Strafrecht

Haaranalyse, Ärztliches Gutachten, Bevollmächtigter, Angaben des Antragstellers, Mitwirkungspflicht, Behördenakten, Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, Verwaltungsgerichte, Streitwertfestsetzung, Betäubungsmitteln, Beibringung eines Gutachtens, Gutachtenanordnung, mangelhafte Gutachten, Gutachtenerstellung, Gutachtenvorlage, Gutachtenbeibringung, Beweisvereitelung, Verwaltungsgerichtsverfahren, Begutachtungsstelle für Fahreignung, Kraftfahrzeugführer

Aktenzeichen  B 1 S 20.1001

Datum:
5.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 40878
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVG § 3 Abs. 1 S. 1
FeV § 46 Abs. 1 S. 1, Abs. 3
FeV § 11 Abs. 2 S. 3 Nr. 5, Abs. 8
FeV § 14 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis und die Verpflichtung zur Abgabe seines Führerscheins.
Am 16. November 2018 wurde der Antragsteller um 21:05 Uhr von Polizeibeamten der PI … einer Identitätsfeststellung unterzogen und anschließend einvernehmlich durchsucht. Dabei wurde unter den Füßen des Antragstellers eine Frischhaltefolien-Plombe mit Inhalt aufgefunden. In dieser wurde noch eine kleinere Plombe mit kristalliner, durchsichtiger Substanz entdeckt. Das Vortest-Ergebnis schlug positiv auf Cannabis (größere Plombe) und Methamphetamin (kleinere Plombe) an (Bl. 58 der Behördenakte).
Unter dem 17. Juli 2019 ordnete das Landratsamt zur Abklärung eines eventuellen Konsumverhaltens die Vorlage eines ärztlichen Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung bis 17. September 2019 an (Bl. 69 der Behördenakte). Nachdem der Bevollmächtigte des Antragstellers daraufhin das Abwarten des Strafverfahrens vorschlug, erklärte sich das Landratsamt hierzu am 6. August 2019 bereit.
Mit Strafbefehl vom 22. Juli 2019, rechtskräftig seit 6. Februar 2020, verurteilte das Amtsgericht … den Antragsteller wegen unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln (0,4 Gramm Marihuana, 0,1 Gramm Methamphetamin) zu einer Geldstrafe von 20 TS zu je 50 EUR. Im Strafverfahren ließ sich der Antragsteller dahingehend ein, dass er das Marihuana für einen Freund besorgt, aber von dem Inhalt einer weiteren Plombe mit Methamphetamin nichts gewusst habe.
Unter dem 23. April 2020 ordnete das Landratsamt „im Rahmen der Ausübung ordnungsgemäßen Ermessens“ zur Abklärung eines eventuellen Konsumverhaltens gemäß § 11 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 Nr. 5 FeV i.V.m. Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV sowie § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV die Vorlage eines ärztlichen Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung bis 23. Juli 2020 an (Bl. 93 der Behördenakte). Als Grund wurde der Vorfall vom 16. November 2018 angeführt. Aufgrund der Verurteilung stünde fest, dass der Antragsteller 0,4 Gramm Marihuana und 0,1 Gramm Methamphetamin besessen habe. Der Verdacht des Konsums sei gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV bereits gerechtfertigt, wenn jemand Betäubungsmittel i.S.d. BtMG widerrechtlich besitze oder besessen habe. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Gutachtenserstellung mindestens ein Urin-Drogen-Screening und zusätzlich eine Haaranalyse erforderlich sei (Bl. 94 der Behördenakte). Die Fragestellung lautete:
„- Nimmt oder nahm der Betroffene Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder andere psychoaktiv wirkende Stoffe ein, die die Fahreignung nach Anlage 4 FeV in Frage stellen?
– Wenn ja, welche Betäubungsmittel wurden konsumiert?
– Liegt dem eventuell festgestellten Betäubungsmittelkonsum Probierverhalten, gelegentliche Einnahme, regelmäßiger Konsum oder Drogenabhängigkeit zugrunde?“
Das Schreiben enthielt einen Hinweis auf § 11 Abs. 8 FeV. Das Schreiben war an den Antragsteller persönlich adressiert.
Am 5. Mai 2020 wurde dasselbe Schreiben um 14:40 Uhr (Auftragsnr. …, Sendebericht 14:44 Uhr 4 Seiten) und 14:40 Uhr (Auftragsnr. …, Sendebericht 14:49 Uhr 5 Seiten) vom Landratsamt an ein Fax mit nicht vermerkter Nummer gesendet (Bl. 97 f. der Behördenakte). Am 6. Mai 2020 ging ein Fax des Bevollmächtigten des Antragstellers beim Landratsamt ein (Bl. 99 der Behördenakte), in dem dieser sich für die Übersendung des Schreibens an den Antragsteller per Telefax am 5. Mai 2020 bedankt. Darin heißt es, der Antragsteller sei am Montag, den 4. Mai 2020 bei ihm in der Kanzlei gewesen und habe mitgeteilt, dass das Schreiben vom 23. April 2020 am 30. April 2020 im Briefkasten gewesen sei. Er selbst habe es gestern zum ersten Mal per Telefax erhalten, ein Brief sei nicht eingegangen.
Im Anschreiben des Landratsamts an die vom Antragsteller ausgewählte Begutachtungsstelle … (im Folgenden …*) vom 15. Mai 2020 wurde darauf hingewiesen, dass die Frage, ob Einnahme von Betäubungsmitteln vorliege, mit mindestens einer forensisch gesicherten polytoxikologischen Untersuchung des Urins und, soweit möglich, mit einer Haaranalyse (auch Körperbehaarung möglich) zu klären sei. Sollte eine Haaranalyse nicht möglich sein, sei dies zu begründen und stattdessen ein zweites polytoxikologisches Urinscreening durchzuführen.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers teilte dem Landratsamt am 25. Juni 2020 mit, dass der Antragsteller den Begutachtungstermin wahrgenommen habe. Außerdem heißt es in dem Schriftsatz: „Nachdem eine Haaranalyse ausscheidet, sind zur Überprüfung der Abstinenz Urinscreenings erforderlich, laut Angaben der Mitarbeiterin des … drei Proben innerhalb von drei Monaten in unregelmäßigen Abständen.“ Das Gutachten könne daher erst zum 23. Oktober 2020 vorgelegt werden.
