Steuerrecht

Zinsen zur Gewerbesteuer

Aktenzeichen  M 10 S 18.4594

Datum:
13.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 32279
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GewStG § 5

 

Leitsatz

Zur Anfechtung eines gegen eine nicht existente Gesellschaft gerichteten Bescheides. (Rn. 15 – 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Haftungsbescheid vom 17. Juli 2018 wird angeordnet.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 28,75 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen einen Bescheid über Zinsen zur Gewerbesteuer.
Mit Bescheid vom 5. Juli 2018 hat die Antragsgegnerin Gewerbesteuerzinsen für das Jahr 2016 in Höhe von 115 € festgesetzt. Als Adressat und Abgabenschuldner ist eingetragen: „Firma … Dr. G.. GBR“.
Mit Schreiben vom 17. Juli 2018 hat der Bevollmächtigte des Antragstellers bei der Antragsgegnerin die Aussetzung der Vollziehung beantragt und „Einspruch“ eingelegt.
Am 14. September 2018 hat der Bevollmächtigte des Antragstellers beim Bayerischen Verwaltungsgericht München sinngemäß beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 17. Juli 2018 anzuordnen.
Zur Begründung wird ausgeführt: die Aussetzung der Vollziehung werde gemäß dem Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 25. April 2018, welcher auch im vorliegenden Fall zutreffe, gewährt.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird ausgeführt: der Bescheid über die Zinsen zur Gewerbesteuer sei aufgrund der derzeit geltenden Rechtslage rechtmäßig ergangen. Die bisherige Rechtsprechung halte an der Rechtmäßigkeit des Zinssatzes in Höhe von 0,5% fest. Die Finanzbehörden der Länder hätten sich mit dem Bundesfinanzministerium angesichts des Beschlusses des Bundesfinanzhofs vom 25. April 2018 sowie der anhängigen Verfassungsbeschwerden abgestimmt, für Zinszeiträume ab dem 1. April 2015 Aussetzung der Vollziehung zu gewähren. Die Vorgaben dieses Schreibens seien für die kommunale Ebene nicht binden. Die Handlungsempfehlungen des Deutschen Städtetages vom 30. Mai 2018 laute, eine Aussetzung der Vollziehung im Regelfall nicht zu gewähren, es sei denn, es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes oder die Vollziehung bedeute eine unbillige Härte. Seitens der Finanzverwaltung und der Antragsgegnerin werde die Verfassungsmäßigkeit der bestehenden Rechtslage nicht angezweifelt.
Mit Schreiben vom 17. Oktober 2018 hat das Gericht darauf hingewiesen, dass der streitgegenständliche Bescheid an eine „Firma … Dr. G.. GBR“ inhaltlich gerichtet ist, Klägerin jedoch das Labor Dr. … & Partner ist. Auf die gerichtliche Anfrage, ob eine G. GbR existiere, hat der Antragsteller mit Schreiben vom 8. November 2018 mitgeteilt, die korrekte Bezeichnung sei Labor Dr. … & Partner. Die Antragsgegnerin hat nichts Gegenteiliges mitgeteilt.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist auch in der Sache begründet und hat daher Erfolg.
Der Antrag ist zulässig, insbesondere hat der Antragsteller den Anforderungen des § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO entsprechend einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei der Antragsgegnerin gestellt. Auch liegt die Antragsbefugnis entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO vor, auch wenn der Antragsteller nicht Inhaltsadressat des angegriffenen Bescheids ist und der Bescheid daher keine Zahlungspflicht für den Antragsteller auslöst. Denn durch die Adressierung an die Adresse des Antragstellers sowie die missverständliche Bezeichnung des Schuldners entsteht zumindest der Rechtsschein einer Zahlungsverpflichtung. Gegen diesen muss sich der Antragsgegner aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) gerichtlich wehren können. Sein Antrag ist daher zulässig.
Der Antrag ist auch in der Sache begründet.
Die grundsätzlich mit Widerspruch und Anfechtungsklage verbundene aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO) tritt kraft Gesetzes nicht ein, wenn ein Verwaltungsakt die Anforderung von öffentlichen Abgaben betrifft (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO).
Das Gericht der Hauptsache kann jedoch die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage durch Beschluss anordnen (§ 80 Abs. 5 VwGO), was in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO dann zu geschehen hat, wenn die Vollziehung für den Pflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte oder wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel sind anzunehmen, wenn die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides so erheblichen Bedenken begegnet, dass eine Aufhebung oder Abänderung im Hauptsacheverfahren mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann.
Im vorliegenden Fall wird der Widerspruch voraussichtlich erfolgreich sein. Der Bescheid vom 5. Juli 2018 richtet sich an eine nicht existente Gesellschaft und bestimmt daher die falsche Schuldnerin. Nach § 5 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 GewStG ist Steuerschuldner der Unternehmer. Als Unternehmer gilt, für wessen Rechnung das Gewerbe betrieben wird. Ist die Tätigkeit einer Personengesellschaft Gewerbebetrieb, so ist Steuerschuldner die Gesellschaft. Nachdem laut Angabe des Antragstellers und bestätigenden Recherchen im Internet eine „Firma … Dr. G. GbR“ nicht existiert, kann sie nicht Schuldnerin etwaiger Gewerbesteuerforderungen bzw. Zinsen sein.
Es kann dem Bescheid auch nicht etwa durch Auslegung entnommen werden, dass der Antragsteller als Schuldner gemeint gewesen wäre. Denn sowohl der Name als auch die Rechtsform unterscheiden sich erheblich. Nach Auslegung auch aus dem objektiven Empfängerhorizont ist unklar, ob es sich um ein medizinisches Labor handelt oder um eine Arztpraxis. Allein die Übereinstimmung des Namens eines Beteiligten genügt für eine solche Auslegung nicht, zumal durchaus möglich wäre, dass eine natürliche Person eine Arztpraxis und ein Labor betreibt.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 5. Juli 2018 ist daher begründet.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


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