Steuerrecht

Verspätungszuschlag zur Lohnsteuer

Aktenzeichen  8 K 142/17

Datum:
15.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
EFG – 2019, 587
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
FGO § 33
EStG § 41a Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

II.
Die Klage ist unbegründet.
1. Der Kläger hat die Klage nicht wirksam zurückgenommen. Die Ausführungen des Klägers, insbesondere in seinen Schriftsätzen vom 12., 27. und 30. Juli 2018, lassen die Annahme einer eindeutigen Klagerücknahmeerklärung nicht zu. Der Kläger vertritt darin zwar offenbar die Auffassung, das streitgegenständliche Verfahren sei aufgrund des Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. November 2016 V R 48/15 abgeschlossen. Er verkennt dabei jedoch, dass dieses BFH-Urteil nicht den Streitfall betrifft, weshalb die Ausführungen des Klägers rechtsschutzgewährend (vgl. Herbert in: Gräber, FGO, Rn. 41 vor § 33 FGO) nicht als Klagerücknahmeerklärung auslegbar sind. Auf Hinweis des Gerichts vom 30. Juli 2018 hat der Kläger im Schriftsatz vom 1. August 2018 ebenfalls von einer eindeutigen Rücknahmeerklärung abgesehen und eine solche als „erübrigt“ betrachtet.
2. Der Senat entscheidet in Anbetracht des geringen Streitwerts der Klage gem. § 94a Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung. Die Beteiligten haben dem hierzu ergangenen Hinweis des Gerichts vom 30. Januar 2019 mit ihren Schriftsätzen vom 9. Februar 2019 und 11. Februar 2019 weder widersprochen noch Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
3. Das Finanzamt A ist in der Einspruchsentscheidung vom 4. September 2015 zutreffend vom Vorliegen von Einsprüchen gegen die Festsetzungen von Verspätungszuschlägen zur Lohnsteuer für Februar bis Juni 2015 ausgegangen. Nach dem Inhalt der beim Finanzamt eingegangenen Einspruchsschreiben sollten sich die Einsprüche erkennbar (auch) auf die mit der jeweiligen Lohnsteuerfestsetzung verbundenen Bescheide zur Festsetzung von Verspätungszuschlägen beziehen. Diese Auslegung der Einspruchsschreiben steht überdies insbesondere in Einklang mit dem Erfordernis der Beachtung effektiven Rechtsschutzes.
4. Das Finanzamt A war im Rahmen des Lohnsteuerverfahrens für die Festsetzung der streitigen Verspätungszuschläge örtlich zuständig.
a) Gemäß § 17 AO i.V.m. § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG hat der Arbeitgeber bei dem Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Betriebstätte befindet – dies ist das beklagte Finanzamt -, die Lohnsteueranmeldungen abzugeben. Hiervon abweichend kann eine (an sich örtlich unzuständige) Finanzbehörde gem. § 27 Satz 1 AO die Besteuerung im Einvernehmen mit der Finanzbehörde übernehmen, die nach den Vorschriften der Steuergesetze örtlich zuständig ist, wenn der Betroffene zustimmt.