Mit Schreiben vom 10. Juli 2020 erklärte der … durch Prof. Dr. Dr. … dem Landratsamt auf Nachfrage, dass der Antragsteller trotz vorhandener Körperhaare in einer Länge von ca. 3 cm und ausführlicher Information über seine Mitwirkungspflicht bei bestehender Anordnung einer Haarprobe im Rahmen der ärztlichen Begutachtung nach Rücksprache mit seinem Rechtsanwalt die Haarprobe verweigert habe. Nach Gründen befragt, habe er angegeben, keine Gründe nennen zu wollen (Bl. 111 der Behördenakte).
Der Bevollmächtigte des Antragstellers erläuterte unter dem 19. Juli 2020, dass der Antragsteller bei einem Gespräch mit dem … gesagt habe, er wolle lieber Urinproben abgeben, da er im Publikumsverkehr arbeite und keine Löcher in den Haaren möchte. Vor diesem Hintergrund sei ihm gesagt worden, dass er auch Urinscreenings abgeben könne. Der Antragsteller habe sich nicht geweigert Haare abzugeben, er habe gefragt, ob man den Nachweis auch anders erbringen könne, Urinscreenings würden den gleichen Nachweis bringen.
In einer Telefonnotiz vom 24. Juli 2020 (Bl. 115 der Behördenakte) führt Herr … vom Landratsamt aus, dass Prof. … angibt, dass der Antragsteller sich sehr wohl geweigert habe eine Haaranalyse abzugeben. Auch das Thema „Löcher in den Haaren“ sei ausgiebig besprochen und erläutert worden, dass es solche nicht geben werde, da nur ganz dünne Strähnchen abgeschnitten würden. Außerdem wären eventuell auch sonstige Körperhaare in Betracht gekommen. Dem Antragsteller sei auf seine Frage hin auch mitgeteilt worden, dass Urinscreenings keinesfalls als Ersatz geeignet seien, da diese den rückwirkenden Zeitraum nicht abdecken könnten. Der Antragsteller habe das Zimmer verlassen, um ungestört mit seinem Rechtsanwalt sprechen zu können und anschließend angegeben, dass sein Rechtsanwalt ihm geraten habe, keine Haaranalyse abzugeben.
Der Bevollmächtigte übersendete das Gutachten mit Schriftsatz vom 6. August 2020 und erläuterte, dass der Antragsteller sich mit der Haaranalyse nicht einverstanden erklärte, da er diesbezüglich massive arbeitsvertragliche Beschwernisse bis hin zu einer Kündigung zu erwarten gehabt hätte. Es sei eine gewisse Menge erforderlich, insbesondere auf der Homepage des … sei von zwei bleistiftgroßen Strängen die Rede. Dies sei auf dem Kopfhaar ersichtlich und heutzutage wisse jeder, dass dies bedeute, dass jemand, der aufgefordert worden sei, seine Drogenfreiheit nachzuweisen, Firmenautos fahre. Bei seinem Arbeitgeber habe der Antragsteller regelmäßig Kundenkontakt. Entsprechende Brusthaare seien nie in ausreichendem Maße vorhanden und Haare unter den Achseln oder den Genitalien würden ohnehin nicht genommen. Seine Einwände seien daher berechtigt gewesen. Er sei weiterhin bereit, Zweifel an seiner Fahreignung durch regelmäßige Urinscreenings auszuräumen.
Im ärztlichen Gutachten vom 24. Juli 2020 wird unter der Fragestellung auf Seite 2 bereits erwähnt, dass die Frage, ob Einnahme von Betäubungsmitteln vorliege, mit mindestens einer forensisch gesicherten polytoxikologischen Untersuchung des Urins und zusätzlich mit einer Haaranalyse zu klären sei. Zum Drogenkonsum habe der Antragsteller angegeben, „ca. 2006 ein halbes Jahr lang 1-2mal pro Woche Cannabis konsumiert zu haben, er habe jeweils ca. eine Tüte konsumiert. Seither habe er keine Drogen mehr konsumiert und sich auch nichts zu einem geplanten Eigenkonsum besorgt. Zum Delikt befragt gab er an, der Drogenfund habe nicht ihm gehört, er habe auch nichts zum Eigenbedarf gekauft. Die Drogen hätte sich zufällig genau da befunden, wo er gestanden sei. Man habe auch keine DNA-Spuren von ihm daran entdeckt.“
Im toxikologischen Befund führt die Ärztin aus, dass „trotz vorhandener Körperhaare von ca. 3 cm Länge, die, wie Herrn … erläutert wurde, auch ohne ästhetisch auffällige Spuren zu entnehmen gewesen wären, und ausführliche Information über seine Mitwirkungspflicht bei bestehender Anordnung verweigerte Herr … zunächst selbst und dann nach telefonischer, von ihm gewünschter Rücksprache mit seinem Rechtsanwalt, für die die Begutachtung pausiert wurde, die Haarprobe. Nach Gründen für die Verweigerung einer rückwirkenden Untersuchung befragt gab er an, er wolle hierfür, ebenfalls nach Rücksprache mit seinem Anwalt, keine Gründe nennen.
