Steuerrecht

Teilzahlung, Bundesfinanzhof, Künftige Schadensersatzansprüche, Erfolgshonorar

Aktenzeichen  7 K 1822/14

Datum:
14.3.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 94473
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Streitig ist die Bilanzierung der von der T AG an das Kreditinstitut K Bank am 8. April 2009 in Rechnung gestellten und bezahlten Erfolgsprämie in Höhe von 3.000.000 € (netto).
Der Kläger ist der Insolvenzverwalter der T AG, die durch notariellen Gesellschaftsvertrag vom 26. April 2002. Der Unternehmensgegenstand bestand in der Beratung von Unternehmen im Zusammenhang mit der Erkennung, Aufdeckung von und Vorbeugung vor wirtschaftskriminellen Handlungen und Korruption. Am 10. Februar 2011 stellte die T AG einen Insolvenzantrag. Das Insolvenzverfahren wurde durch Beschluss des zuständigen Amtsgerichts eröffnet, der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt.
Für die Jahre 2008 und 2009 war die T AG vom damals zuständigen Finanzamt … unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zur Körperschaftsteuer veranlagt worden (Bescheide vom 4. November 2009 für 2008 und 30. August 2010 für 2009), die Bilanz zum 31. Dezember 2009 war am 23. April 2010 unterschrieben und am 14. Juni 2010 beim Finanzamt eingereicht worden. Die Körperschaftsteuerbescheide sind nicht mit Einspruch angefochten worden.
Mit Schreiben vom 22. Juni 2012 an das nunmehr zuständig gewordene Finanzamt (Beklagter), beantragte der Kläger die Änderung der Körperschaftsteuerfestsetzung der T AG für die Jahre 2008 und 2009 und reichte am 19. November 2012 geänderte Körperschaftsteuererklärungen für die Jahre 2008 und 2009 sowie einen geänderten Jahresabschluss zum 31. Dezember 2009 ein. Dem Antrag liege folgender Sachverhalt zu Grunde:
Anfang des Jahres 2008 sei die K Bank wegen Finanzierungsgeschäften in der Türkei als Beklagte wegen Schadensersatzforderungen von 80.000.000 € in einen Rechtsstreit verwickelt worden und habe sich daraufhin an die T AG gewandt, mit der sie ständig Geschäftsbeziehungen unterhalten habe. Zu den Aktionären der T AG habe auch ein ehemaliger türkische Minister gehört, dem persönliche Kontakte zu Wirtschaft, Politik und Justiz in der Türkei zugeschrieben worden seien. In einem am 28. Mai 2008 geschlossenen Vertrag hätten die K Bank und die T AG unter anderem vereinbart, dass bestehende Kontakte zu Entscheidungsträgern der türkischen Wirtschaft hergestellt werden sollten, um die Möglichkeiten einer außergerichtlichen Einigung auszuloten (§ 2 des Vertrages unter „Partnering“). Gemäß § 3 des Vertrages habe die T AG für ihre Tätigkeit einen Festpreis und ein Erfolgshonorar berechnet.
Sofern es der T AG gelinge, die Zahlungsverpflichtung der K Bank gegenüber den türkischen Klägern zu senken, sei ein Betrag von 7,5% der eingesparten Nettosumme als Erfolgshonorar bei einem Streitwert von 80 Mio. € vereinbart worden. Als Nettoberechnungsgrundlage für das Erfolgshonorar sei der Betrag benannt worden, der sich nach dem Abzug der Summe ergebe, die die K Bank den türkischen Klägern zur Erledigung aller Rechtsstreitigkeiten zahle. Der „Erfolg“ im Sinne der Vereinbarung solle eingetreten sein, wenn alle Prozesse ohne gerichtlich festgestellte Zahlungsverpflichtung der K Bank aus den Streitgegenständen und ohne gerichtliche Vergleiche endgültig beendet sein würden. Die Erfolgsprämie sollte in zwei Teilzahlungen jeweils zur Hälfte bei Einigung mit den (türkischen) Klägern über die Gesamterledigung und bei tatsächlicher juristischer Gesamterledigung fällig werden (vgl. hinsichtlich der Einzelheiten Vertrag vom 28. Mai 2008).
