Steuerrecht

Unzulässige Feststellungsklage mangels Feststellungsinteresse

Aktenzeichen  AN 9 K 16.01624

Datum:
21.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 4587
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GVG § 17 Abs. 2 S. 1
VwGO § 43

 

Leitsatz

1 Feststellungsfähig bei einer Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO ist nur ein hinreichend konkretes und streitiges Rechtsverhältnis. Dieses setzt damit unabhängig von der Frage der Konkretisierung des Rechtsverhältnisses voraus, dass zwischen den Parteien dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Zulässigkeit einer Feststellungsklage setzt voraus, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat, wobei grundsätzlich jedes nach Lage des Falles anerkennenswerte schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art ausreichend ist, das hinreichend gewichtig ist, um die Rechtsposition des Klägers zu verbessern. Das Vorliegen eines berechtigten Interesses hat der Kläger substantiiert darzulegen. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die Feststellungsklage ist bereits unzulässig.
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch eine auf Grund eines berechtigten Interesses legitimierte Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses – auch eines in der Vergangenheit liegenden – begehrt werden. Feststellungsfähig ist nach ständiger Rechtsprechung jedoch nur ein hinreichend konkretes und streitiges Rechtsverhältnis. Unabhängig von der Frage der Konkretisierung des Rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis damit voraus, dass zwischen den Parteien dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können (BVerwG, U.v. 25.3.2009 – 8 C 1/09 – juris Rn. 15). Weiterhin ist für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage erforderlich, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (vgl. § 43 Abs. 1 HS 2 VwGO), wobei grundsätzlich jedes nach Lage des Falles anerkennenswerte schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art ausreichend ist, das hinreichend gewichtig ist, um die Rechtsposition des Klägers zu verbessern (BVerwG, U.v. 27.6.1997 – 8 C 23/96 – juris Rn. 21). Das Vorliegen eines berechtigten Interesses hat der Kläger substantiiert darzulegen. Schließlich ist eine Feststellungsklage nur statthaft, soweit der Kläger seine Rechte nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
Ausgehend von diesen Grundsätzen sind beide Klageanträge unzulässig, da es jedenfalls an einem berechtigten Interesse fehlt.
Soweit der Kläger dieses Interesse damit zu begründen versucht, er könne nicht rechtssicher darauf vertrauen, dass die Beklagte aus dem Grundbescheid von 1986 nicht mehr gegen ihn vorgehen würde, ist dieses Vorbringen schon nicht geeignet, ein berechtigtes Interesse zu begründen. Insoweit besteht nämlich gerade kein Streit, so dass es schon an einem tauglichen feststellungsfähigen Rechtsverhältnis fehlt. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass die Beklagte, seitdem die … Inhaberin der Stauanlage ist, zu irgendeinem Zeitpunkt dem Kläger gegenüber irgendwelche Rechtswirkungen aus dem Grundbescheid abgeleitet und sich mithin berühmt hätte, vom Kläger ein bestimmtes Tun oder Unterlassen fordern zu können. Ganz im Gegenteil hat sie bereits in den beiden an das Finanzamt … gerichteten Schreiben vom April 2015 ausgeführt, dass aufgrund des Eigentumsübergangs der Stau- und Triebwerksanlage auf die Firma … wegen des damit einhergehenden Wegfalls der rechtlichen Grundlagen keine weiteren wasserrechtlichen Schritte gegen den Kläger erforderlich bzw. rechtlich möglich seien und auch keine offenen Forderungen gegen diesen mehr bestünden bzw. mittlerweile Zahlung- und Vollstreckungsverjährung eingetreten sei. Es ist daher nicht ansatzweise ersichtlich, dass die Beklagte aus dem Grundbescheid gegenüber dem Kläger (noch) irgendwelche Ansprüche ableiten würde.
