Steuerrecht

Widerruf einer Gaststättenerlaubnis wegen Unzuverlässigkeit

Aktenzeichen  22 ZB 20.363

Datum:
19.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 30426
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GastG § 4 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 2
UStG § 18 Abs. 1
GewO § 35

 

Leitsatz

1. Bei der Beurteilung, ob Steuerrückstände geeignet sind, einen Gewerbetreibenden als unzuverlässig erscheinen zu lassen, darf die Zeitdauer, innerhalb derer der Gewerbetreibende seiner Verpflichtung zur Rückzahlung seiner steuerlichen Rückstände nicht nachgekommen ist, berücksichtigt werden. (Rn. 14 – 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Annahme, dass aus einer erstmals erfolgten Nichteinhaltung einer mit dem Finanzamt geschlossenen Vereinbarung abgeleitet werden muss, dass der Kläger wahrscheinlich auch in Zukunft weder Vereinbarungen noch seine steuerlichen Zahlungsverpflichtungen zuverlässig einhalten werde, begegnet keinen grundlegenden Bedenken.  (Rn. 20 – 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der pauschale Verweis des Klägers auf sein Alter und auf den Umstand, dass er sein Leben lang Einkünfte aus selbstständiger Beschäftigung bezogen habe, reicht nicht aus um darzutun, dass es dem Kläger trotz entsprechender Bemühungen nicht möglich sein sollte, eine abhängige Beschäftigung zu finden. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 16 K 18.4643 2019-11-19 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf einer Gaststättenerlaubnis.
Mit Bescheid vom 3. Juni 2003 erteilte die Beklagte dem Kläger die gaststättenrechtliche Erlaubnis für den Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft.
Auf ein Schreiben des Finanzamts M. vom 7. Dezember 2017, welches insbesondere auf Steuerrückstände des Klägers in Höhe von 47.312,15 Euro hinwies, leitete die Beklagte ein Gewerbeuntersagungsverfahren und in der Folge ein Verfahren zum Widerruf der dem Kläger erteilten gaststättenrechtlichen Erlaubnis ein.
Mit Bescheid vom 31. August 2018 widerrief die Beklagte nach Anhörung die gaststättenrechtliche Erlaubnis gem. § 15 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG (Nr.1.). Die Einstellung des Gaststättenbetriebs wurde angeordnet. Für die Abwicklung des Gaststättenbetriebs wurde eine Frist bis zum Ablauf des vierzehnten Tages nach Bestandskraft des Bescheides eingeräumt (Nr. 2). Für den Fall der Nichtbeachtung der Einstellungsanordnung wurde die Schließung der Gaststätte im Wege des unmittelbaren Zwangs angedroht (Nr. 3). Zur Begründung des Widerrufs wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG, § 35 GewO unzuverlässig sei. Beim Finanzamt M. bestünden noch Steuerrückstände von etwa 6.600 Euro, beim Kassen- und Steueramt der Beklagten nach Angaben des Klägers von etwa 5.000 Euro. Zwar seien beim Kläger Bemühungen zu erkennen, die bestehenden Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Finanzamt und der Beklagten abzubauen, sie schienen jedoch weder freiwillig noch erfolgversprechend. Eine am 8. August 2018 mit den Finanzamt M. geschlossene Ratenzahlungsvereinbarung sei bereits am 10. August 2018 mangels Anmeldung und Bezahlung der Umsatzsteuer für Juli 2018 durch den Kläger nicht mehr eingehalten worden und damit hinfällig. Eine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Kassen- und Steueramt der Beklagten liege noch immer nicht vor. Ein Nachweis über die Abgabe der Vermögensauskunft sei bisher ebenfalls nicht vorgelegt worden.
Der Kläger erhob gegen den Bescheid Klage zum Verwaltungsgericht München. Mit Urteil vom 19. November 2019, dem Klägerbevollmächtigten zugestellt am 14. Januar 2020, wies das Verwaltungsgericht die Klage ab.
Mit am 5. Februar 2020 beim Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 3. Februar 2020 beantragte der Kläger die Zulassung der Berufung. Er begründete diesen Antrag mit Schriftsatz vom 10. März 2020, eingegangen beim Verwaltungsgerichtshof am 11. März 2020, und machte ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend.