Er erklärte sich stattdessen bereit, in der Folge prospektiv über einen entsprechenden Zeitraum von 3 Monaten insgesamt 3 Urinproben abgeben zu wollen. Auf die bestehende behördliche Anordnung auch einer rückwirkenden laborchemischen Untersuchung und auf die bestehende behördlich festgesetzte Frist zur Abgabe des Gutachtens als Inhaber hingewiesen gab er an, darum werde sich sein Rechtsanwalt kümmern, der ihm erklärt habe, er müsse keine Haarprobe abgeben und könne „stattdessen mehrere“ Urinanalysen machen lassen.“
Die Analyse der ersten Urinprobe von Herrn … erbrachte keinen Nachweis einer der untersuchten Substanzen. Ein Hinweis auf eine Verdünnung der Urinprobe ergab sich nicht, der Kreatininwert lag im Normbereich. Daher kam die Gutachterin zu der Bewertung, dass das polytoxikologische Urinscreening am Untersuchungstag einen negativen Befund erbracht habe, aber nur über den aktuellen Zeitraum von maximal 2-3 Tagen vor der Untersuchung Auskunft gebe bzw. als Nüchternheitsbeleg für den Untersuchungstag diene. Eine Beantwortung der behördlichen Fragestellung darüber hinaus könne nicht erfolgen, da Herr … nicht zu den behördlich angeordneten laborchemischen Maßnahmen bereit gewesen sei.
Daher beantwortete die Ärztin die Fragestellung dahingehend, dass beim Antragsteller ein eingeräumter früherer Cannabiskonsum vorliege. Ob er darüber hinaus Betäubungsmitteln im Sinne des BtMG oder andere psychoaktiv wirkende Stoffe einnehme oder eingenommen habe, die die Fahreignung nach Anlage 4 FeV infrage stellen würden, könne gegenwärtig nicht mit ausreichender Sicherheit beantwortet werden. Von einem mindestens gelegentlichen Cannabiskonsum sei auszugehen, ein Konsumverhalten in Bezug auf andere Drogen oder psychoaktive Substanzen könne nicht mit ausreichender Sicherheit beschrieben bzw. widerlegt werden. Die Frage, ob Einnahme von Betäubungsmitteln vorliege, hätte mit mindestens einer forensisch gesicherten polytoxikologischen Untersuchung des Urins und zusätzlich mit einer Haaranalyse geklärt werden sollen.
Mit Bescheid vom 31. August 2020 entzog das Landratsamt dem Antragsteller die Fahrerlaubnis der Klassen B, L, M und S (Ziffer 1). Unter Ziffer 2 findet sich die Pflicht zur Abgabe des Führerscheins. Ziffern 1 und 2 wurden für sofort vollziehbar erklärt (Ziffer 3).
Das Landratsamt begründete den Bescheid damit, dass der Antragsteller als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sei. Aufgrund der Verurteilung stünde der Besitz von Methamphetamin fest und er sei zur Vorlage eines ärztlichen Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung aufgefordert worden (S. 3 des Bescheids). Gemäß Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV sei derjenige ungeeignet, der Betäubungsmittel (ausgenommen Cannabis) einnehme (Seite 5 des Bescheids). Das vorgelegte Gutachten könne die Eignungszweifel nicht entkräften. Die Einwendungen des Antragstellers würden nicht durchgreifen, insbesondere sei durch Prof. … das Thema Löcher in den Haaren ausgiebig besprochen worden. Auf die berufliche Angewiesenheit könne keine Rücksicht genommen werden (wird näher ausgeführt). Die Frisur könne nach der Haarentnahme angepasst werden. Löcher in den Haaren würden keinesfalls eine Abmahnung oder Kündigung rechtfertigen. Dass der Antragsteller als ungeeignet anzusehen sei, sei letztlich auf seine Weigerung und somit seine fehlende Mitwirkung zurückzuführen.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung beruhe darauf, dass das öffentliche Interesse verlange, dass andere Verkehrsteilnehmer vor ungeeigneten Kraftfahrzeugführern geschützt würden (wird näher ausgeführt). Ein Konsum von Betäubungsmitteln habe laut dem ärztlichen Gutachten nicht mit ausreichender Sicherheit beschrieben bzw. widerlegt werden können, sodass deshalb befürchtet werden müsse, dass der Antragsteller Betäubungsmittel konsumiere bzw. konsumiert habe und ohne die Anordnung des Sofortvollzugs Fahrten unter Betäubungsmitteleinfluss vorgenommen werden. Hinsichtlich Ziffer 2 sei der Sofortvollzug angeordnet worden, um einer missbräuchlichen Verwendung des Führerscheins vorzubeugen.
Mit Schriftsatz vom 15. September 2020, eingegangen beim Landratsamt am 17. September 2020, legte der Bevollmächtigte des Antragstellers gegen den Bescheid vom 31. August 2020 Widerspruch ein und beantragte, Ziffer 2 des Bescheides in der Vollziehbarkeit auszusetzen. Das Landratsamt lehnte den Antrag ab.
Am 15. Oktober 2020 ging der Führerschein des Antragstellers bei der Führerscheinstelle ein.
Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 7. Oktober 2020, eingegangen bei Gericht am selben Tag, beantragt der Antragsteller die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 14.09.2020 gegen Ziffer 1 und 2 des Bescheides vom 31.08.2020 wiederherzustellen.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers trägt vor, dass im Strafverfahren keines der aufgefundenen Betäubungsmittel rechtsmedizinisch untersucht worden sei, sondern dem Antragsteller durchschnittliche und geschätzte Werte von 5% THC und 60% MAB zur Last gelegt worden seien. Das Schreiben vom 23. April 2020 sei in Kenntnis der anwaltlichen Vertretung direkt an den Antragsteller geschickt worden und dem Bevollmächtigten erst per Fax am 5. Mai 2020 14: 40 Uhr übersandt worden. In dem gefaxten Schreiben habe sich jedoch keine Fristsetzung gefunden. Er gehe davon aus, dass Seite 3 des Schreibens nicht gefaxt worden sei, sodass ihm die Fristsetzung bis 23. Juli 2020 am 5. Mai 2020 noch nicht bekannt gewesen sei. Aufgrund der Beschränkungen der COVID-19-Pandemie habe eine persönliche Besprechung mit dem Antragsteller zwischen dem Schreiben vom 23. April 2020 und dem Fax vom 5. Mai 2020 nicht stattgefunden. Dass das Schreiben an ihn gefaxt wurde, führe er auf den Umstand zurück, dass wahrscheinlich die Einverständniserklärung des Antragstellers beim Landratsamt noch nicht eingegangen war. Über eine Frist sei mit dem Antragsteller mangels Seite 3 erst einmal nicht gesprochen worden. In einem weiteren Fax vom selben Tag um 14:45 Uhr sei die Seite 3 enthalten gewesen. Wann mit dem Antragsteller über die Frist gesprochen worden sei, sei nicht mehr erinnerlich. Es beruhe auf dem Verschulden des Antragsgegners, dass drei bis vier Wochen Zeit verloren gingen und der Antragsteller in ein Fristenproblem gedrängt worden sei. Im Anschreiben des … vom 9. Juni 2020 sei ein Termin am 17. Juni bestätigt und ausgeführt worden, dass ein oder mehrere Urinanalysen erforderlich seien und anstelle von Urinkontrollen oder auch ergänzend dazu eine Haaranalyse vorgesehen sein könne. Zwischen dem Termin und dem Fristablauf sei nur knapp ein Monat Zeit geblieben das geforderte Gutachten zu erstellen, obwohl das Landratsamt selbst sich erst am 17. Juli 2019 erstmals nach dem Vorfall vom 16. November 2018 gemeldet habe und sich bis zur erneuten Aufforderung und nach Rechtskraft des Strafbefehls weitere neun Monate Zeit gelassen habe. Dies wäre unverhältnismäßig. Der Antragsteller habe sich aufgrund zwischenzeitlich eingeholter Informationen nach dem Termin beim … dazu entschlossen, Urinanalysen abzugeben und auf eine Haaranalyse zu verzichten. Dies sei insbesondere vor dem Hintergrund erfolgt, dass ihm von Frau … vom … erklärt worden sei, dass Urinscreenings die gleichen Nachweise wie eine Haaranalyse erbringen würden.
Der Bevollmächtigte vertritt die Rechtsauffassung, dass die Annahme der Ungeeignetheit wegen fehlender Mitwirkung an der Gutachtenserstellung fehlgehe, da er zu keinem Zeitpunkt seine fehlende Kooperationsbereitschaft bekundet habe, da er sich mit berechtigten Gründen geweigert habe, an der Haaranalyse mitzuwirken. Die Haaranalyse sei keine unabdingbare Voraussetzung für einen Abstinenznachweis, der auch durch ein Urinscreening erbracht werden könne. Auch auf der Homepage des … sei in keiner Weise die Rede davon. Dort werde ausgeführt, dass bei einer Haaranalyse bis zu 6 cm und mindestens zwei Haarbüschel von der Stärke eines Bleistiftes unmittelbar über der Kopfhaut untersucht werden müssten. Diese Menge sei aus beruflichen Gründen nicht hinnehmbar. Auch habe er bereits vor dem Termin beim … und beim Landratsamt angerufen und mitgeteilt, dass seine Haare die erforderliche Länge nicht haben. Das Beharren der Führerscheinstelle auf der Haaranalyse als einziges Mittel sei rechtswidrig. Sie habe ihn gezielt in die Fristenproblematik laufen lassen und allein die Möglichkeit gelassen, die Änderung des Konsumverhaltens nur durch eine Haaranalyse zu belegen.
Das Landratsamt beantragt mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2020
den Antrag abzulehnen.
Es trägt vor, dass der Antragsteller in kein Fristenproblem gedrängt worden sei. Das Landratsamt habe gehandelt, als Mitteilungen der Polizei und der Staatsanwaltschaft eingegangen seien. Der Bevollmächtigte des Antragstellers habe selbst mit Schriftsatz vom 6. Mai 2020 angegeben, dass der Antragsteller am 4. Mai 2020 in der Kanzlei gewesen sei. Die Frist zur Vorlage des Gutachtens bemesse sich unter Berücksichtigung der Hinzuziehung rechtlichen Beistandes, dem Finden einer Begutachtungsstelle, der Terminsabsprache und der Aktenübersendung. In vielen Fällen bleibe sodann nur noch ein Zeitraum von 4-5 Wochen zur Gutachtenserstellung.
Die Haaranalyse sei geeignet, einen etwaigen Drogenkonsum auch in der jüngeren Vergangenheit nachzuweisen bzw. auszuschließen. Hierfür gebe es kein anderes geeignetes Mittel. Das Abschneiden zweier kleiner Haarsträhnen habe eine geringe Eingriffsqualität.
Gründe für die Weigerung der Haaranalyse seien erstmals mit Schreiben vom 19. Juli 2020 genannt worden und nicht glaubhaft und vorgeschoben. Soweit Drogenfreiheit bestehe, hätte ein erhebliches Interesse des Antragstellers daran bestehen müssen dies nachzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Behördenakten ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO entsprechend).
II.
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen Ziffern 1 und 2 des verfahrensgegenständlichen Bescheids hat keinen Erfolg.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
1. Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen/anordnen bzw. die Vollziehung des Bescheids aussetzen. Bei der Entscheidung hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen, bei der entsprechend § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen ist. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen. Das Gericht prüft im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO auch, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind.
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der vorliegende Antrag abzulehnen, da der Widerspruch des Antragstellers nach summarischer Überprüfung aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids wiegt insoweit schwerer als das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung.
a. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 1 und 2 des Bescheides genügt den (formalen) Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs reicht es bei einer Fahrerlaubnisentziehung aus, die für den Fall typische Interessenlage aufzuzeigen; die Darlegung besonderer zusätzlicher Gründe für die Erforderlichkeit der sofortigen Vollziehung ist nicht geboten (so z.B. BayVGH, B.v. 10.10.2011 – 11 CS 11.1963; B.v. 24.8.2010 – 11 CS 10.1139; B.v. 25.05.2010 – 11 CS 10.227; VGH BW, B.v. 24.1.2012 – 10 S 3175/11 – juris). Die Behörde kann sich bei der Abwägung zwischen den Beteiligteninteressen im Wesentlichen auf die Prüfung beschränken, ob nicht ausnahmsweise in Ansehung der besonderen Umstände des Falles die sofortige Vollziehung weniger dringlich als im Normalfall ist (vgl. BayVGH, B.v. 5.9.2008 – 11 CS 08.1890; B.v. 13.1.2005 – 11 CS 04.2968; B.v. 18.5.2004 – 11 CS 04.819 – juris). Dem werden die Ausführungen in der Begründung des Bescheides gerecht, wonach das öffentliche Interesse verlange, dass andere Verkehrsteilnehmer vor ungeeigneten Kraftfahrzeugführern geschützt werden und beim Antragsteller befürchtet werden müsse, dass er Betäubungsmittel konsumiere bzw. konsumiert habe und ohne die Anordnung des Sofortvollzugs Fahrten unter Betäubungsmitteleinfluss vorgenommen werden.