Anders als die Vorgängervorschrift (§ 78 Abs. 1 der Reichsabgabenordnung -RAO-) setzt § 27 AO ausdrücklich die Zustimmung des Betroffenen voraus (vgl. Bundesfinanzhof – BFH – Urteil vom 13. Dezember 2001 III R 13/00, BStBl II 2002, 406). Die Vorschrift enthält hingegen nicht mehr die Einschränkung des § 78 Abs. 1 RAO, dass die Vereinbarung zwischen den Finanzbehörden zweckmäßig sein muss. Der ursprüngliche Entwurf der AO sah vor, dass eine solche Vereinbarung getroffen werden kann, wenn der Betroffene zustimmt oder wenn dies unter Wahrung der Interessen der Betroffenen der Verwaltungsvereinfachung dient (BT-Drucks. 7/79, S. 22). Auf Vorschlag des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages wurde dann aber in der endgültigen Fassung ausschließlich auf die Zustimmung des Betroffenen abgestellt. Da die Zuständigkeit der Finanzgerichte an die der entscheidenden Finanzbehörde anknüpft, erschien dem Ausschuss eine Zuständigkeitsvereinbarung ohne Zustimmung des Betroffenen im Hinblick auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 des Grundgesetzes (GG) als bedenklich (BT-Drucks. 7/4292, Seite 17; solche Bedenken im Hinblick auf die Vorgängerregelung § 78 RAO später verwerfend: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 31. Januar 1978 2 BvR 535/75, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 1978, Nr. 304). Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurde bei Zustimmung des Betroffenen kein Erfordernis für eine Zweckmäßigkeit gesehen (BT-Drucks. 7/79 i.V.m. BT-Drucks. VI/1982, Seite 108). Insgesamt dient die Möglichkeit der Zuständigkeitsvereinbarung laut den Gesetzesmaterialien der Verwaltungsvereinfachung, weshalb sie laut der im Gesetzgebungsverfahren insoweit unverändert gebliebenen Gesetzesbegründung als Vereinbarung zwischen den beteiligten Finanzbehörden ausgestaltet ist (vergleiche BT-Drucks. 7/79, S. 93 i.V.m. BT-Drs. VI/1982, Seite 108).
Anwendungsfälle der Vorschrift des § 27 AO sind z. B. die Beibehaltung der bisherigen Zuständigkeit bei Wohnsitzverlegung des Steuerpflichtigen für die vorangegangenen Jahre (BT-Drucks. VI/1982, Seite 108) und bei Begründung eines zusätzlichen ausländischen Wohnsitzes (BT-Drucks. 15/1562, Seite 55), die Klarstellung der örtlichen Zuständigkeit, die mehrfache Zuständigkeit (Sunder-Plassmann, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 27 AO Rn 14 m. w. Beispielen) und die Ermöglichung einer Zuständigkeitsregelung bei Amtsangehörigen des zuständigen Finanzamtes (Schmieszek in Beermann/Gosch, AO, Stand: September 2015, § 27 Rn 6).
Mit Wirkung zum 1. Januar 2004 sind durch das Zweite Gesetz zur Änderung steuerrechtlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2645) die Sätze 2 bis 4 in § 27 AO eingefügt worden; danach gilt die Zustimmung des Steuerpflichtigen unter den dort genannten Voraussetzungen als erteilt (FG München, Urteil vom 17. November 2015 14 K 2326/15, EFG 2016, 523).
b) Durch die Erklärungen des Finanzamts B und des beklagten Finanzamts zur Beendigung der Zuständigkeitsvereinbarung ist diese (spätestens) mit Wirkung vom Juli 2014 entfallen, weshalb jedenfalls für die streitgegenständlichen Bescheide die örtliche Zuständigkeit des Finanzamts gemäß § 41a Abs. 1 Satz 1 EStG gegeben war.
aa) Die Aufhebung einer gemäß § 27 AO begründeten Zuständigkeitsvereinbarung bedarf nicht der Zustimmung des Steuerpflichtigen, der dem Abschluss der Zuständigkeitsvereinbarung zwischen den beteiligten Finanzämtern als Betroffener zugestimmt hatte.