Die Beklagte beantragte,
den Antrag auf Zulassung der Berufung abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Aus den Darlegungen in der Antragsbegründung des Klägers (vgl. zu deren Maßgeblichkeit § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) ergibt sich nicht, dass die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung vorliegen.
1. Die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor.
Solche ernstlichen Zweifel bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – juris Rn. 15; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – juris Rn. 9). Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 62f.).
1.1 Der Kläger hält dem Verwaltungsgericht vor, verkannt zu haben, dass es für die Feststellung der Voraussetzungen des unbestimmten Rechtsbegriffs der Zuverlässigkeit auf den Gesamteindruck des Verhaltens ankomme, aus dem der Schluss gezogen werden müsse, dass der Gewerbetreibende seine Gaststätte künftig nicht ordnungsgemäß betreiben werde (Antragsbegründung, S. 6). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich hieraus nicht. Der Begriff der (Un-) Zuverlässigkeit in § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG stimmt mit demjenigen des § 35 Abs. 1 GewO überein (vgl. BVerwG, B.v. 10.1.1996 – 1 B 202.95 – juris Rn. 5; B.v. 23.9.1991 – 1 B 96.91 – juris Rn. 4). Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird (vgl. etwa BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 13.7.2017 – 22 C 17.1016 – juris Rn. 8; jeweils m.w.N.). Diese Grundsätze hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt (UA, Rn. 11 f.). Sodann hat das Verwaltungsgericht im Einzelnen ausgeführt, dass und weshalb die negative Prognose der Beklagten betreffend die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers jedenfalls in einer Gesamtschau gerechtfertigt ist (UA, Rn.14 ff.).
1.2 Der Kläger wendet ein (Antragsbegründung, S. 6 f.), das Verwaltungsgericht stütze die Bewertung der Unzuverlässigkeit lediglich auf Steuerrückstände. Im Ergebnis leite das Verwaltungsgericht die Unzuverlässigkeit allein aus dem Tilgungsverhalten gegenüber den Steuergläubigern ab; außer Acht bleibe, dass Vollstreckungsmaßnahmen anderer Gläubiger nicht vorlägen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich hieraus nicht.
Nach ständiger Rechtsprechung sind Steuerrückstände geeignet, einen Gewerbetreibenden als unzuverlässig erscheinen zu lassen, wenn sie sowohl ihrer absoluten Höhe nach als auch im Verhältnis zur Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden von Gewicht sind (vgl. etwa BVerwG, B.v. 9.4.1997 – 1 B 81.97 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 27.1.2014 – 22 BV 13.260 – juris Rn. 16). Diese Voraussetzungen hat das Verwaltungsgericht (UA, Rn. 15) vorliegend angenommen. Substantiierte Einwände gegen diese Beurteilung sind der Antragsbegründung nicht zu entnehmen. Insbesondere hat der Kläger nicht aufgezeigt, dass die Annahmen des Verwaltungsgerichts hinsichtlich seiner steuerlichen Rückstände und hinsichtlich des Verhältnisses der Rückstände zur Wirtschaftskraft des Gewerbes unzutreffend gewesen sind. Vielmehr hat er selbst (Antragsbegründung, S. 8) für den Zeitpunkt des Bescheiderlasses Rückstände von etwa 9.000 Euro aus Einkommen- und Gewerbesteuer angeführt; es ist nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht, welches auch auf die Gründe des angefochtenen Bescheids gem. § 117 Abs. 5 VwGO Bezug genommen hat, zu Lasten des Klägers von höheren Rückständen ausgegangen wäre (vgl. UA, Rn. 15).
Die Einwände des Klägers, bei Bescheiderlass habe es „gerade noch“ Steuerrückstände in Höhe von 9.000 Euro gegeben (Antragsbegründung, S. 8), bzw., „die noch verbliebenen Steuerrückstände mit insgesamt 9.000 Euro“ seien „bewältigbar“ gewesen (Antragsbegründung, S. 11), bleiben unsubstantiiert, zumal sich der Kläger für die Rückzahlbarkeit dieses Betrags auf Zahlungsansprüche gegen Dritte beruft, die er nicht realisieren konnte (vgl. Antragsbegründung, S. 11).
