von 1.241,95 €, das sind insgesamt 1.838,95 €, nicht als Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit anerkannt.
a) Im Streitfall sind Aufwendungen von 1.241,95 € für das nicht nahezu ausschließlich beruflich genutzte Arbeitszimmer nicht abziehbar. Eine schädliche private Mitnutzung des vom Kläger genutzten Raums ist bereits aufgrund der Angaben des Klägers zu bejahen.
Nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich nicht als Werbungskosten abziehbar. Ein auf 1.250 € beschränkter Abzug ist nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 i.V.m. Satz 3 Halbsatz 1 EStG im Streitjahr 2014 u.a. dann möglich, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers ist im Gesetz nicht näher bestimmt. Der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zufolge erfasst die Bestimmung das häusliche Büro, d.h. einen Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten. Der Nutzung entsprechend ist das häusliche Arbeitszimmer typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück darstellt (vgl. BFH-Urteil vom 26. März 2009 VI R 15/07, BStBl II 2009, 598, m.w.N.).
Aufwendungen für gemischt genutzte Räume, die in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden sind und die sowohl zur Erzielung von Einkünften als auch in mehr als nur untergeordnetem Umfang zu privaten Zwecken genutzt werden, sind hingegen insgesamt auch nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht abziehbar (vgl. BFH-Urteil vom 8. März 2017 IX R 52/14, BFH/NV 2017, 1017; BFH-Beschluss vom 27. Juli 2015 GrS 1/14, BStBl II 2016, 265, unter D.2.b; BFH-Urteile vom 16. Februar 2016 IX R 23/12, BFH/NV 2016, 912, unter II.1., m.w.N.; jeweils vom 17. Februar 2016 X R 1/13, BFH/NV 2016, 913, und X R 32/11, BStBl II 2016, 708).
Nach den vom Kläger im Streitjahr 2014 geschilderten und ausgeübten Aktivitäten ist von einer gemischten Nutzung des Arbeitsraums auszugehen.
Dem Kläger stand im Rahmen seiner Haupttätigkeit ein Arbeitsplatz bei seinem Arbeitgeber zur Verfügung. Deshalb kann das Arbeitszimmer, selbst wenn es der Kläger -wie er vorgetragen hatüberwiegend für seine Haupttätigkeit genutzt hat, steuerlich nicht berücksichtigt werden. Der vom Kläger geschilderte Umfang der Arbeitszimmernutzung für Skilehrertätigkeiten ist bei Gesamtschau aller Tätigkeiten im Arbeitszimmer völlig untergeordnet. Dies gilt auch für die Lagerung von beruflichen Unterlagen im Arbeitszimmer. Darüber hinaus hat der Kläger in einem nicht unerheblichen Umfang seinen Arbeitsraum für steuerlich nicht relevante Tätigkeiten genutzt, wie z.B. für seinen Schriftverkehr mit Behörden, auch mit dem FA, oder im Rahmen seiner ehrenamtlichen Tätigkeiten.
Hinzu kommt, dass der Kläger auch die Höhe der geltend gemachten Aufwendungen für den Arbeitsraum nicht nachgewiesen hat.
b) Im Übrigen sind die weiteren geltend gemachten streitgegenständlichen Aufwendungen zur Anerkennung als Werbungskosten weder schlüssig vorgetragen noch nachgewiesen.
Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Werbungskosten sind alle Aufwendungen, die durch den Beruf bzw. durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind (vgl. Schmidt/Loschelder, EStG, 36. Aufl., § 9 Rz. 40, m.w.N.).
aa) Hinsichtlich der beschädigten Schuhe ist weder vorgetragen noch nachgewiesen, wann diese beschädigt worden sind, wann sie der Kläger gekauft hat und wie hoch sich die Anschaffungskosten belaufen haben. Ebenso hat der Kläger nicht nachgewiesen, dass er von seinem Arbeitgeber keinen Wertersatz erhalten hat.