Hinsichtlich Ziffer 2 wurde dargelegt, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Beseitigung des durch den Führerschein vermittelten Rechtsscheins besteht, wobei es nicht einmal einzelfallbezogener Erwägungen dergestalt bedarf, dass in der Person des Antragstellers konkrete Anhaltspunkte für das Vortäuschen des Innehabens einer Fahrerlaubnis bestehen (vgl. VG München, B.v. 8.7.2020 – 6 S 20.2061 – BeckRS 2020, 20547 Rn. 22 f.).
b. Nach summarischer Prüfung erweist sich die Entziehung der Fahrerlaubnis (Ziffer 1) als rechtmäßig und verletzt den Antragsteller daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i. V. m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen von Kraftfahrzeugen begründen, finden gemäß § 46 Abs. 3 FeV die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 FeV muss ein Kraftfahrzeugführer die zur Erteilung der Fahrerlaubnis notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Nach Nr. 9 der Anlage 4 zur FeV kann die Einnahme von Betäubungsmitteln oder anderer psychoaktiv wirkender Stoffe und Arzneimittel die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließen. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 FeV kann die Vorlage eines ärztlichen Gutachtens zur Klärung von Eignungszweifeln angeordnet werden, wenn der Betroffene Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besitzt oder besessen hat. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, so darf sie bei ihrer Entscheidung gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Fahrerlaubnisbehörde steht dabei kein Ermessen zu (vgl. BayVGH, B.v. 14.11.2011 – 11 CS 11.2349 – juris Rn. 47 m.w.N.). Der Rückschluss auf die fehlende Fahreignung ist nur gerechtfertigt, wenn die Anordnung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (BayVGH, B.v. 26.7.2019 – 11 CS 19.1093 – juris Rn. 12; B.v. 15.7.2019 – 11 ZB 19.1122 – juris Rn. 15).
aa. Die Beibringungsanordnung vom 23. April 2020 entspricht nach Auffassung der Kammer den formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 Satz 2, Abs. 8 Satz 2 FeV und war anlassbezogen.
(1) Der Grund für die Zweifel an der Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen wurde hinreichend dargelegt, indem auf den Vorfall vom 16. November 2018 samt der Verurteilung wegen unerlaubten Besitzes von 0,4 Gramm Marihuana und 0,1 Gramm Methamphetamin abgestellt wurde.
Ein Anlass liegt dann vor, wenn hinreichend konkrete Tatsachen, nicht nur ein vager Verdacht, bestehen, die die im Gutachten gestellte Fragestellung rechtfertigen. Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde die Vorlage eines ärztlichen Gutachtens anordnen, wenn der Betroffene Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besitzt oder besessen hat. Nach der hierin enthaltenen gesetzgeberischen Wertung kann der widerrechtliche Betäubungsmittelbesitz ein Hinweis auf die Einnahme von Betäubungsmitteln sein. Dabei muss der Besitz konkret nachgewiesen sein (vgl. BayVGH, B.v. 31.5.2011 – 11 CS 11.459 – juris Rn. 10 m.w.N.). Aufgrund der Verurteilung wegen des vorangegangenen Besitzes von Marihuana und Methamphetamin, lag eine Tatsache vor, die die Annahme rechtfertigte, dass der Antragsteller das besessene Marihuana und Methamphetamin auch konsumieren werde. Der Bevollmächtigte des Antragstellers verweist – im Verwaltungsgerichtsverfahren ohne Relevanz – darauf, dass der Wirkstoffgehalt der Betäubungsmittel im Strafverfahren nicht festgestellt wurde. Durch die Verurteilung steht rechtskräftig fest, dass der Antragsteller Betäubungsmittel i.S.d. BtMG besessen hat.
Anlass für besondere Erwägungen, ob der Besitz einer geringen Menge im Einzelfall ausnahmsweise kein hinreichend aussagekräftiges Anzeichen für aufklärungsbedürftige Eignungsbedenken ist, besteht nach der Rechtsprechung nur dann, wenn die Umstände des konkreten Falles auf eine beabsichtigte Weitergabe an Dritte hindeuten, die Menge unzweifelhaft nur für lediglich experimentellen Konsum ausreicht und der festgestellte Besitz schon längere Zeit zurückliegt (vgl. BayVGH, B.v. 31.5.2011 – 11 CS 11.459 – BeckRS 2011, 33325 Rn. 11). Hierzu fehlt es an glaubhaftem Vortrag der Antragstellerseite, insbesondere behauptete der Antragsteller – anders als offensichtlich im Strafverfahren – im Verwaltungsverfahren nicht mehr, dass er die Betäubungsmittel für einen Freund besorgt habe. Darüber hinaus ist die Behörde schon zwei Tage nach Kenntnis des rechtskräftigen Abschlusses des Strafverfahrens tätig geworden.