Das Verwaltungsgericht hat ferner zu Recht unter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen Bescheids gem. § 117 Abs. 5 VwGO (UA, Rn. 9) die bei steuerlichen Rückständen beachtliche Zeitdauer, während derer der Gewerbetreibende seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist (vgl. BVerwG, B.v. 9.4.1997 – 1 B 81.97 – juris Rn. 5), zu Lasten des Klägers berücksichtigt, insbesondere, dass beim Kläger gegenüber dem Finanzamt seit 31. August 2017 durchgehend Rückstände bestanden (S. 7 des Bescheids). Substantiierte Einwände gegen diese Feststellung lassen sich der Antragsbegründung ebenfalls nicht entnehmen. Des Hinzutretens von Forderungen oder gar Vollstreckungsmaßnahmen weiterer, insbesondere privater Gläubiger bedurfte es vor diesem Hintergrund nicht.
Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht im Rahmen der von ihm vorgenommenen Gesamtschau durchaus berücksichtigt, dass der Kläger erhebliche Anstrengungen unternommen und einen großen Teil seiner Rückstände beim Finanzamt und beim Kassen- und Steueramt der Beklagten bezahlt habe (UA, Rn. 15). Das Verwaltungsgericht hat jedoch maßgeblich darauf abgestellt, dass immer noch Rückstände bestanden haben, die sowohl nach ihrem absoluten Betrag wie auch im Verhältnis zur Wirtschaftskraft des Klägers erheblich erschienen; ferner hat es den Zeitraum der Nichterfüllung steuerlicher Pflichten berücksichtigt. Die Berücksichtigung dieser Kriterien entspricht – wie ausgeführt – ständiger Rechtsprechung. Des weiteren war für das Verwaltungsgericht (a.a.O.) nicht ersichtlich, dass im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Klägers nachhaltig überwunden gewesen wären und es in Zukunft nicht zu neuen Rückständen bei den Steuerbehörden kommen würde. Mit diesen Erwägungen setzt sich die Antragsbegründung nicht in einer den Darlegungserfordernissen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechenden Weise auseinander. Soweit der Kläger mehrfach (Antragsbegründung, S. 5, S. 9) darauf verweist, seine Steuerrückstände getilgt zu haben, betrifft dies Umstände, die erst nach Bescheiderlass eingetreten und daher für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids nicht maßgeblich sind.
1.3 Zu Unrecht bemängelt der Kläger (Antragsbegründung, S. 6), das Verwaltungsgericht habe ohne näheren Nachweis seine Leistungsunfähigkeit unterstellt. Soweit das Verwaltungsgericht vom „Unzuverlässigkeitsgrund der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit“ (UA, Rn. 16) ausgegangen ist, steht dies im Kontext mit seinen Erwägungen zu den steuerlichen Rückständen des Klägers, der fehlenden Annahme einer nachhaltigen Überwindung seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten sowie zur Erwartbarkeit des Entstehens neuer Rückstände bei den Steuerbehörden (vgl. zum Zusammenhang zwischen Steuerschulden und Leistungsunfähigkeit BayVGH, B.v 5.11.2014 – 22 ZB 14.2221 – juris Rn. 18; Marcks in Landmann/Rohmer, GewO, Stand Februar 2020, § 35 Rn. 49).
Zutreffend ist das Verwaltungsgericht (UA, Rn. 16) daher davon ausgegangen, dass die im Falle des Klägers zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses erreichte Verringerung der Steuerschuld nur dann Ausdruck einer hinreichenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wäre, wenn der Kläger zahlungswillig gewesen wäre und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept gearbeitet hätte (vgl. BayVGH, B.v 5.11.2014 – 22 ZB 14.2221 – a.a.O.; OVG NRW, B.v. 18.5.2020 – 4 A 1558/19 – juris Rn. 7 ff. m.w.N.)
Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass zumindest Letzteres hier nicht vorliegt. Es hat hierzu ausgeführt (UA, Rn. 17), der Kläger habe die mit dem Finanzamt am 8. August 2018 geschlossene Vereinbarung nicht tatsächlich und konsequent umgesetzt, sondern er habe bei erster Gelegenheit die Bedingungen verletzt, unter denen vom Finanzamt Vollstreckungsaufschub gewährt worden sei. Zudem sei mit dem Kassen- und Steueramt der Beklagten keine Zahlungsvereinbarung abgeschlossen worden.
Ohne Erfolg wendet der Kläger ein (Antragsbegründung, S. 5), es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Vereinbarung mit dem Finanzamt, dessen Zuleitungsschreiben vom 8. August 2018 datiere, bereits am 10. August 2018 nicht eingehalten worden sein solle, da lediglich eine wöchentliche Ratenzahlung vorgegeben gewesen sein. Denn der unter dem 10. August 2018 mit dem Finanzamt M. vereinbarte Vollstreckungsaufschub (Bl. 120 – 122 Behördenakt) beinhaltete nicht nur eine „ab sofort“ bestehende Verpflichtung des Klägers zu wöchentlichen Teilzahlungen in Höhe von 200 Euro (Nr. 1 der Vereinbarung), sondern unter anderem auch die Verpflichtung zur jeweils pünktlichen Entrichtung der laufend fällig werdenden Abgaben sowie zur Erfüllung der laufenden steuerlichen Erklärungs- und Anmeldungspflichten (Nrn. 2 und 3 der Vereinbarung). Auf letztgenannte Verpflichtungen bezieht sich die Information des Finanzamts M. vom 17. August 2018 (Bl. 127 f. Behördenakt) an die Beklagte, wonach der Kläger bis zum 10. August 2018 die laufende Umsatzsteuer 07/2018 hätte anmelden und bezahlen müssen (vgl. § 18 Abs. 1 UStG), was bisher nicht erfolgt sei. Im Übrigen war die sich aus Nr. 1 der Vereinbarung vom 8. August 2018 ergebende Wochenfrist für Ratenzahlungen im Zeitpunkt der Mitteilung des Finanzamts M. an die Beklagte bereits verstrichen. Der Antragsbegründung sind keine Darlegungen des Klägers dahingehend zu entnehmen, dass er sämtlichen Verpflichtungen aus der Vereinbarung vom 8. August 2018 fristgerecht nachgekommen sei. Insofern ist die Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Kläger habe das mit dem Finanzamt abgestimmte Sanierungskonzept nicht tatsächlich und konsequent umgesetzt (UA, Rn. 17), im Ergebnis zutreffend. Demzufolge begegnet auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass aus der bei erster Gelegenheit erfolgten Nichteinhaltung der mit dem Finanzamt geschlossenen Vereinbarung abgeleitet werden musste, dass der Kläger wahrscheinlich auch in Zukunft weder Vereinbarungen noch seine steuerlichen Zahlungsverpflichtungen zuverlässig einhalten werde (UA, Rn. 18), keinen Bedenken. Dies gilt umso mehr, als die Gewerbebehörde und das Finanzamt dem Kläger nach Einleitung des Gewerbeuntersagungsverfahrens im Dezember 2017 vergeblich über einen längeren Zeitraum und wiederholt Gelegenheit gegeben hatten, ein tragfähiges Sanierungskonzept vorzulegen und insbesondere eine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Finanzamt abzuschließen (vgl. UA, Rn. 17).
Davon abgesehen hat das Verwaltungsgericht (a.a.O.) nicht nur auf die Nichteinhaltung der mit dem Finanzamt abgeschlossenen Vereinbarung, sondern auch darauf abgestellt, dass der Kläger mit dem Kassen- und Steueramt der Beklagten mangels Beibringung von Unterlagen keine Zahlungsvereinbarung abgeschlossen habe. Mit dieser Erwägung setzt sich die Antragsbegründung nicht auseinander.
1.4 Soweit der Kläger (Antragsbegründung, S. 11 f.) vorbringt, angesichts seines Zahlungsverhaltens wäre zu erwarten gewesen, dass er seine Steuerschuld in Zukunft, wenn auch stockend, zurückführen werde, bestanden hierfür angesichts des vorstehend Ausgeführten im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses keine zureichenden Anhaltspunkte.
