Steuerrecht

Übernahme der Kosten eines Familienurlaubs als eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) an den Mehrheits-Gesellschafter

Aktenzeichen  1 K 1065/19

Datum:
13.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GmbHR – 2021, 564
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
KStG § 8 Abs. 1 u. 3
EStG § 4 Abs. 1 S. 1, § 37b Abs. 1 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2, § 135 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Die Übernahme der Kosten des Familienurlaubs eines Mehrheitsgesellschafters, auch für überobligatorische Leistungen, stellt jedenfalls dann, wenn die Übernahme der Kosten nicht auf einer im Voraus getroffenen Vereinbarung beruht, sondern für ein zurückliegendes Geschäftsjahr erfolgt, eine verdeckte Gewinnausschüttung dar.
2. Eine Besteuerung der Kosten für die Übernahme des Familienurlaubs gem. § 37b EStG mit dem Pauschsteuersatz von 30 Prozent kommt nicht in Betracht, da es sich bei der Kostenübernahme nicht um eine betrieblich veranlasste Zuwendung, sondern um eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensminderung handelt.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.
Die Kostenübernahme der Urlaubsreise des Gesellschafter-Geschäftsführers durch die Klägerin stellt im Streitjahr 2014 eine vGA dar. Eine pauschale Besteuerung im Sinne des § 37b EStG kommt mithin nicht in Betracht.
1. Die Zuwendung der Klägerin an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer in Form der Kostenübernahme für eine Urlaubsreise stellt eine vGA dar.
Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat die Rechtsprechung die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 28.01.2004 I R 50/03, BStBl II 2005, 524).
Nach ständiger Rechtsprechung liegt aufgrund des fehlenden Interessengegensatzes insbesondere ein Indiz gegen die betriebliche Veranlassung vor, wenn bei einer Leistungsbeziehung zwischen der Gesellschaft und dem beherrschenden Gesellschafter keine klare und eindeutige, von vornherein abgeschlossene zivilrechtlich wirksame Vereinbarung getroffen wird (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 16.07.2003 I B 215/02, BFH/NV 2003, 1613).
Eine solche im Voraus abgeschlossene Vereinbarung über eine Zuwendung der Klägerin an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer hinsichtlich der Kostenübernahme für die private Urlaubsreise lag für den Zeitraum bis 03.07.2014 nicht vor.
1.1. Die Vereinbarung über die Gewährung einer Incentive-Reise wurde nicht im Voraus abgeschlossen.
1.1.1. Die Gewährung eines Vorteils für den Geschäftsführer in Form einer Incentive-Maßnahme war und ist im Geschäftsführeranstellungsvertrag nicht vorgesehen. Die Gewährung der Incentive-Reise stellt mithin bereits dem Grunde nach keinen Ausfluss des zwischen der Klägerin und ihrem Geschäftsführer vertraglich vereinbarten Beschäftigungsverhältnisses dar.
1.1.2. Die Gewährung der Zuwendung am 04.07.2014 wurde zwar vor Buchung der Reise vereinbart; für die Beurteilung, ob eine im Vorhinein klar und eindeutig geschlossene Vereinbarung vorlag, ist jedoch hinsichtlich einer vergangenheitsbezogenen Gegenleistung der Beginn desjenigen Zeitraums maßgebend, in welchen die zu entlohnende Leistung fällt (vgl. BFH-Urteil vom 11.12.1991 I R 49/90, BStBl II 1992, 434). Diese Betrachtungsweise stellt sicher, dass das zu versteuernde Einkommen der Kapitalgesellschaft nicht noch während des laufenden Veranlagungszeitraums kurzfristig und mehr oder weniger beliebig durch den beherrschenden Gesellschafter beeinflusst werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 30.01.1985 I R 37/82, BStBl II 1985, 345).
Aus dem Wortlaut der Vereinbarung („überobligatorischen Anstrengung im Geschäftsjahr 2013 und im laufenden Geschäftsjahr 2014“) folgt, dass es sich im Streitfall um eine Entlohnung von besonderen Leistungen der Vergangenheit handelte, sodass der Beginn des entlohnenden Zeitraums – hier also das Jahr 2013 – für die Beurteilung der Vereinbarung im Voraus maßgeblich ist. Die Vereinbarung wurde jedoch erst im Juli 2014 geschlossen.
1.2. Die Vereinbarung entfaltet auch nicht für den Zeitraum ab 04.07.2014 Wirkung für das restliche Geschäftsjahr 2014, da mit Abschluss der Vereinbarung über die Incentive-Reise keine rechtsverbindliche Verpflichtung durch die Klägerin eingegangen wurde. Insofern handelt es sich lediglich um eine Erwartungshaltung der Klägerin hinsichtlich einer Mehrleistung des Geschäftsführers, der jedoch kein durchsetzbarer Rechtsanspruch gegenübersteht.
1.3. Die streitgegenständliche Vereinbarung war auch im Übrigen nicht hinreichend klar und eindeutig, da sie nur eine Betragsobergrenze enthielt („bis zu € 3.000,00“).
2. Für den Streitfall kommt es zwar auf die lohnsteuerliche Behandlung nicht an, jedoch wird darauf hingewiesen, dass eine Pauschalierung der Einkommenssteuer gemäß § 37b Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG vorliegend nicht in Betracht kommt, da keine betrieblich veranlasste Zuwendung, sondern eine vGA, vorliegt.
Gemäß § 37b Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Satz 1 Nr. 1 EStG können Steuerpflichtige die Einkommensteuer einheitlich für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten, betrieblich veranlassten Zuwendungen an Arbeitnehmer, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden und nicht in Geld bestehen, mit einem Pauschsteuersatz von 30 Prozent versteuern.
Mit der Aufnahme der betrieblichen Veranlassung als eigenes Tatbestandsmerkmal zielte der Gesetzgeber unter anderem darauf ab, die pauschalierte Besteuerung von vGA als nicht betrieblich, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensminderungen aus dem Anwendungsbereich des § 37b EStG explizit herauszunehmen (vgl. BT-Drs. 16/2712, Seite 56); dies wurde so auch von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bestätigt (vgl. das BFH-Urteil vom 12.12.2013 VI R 47/12, BStBl II 2015, 490).
Da es sich bei der streitgegenständlichen Gewährung der Kostenübernahme für die private Urlaubsreise um eine vGA handelte, scheidet im vorliegenden Fall die Möglichkeit der Pauschalierung im Sinne des § 37b EStG aus.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen. Die Voraussetzungen, unter denen eine vGA vorliegt, ist durch die ständige Rechtsprechung des BFH hinreichend konkretisiert. Die Entscheidung beruht auf diesen Grundsätzen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen, da sie mit ihrer Klage keinen Erfolg hat (§ 135 Abs. 1 FGO).


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