(2) Es wurde eine angemessene Frist zur Begutachtung gesetzt (3 Monate ab Erlassdatum). Der Einwand des Bevollmächtigten des Antragstellers, dieser sei in ein Fristenproblem gedrängt worden, beginnend damit, dass die Gutachtensaufforderung vom 23. April 2020 nicht an ihn, sondern zunächst dem Antragsteller zugestellt wurde, geht fehl. Zwar muss sich die Behörde gemäß Art. 8 Abs. 1 Satz 2 BayVwZVG an den Bevollmächtigten wenden, aber Heilung tritt gemäß Art. 9 BayVwZVG ein, wenn das Schreiben dem Bevollmächtigten zugegangen ist. Der Bevollmächtigte trägt selbst vor, dass ihm das Schreiben am 5. Mai 2020 (spätestens mit dem zweiten Fax um 14:45 Uhr) vollständig zugegangen ist. Wenn er die Frist mit dem Antragsteller weder bespricht noch sich vermerkt, ist das nicht der Behörde anzulasten und er kann nicht behaupten, sie sei ihm nicht bekannt gewesen. Außerdem hat er sich – entgegen seiner eigenen Ausführungen – bereits am 4. Mai 2020 mit seinem Mandanten beraten, der zu diesem Zeitpunkt das Schreiben bereits empfangen hatte, was aus dem Fax vom 6. Mai 2020 hervorgeht. Zwischen dem 4./ 5. Mai 2020 und dem Fristende am 23. Juli 2020 war auch ausreichend Zeit zur Erstellung des Gutachtens. Das Gericht geht davon aus, dass die Erstellung – entsprechend dem Vortrag des Landratsamts – vier bis fünf Wochen in Anspruch nimmt. Hierfür spricht auch, dass die Gutachterin das Gutachten vom 17. Juni bis 24. Juli 2020 erstellt hat.
Auf die Folgen der Verweigerung oder einer nichtfristgerechten Einreichung des Gutachtens wurde hingewiesen.
(3) Gegen die Fragestellung in Frage 1 und 2 bestehen keine Rechtmäßigkeitsbedenken. Frage 3 ist ersichtlich auf den Fall eines festgestellten Cannabiskonsums ausgelegt, da bei sog. „harten Drogen“ wie Methamphetamin nach dem Wortlaut von Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV die Fahreignung in der Regel bereits bei einmaliger Einnahme entfällt. Auf eine bestimmte Häufigkeit des Konsums, eine Teilnahme am Straßenverkehr in berauschtem Zustand und ob konkrete Ausfallerscheinungen im Sinne von Fahruntüchtigkeit beim Betroffenen zu verzeichnen waren, kommt es nicht an (vgl. BayVGH, B.v. 29.4.2019 – 11 CS 19.9 – juris Rn. 12; B.v. 26.3.2019 – 11 CS 18.2333 – juris Rn. 11; B.v. 25.11.2014 – 11 ZB 14.1040 – juris Rn. 11; B.v. 22.9.2015 – 11 CS 15.1447 – juris Rn. 16). Wenn schon die einmalige Einnahme von harten Drogen regelmäßig die Fahreignung ausschließt, bedarf es des Nachweises einer Drogenabhängigkeit, eines regelmäßigen oder gelegentlichen Konsums daher nicht (vgl. VG Saarlouis, B.v. 9.8.2011 – 10 L 540/11 – BeckRS 2011, 54242).
Gleichzeitig hat das Landratsamt aber die Gutachtensaufforderung insgesamt auf den Vorfall vom 16. November 2018 samt der Verurteilung wegen unerlaubten Besitzes von 0,4 Gramm Marihuana und 0,1 Gramm Methamphetamin gestützt.
Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV darf das Landratsamt abklären, ob der Antragsteller Drogen zu sich nimmt. Im Falle des Besitzes von Cannabis setzt die Anordnung einer ärztlichen Untersuchung bei verfassungskonformer Auslegung noch tatsächliche Anhaltspunkte für ein Konsum- und Bevorratungsverhalten voraus, das geeignet ist, Zweifel an der Fahreignung zu rechtfertigen. Denn im Gegensatz zum Konsum sog. harter Drogen entfällt die Fahreignung nach Nr. 9.2 der Anlage 4 zur FeV nicht schon bei einer einmaligen Einnahme von Cannabis, sondern erst bei regelmäßigem Cannabiskonsum oder bei gelegentlichem Konsum, wenn zusätzlicher Gebrauch von Alkohol vorliegt oder das Vermögen zur Trennung von Konsum und Fahren fehlt (vgl. BayVGH, B.v. 11.2.2019 – 11 CS 18.1808 – juris Rn. 21; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 14 FeV Rn. 17).
Zusatztatsachen, die die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens rechtfertigen, sind nach Auffassung der Kammer auch in einem Mischkonsum von Cannabis und harten Drogen zu sehen. Die Aufzählung in der Anlage 4 ist nicht abschließend (VG Augsburg, B.v. 16.9.2008 – Au 3 S 08.1146 – BeckRS 2008, 44651). Zwar würde der Besitz von harten Drogen für die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens genügen. Es kann in der Folge aber nicht schädlich sein, wenn das Landratsamt ihre Eignungszweifel auf einen möglichen Konsum von Cannabis und zusätzlich Methamphetamin stützen würde und eine entsprechende Fragestellung formuliert. In der Folge hätte das ärztliche Gutachten mit dieser Fragestellung auch auf Nr. 9.2.2 gestützt werden können.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 24. August 2010 (11 CS 10.1139 – juris Rn. 56) offengelassen, ob das Landratsamt die genaue Rechtsgrundlage für ihr Verlangen, ein Gutachten beizubringen, angeben muss. Lediglich eine falsche Rechtsgrundlage führt dazu, dass die Behörde sich nicht darauf berufen kann, die Nichteignung stehe gemäß § 11 Abs. 8 FeV fest. Das Zitat von Nr. 9.1 ist aber die richtige Rechtsgrundlage für die Gutachtensaufforderung betreffend Methamphetamin.