Angesichts dessen wendet der Kläger auch vergebens ein, sein „zu bewältigendes Forderungsvolumen“ habe keine Veranlassung zur Annahme gegeben, dass er zu einer Gefahr für die Allgemeinheit werde; denn nur die öffentliche Hand sei gegen ihn vorgegangen (Antragsbegründung, S. 9). Der Einwand greift deshalb nicht, weil das Widerrufsverfahren nicht die Befriedigung der Gläubigerinteressen der Finanzbehörde bezweckt; vielmehr ist es ausschließlich Ziel dieses Verfahrens, Gewerbetreibende vom Wirtschaftsverkehr fernzuhalten, die wegen der Besorgnis einer nicht ordnungsgemäßen Gewerbeausübung eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen (vgl. BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 52.78 – juris Rn. 18).
1.5 Die Darlegung des Klägers geht auch nicht darauf ein, dass das Verwaltungsgericht die am 17. Januar 2018 erfolgte Eintragung in das Vollstreckungsportal betreffend die Nichtabgabe der Vermögensauskunft (vgl. § 882c Abs. 1 Nr. 1 ZPO) zu Lasten des Klägers berücksichtigt hat (UA, Rn. 19). Aus diesem Eintrag ergibt sich die Weigerung des Klägers, durch Abgabe der eidesstattlichen Versicherung seinen Gläubigern den notwendigen Überblick über seine Vermögensverhältnisse zu verschaffen, was mit den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung nicht zu vereinbaren ist und die Annahme rechtfertigt, dass der Kläger nicht nur leistungsunwillig, sondern auch leistungsunfähig ist (vgl. BayVGH, B.v. 19.2.2009 – 22 ZB 09.218 – juris Rn. 2). Ohne Erfolg macht der Kläger auch geltend (Antragsbegründung, S. 4), Vollstreckungsmaßnahmen nicht widersprochen zu haben. Denn eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung erfordert, Schulden bei öffentlichen Kassen von sich aus zu tilgen und es zu Vollstreckungsmaßnahmen möglichst gar nicht erst kommen zu lassen (vgl. BayVGH, B.v. 17.4.2012 – 22 ZB 11.2845 – juris Rn. 24 m.w.N.).
1.6 Der Kläger verweist auf eine „außerordentliche Sonderlage“ (vgl. Antragsbegründung, S. 7) und führt insoweit einen sechsstelligen Schaden an, den er durch einen von einem Dritten vorgenommenen fehlerhaften Einbau von Bodenbelägen in seine Tennisanlage erlitten habe. Hierfür habe er keine Versicherungsleistungen erhalten; hinsichtlich einer Schadensersatzforderung sei ein zivilgerichtliches Verfahren noch anhängig (vgl. z.B. Antragsbegründung, S. 2 f., S. 4, S. 6). Ferner seien seine Steuerrückstände für ihn wegen der Beauftragung eines Steuerberaters überraschend gewesen (Antragsbegründung, S. 3 f.). Gleichwohl habe sich der Kläger im Rahmen des in dieser Phase limitierten wirtschaftlichen Handlungsspielraums erfolgreich bemüht, seinen Verpflichtungen nachzukommen (Antragsbegründung, S. 7). Dem Kläger sei auch keine vorsätzliche Steuerpflichtverletzung angelastet worden (Antragsbegründung, S. 4). Dieses Vorbringen stellt die Annahme einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers ebenfalls nicht ernstlich in Frage. Die vom Kläger geltend gemachte „außerordentliche Sonderlage“ vermag nicht zu erklären, weshalb der Kläger z.B. keine Ratenzahlung geleistet und auch im Übrigen kein tragfähiges Sanierungskonzept vorgelegt hat; sie kann auch die o.g. Bedenken gegen seine Leistungswilligkeit nicht ausräumen. Angesichts dessen war bei Bescheiderlass nicht erkennbar, dass beim Kläger trotz objektiv gegen eine künftige Zuverlässigkeit sprechender Tatsachen die (vergangenen oder aktuellen) persönlichen Gründe eine positive Prognose rechtfertigen (vgl. dazu BayVGH, B.v. 13.7.2017 – 22 C 17.1016 – juris Rn. 8).