Der Rechtsstreit habe zunächst einen für die K Bank günstigen Verlauf genommen, da zu einem nicht mehr näher bestimmbaren Zeitpunkt Anfang des Jahres 2009 das erstinstanzli-che türkische Gericht die Klage abwies. Am 8. April 2009 habe die T AG der K Bank eine Rechnung über 3.570.000 € inklusive Umsatzsteuer über eine Teilzahlung in Höhe von 50% der Erfolgsprämie gestellt, die am 14. April 2009 von der K Bank bezahlt worden sei. Die Zahlung sei bei der T AG als Umsatz gebucht und in der Bilanz zum 31. Dezember 2009 in Höhe der Nettozahlung von 3.000.000 € gewinnwirksam als Ertrag berücksichtigt worden.
Mit Urteil vom 15. Oktober 2010 habe das Handelsgericht Istanbul der „Erstklage sowie der nachgebesserten Klage“ teilweise stattgegeben und den geforderten Gesamtbetrag von 7.272.947,89 Türkische Lira (TL) um 20% gemindert. Die K Bank sei insgesamt zur Zahlung eines Betrages von rund 40,5 Mio. € verurteilt worden. In der Folgezeit hätten sich die verantwortlichen Personen auf Seiten der T AG und der K Bank überworfen. Zu einem nicht mehr näher bestimmbaren Zeitpunkt Anfang des Jahres 2011 habe die K Bank hinsichtlich der als Erfolgshonorar bezahlten Vergütung einen Rückforderungsanspruch von 3.570.000 € geltend gemacht und ihn im Rahmen des mittlerweile eröffneten Insolvenzverfahren am 30. Mai 2011 zur Insolvenztabelle angemeldet, da es sich nach Auffassung der K Bank um eine Anzahlung auf eine Erfolgsprämie gehandelt habe, der Erfolg jedoch nie eingetreten sei. Im Jahresabschluss der T AG zum 31. Dezember 2009 sei diese Rückzahlungsverpflichtung zu Unrecht nicht als erhaltene Anzahlung passiviert, sondern als Umsatzerlös verbucht worden, wie sich auch aus der gutachterlichen Stellungnahme der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC vom 29. November 2012 ergebe. Dementsprechend vermindere sich das zu versteuernde Einkommen des Jahres 2009 um 116.308 €. Außerdem sei ein Teil des Ver-lusts aus dem Jahr 2009 in das Veranlagungsjahr 2008 nach § 10d Einkommensteuergesetz (EStG) zurück zu tragen, so dass das zu versteuernde Einkommen 2008 nunmehr 0 € betrage.
Mit Bescheid vom 10. April 2013 lehnte das Finanzamt den Antrag auf Änderung der Veranlagung ab. Der dagegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 6. Juni 2014 als unbegründet zurückgewiesen. Nach Auffassung des Finanzamts war eine Bilanzänderung nicht mehr möglich, da werterhellende Kenntnisse nur berücksichtigt werden könnten, die zum Bilanzstichtag bereits objektiv vorgelegen und nach dem Bilanzstichtag, aber vor dem Tag der Bilanzerstellung bekannt oder erkennbar gewesen seien. Dies scheide vorliegend aus, da die K Bank erst am 30. Mai 2011 von ihrer bislang vertretenen Ansicht abgewichen sei.
Mit der hiergegen gerichteten Klage vertieft der Kläger seinen Vortrag aus dem Einspruchsverfahren. Zu Unrecht sei die Zahlung der K Bank vom 14. April 2009 gewinnwirksam als Ertrag behandelt worden, da der Gewinn zum 31. Dezember 2009 noch nicht i.S.d. § 252 Abs. 1 Nr. 4 Handelsgesetzbuch (HGB) realisiert gewesen sei. Die Forderung auf Zahlung der erfolgsabhängigen Vergütung stelle eine aufschiebend bedingte Forderung dar, die Bedingung sei zum Zeitpunkt der Zahlung aber noch nicht eingetreten gewesen. Nach § 3 des Vertrages sei als Bedingung für das Entstehen der Forderung der „Erfolg“, mithin die endgültige Beendigung aller Prozesse ohne gerichtlich festgestellte Zahlungsverpflichtung der K Bank aus den Streitgegenständen und ohne gerichtliche Vergleiche vereinbart worden.
