Steuerrecht

Zweitwohnungssteuer bei Mischnutzung

Aktenzeichen  Au 6 K 15.1165

Datum:
5.10.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayKAG BayKAG Art. 3 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 Nr. 3a
AO AO § 91 Abs. 1, § 126 Abs. 1 Nr. 3, § 126 Abs. 2
BayAGVwGO BayAGVwGO Art. 15 Abs. 1 S. 1, Abs. 3
VwGO VwGO § 68 Abs. 1 S. 1, § 75
BGB BGB § 191
GG GG Art. 14, Art. 105 Abs. 2a

 

Leitsatz

Für das “Innehaben” einer Wohnung im steuerrechtlichen Sinne genügt es, wenn die Wohnung vom Inhaber für den eigenen oder den Bedarf seiner Angehörigen vorgehalten wird, also die Möglichkeit der Eigennutzung besteht. Der Zweitwohnungsinhaber kann die Vermutung, dass er die Zweitwohnung in steuerrechtlich relevanter Weise innehat, u.a. dadurch widerlegen, dass er nachweist, die Wohnung zur Vermietung an eine Agentur übertragen zu haben.  (redaktioneller Leitsatz)
Wird die Zweitwohnung nur in einem bestimmten Zeitraum im Jahr vom Inhaber genutzt und im Übrigen zur Kapitalanlage durch Vertrag einer Agentur zwecks Vermietung übertragen (= Mischnutzung), ist die Heranziehung zum vollen Jahresbetrag der Zweitwohnungsteuer unangemessen, wenn schon zu Beginn des Steuerjahres eindeutig feststeht, dass die Eigennutzungsmöglichkeit nur einen erheblich geringeren zeitlichen Umfang als ein Jahr haben kann (ebenso VGH München BeckRS 2016, 47749).  (redaktioneller Leitsatz)
Bei der Ausgestaltung der anteiligen Reduktion der Zweitwohnungsteuer genießt die Kommune einen gewissen Spielraum. So muss sich der Zeitraum der Eigennutzungsmöglichkeit nicht rechnerisch exakt in der Besteuerung widerspiegeln, sondern kann auch tatsächlich kürzer als die besteuerte Nutzungsmöglichkeit sein. Eine darüberhinausgehende inhaltliche Vorgabe des Nutzungszeitraums ist jedoch unverhältnismäßig. Dies gilt etwa für eine Bestimmung, nach der die Eigennutzung immer einen zusammenhängenden Zeitraum umfassen muss.    (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Bescheid des Beklagten vom 9. April 2015 wird aufgehoben, soweit darin eine höhere Zweitwohnungssteuer für das Jahr 2015 und Folgejahre als 162,50 Euro jährlich festgesetzt wird.
II.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Entscheidungsgründe:
Die Klage auf Aufhebung des Bescheids vom 9. April 2015 ist erfolgreich und führt zur Aufhebung des angefochtenen Bescheids im beantragten Umfang.
I.
Die Klage ist zulässig, insbesondere bedarf es vorliegend nicht mehr der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens vor Klageerhebung nach § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 BayAGVwGO, da der Kläger zwar Widerspruch eingelegt, dieser aber der Widerspruchsbehörde nicht vorgelegt und daher nicht in der Frist des § 75 VwGO behandelt worden ist. Sein Schreiben vom 14. April 2015 wurde vom Beklagten nicht weiter behandelt. Da seither mehr als drei Monate vergangen sind, ist die Klage zulässig geworden.
II.
Die Klage ist auch begründet, weil der Bescheid des Beklagten vom 9. April 2015 rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit darin eine höhere Zweitwohnungssteuer für das Jahr 2015 und Folgejahre als 162,50 Euro jährlich festgesetzt wird.
1. Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig, insbesondere ist der Beklagte nach § 1 ZwStS i. V. m. Art. 3 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz (KAG) zur Erhebung der Zweitwohnungsteuer zuständig und ist eine etwa erforderliche vorherige Anhörung des Klägers vor Erlass des Bescheids nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 a KAG i. V. m. § 91 Abs. 1, § 126 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Abgabenordnung (AO) infolge der Äußerungen des Klägers im Widerspruchsverfahren geheilt worden. Andere formelle Verstöße sind weder gerügt noch ersichtlich.
2. Der angefochtene Bescheid ist materiell teilweise rechtswidrig, denn die Erhebung der Zweitwohnungsteuer über den Betrag von 162,50 Euro jährlich hinaus widerspricht § 4 Abs. 3 ZwStS.
a) Hinsichtlich der Wirksamkeit der Zweitwohnungssteuersatzung als Grundlage der Abgabenerhebung bestehen weder Bedenken, noch sind solche geltend gemacht.
b) Der Kläger ist auf Grundlage der Satzung dem Grunde nach zu Recht zur Zweitwohnungsteuer herangezogen worden, was er auch nicht bestreitet. Allerdings ist die Heranziehung rechtswidrig, soweit im Bescheid des Beklagten vom 9. April 2015 eine höhere Zweitwohnungssteuer für das Jahr 2015 und Folgejahre als 162,50 Euro jährlich festgesetzt wird.
aa) Der Kläger hat neben seiner Hauptwohnung eine weitere Wohnung im Sinne der § 1 Satz 2, § 2 Abs. 1 ZwStS auch zu seiner persönlichen Lebensführung inne.
Wie der Begriff des „Innehabens“ zeigt, genügt es für die Steuererhebung, dass die Wohnung vom Inhaber für den eigenen oder den Lebensbedarf seiner Angehörigen „vorgehalten“ wird, d. h. dass die Möglichkeit der Eigennutzung offen gehalten wird. Ob ein derartiges „Vorhalten“ gegeben ist, betrifft jedoch alleine die subjektive Zielrichtung des Wohnungsinhabers und kann somit von außen nur eingeschränkt an Hand objektiver, nach außen in Erscheinung tretender, verfestigter Umstände überprüft werden (vgl. BVerwG, U.v. 10.10.1995 – 8 C 40/93 – juris Rn. 10; BVerwG, U.v. 26.9.2001 – 9 C 1/01 – BVerwGE 115, 165 ff.; BayVGH, U.v. 27.6.2013 – 4 B 13.592 – juris Rn. 19). Daher wird es in der Rechtsprechung als zulässig angesehen, dass die steuererhebende Gemeinde zunächst ohne weitere Prüfung von der tatsächlichen Vermutung des Vorhaltens der Wohnung für Zwecke der persönlichen Lebensführung ausgehen darf. Es obliegt dem Zweitwohnungsinhaber, Umstände vorzutragen, die diese tatsächliche Vermutung erschüttern. Hat er die tatsächlichen Grundlagen der Vermutung ausreichend erschüttert, muss die Gemeinde für die Steuererhebung ihrerseits darlegen, aufgrund welcher Umstände die Vorhaltung der Wohnung Zwecke der persönlichen Lebensführung verfolgt (BVerwG, U.v. 10.10.1995 – 8 C 40/93 – juris Rn. 12; BVerwG, U.v. 26.9.2001 – 9 C 1/01 – BVerwGE 115, 165 ff.).
Objektive Umstände, die geeignet sind, die tatsächliche Vermutung des Vorhaltens der Zweitwohnung für die persönliche Lebensführung zu widerlegen, sind beispielsweise gegeben, wenn die Hauptwohnung innerhalb desselben Feriengebietes liegt, bei Abschluss eines Dauermietvertrages oder der Übertragung der Vermietung an eine überregionale Agentur unter Ausschluss der Eigennutzung sowie unter Nachweis ganzjähriger Vermietungsbemühungen (vgl. BVerwG, U.v. 10.10.1995 – 8 C 40/93 – juris Rn. 12).