1.7 Der Kläger macht weiter geltend (Antragsbegründung, S. 9 ff.), der Begriff der Unzuverlässigkeit sei auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit auszulegen. Vorliegend bedeute die Durchsetzung der Untersagungsverfügung die Vernichtung seiner Existenzgrundlage bzw. derjenigen seiner Familie. In diesem Zusammenhang verweist er auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (U.v. 5.11.2019 – 1 BvL 7/16). Auch hieraus ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils.
Zwar kann ein den gesetzlichen Anforderungen entsprechender Widerruf einer Gaststättenerlaubnis in extremen Ausnahmefällen unverhältnismäßig sein (vgl. BayVGH, B.v. 15.1.2008 – 22 CS 07.2982 – juris Rn. 7; BVerwG, B.v. 9.3.1994 – 1 B 33.94 – juris Rn. 3). Jedoch ist vorliegend mit dem zwar wiederholten, jedoch pauschalen klägerischen Vortrag, seine Existenz bzw. die seiner Familie werde vernichtet, nichts dafür dargelegt, dass es sich um einen solchen Ausnahmefall handeln würde (vgl. BayVGH, B.v. 19.12.2017 – 22 ZB 17.2341 – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 15.1.2008 – 22 CS 07.2982 – juris Rn. 7; BVerwG, B.v. 16.12.1987 – 1 B 144.87 – juris, Ls). Dass es dem Kläger nicht zumutbar wäre, sich um eine abhängige Beschäftigung zu bemühen und auf diese Weise den Lebensunterhalt seiner Familie zu sichern (vgl. BayVGH, B.v. 1.10.2012 – 22 ZB 12.787 – juris Rn. 21), ist nicht erkennbar. Der pauschale Verweis des Klägers auf sein Alter und auf den Umstand, dass er sein Leben lang Einkünfte aus selbstständiger Beschäftigung bezogen habe (Antragsbegründung, S. 13), reicht nicht aus um darzutun, dass es dem Kläger trotz entsprechender Bemühungen nicht möglich sein sollte, eine abhängige Beschäftigung zu finden.
Dass das vom Kläger zitierte Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 2019 (1 BvL 7/16) eine andere Beurteilung erfordern würde, ist nicht hinreichend dargetan. Diese Entscheidung betrifft die Zulässigkeit der Minderung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aufgrund der Verletzung von Mitwirkungsanforderungen nach dem SGB II nach Maßgabe der verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung staatlicher Grundsicherungsleistungen. Zu den Voraussetzungen einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit oder zu der hierzu ergangenen Rechtsprechung verhält sich die Entscheidung nicht. Den vom Kläger (Antragsbegründung, S. 9 ff.) letztlich allein thematisierten Verhältnismäßigkeitserwägungen wird – auch und gerade unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten – bereits durch die angeführte Rechtsprechung zur Berücksichtigung extremer Ausnahmefälle Rechnung getragen (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.1982 – 1 C 124.80 – juris Rn. 24). Für einen solchen Ausnahmefall ist jedoch – wie ausgeführt – klägerseits nichts substantiiert dargelegt.
2. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gem. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist ebenfalls nicht dargelegt bzw. liegt nicht vor.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn eine Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerwG, B.v. 16.11.2010 – 6 B 58.10 – juris Rn. 3).
Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechenden Weise darzulegen, muss der Rechtsmittelführer (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, (2.) ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist, (3.) erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist und (4.) darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 72). Dem wird das Vorbringen des Klägers nicht gerecht.