Die gegenüber dem Finanzamt getätigten Aussagen hat die Beklagte überdies auch im an den Kläger gerichteten Schreiben vom 1. Juni 2015 diesem gegenüber und im Schreiben an dessen Prozessbevollmächtigte vom 18. August 2015 wiederholt und dort nochmals explizit klargestellt, dass sie aus dem Grundbescheid auch keine Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Kläger ergreifen werde. Es kann dahinstehen, ob insbesondere das an den Kläger gerichtete Schreiben vom Juni 2015 als Zusicherung im Sinne von Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG oder als eine anderweitige Zusage im Rechtssinne außerhalb des Anwendungsbereichs der vorgenannten Vorschrift zu qualifizieren ist. Bei Würdigung des objektiven Erklärungswertes kann für einen objektiven Dritten die Erklärung der Beklagten jedenfalls nur dahingehend verstanden werden, dass die Behörde sich hierdurch gebunden wissen will. Die Argumentation des Klägers, dass es sich hierbei um eine bloße Absichtserklärung handeln würde, überzeugt vor diesem Hintergrund nicht.
Aber auch im Übrigen – soweit der Kläger darauf verweist, es gehe ihm gerade um den konkreten Zeitpunkt, ab dem aus dem Grundbescheid keine Rechte gegen ihn mehr abgeleitet werden können – gelingt es ihm nicht, ein berechtigtes Interesse darzutun. Zwar dürfte, da die Beteiligten unterschiedlicher Auffassung sind, ab welchem Zeitpunkt aus dem Grundbescheid nicht mehr gegen den Beklagten vorgegangen werden könne, tatsächlich ein streitiges (in der Vergangenheit liegendes) Rechtsverhältnis bestehen, das Grundlage einer Feststellungsklage sein kann. Anders als der Kläger meint, reicht der Verweis auf den anhängigen finanzgerichtlichen Rechtsstreit vor dem Finanzgericht … jedoch nicht aus, um insoweit ein berechtigtes Interesse zu begründen. Zum einen mangelt es dem Vortrag des Klägers schon an der notwendigen Substantiierung, warum der hiesige Rechtsstreit für den Ausgang des anhängigen finanzgerichtlichen Verfahrens relevant sei. Der Kläger bringt hierfür lediglich vor, dass der Zeitpunkt der Erledigung des Grundbescheids in dem finanzgerichtlichen Rechtsstreit in steuerlicher Hinsicht entscheidenden Einfluss auf den Fortgang des dortigen Verfahrens habe. Dies ist aber nicht mehr als die bloße Behauptung einer Wechselwirkung zwischen den beiden Prozessrechtsverhältnissen; eine ausreichende Begründung hierfür bleibt der Kläger gerade schuldig.
Selbst wenn man zugunsten des Klägers annimmt, dass sein Klagebegehren für den Fortgang des Finanzgerichtsstreits tatsächlich relevant sein könnte und die Aussetzungsentscheidung des Finanzgerichts so interpretiert, ist die Kammer der Überzeugung, dass hieraus aus Rechtsgründen kein berechtigtes Interesse ableitbar ist. Auch wenn es nämlich im Rahmen des Verfahrens beim Finanzgericht vorteilhaft sein mag, wenn verwaltungsrechtliche Vorfragen vom sachnäheren Fachgericht geklärt würden, wäre dies weder mit der vom Grundgesetz anerkannten Gleichwertigkeit der verschiedenen Rechtswege (vgl. Art. 95 Abs. 1 GG) noch mit den Vorgaben der §§ 17 ff. GVG vereinbar. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG hat das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit gerade unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten eigenverantwortlich zu entscheiden, d.h. dem Finanzgericht … obliegt eine umfassende Vorfragenkompetenz für rechtswegfremde Fragen. Unabhängig davon wäre das Finanzgericht, selbst wenn das Verwaltungsgericht im vorliegenden Streitfall die seitens des Klägers begehrten Feststellungen treffen würde, nicht an diese gebunden, da die – auch die Gerichte aller anderen Zweigen bindende – Rechtskraft eines verwaltungsgerichtlichen Urteils grundsätzlich nur zwischen den Beteiligten des Rechtsstreits und ihren Rechtsnachfolgern wirkt (§ 121 VwGO). Das in den anhängigen finanzgerichtlichen Verfahren beklagte Finanzamt … oder dessen Rechtsträger würde aber von einer Bindungswirkung eines im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreit zwischen dem Kläger und der Stadt … ergangenen Feststellungsurteil nicht erfasst werden. Mithin ist nicht ersichtlich, dass eine gerichtliche Entscheidung im vorliegenden Streitfall geeignet wäre, die Rechtsposition des Klägers in irgendeiner Weise zu verbessern.
Nach alledem ist ein berechtigtes Interesse des Klägers an den begehrten Feststellungen nicht ersichtlich, so dass die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen ist. Als im Verfahren Unterlegener hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.


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