Hier hält der Kläger die streitgegenständliche Wohnung aufgrund einer Übertragung ihrer Vermietung an eine überregionale Agentur unter weitgehendem Ausschluss der Eigennutzung weit überwiegend als Kapitalanlage: Im Vertrag vom 16./20. März 2011 ist die „Eigennutzung der Wohnung … auf maximal 1 Monat pro Kalenderjahr begrenzt“ (VG-Akte Bl. 29); im Vertrag vom 9./15. Juli 2015 ist die „Eigennutzung der Wohnung … auf maximal 1 Monat pro Kalenderjahr, gemäß § 191 BGB, begrenzt“ (VG-Akte Bl. 8). Es handelt sich daher um eine gemischte Nutzung, in der die Eigennutzung zeitmäßig ein Zwölftel des Kalenderjahres ausmacht. Sowohl der vom Kläger vorgelegte Vermietungsvertrag zwischen ihm und der Vermietungsagentur als auch die tatsächliche Vertragsdurchführung sind geeignet, die tatsächliche Vermutung des Vorhaltens der Wohnung für Zwecke der persönlichen Lebensführung zu erschüttern. Sie belegen eine überwiegende Kapitalanlage bzw. Einkommenserzielung aus Vermietungseinnahmen.
bb) Der Beklagte hat dem Kläger jedoch – anders als in den Vorjahren – die Anerkennung des weitgehenden Ausschlusses der Eigennutzung versagt und ihn zur vollen Zweitwohnungssteuer herangezogen. Doch § 4 Abs. 3 ZwStS bietet im vorliegenden Fall keine Rechtgrundlage, den Kläger zur gesamten Jahressteuer für das Jahr 2015 und für die Folgejahre heranzuziehen.
Entscheidend ist nicht die tatsächliche Nutzung, sondern vielmehr, wie weit der Kläger in der Lage ist, auf die Wohnung zuzugreifen und sie selbst zu nutzen. Die Heranziehung zum vollen Jahresbetrag der Steuer ist bei einer Mischnutzung unangemessen, wenn schon eingangs des Steuerjahres eindeutig feststeht, dass die Eigennutzungsmöglichkeit nur einen erheblich geringeren zeitlichen Umfang als ein Jahr haben kann (vgl. BVerwG, U.v. 30.6.1999 – 8 C 6.98 – BVerwGE 109, 188/191 f.; BayVGH, U.v. 2.5.2016 – 4 BV 15.2777 – juris Rn. 46). Für solche Fälle muss der Satzungsgeber, falls er nicht gänzlich auf die Steuererhebung verzichtet, eine anteilige Berechnung nach der jeweiligen potentiellen vertraglich vorgesehenen Eigennutzungsdauer vorsehen (BVerwG, U.v. 30.6.1999 – 8 C 6.98 – BVerwGE 109, 188/192; BayVGH, U.v. 2.5.2016 – 4 BV 15.2777 – juris Rn. 46).
Dies zugrunde gelegt, hat der Kläger rechtswirksam vor Beginn des Steuerjahres seine Eigennutzung auf maximal 1 Monat pro Kalenderjahr beschränkt; Zweifel an der Ernsthaftigkeit oder Verbindlichkeit des Vermietungsvertrags sind weder ersichtlich noch von dem Beklagten aufgezeigt. Soweit der Beklagte zusätzlich fordert, dass die Eigennutzung in einem zusammenhängenden Zeitraum je Kalenderjahr stattfinden muss, ist diese Forderung rechtswidrig. Weder aus § 4 Abs. 3 ZwStS noch sonst ergibt sich hierfür eine Rechtsgrundlage:
Bei einer wie hier vorliegenden gemischten Nutzung ist geklärt, dass Bundesrecht lediglich aus Gründen der Verhältnismäßigkeit die Bestimmung der eigenen Nutzungszeiten im Veranlagungsjahr fordert, um eine – gemessen an der Möglichkeit der Eigennutzung – unverhältnismäßige Steuerbelastung auszuschließen (vgl. BVerwG, U.v. 30.6.1999 – 8 C 6.98 – BVerwGE 109, 188/191; BVerwG, U.v. 15.10.2014 – 9 C 6.13 – juris Rn. 13 m. w. N.). Für eine weitere Beschränkung der Nutzung, ihrer Zeiträume und ob sie in einem kalendarischen Zusammenhang zu liegen haben, besteht bei einer – wie hier – vereinbarten zeitlichen Obergrenze der Eigennutzung kein Bedarf, um den Anteil der Eigen- gegenüber der Kapitalanlagenutzung durch den Wohnungsinhaber nachzuweisen und eine sachgerechte Abgrenzung für die daran anknüpfende Besteuerung zu ermöglichen.