bb) Aufwendungen für die Anschaffung, Instandsetzung und Reinigung von Bekleidung sind grundsätzlich nicht den Werbungskosten, sondern den gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht berücksichtigungsfähigen Kosten für die allgemeine Lebensführung zuzurechnen. Dies gilt sowohl dann, wenn die Bekleidung nahezu ausschließlich während der Berufsausübung getragen wird (vgl. BFH-Urteil vom 20. November 1979 VI R 143/77, BStBl II 1980, 73 zum Trachtenanzug eines Restaurant-Geschäftsführers), als auch dann, wenn die bürgerliche Kleidung durch die berufliche Tätigkeit verschmutzt worden sein sollte, es sei denn, diese Verschmutzung wäre ausnahmsweise von einer gewöhnlichen Verschmutzung nach objektiven Maßstäben zutreffend und in leicht nachprüfbarer Weise abgrenzbar (vgl. BFH-Urteil vom 24. Juli 1981 VI R 171/78, BStBl II 1981, 781). Daran fehlt es im Streitfall. Eine übermäßige Verschmutzung der Kleidungsstücke des Klägers ist weder glaubhaft noch nachgewiesen. Es ist nach Angabe des Klägers nicht einmal nötig gewesen, seine bürgerliche Kleidung bei der Arbeit -beispielsweise mit einem Arbeitskittelzu schützen. Bei Kundenkontakt ist andernfalls schwer vorstellbar, dass der Kläger in verschmutzter Kleidung Kunden und Geschäftspartner empfangen hat.
cc) Wird der Steuerpflichtige vorübergehend außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig (auswärtige berufliche Tätigkeit), ist nach § 9 Abs. 4a Satz 2 Nr. 3 EStG für jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige wegen dieser vorübergehenden Tätigkeit mehr als acht Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist, eine Pauschale von 12 € zur Abgeltung der Mehraufwendungen des Arbeitnehmers für Verpflegung anzusetzen.
Zutreffend hat das FA darauf hingewiesen, dass die Bestätigung der Skischule … als Nachweis für eine Abwesenheit von mehr als 8 Stunden von der Skischule nicht geeignet ist. So ist -auch nach dem klägerischen Vortragnicht auszuschließen, dass der Kläger zwischen den Skikursen in die Skischule zurückgekehrt ist. Zudem ist die tatsächliche Rückkehr des Klägers in die Skischule in der Bestätigung nicht erfasst.
dd) Aufwendungen für die Skipflege sind nicht nachgewiesen. Rechnungsnachweise für Skipflege und Materialkosten hat der Kläger dem Gericht nicht vorlegen können.
ee) Zwar darf das Gericht wegen des Verbots der „Verböserung“ durch seine Entscheidung die Rechtsposition des Klägers nicht verschlechtern, also z.B. die Steuer nicht höher festsetzen, als sie in dem angefochtenen Steuerbescheid festgesetzt war. Da Streitgegenstand nicht das einzelne Besteuerungsmerkmal, sondern die Rechtmäßigkeit des Steuerbescheids ist, darf es nicht als Verböserung angesehen werden, wenn ein Fehler zuungunsten des Stpfl. durch einen anderen Fehler zu seinen Gunsten ausgeglichen wird. Das Verböserungsverbot wird auch nicht tangiert, wenn das Gericht einzelne Besteuerungsgrundlagen, ohne eine höhere Steuer festzusetzen, tatsächlich oder rechtlich für den Steuerpflichtigen ungünstiger beurteilt und dies in den Entscheidungsgründen darlegt (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO und FGO, § 96 FGO Tz. 101, m.w.N.).
In diesem Zusammenhang weist das Gericht -wie bereits in der mündlichen Verhandlunglediglich darauf hin, dass es die volle steuerliche Anerkennung der Aufwendungen für den Skipass -so auch das FA-, sowie für die (auch privat benutzten) Skier und den Rückenprotektor als Werbungskosten für fraglich hält. Hinzu kommt, dass das FA zugunsten des Klägers zu Unrecht die Rechtsschutzversicherung der Ehefrau des Klägers als Werbungskosten in Höhe von 205 € anerkannt hat. Versicherungsprämien sind nur dann Werbungskosten, wenn ausschließlich oder weit überwiegend berufliche Risiken versichert sind. Werden berufliche und private Risiken abgesichert, liegen dagegen grundsätzlich „gemischte“ Aufwendungen vor, die in voller Höhe unter das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG fallen (vgl. Bergkemper in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 9 EStG Rn. 614 Stichwort: Rechtsschutzversicherungsbeiträge).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.


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