Steuerrecht

Untersagung der Nutzung eines Bootshauses als Wohnung

Aktenzeichen  M 9 K 17.2332

Datum:
24.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 13907
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 76 S. 2

 

Leitsatz

1. Die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagung setzt regelmäßig keine Prüfung der Genehmigungsfähigkeit der Anlage voraus. Eine Ausnahme hiervon gilt nur im Falle der offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einer in Holzbauweise ohne jeglichen Feuerwiderstand errichteten Anlage ist nicht von der Einhaltung der minimalsten Brandschutzvorschriften und damit von einer Genehmigungsfähigkeit zu Wohnzwecken auszugehen. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Möglichkeit einer brandschutztechnischen Nachrüstung und die lange Dauer einer bestehenden Wohnnutzung führen nicht dazu, dass im Falle einer erheblichen Gefahr für Leib und Leben wegen Brandschutzmängeln ein Bewohnen weiterhin zuzulassen ist. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtene Nutzungsuntersagung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, Art. 76 Satz 2 BayBO.
Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Weder die Anhörung des Klägers noch der Umstand, dass laut dem Klägerbevollmächtigten die Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren nicht umfassend gewährt worden sei, führen zu einem formellen Fehler. Dem Klägerbevollmächtigten wurde während des Gerichtsverfahrens die komplette Behördenakte zur Verfügung gestellt (vgl. Bl. 75 der Gerichtsakte). Die Bezeichnung des Bescheidsgegenstands ist ohne weiteres bestimmt genug. Auch sonst sind keine formellen Fehler zu beanstanden.
Die Nutzungsuntersagung ist auch materiell rechtmäßig. Nach Art. 76 Satz 2 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde für den Fall, dass Anlagen im Widerspruch zu öffentlichrechtlichen Vorschriften genutzt werden, diese Nutzung untersagen. Für die Rechtmäßigkeit einer solchen Nutzungsuntersagung genügt dabei das Vorliegen einer formell illegalen Nutzung, wenn die illegal aufgenommene Nutzung nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BayVGH, B.v. 20.1.2016 – 9 CS 15.1973 – juris Rn. 12; B.v. 11.1.2018 – 2 CS 17.1960).
Die vom Kläger ausgeübte Wohnnutzung ist formell illegal. Der Raum 103 ist weder nach Aktenlage zum Wohnen genehmigt noch hat die Klägerseite das belegt. Soweit der Kläger darauf verweisen lässt, dass der streitgegenständliche Raum nicht als Umkleide genehmigt sei, ändert das nichts, denn dadurch besteht trotzdem keine Genehmigung zu einer Wohnnutzung, die einen Daueraufenthalt erlaubt. Gleiches gilt, soweit darauf verwiesen wird, dass in Gebäude 3 c (vgl. Bl. 51 der Behördenakte) Massageräume genehmigt sind. Auch ein Raum zur Massage ist kein Aufenthaltsraum im Sinne des Art. 2 Abs. 5 BayBO, wonach Aufenthaltsräume nur Räume sind, die nicht nur zum vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind. Da die Räume vom Kläger unbestritten zum Wohnen und Schlafen genutzt werden, verstößt diese Nutzung gegen die Baugenehmigung. Eine Nutzungsänderung zu Wohnzwecken ist baugenehmigungspflichtig, Art. 55 Abs. 1 BayBO. Eine Verfahrensfreiheit der Nutzungsänderung gemäß Art. 57 Abs. 4 BayBO ist nicht gegeben.
Die Nutzung zu Wohnzwecken ist nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Der Vortrag des Klägerbevollmächtigten dazu, dass sich eine Genehmigungsfähigkeit, insbesondere in bauordnungsrechtlicher Hinsicht in Bezug auf die Brandschutzanforderungen, herstellen ließe, geht insofern ins Leere. Denn ob und mit welchem Aufwand sich eine Genehmigungsfähigkeit insofern herstellen lässt, wäre einem Baugenehmigungsverfahren vorbehalten. Das ist gerade der Grund dafür, dass die ganz herrschende Meinung für die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagung die formelle Illegalität ausreichen lässt. Die Genehmigungsfähigkeit soll gerade nicht im Rahmen der bauaufsichtlichen Eingriffsbefugnis geprüft werden müssen. Eine Ausnahme hiervon gilt nur im Falle der offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit. Von dieser kann hier unter Berücksichtigung der Aktenlage und des Vortrags der Beteiligten aber keine Rede sein.
Unabhängig davon ist die ausgeübte Nutzung aber auch bauordnungsrechtlich unzulässig. Insbesondere die brandschutzrechtlichen Anforderungen sind nicht eingehalten, so dass nach der brandschutztechnischen Stellungnahme vom 2. Februar 2017 wegen dieser brandschutztechnischen Mängel Gefahr für Leib und Leben der Bewohner besteht. Unter Berücksichtigung der Bauweise hat das Gericht keine Zweifel an dieser Feststellung. Der gesamte Vortrag des Bevollmächtigten hierzu führt nicht dazu, dass bei einer Holzbauweise ohne jeglichen Feuerwiderstand von der Einhaltung der minimalsten Brandschutzvorschriften und damit von einer Genehmigungsfähigkeit zu Wohnzwecken auszugehen ist.
Der Kläger ist als Handlungsstörer gemäß Art. 9 Abs. 1 LStVG richtiger Adressat des Bescheids.
Die Entscheidung über die Nutzungsuntersagung wurde auch hinsichtlich der Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens in rechtlich nicht zu bestandener Weise umfangreich begründet. Zweifel daran, dass wegen der Gefahr für Leib und Leben der Bewohner nach pflichtgemäßem Ermessen die Nutzung zu untersagen ist, bestehen nicht. Der Vortrag zur Möglichkeit einer brandschutztechnischen Nachrüstung und zur langen Dauer der Wohnnutzung durch den Kläger führt nicht dazu, dass im Falle einer erheblichen Gefahr für Leib und Leben wegen Brandschutzmängeln ein Bewohnen weiterhin zuzulassen ist. Gleiches gilt für die Verweise darauf, dass Übernachtungen auch in anderen Räumlichkeiten auf dem Gelände zugelassen würden. Der Beklagte hat hierzu in nicht zu beanstandender Weise darauf verwiesen, dass es sich dabei nicht um mit der Dauerwohnnutzung des Klägers vergleichbare Fälle handelt. Zweifel daran, dass die Anordnung geeignet, erforderlich und angemessen ist, um der Gefahr zu begegnen, bestehen ebenfalls nicht. Soweit der Kläger dies für unzureichend hält, setzt er falsche Maßstäbe an die Ermessensausübung bei einer baurechtlichen Nutzungsuntersagung an.
Nach alledem wird die Klage abgewiesen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO sowie aus § 154 Abs. 3 Hs. 1 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, weil die Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich dadurch selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO, § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


Ähnliche Artikel

Steuererklärung für Rentner

Grundsätzlich ist man als Rentner zur Steuererklärung verpflichtet, wenn der Grundfreibetrag überschritten wird. Es gibt allerdings Ausnahmen und Freibeträge, die diesen erhöhen.
Mehr lesen

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen


Nach oben