Am 14. April 2009 habe nur die erstinstanzliche Entscheidung vorgelegen, die nur vorläufig war, da sie noch mit Rechtsmitteln angegriffen werden konnte, was später auch erfolgt sei. Wie sich aus der Forderungsanmeldung der K Bank vom 30. Mai 2011 ergebe, habe das türkische Berufungsgericht im Januar 2010 entschieden, dass dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch der türkischen Kläger gegen die K Bank bestehe. Das Urteil vom 15. Oktober 2010 könne nicht dazu herangezogen werden, die am 14. April 2009 erfolgte Zahlung zu rechtfertigen. Auch wenn das Urteil erster Instanz eine für die K Bank günstige Entscheidung dargestellt habe, sei der vertraglich vereinbarte Erfolg insoweit nicht eingetreten. Auch mit der Entscheidung vom 15. Oktober 2010 sei im Übrigen noch nicht der vertraglich vereinbarte Erfolg eingetreten, da gegen das Urteil noch Rechtsmittel zulässig gewesen seien. Darüber hinaus sei die Minderung der Summe in zweiter Instanz nicht dem Tätigwerden der T AG zu verdanken. Vielmehr sei die Schadenssumme wegen des Mitverschuldens der Geschädigten gemindert worden.
Die im Jahresabschluss der T AG zum 31. Dezember 2009 erfolgte Verbuchung als Umsatzerlös habe gegen die sich aus § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB ergebenden Grundsätze über die Gewinnrealisierung, gegen das Vorsichtsprinzip i.S.d. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB sowie das Vollständigkeitsgebot des § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB verstoßen. Die Nichtbeachtung dieser Grundsätze führe zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses nach § 256 Aktiengesetz (AktG).
Der Kläger beantragt,
das Finanzamt unter Aufhebung des gegenüber der T AG ergangenen Bescheids vom 10. April 2013 und der Einspruchsentscheidung vom 6. Juni 2014 zu verpflichten, den Bescheid für 2009 vom 30. August 2010 zur Körperschaftsteuer der T AG dahingehend zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen auf einen Negativbetrag von 124.592 € gemindert wird sowie einen Verlustrücktrag von 50.492 € in den Veranlagungszeitraum 2008 vorzunehmen und den Bescheid für 2008 vom 4. November 2009 zur Körperschaftssteuer dahingehend zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen auf 5 € gemindert wird.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt es vor, dass die K Bank in der zweiten Instanz zwar verloren habe, sich die Nettoschadenssumme jedoch halbiert habe, so dass die gesamte Schadenssumme (netto) nach dem Abschluss des Verfahrens nur noch rund 40,5 Mio. € betragen habe. In der Rechnung vom 8. April 2009 über die Prämie von 3.000.000 € habe sich die T AG auf § 3 des Vertrages berufen. Darin sei vereinbart worden, dass der T AG eine Erfolgsprämie von 7,5% der eingesparten Nettosumme zustehe, soweit sich die Zahlungsverpflichtung mindere. Dies sei nach dem Urteil der zweiten Instanz erfolgt, unabhängig davon, ob dieser Umstand aufgrund der Tätigkeit der türkischen Rechtsanwälte oder der Einflussnahme der T AG eingetreten ist. Die Rechnung der T AG sei somit entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen zu Recht gestellt und von der K Bank auch bezahlt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze nebst der vom Kläger vorgelegten Anlagen sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Die Klage ist unbegründet. Das Finanzamt hat die beantragte Änderung der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erfolgten Steuerfestsetzung der Jahre 2008 und 2009 zu Recht abgelehnt (§ 164 Abs. 2 Abgabenordnung), da die Zahlung der K Bank zutreffend erfolgswirksam in der Bilanz zum 31. Dezember 2009 erfasst worden ist.
Gemäß § 8 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) i.V.m. §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) muss der Steuerpflichtige für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Absatz 1 Satz 1 EStG), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Die handelsrechtlichen GoB ergeben sich unter anderen aus den Bestimmungen der §§ 238 ff Handelsgesetzbuch (HGB), die für Kapitalgesellschaften durch die Bestimmungen der §§ 264 ff HGB ergänzt werden. Zu den handelsrechtlichen GoB gehört die Pflicht des Kaufmanns, in seiner Bilanz für den Schluss eines Geschäftsjahres seine sämtlichen Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten sowie Aufwendungen und Erträge auszuweisen (§ 246 Abs. 1 Satz 1 HGB). Nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG sind bei der Bewertung alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Ab-schluss Stichtag entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 28. März 2000 VIII R 77/96, BStBl II 2002, 227 m.w.N.). Das gilt nicht nur für die Bewertung, sondern auch für den Ansatz von Wirtschaftsgütern und ist auch in der Steuerbilanz zu beachten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG; ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Urteile vom 11. Oktober 1973 VIII R 1/69, BFHE 110, 532, BStBl II 1974, 90; vom 26. April 1989 I R 147/84, BFHE 157, 121, BStBl II 1991, 213).