Nach dem Wortlaut des § 27 AO setzt eine Zuständigkeitsvereinbarung das Einvernehmen zwischen der örtlich zuständigen und der die Besteuerung übernehmenden Finanzbehörde voraus. Entsprechend der Gesetzesbegründung ist im Wortlaut der Vorschrift verankert, dass die Anwendung des § 27 AO eine Vereinbarung zwischen den beteiligten Finanzbehörden darstellt. Zwar ist im Hinblick auf die oben genannten und im Gesetzgebungsverfahren für erforderlich gehaltenen Anforderungen des Art. 101 GG für den Übergang der örtlichen Zuständigkeit die Zustimmung des Betroffenen erforderlich. Unmittelbar Beteiligter der Zuständigkeitsvereinbarung ist er nach dem – den Steuerpflichtigen insoweit differenzierend ausdrücklich als Betroffenen bezeichnenden – Gesetzeswortlaut gerade nicht. Demgemäß obliegt es alleine den beteiligten Finanzbehörden darüber zu befinden, ob die Zuständigkeit gemäß § 27 AO auf eine andere als die nach den gesetzlichen Grundsätzen an sich örtlich zuständige Behörde übergeht oder – gegebenenfalls auch entgegen der Zustimmung/des Antrags des Steuerpflichtigen – ein Zuständigkeitswechsel unterbleibt. An einen Antrag des Steuerpflichtigen bzw. dessen Zustimmung zur Anwendung des § 27 AO sind die Finanzbehörden nicht gebunden. Nichts Anderes gilt grundsätzlich im Umkehrschluss bei Aufhebung einer bestehenden Zuständigkeitsvereinbarung, die demnach grundsätzlich keiner Zustimmung des Steuerpflichtigen bedarf. Bereits dem Wortlaut nach, wonach die übernehmende Behörde nicht im Wege einer Zuständigkeitsvereinbarung zur örtlich zuständigen Behörde wird, umfasst § 27 AO den Fall einer Aufhebung einer Zuständigkeitsvereinbarung nicht. In diesem Fall erfolgt vielmehr die Rückkehr zur gesetzlich vorgesehenen örtlichen Zuständigkeit, weshalb die im Gesetzgebungsverfahren maßgeblichen Erwägungen, das Abweichen von der gesetzlichen örtlichen Zuständigkeit von der Zustimmung des Steuerpflichtigen abhängig zu machen, für den umgekehrten Fall der Beendigung einer Zuständigkeitsvereinbarung gerade nicht gelten. Die vom Gesetzgeber für relevant erachteten Grundsätze des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 GG werden wegen der Rückkehr zur gesetzlichen örtlichen Zuständigkeit gerade nicht mehr berührt.
Da es sich nach der vom Senat vertretenen Auffassung bei einer Zuständigkeitsvereinbarung nicht um ein Vertrags- bzw. vertragsähnliches Verhältnis zwischen Finanzbehörde und Steuerpflichtigem handelt, sind bei der Frage der Aufhebung der Zuständigkeitsvereinbarung die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-) nicht einschlägig.
bb) Die Zuständigkeitsvereinbarung ist im Streitfall nicht als öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne der §§ 54 ff Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) geschlossen worden. Dies ergibt sich bereits aus der Form der in Streit stehenden Vereinbarung, die mangels Unterschrift des Klägers als Vertragspartner auf der Urkunde nicht §§ 57, 62 Satz 2 VwVfG i. V. m. § 126 BGB entspricht. Die Zuständigkeitsvereinbarung wurde im Streitfall – so wie es das Gesetz in § 27 AO vorsieht – ausschließlich von den jeweiligen Amtsleitern der beteiligten Finanzämter unterzeichnet. Der Kläger war folgerichtig auf der Vereinbarung nicht als Beteiligter vermerkt. Es bedarf daher im Streitfall keiner Entscheidung des Senates zu der Frage, ob ausnahmsweise ein Vertrag der Finanzbehörde mit dem Steuerpflichtigen zulässig gewesen wäre. Ebensowenig bedarf es einer Entscheidung, ob die Beendigung der Zuständigkeitsvereinbarung den Voraussetzungen der Anpassung des Vertragsinhalts eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gemäß § 60 VwVfG entspricht.
Der Kläger konnte im Streitfall auch nicht aus sonstigen Umständen darauf schließen, dass er beim Zustandekommen einer Zuständigkeitsvereinbarung eine einem Vertragspartner vergleichbare Rechtsposition erhält. Vor dem Abschluss der in Streit stehenden Zuständigkeitsvereinbarung waren die Bemühungen des Finanzamts A, mit anderen Finanzämtern eine Zuständigkeitsvereinbarung einzugehen, an deren einseitiger ablehnender Haltung gescheitert; dem Kläger wurde bereits seinerzeit dargelegt, dass er zwar eine Zuständigkeitsregelung anregen/beantragen könne, eine solche aber nur zwischen den beteiligten Finanzbehörden vereinbart werden könne. Der Kläger konnte demnach nicht davon ausgehen, dass ihm ein Anspruch oder eine vergleichbare Rechtsposition auf Abschluss bzw. Fortbestand einer Zuständigkeitsvereinbarung zustünde.