2.1 Der Kläger formuliert (Antragsbegründung, S. 12 f.) keine konkrete, klärungsbedürftige Rechtsfrage, sondern beschränkt sich auf die stichpunktartige Benennung mehrerer aus seiner Sicht klärungsbedürftiger „rechtlicher Gesichtspunkte“. Im Übrigen ergeben sich aus seinen Ausführungen keine fallübergreifend grundsätzlich klärungsbedürftigen Tatsachen- oder Rechtsfragen; im Einzelnen:
2.1.1 Der Kläger erachtet die „Bedeutung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts“ (U.v. 5.11.2019 – 1 BvL 7/16) „im Hinblick auf die Auslegung des Begriffs der ‚Zuverlässigkeit‘ sowie ‚Schranken der Untersagung eines Gewerbebetriebs für den Fall, dass der Staat alleiniger Gläubiger ist und die Existenzvernichtung die Folge der Untersagung ist‘“ für klärungsbedürftig. Die für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG anzuwendenden Maßstäbe, insbesondere im Hinblick auf Steuerrückstände des Gewerbetreibenden und den Zweck des Widerrufsverfahrens, sind jedoch in der Rechtsprechung seit langem geklärt (vgl. oben 1.1, 1.2 und 1.4); geklärt ist ferner, dass sich aus dem Übermaßverbot in extremen Ausnahmefällen Schranken ergeben können (vgl. oben 1.7). Der Kläger setzt sich mit dieser Rechtsprechung nicht auseinander und zeigt nicht näher auf, inwieweit diese im Hinblick auf die von ihm genannte – die gewerberechtliche Zuverlässigkeit nicht betreffende – Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einer Fortentwicklung oder Korrektur bedarf.
Im Übrigen ist die Entscheidungserheblichkeit der vom Kläger angesprochenen Problematik nicht dargetan. Eine Existenzvernichtung des Klägers (vgl. Antragsbegründung, S. 14) hat das Verwaltungsgericht nicht festgestellt; vielmehr hat es – im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats – ausgeführt (UA, Rn. 20), es bleibe dem Kläger unbenommen, seinen Lebensunterhalt durch eine abhängige Beschäftigung zu sichern. Diese Erwägung wurde durch den Kläger – wie ausgeführt (vgl. oben 1.7) – nicht substantiiert in Frage gestellt.
2.1.2 Ebenfalls keine Rechtsgrundsätzlichkeit i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt vor, soweit der Kläger (Antragsbegründung, S. 13, S. 14 f.) die „Auslegungsrelevanz nachwirkenden Verhaltens des von der Untersagungsverfügung betroffenen Gewerbetreibenden“ für klärungsbedürftig hält. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines auf § 15 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG gestützten Widerrufs der Erlaubnis zum Betrieb eines Gaststättengewerbes auf den Zeitpunkt des Bescheiderlasses ankommt (BVerwG, B.v. 25.1.1994 – 1 B 212.93 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 2.7.2014 – 22 CS 14.1186 – juris Rn. 10; jeweils m.w.N.).
Die vom Kläger angestellten Überlegungen zu § 35 Abs. 6 GewO sind für den hier zu beurteilenden Widerruf einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis gem. § 15 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG nicht von Relevanz. Bei einem solchen Widerruf ist der Zeitpunkt des Bescheiderlasses schon deshalb maßgeblich, weil es sich bei dem Widerruf anders als bei einer Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO nicht um einen Dauerverwaltungsakt handelt, sondern er als rechtsgestaltender Verwaltungsakt seine Gestaltungswirkung sogleich mit seinem Erlass voll entfaltet. Das Verbot, die Gaststätte weiter zu betreiben, ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung, derzufolge das Gaststättengewerbe nur von Inhabern einer Erlaubnis betrieben werden darf (vgl. zur Abgrenzung zu § 35 Abs. 1, Abs. 6 GewO ausführlich BayVGH, B.v. 16.8.2012 – 22 ZB 12.949 – juris Rn. 15 ff.).
2.2 Aus den vom Kläger (Antragsbegründung, S. 15, unter 2.5) formulierten Fragen, „ob dann, wenn allein der Staat Gläubiger eines Gewerbetreibenden ist, es tatsächlich nicht darauf ankommt, welche Ursachen für die Zahlungsschwierigkeiten vorliegen“, sowie, „ob eine Abstufung vorzunehmen ist, je nachdem, in welchem Umfang Steuerschulden vorliegen“, ergibt sich ebenfalls kein rechtsgrundsätzlicher Klärungsbedarf. Den Darlegungen des Klägers lässt sich nicht entnehmen, weshalb für die ungünstige „Zuverlässigkeitsprognose“ zwischen der öffentlichen Hand als Gläubiger des Gewerbetreibenden und privaten Gläubigern grundsätzlich unterschieden werden sollte.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 47, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. der Empfehlung in Nr. 54.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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