Es fehlt damit lediglich an der Nennung der weiteren Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV. Die Gutachtensanordnung muss dem Adressaten ein Urteil darüber ermöglichen, ob das behördliche Verlangen mit der Rechtsordnung in Einklang steht oder ob er die Gutachtensvorlage verweigern darf, ohne befürchten zu müssen, dass ihm die Fahrerlaubnis unter Berufung auf § 11 Abs. 8 FeV entzogen wird (vgl. BayVGH, B.v. 24.8.2010 – 11 CS 10.1139 – juris Rn. 57). Der Antragsteller kann ohne weiteres über die zutreffend zitierten Vorschriften des § 11 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 Nr. 5 FeV sowie § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV, erkennen, ob deren Voraussetzungen vorliegen.
bb. Die Beibringungsanordnung war auch verhältnismäßig. Ein milderes Mittel bestand nicht. Ermessensfehler bei der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens sind weder ersichtlich, noch wurden solche von Seiten des Bevollmächtigten des Antragstellers – mit Ausnahme einer zeitlichen Verzögerung der Anordnung – vorgetragen. Dieser Einwand verfängt aber nicht, da das Landratsamt erst am 2. Juli 2019 von dem Vorfall vom 16. November 2018 erfahren hat und die erste Anordnung schon zwei Wochen später am 17. Juli 2019 erließ. Allein auf Wunsch des Bevollmächtigten des Antragstellers wurde das Strafverfahren zunächst abgewartet, dessen Abschluss am 21. April 2020 bekannt wurde. Schon zwei Tage später erging die zweite Anordnung. Der hier bestehende Verdacht wird nicht dadurch ausgeräumt, dass der Betäubungsmittelbesitz rund eineinhalb Jahre vor dem Entzug der Fahrerlaubnis festgestellt worden ist. Das ist kein Zeitraum, bei dem davon ausgegangen werden könnte, dass die Gefahr nicht mehr besteht (vgl. BayVGH, B.v. 28.8.2018 – 11 ZB 17.1691 – BeckRS 2018, 21846 Rn. 20 f.).
cc. Der Antragsteller ist seiner Mitwirkungspflicht nicht vollumfänglich nachgekommen. Dies ist nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV der Fall, wenn sich der Betroffene weigert, sich untersuchen zu lassen oder ein Gutachten nicht fristgerecht beibringt. Als Weigerung im Sinne dieser Norm ist auch der Fall zu behandeln, dass der Betroffene sich teilweise einer Untersuchung verweigert oder diese teilweise unmöglich macht (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 15.4.2014 – 12 LB 64/13 – BeckRS 2014, 50052). Eine solche teilweise Weigerung liegt beispielsweise dann vor, wenn der Betroffene die zumutbare Durchführung einer Haaranalyse zur Beantwortung des zurückliegenden Drogenkonsums ablehnt oder vereitelt (vgl. OVG Hamburg, B.v. 27.8.2003 – 3 Bs 185/03 – NJW 2004, 2399 (Kürzung der Haare und dadurch Vereitelung einer Haaranalyse)). Zwar legte der Antragsteller kurz nach (verlängertem) Fristablauf ein Gutachten beim Landratsamt vor. Er hat jedoch die Durchführung einer Haaranalyse abgelehnt, sodass hierin eine teilweise Verweigerung der Untersuchung zu sehen ist, die als fehlende Mitwirkungshandlung im Sinne des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV zu qualifizieren ist.
(1) Im Rahmen der gutachtlichen Beurteilung (Seite 8 des Gutachtens) kam die Gutachterin zu dem Ergebnis, dass das Urinscreening am Untersuchungstag einen negativen Befund erbrachte, eine Beantwortung der behördlichen Fragestellung darüber hinaus aber nicht mit ausreichender Sicherheit erfolgen kann, da sich der Antragsteller zu einer Haaranalyse nicht bereit gezeigt habe. Aus dem Gutachten geht auch hervor, dass die Gutachterin den Antragsteller darüber informiert hat, dass er eine Mitwirkungspflicht bei einer behördlichen Anordnung einer Haarprobe habe und dass die behördliche Anordnung auch eine rückwirkende laborchemische Untersuchung erfasse. Der Antragsteller hat diese „Belehrung“ auch nicht bestritten. Die Gutachterin hat zudem erneut am 10. Juli 2020 bestätigt, dass der Antragsteller über seine Mitwirkungspflicht bei bestehender Anordnung einer Haaranalyse ausführlich informiert wurde. Am 24. Juli 2020 ergänzte sie auch, dass dem Antragsteller auf seine Frage hin mitgeteilt wurde, dass Urinscreenings keinesfalls als Ersatz geeignet sind, da diese den rückwirkenden Zeitraum nicht abdecken würden (Bl. 115 der Behördenakte).
Dies hält die Kammer für nachvollziehbar und glaubhaft. Nach alledem war dem Antragsteller also bekannt, dass eine Haarprobe erforderlich sein würde. Die Frage um einen länger zurückliegenden Betäubungsmittelkonsum kann nicht durch die Abgabe von Urinscreenings beantwortet werden, sodass die Haaranalyse sachdienlich und notwendig gewesen wäre, um die behördliche Fragestellung vollumfänglich zu beantworten. Dies wurde entsprechend dem Gutachten auch gegenüber dem Antragsteller kommuniziert.
Dabei wäre es nicht einmal erforderlich gewesen, schon in der Gutachtensanordnung festzulegen, ob und wie viele Urin- oder Haaranalysen durchgeführt werden sollen und auf welche Substanzen dabei untersucht werden soll. Nach § 11 Abs. 5 FeV i.V.m. Anlage 4a zur FeV obliegt es der begutachtenden Stelle, die Untersuchung anlassbezogen und unter Berücksichtigung der vorgegebenen Fragestellung durchzuführen. Vorliegend aber war sogar schon in der behördlichen Anordnung vom 23. April 2020 auf Seite 3 (Bl. 94 der Behördenakte) darauf hingewiesen worden, dass „im Rahmen der Gutachtenserstellung mindestens ein Urin-Drogen-Screening und zusätzlich eine Haaranalyse erforderlich sind“. Dass die bei der polizeilichen Kontrolle am 16. November 2018 gemachte Angabe, dass er in der Vergangenheit wegen Besitzes von Betäubungsmitteln angezeigt worden sei, seit längerem aber nichts mehr konsumiere, sowie die bei der Gutachterin gemachte Angabe, er habe seit seinem sechsmonatigem wöchentlichem Cannabiskonsum im Jahr 2006 keine Drogen mehr konsumiert, nur mittels einer Haaranalyse verifiziert werden kann, liegt dabei auf der Hand (vgl. BayVGH, B.v. 15.7.2019 – 11 ZB 19.1122 – BeckRS 2019, 15169 Rn. 16).