cc) Ob ein Widerruf der Vereinbarung durch eine Finanzbehörde (gegen den Willen des Stpfl.) bei unverändertem Sachverhalt – wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben – nicht zulässig ist (so: Horn in: Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 27 AO Rn. 9; Sunder-Plassmann in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 27 AO Rn. 22) bedarf im Streitfall ebenfalls keiner Entscheidung des Senates. Anlass für die Zuständigkeitsvereinbarung im Jahre 1994 war die Beschäftigung der Ehefrau des Klägers bei dem u. a. für die Lohnsteuerfestsetzung nach § 41a EStG örtlich zuständigen beklagten Finanzamt. Nach der Beendigung des Anstellungsverhältnisses Ende 2001 und dem Eintreten der weiteren im Schreiben des Finanzamts B vom 25. November 2013 erläuterten Umstände ergab sich eine Änderung des die Zuständigkeitsvereinbarung tragenden Sachverhalts, weshalb in der Aufhebung der Zuständigkeitsvereinbarung auf Seiten des Finanzamts kein widersprüchliches Verhalten liegt. Das Verbot des „venire contra factum proprium“ gilt zwar auch im Steuerrecht (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 12. Februar 2015 V R 28/14, BStBl II 2017, 10, unter II.2.c aa). Ein derartiges Verhalten liegt aber nicht vor, wenn der Grund für eine Zuständigkeitsvereinbarung nach § 27 AO – wie hier – bereits vor vielen Jahren entfallen ist; der erkennende Senat teilt insoweit die vom BFH in dem ebenfalls die Beteiligten dieses Rechtsstreits in Sachen Umsatzsteuer betreffenden Urteil vom 30. November 2016 V R 48/15, BFH/NV 2017, 265, vertretene Auffassung.
5. Die vom Finanzamt gemäß § 152 AO festgesetzten streitgegenständlichen Verspätungszuschläge sind rechtmäßig.
Die Festsetzung eines Verspätungszuschlages ist eine Ermessensentscheidung des Finanzamts. Das Finanzgericht hat zunächst uneingeschränkt zu prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen des Verspätungszuschlags vorgelegen haben (BFH-Urteil vom 11. Juni 1997 X R 14/95, BStBl II 1997, 642). Im Übrigen kann das Gericht die Ermessensentscheidung des Finanzamts lediglich im Rahmen des § 102 FGO auf Ermessensfehler wie Ermessensüberschreitung oder Ermessensfehlgebrauch überprüfen. Für die gerichtliche Ermessensüberprüfung sind diejenigen tatsächlichen Verhältnisse maßgebend, die der Behörde im Zeitpunkt der letzten Ermessensausübung bekannt sind (BFH-Urteil vom 26. März 1991 VII R 66/90, BStBl. II 1991, 545).
Gemäß § 152 Abs. 1 Satz 1 AO in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung kann gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden. Von der Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist abzusehen, wenn die Versäumnis entschuldbar erscheint. Gemäß § 152 Abs. 2 Satz 1 AO darf der Verspätungszuschlag 10% der festgesetzten Steuer nicht übersteigen und höchstens 25.000 € betragen. Bei der Bemessung des Verspätungszuschlags sind neben seinem Zweck, den Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Abgabe der Steuererklärung anzuhalten, die Dauer der Fristüberschreitung, die Höhe des sich aus der Steuerfestsetzung ergebenen Zahlungsanspruchs, die aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung gezogenen Vorteile sowie das Verschulden und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen (§ 152 Abs. 2 Satz 2 AO). Steuererklärung im Sinne des § 152 AO ist gemäß § 150 Abs. 1 Satz 3 AO auch die Steueranmeldung.
a) Der Kläger war im Streitfall gemäß § 41a Abs. 1 Satz 1 EStG zur Einreichung monatlicher Lohnsteueranmeldungen verpflichtet.
