Steuerrecht

Unzulässigkeit eines Ablehungsgesuchs

Aktenzeichen  12 K 178/18

Datum:
26.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 23431
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
FGO § 51 Abs. 1 S. 1, § 128 Abs. 2
ZPO § 42 Abs. 2, § 44 Abs. 3, § 45 Abs. 1, § 46 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Instanz mit allen Nebenentscheidungen beendet ist und auch eine Abänderung der Entscheidung nicht mehr in Betracht kommt. (Rn. 7)
2. Wenn das Ablehnungsgesuch unzulässig ist, sind die dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter nicht erforderlich. (Rn. 9)

Tenor

Das Ablehnungsgesuch gegen VRiFG [MM] und RiinFG [TT] wird abgelehnt.

Gründe

I.
Der Senat hat in der Streitsache am Dienstag den 18. Mai 2021 in der Zeit von 13:03 Uhr bis 13:48 Uhr unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht […] (VRiFG MM) und der Berichterstatterin Richterin am Finanzgericht […] (RiinFG TT) mündlich verhandelt und im Anschluss an die mündliche Verhandlung um 13:57 Uhr ein klageabweisendes Urteil verkündet.
Am Vormittag des 19. Mai 2021 haben der Vorsitzende und die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle das Protokoll unterschrieben. Am Vormittag des 19. Mai 2021 hat die Beamtin der Geschäftsstelle dem Kläger auf dessen telefonische Nachfrage mitgeteilt, dass seine Klage vom Senat abgewiesen wurde.
Mit Schreiben vom 20. Mai 2021, das dem Gericht per Telefax am 21. Mai 2021 um 17:23 Uhr übermittelt wurde, hat der Kläger gegen VRiFG MM und RiinFG TT ein Ablehnungsgesuch wegen der Besorgnis der Befangenheit angebracht. Das Ablehnungsgesuch begründete der Kläger unter anderem damit, dass es für ihn nicht wahrnehmbare Abstimmungen zum richterlichen Verhalten zwischen den beiden abgelehnten Richtern und dem weiteren beteiligten Richter […] (RiFG XX) gegeben habe und er als Nichtjurist bei der Formulierung der zu stellenden Anträge nicht unterstützt worden sei (wegen des weiteren Inhalts des Ablehnungsgesuchs wird auf das Schreiben vom 20. Mai 2021 verwiesen).
Der Kläger beantragt,
den VRiFG MM und die RiinFG TT wegen der Besorgnis der Befangenheit von der weiteren Mitwirkung in der Streitsache zu entbinden.
II.
Das Ablehnungsgesuch bleibt ohne Erfolg.
1. Der Senat hat gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 45 Abs. 1, § 46 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) ohne Mitwirkung des VRiFG MM und der RiinFG TT durch Beschluss darüber zu entscheiden, ob ein Grund besteht, der aus Sicht einer Partei die Besorgnis der Befangenheit begründet.
2. Mit der Richterablehnung nach § 51 Abs. 1 FGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO kann nur das Ziel verfolgt werden, den abgelehnten Richter an einer weiteren Tätigkeit in dem betreffenden Verfahren zu hindern. Für ein Gesuch auf Richterablehnung fehlt oder entfällt daher das Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Instanz mit allen Nebenentscheidungen beendet ist und auch eine Abänderung der Entscheidung nicht mehr in Betracht kommt (z.B. Bundesfinanzhof-Beschluss vom 14. Mai 1996 VII B 257/95, BFH/NV 1996, 904). Dagegen ist ein Ablehnungsgesuch auch nach Schluss der mündlichen Verhandlung noch statthaft, solange das Urteil noch nicht wirksam geworden ist (BFH-Beschluss vom 17. Dezember 1996 IX R 1/95, BFH/NV 1997, 582). Denn bis zur Wirksamkeit des Urteils kann das Gericht nach nochmaliger Beratung die aufgrund der mündlichen Verhandlung getroffene Entscheidung aufheben oder ändern und ggf. auch die mündliche Verhandlung wieder eröffnen, damit weiteres Vorbringen der Beteiligten berücksichtigt werden kann (BFH-Beschlüsse vom 6. Juni 2001 X B 169/00, BFH/NV 2001, 1143; vom 12. September 2013 X S. 30, 31/13, BFH/NV 2014, 51; Schoenfeld in Gosch, AO/FGO § 51 FGO Rz. 96 [März 2019]; Leipold in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO/FGO, § 51 FGO Rz. 127 [Jan. 2016]; Gräber/Stapperfend, FGO, 9. Aufl. 2019, § 51 Rz. 29). Ein aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangenes Urteil ist nach § 104 Abs. 1 FGO mit seiner Verkündung wirksam erlassen und danach nicht mehr änderbar (Leipold in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 51 FGO Rz. 127 [Jan. 2016]).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist das Ablehnungsgesuch gegen VRiFG MM und RiinFG TT mangels Rechtsschutzinteresses als unzulässig zurückzuweisen. Das Urteil wurde im Streitfall mit der Verkündung am 18. Mai 2021 wirksam erlassen. Damit ist das Gericht an seine Entscheidung gebunden. Außerdem hat der Vorsitzende bereits am 19. Mai 2021 das Protokoll unterschrieben. Das Ablehnungsgesuch wurde erst nach diesem Zeitpunkt beim Gericht angebracht. Weitere Nebenentscheidungen stehen im Streitfall nicht mehr an.
Da das Ablehnungsgesuch unzulässig war, waren die dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter (§ 51 FGO i.V.m. § 44 Abs. 3 ZPO) nicht erforderlich (Leipold in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 51 FGO Rz. 147 [Jan. 2016]; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 41. Aufl. 2020, § 44 ZPO Rz. 3 m.w.N.).
3. Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 128 Abs. 2 FGO). Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, da das Verfahren über die Richterablehnung ein bloßes Zwischenverfahren darstellt (BFH-Beschluss vom 6. Juli 2005 II R 28/02, BFH/NV 2005, 2027).


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