Das in diesem Sinne verstandene Wertaufhellungsprinzip besagt, dass die Frage, ob ein – positives oder negatives – Wirtschaftsgut in der Bilanz auszuweisen ist, nach dem Erkenntnisstand eines sorgfältigen Kaufmanns im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung zu beantworten ist (subjektive Richtigkeit der Bilanz, ständige Rechtsprechung, vgl. Nachweise in BStBl II 2002, 227). Der BFH hat in diesen und in anderen Urteilen ausgeführt, dass der Kenntnisstand auf die am Bilanzstichtag objektiv bestehenden Verhältnisse zu beziehen sei. Er hat in anderen Entscheidungen aber auch gefordert, dass die Bilanz so aufzustellen sei, wie sie ein vorsichtig abwägender ordentlicher Kaufmann unter verständiger Würdigung aller Umstände und Verhältnisse am Bilanzstichtag aufgestellt hätte.
Der Wertaufhellungszeitraum wird durch die gesetzliche Frist für die Aufstellung des Jahresabschlusses begrenzt. Der Rechtsprechung des BFH ist zu entnehmen, dass der Wertaufhellungszeitraum an dem Tag endet, an dem der Bilanzierende spätestens eine Bilanz hätte erstellen müssen (BFH-Urteil vom 12. Dezember 2012 I B 27/12, BFH/NV 2013, 545 m.w.N.). Nach § 264 Abs. 1 Satz 3 HGB ist für Kapitalgesellschaften der Stichtag der 31. März des jeweiligen (Folge-)Jahres.
Im Streitfall liegt dem streitigen Bilanzansatz die aufgrund der Rechnung vom 8. April 2009 erfolgte Zahlung über 3.000.000 € (netto) zugrunde. Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich dabei nicht um eine Anzahlung, die unter einer aufschiebenden Bedingung (Klageabweisung zugunsten der K Bank in letzter Instanz) geleistet worden und wegen des Nichteintritts des Erfolgs zurückzuzahlen sei. Anzahlungen sind Zahlungen, die vor Ausführung der Leistung entrichtet werden. Sie sind nicht ergebniswirksam (vgl. Vogl in Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Edition 4/15, Rz. 1). Dagegen stellen Teilzahlungen abschlagsweise Zahlungen für bereits erbrachte Leistungen dar, sie sind sofort ergebniswirksam.
Nach Auffassung des Senats liegt im Streitfall eine Teilzahlung vor, die von der T AG zu Recht ergebniswirksam als Ertrag in der Bilanz zum 31. Dezember 2009 erfasst worden ist. Die Qualifizierung der Zahlung als Teilzahlung ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Schreibens vom 8. April 2009, da darin „Beratungsleistungen gemäß unseren Vereinbarungen vom 28. Mai 2008“ abgerechnet werden und eine „Teilzahlung = 50% der Erfolgsprämie gem. Voraussetzung § 3 des BV vom 28.05.2008″ geltend gemacht wird. Diese Formulierung sowie die weitere Abwicklung, insbesondere die Zahlung am 14. April 2009, entsprechen den Vereinbarungen im zugrundliegenden Vertrag vom 28. Mai 2008. Darin haben die T AG und die K Bank geregelt, dass die T AG 7,5% der eingesparten Nettosumme als Erfolgshonorar (Streitwert 80.000.000 €) erhalten soll, sofern es ihr gelingt, die Zahlungsverpflichtung der K Bank gegenüber dem (türkischen) Kläger zu senken. Die Erfolgsprämie sollte in zwei Teilzahlungen zu 50% jeweils bei Einigung mit dem (türkischen) Kläger über die Gesamterledigung und bei tatsächlicher juristischer Gesamterledigung gezahlt werden.