b) Der Kläger hat die Lohnsteueranmeldungen für den streitigen Zeitraum verspätet eingereicht. Hat der Steuerpflichtige die Erklärung weder auf dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck noch auf einem privaten Formularnachdruck, sondern durch ein einfaches Schreiben abgegeben, so liegt keine gültige Steuererklärung vor; es kann grundsätzlich ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden (Finanzgericht (FG) Nürnberg vom 31. Januar 1990 V 67/89, EFG 1990, 339). Dasselbe gilt, wenn der Steuerpflichtige entgegen seiner Verpflichtung zur Abgabe einer elektronischen Steuererklärung die jeweilige Steuererklärung auf einem Papier-Formular einreicht (BFH-Beschluss vom 15. Dezember 2015 V B 102/15, BFH/NV 2016, 373). Es bedarf daher im Streitfall keiner abschließenden Entscheidung des Senates, ob die beim Finanzamt B – trotz dessen Hinweises, eingehende Schreiben des Klägers nicht mehr an das Finanzamt A weiterzuleiten – in Papierform eingereichten Erklärungen dem amtlichen Vordruck entsprechen; denn der Kläger ist seiner Verpflichtung, die Anmeldungen elektronisch zu übermitteln, nicht nachgekommen, ohne seiner Obliegenheit zu genügen, eine positive Entscheidung des Finanzamts über einen sog. Härtefallantrag im Sinne des § 150 VIII AO auf einen zwischenzeitlichen (befristeten) Dispens von der elektronischen Steuererklärungspflicht zu erwirken.
c) Die verspätete bzw. im Streitfall nicht erfolgte Abgabe der Lohnsteueranmeldungen ist nicht entschuldbar. Das Versäumnis ist regelmäßig dann nicht entschuldbar, wenn die Erklärung wiederholt nicht oder verspätet abgegeben wurde oder eine antragsgemäß bewilligte Fristverlängerung (§ 109 AO) nicht eingehalten wurde (AEAO Nr. 3, BStBl. I 2017, 51 [56]); außerdem dann nicht, wenn der Steuerpflichtige bereits gemahnt worden war oder, wenn er schon in früheren Jahren Verspätungszuschläge erhalten hatte. Defekte EDV-Anlagen sind reparabel oder ersetzbar. Auf den Ausfall von Arbeitskraft oder Technik kann man sich nicht monatelang oder gar jahrelang berufen (vgl. Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 151. Lieferung 02.2018, § 152 AO, Rn. 18).
Im Streitfall haben die Steuerbehörden den Kläger bereits im November 2013 darauf hingewiesen, dass wieder das örtlich zuständige Finanzamt die Besteuerung übernehmen werde. Nach der Bestätigung dieser Entscheidung durch das StMFLH im Oktober 2014 forderte das Finanzamt A den Kläger mit Schreiben vom November 2014 auf, künftig Lohnsteueranmeldungen dort einzureichen und wiederholte diese Aufforderung nochmals für die Lohnsteueranmeldungen ab Februar 2015 mit Schreiben vom 23. Februar 2015. Dem kam der Kläger bislang nicht nach, was er zu vertreten hat. Der Einwand, das Finanzamt A habe das Programm des Klägers „zerstört“, entschuldigt ihn nicht. Der Kläger hätte lediglich – gegebenenfalls unter Zuhilfenahme eines Steuerberaters – die Programmeinstellungen auf die wieder maßgebliche örtliche Zuständigkeit des Finanzamts A anpassen müssen, um eine elektronische Übermittlung zu ermöglichen, zumal das Finanzamt den Kläger mit der Mitteilung der neuen Steuernummer darauf hingewiesen hatte, dass gegebenenfalls entsprechende technische Anpassungen erforderlich wären.
d) Der Höhe nach sind die festgesetzten Verspätungszuschläge rechtmäßig. Sie belaufen sich auf 2,2% bis 8,0% der jeweils festgesetzten Steuer. Innerhalb seiner Ermessensgrenzen ist die Ermessensausübung des Finanzamts nach den obigen Grundsätzen gerichtlich nicht zu beanstanden. Das Finanzamt hat seine Ermessensausübung hinreichend begründet. Auf die zutreffenden Ausführungen in der Einspruchsentscheidung wird verwiesen (§ 105 Abs. 5 FGO).
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
7. Die Revision war zuzulassen, da die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Zuständigkeitsvereinbarung nach § 27 AO entfällt, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).


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