Aus § 4 Abs. 3 ZwStS ergibt sich keine weitere Beschränkung der Nutzungszeiten; hierfür steht dem Beklagten offensichtlich auch keine Befugnis zu. Schon nach dem Wortlaut ist die vom Beklagten gewählte Auslegung des § 4 Abs. 3 ZwStS dahin, dass die Eigennutzung nur in einem einzigen zusammenhängenden Zeitraum stattfinden dürfe, um steuerlich berücksichtigungsfähig zu sein, nicht zwingend. Seinem Wortlaut nach stellt § 4 Abs. 3 ZwStS darauf ab, dass „die Verfügbarkeit der Zweitwohnung für Zwecke der persönlichen Lebensführung aufgrund eines Vertrags mit einer Vermietungsagentur … zwecks Weitervermietung zeitlich begrenzt“ ist, und zwar „bei einer Eigennutzungsmöglichkeit im Veranlagungszeitraum von bis zu 1 Monat“. Die grammatische Auslegung zeigt, dass der Satzungsgeber normativ auf eine „Eigennutzungsmöglichkeit“ abstellt, hingegen für seine Auslegung als einem einzigen zusammenhängenden Zeitraum auf die Eigennutzung. Da § 4 Abs. 3 ZwStS aber nur auf die Eigennutzungsmöglichkeit abstellt, genügt eine zeitliche Obergrenze, bis zu der die Wohnung zu eigenen Zwecken rechtlich genutzt werden darf. Auf die tatsächliche Ausgestaltung der Eigennutzung – zusammenhängend oder nicht – kommt es nach § 4 Abs. 3 ZwStS nicht an. Dass ein Monat im Sinne des § 191 BGB nicht zwingend zusammenhängend sein muss, ergibt sich bereits aus dieser Vorschrift, so dass die Fristenregelungen der §§ 186 ff. BGB ebenfalls zur beklagtenseitigen Auslegung des § 4 Abs. 3 ZwStS nichts Anderes beitragen.
Auch die systematische Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis, denn eine Regelung über die Begrenzung bzw. den Ausschluss einer Eigennutzungsmöglichkeit ergibt nur dann einen normativen Sinn, wenn dem Nutzungsberechtigten die tatsächliche Ausgestaltung der Eigennutzung überlassen bleibt. Würden hieran nähere Anforderungen gestellt, wie dies der Beklagte versucht, knüpfte er nicht mehr an die rechtliche Eigennutzungsmöglichkeit, sondern an eine tatsächliche Eigennutzung an. Das aber widerspräche seinem mit § 4 Abs. 3 ZwStS verfolgten Regelungsziel, die Besteuerung dadurch zu vereinfachen, dass der Wohnungsinhaber gerade nicht im Einzelfall für jeden einzeln zu erfassenden Nutzungstag besteuert wird, sondern nur pauschal nach maximal möglicher Nutzungsdauer.