Nachdem – zwischen den Parteien unstreitig – das türkische Gericht erster Instanz am Anfang des Jahres 2009 die gegen die K Bank gerichtete Klage abgewiesen hatte, stellte die T AG der K BANK50% der Erfolgsprämie entsprechend der in § 4 des Vertrages vom 28. Mai 2008 vereinbarten Vergütung in Rechnung. Aufgrund der am 14. April 2009 erfolgten Zahlung geht das Gericht davon aus, dass sich die Parteien darüber einig waren, dass die vertraglichen Voraussetzungen für die Zahlung des ersten Teils der Erfolgsprämie vorlagen, da insbesondere eine „Einigung mit dem türkischen Kläger über die Gesamterledigung“ eingetreten ist. Die Zahlung der Rechnung erfolgte daher nicht als Anzahlung für eine noch zu erbringende Leistung, vielmehr betrachteten die K Bank und die T AG den vereinbarten Er folg bereits als eingetreten, so dass die T AG tatsächlich erbrachte Leistungen („Beratungsleistungen“) abrechnen konnte.
Im Streitfall bestand weder zum Bilanzstichtag am 31. Dezember 2009 noch am Ende des Wertaufhellungszeitraums, d.h. vorliegend am Tag der Bilanzerstellung am 23. April 2010, ein objektiver Anhaltspunkt dafür, dass die Zahlung der K Bank zu Unrecht erfolgt ist und die T AG damit rechnen musste, dass sie mit Schadensersatzansprüchen oder Rückforderungen der K Bank konfrontiert wird. Daher musste sie auch keine entsprechende Bilanzierung (Rückstellungen für nach Grund und/oder Höhe ungewisse Verbindlichkeiten) vornehmen, für die nach ständiger Rechtsprechung erforderlich ist, dass der Schuldner (im Streitfall die T AG) ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen muss (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. BFH-Urteile vom 19. November 2003 I R 77/01, BFHE 204, 135, vom 19. Oktober 2005 XI R 64/04, BStBl II 2006, 371 und vom 30. April 1998 III R 40/95, BFH/NV 1998, 1217 jeweils m.w.N.).
Eine ansatzaufhellende Tatsache für das Entstehen einer unbedingten Verpflichtung zur Rückerstattung der Teilzahlung und für eine Inanspruchnahme aus Schadensersatzansprüchen der K Bank am Bilanzstichtag fehlt. Vielmehr erfolgten erstmals mit der Anmeldung der Forderung zur Tabelle im Insolvenzverfahren am 30. Mai 2011 Anstrengungen von Seiten der HSH, die ihrer Meinung nach zu Unrecht gezahlte Erfolgsprämie zurückzufordern. Der Kläger hat zwar unter Bezugnahme auf die Forderungsanmeldung der K Bank vorgetragen, dass ein türkisches Berufungsgericht bereits im Januar 2010 entschieden habe, dass dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch der türkischen Kläger gegen die K Bank bestehe. Er hat aber nicht nachgewiesen, dass die K Bank bereits im Januar 2010 bzw. bis zum Zeitpunkt der Erstellung der Bilanz der T AG am 23. April 2010 Schadensersatz- bzw. Rückforderungsansprüche gegen die T AG geltend gemacht hat. Somit konnte die T AG unter Berücksichtigung der handelsrechtlichen GoB die künftigen Schadensersatzansprüche der K Bank bei Erstellung der Bilanz zum 31. Dezember 2009 noch nicht berücksichtigen.
Dieser Umstand wird auch daraus ersichtlich, dass der Kläger in seinem Insolvenzgutachten vom 29. März 2011 zwar ausführt (S. 24 unter Punkt 8.3.2), dass die K Bank im Rahmen zweier von der T AG gegen sie erhobenen Leistungsklagen vor dem Landgericht … Gegenansprüche über 3,5 Mio. € (Rückforderung und Schadensersatz aus unterschiedlichsten Projekten der Vergangenheit) geltend macht. Gleichwohl hielt er diese Forderungen jedoch nicht für nachgewiesen bzw. substantiiert. Vielmehr sah sich die T AG erstmals mit der Anmeldung der Forderung zur Tabelle im Insolvenzverfahren am 30. Mai 2011 mit den Ansprüchen der K Bank konfrontiert.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.


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