Schließlich widersprächen nähere Anforderungen an die tatsächliche Ausgestaltung der Eigennutzung auch Sinn und Zweck der bei Zweitwohnungen erfolgenden Aufwandsbesteuerung: Der grundgesetzliche Begriff der Aufwandsteuer ist in Art. 105 Abs. 2 a GG nicht definiert, vielmehr wird er von der Verfassung vorausgesetzt. Aufwandsteuern sind demnach Steuern auf die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Bereits der Konsum als Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes stellt typischerweise einen Ausdruck der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dar, ohne dass zu klären ist, von wem und mit welchen Mitteln dieser Konsum finanziert wird und welchen Zwecken er im Einzelnen dient (zum Ganzen BVerfG, B.v. 6.12.1983 – 2 BvR 1275/79 – BVerfGE 65, 325/345 ff.), soweit darin eine Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommt (vgl. BVerfG, B.v. 6.12.1983 – 2 BvR 1275/79 – BVerfGE 65, 325/346; BVerwG, U.v. 15.10.2014 – 9 C 6.13 – juris Rn. 12 m. w. N.). Soweit der Wohnungsinhaber aber die o.g. Vermutung, dass die Wohnung zumindest auch für Zwecke der persönlichen Lebensführung vorgehalten wird (vgl. BVerwG, U.v. 15.10.2014 – 9 C 6.13 – juris Rn. 13), widerlegt, wie bei einer – wie hier – gemischten Nutzung durch eine Bestimmung der eigenen Nutzungszeiten im Veranlagungsjahr (vgl. BVerwG, U.v. 30.6.1999 – 8 C 6.98 – BVerwGE 109, 188/191; BVerwG, U.v. 15.10.2014 – 9 C 6.13 – juris Rn. 13 m. w. N.), liegt nur in diesem Umfang ein besteuerbarer Aufwand vor – hier also nur in einem Monat je Kalenderjahr.
cc) Der Beklagte hat auch nicht aufgezeigt, auf welche Rechtsgrundlage er seine weiter reichenden Anforderungen an die Ausgestaltung der Eigennutzungsmöglichkeit sonst stützt. Eine Befugnis hierfür ist nicht erkennbar, aber wegen der belastenden Wirkung für den Wohnungsinhaber unter Geltung des allgemeinen Gesetzesvorbehalts erforderlich (arg. ex Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG). Für eine solche Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG – wenn sie denn in § 4 Abs. 3 ZwStS enthalten wäre – fehlt dem Beklagten bereits die Regelungsbefugnis mangels gesetzlicher Grundlage. Zudem wäre eine solche Regelung unverhältnismäßig im Hinblick auf die grundrechtlich geschützte Eigentumsfreiheit eines Zweitwohnungsinhabers. Dies gilt umso mehr, als der Beklagte bei einer Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit auf einen Monat, also ein Zwölftel des Jahres, die Steuer anteilig für ein Viertel des Jahres erhebt. Er gesteht dem Kläger nur ein Drittel des für die Steuererhebung rechnerisch adäquaten Nutzungszeitraums zu und will diesen auch noch inhaltlich weiter beschränken. Dies ist rechtswidrig.
dd) Mangels Rechtsgrundlage für die vom Beklagten geforderte Eigennutzung in einem zusammenhängenden Zeitraum ist die Nichtberücksichtigung des Ausschlusses der Eigennutzung für einen Zeitraum von mehr als 1 Monat im Kalenderjahr rechtswidrig. Dies gilt bereits für das Veranlagungsjahr 2015 aufgrund der im Vertrag vom 16./20. März 2011 „auf maximal 1 Monat pro Kalenderjahr begrenzten“ Eigennutzung der Wohnung als auch erst recht für die Folgejahre aufgrund der im Vertrag vom 9./15. Juli 2015 – dem Beklagtenwunsch entsprechenden – „auf maximal 1 Monat pro Kalenderjahr, gemäß § 191 BGB, begrenzten“ Eigennutzung der Wohnung.
Die Berechnung der Steuerschuld ist aus diesen Gründen rechtswidrig, weil der Kläger zur vollen Jahressteuer ohne Rücksicht auf seine rechtswirksam begrenzte Eigennutzung herangezogen worden ist.
3. Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben, soweit darin eine höhere Zweitwohnungssteuer für das Jahr 2015 und Folgejahre als 162,50 Euro jährlich festgesetzt wird.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.


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