Die Angaben des Antragstellers deuten auf das Vorliegen einer bloßen Schutzbehauptung hin. Dass dem Antragsteller von Seiten der Begutachtungsstelle ein Wahlrecht zwischen mehrfachen Urinscreenings und einer Haaranalyse eingeräumt worden sei, geht aus dem Gutachten nicht hervor. Als der Antragsteller gegenüber der Gutachterin die Haarprobe verweigerte und sich stattdessen bereit erklärte, über einen zukünftigen Zeitraum Urinproben abzugeben, wies die Gutachterin auf die notwendige rückwirkende laborchemische Untersuchung hin, woraufhin der Antragsteller meinte, dass sich darum sein Rechtsanwalt kümmern werde. Daraus wird deutlich, dass das Wahlrecht nicht dem Vorschlag der Begutachtungsstelle entspringt, sondern selbst der Antragsteller behauptet, dass vielmehr sein Bevollmächtigter ihm erklärt habe, dass er keine Haarprobe abgeben müsse.
Insbesondere war der Gutachterin die Notwendigkeit einer Haaranalyse auch bewusst, da im Auftragsschreiben an die Begutachtungsstelle darauf hingewiesen wurde, dass mindestens eine Untersuchung des Urins und, soweit möglich, eine Haaranalyse (auch Körperbehaarung) erforderlich sei. Sie hatte keinen Anlass, hiervon abzuweichen. Es bestehen angesichts der fachlichen Vorbildung und der Stellungnahme der Gutachterin gegenwärtig keine vernünftigen Zweifel daran, dass ihr bekannt war, dass der Antragsteller die an seiner Fahreignung bestehenden Zweifel nur durch die zusätzliche Beibringung einer (günstigen) Haaranalyse ausräumen konnte.
Der Vortrag des Bevollmächtigten des Antragstellers, dass zur Überprüfung der Abstinenz seines Mandanten Urinscreenings erforderlich seien, nachdem eine Haaranalyse ausscheide und laut Angaben der Mitarbeiterin des … drei Proben innerhalb von drei Monaten in unregelmäßigen Abständen abzugeben seien, kommt erstmals nach dem Begutachtungstermin am 25. Juni 2020 zur Sprache. Er findet keine Stütze im Gutachten und nicht einmal die Antragstellerseite behauptet, dass dies von der Gutachterin „abgesegnet“ worden sei. Es wird lediglich auf ein „Gespräch mit dem …“ verwiesen und auf eine Bestätigung seitens Frau … zurückgegriffen.
Wie der Antragsteller darauf trotz der Gutachtensanordnung und des Begutachtungsgesprächs kommt, ist unerfindlich.
Soweit sich der Antragsteller darauf beruft, Frau … hätte ihm gegenüber erklärt, durch die Abgabe mehrfacher Urinproben könne er die Anordnung vom 23. April 2020 erfüllen, ist dieses Vorbringen unbehelflich. Denn selbst wenn diese Darstellungen zuträfen, durfte er sich angesichts der eindeutigen Vorgaben in der Anordnung des Landratsamts und der damit in Einklang stehenden Erläuterungen der Gutachterin nicht auf ggf. gegenläufige Verlautbarungen Dritter verlassen (vgl. BayVGH, B.v. 10.9.2008 – 11 CS 08.2010 – BeckRS 2008, 28357 Rn. 37). Selbst wenn Frau … bei der Begutachtungsstelle davon ausgegangen sein sollte, beim Antragsteller könnten weitere Urinscreenings durchgeführt werden, ändert dies nichts daran, dass die Gutachterin eine Haaranalyse für erforderlich ansehen konnte (vgl. BayVGH, B.v. 15.7.2019 – 11 ZB 19.1122 – BeckRS 2019, 15169 Rn. 20).
Auch aus den beim Verwaltungsgericht vorgelegten Beiblättern des … vom 9. Juni 2020 ergibt sich nichts anderes. Darin heißt es ausdrücklich:
„Die Anlässe für die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens in Zusammenhang mit Drogenkonsum sind sehr unterschiedlich, sodass abhängig von der Fragestellung auch unterschiedliche Abläufe denkbar sind. Vor allem unterscheiden sich die Untersuchungen abhängig von den erforderlichen Laboranalysen.
1. Es sind eine oder mehrere Urinanalysen erforderlich (…)
2. Es ist eine Haaranalyse erforderlich
Anstelle von Urinkontrollen oder auch ergänzend dazu kann auch eine Haaranalyse vorgesehen oder erforderlich sein. (…)“
Daraus wird deutlich, dass die Fragestellung in der Gutachtensanordnung entscheidender Maßstab ist. In dieser ist auf Seite 3 der Hinweis auf die Haaranalyse enthalten. Damit gilt das unter Ziffer 2 des Beiblatts Gesagte, wonach „anstelle von Urinkontrollen oder auch ergänzend dazu“ eine Haaranalyse vorgesehen oder erforderlich sein kann.
Auch in der Rechnung des … heißt es unter Leistung:
„Ärztliches Gutachten Drogen inkl. Haaranalyse 571, 43 € Drogenscreening Urin 90,76 €“
Dass der Antragsteller in Wahrheit zu keiner Zeit willens war, eine Haaranalyse durchführen zu lassen, sondern dass er durch gezielte Verzögerungstaktik und durch das Aufstellen fragwürdiger Behauptungen einen Entzug der Fahrerlaubnis zumindest möglichst lange von sich abzuwenden versuchte, belegt im Übrigen auch die Tatsache, dass er die Zeit zwischen dem Schreiben vom 15. Juli 2020 und dem Telefonat am 27. Juli 2020, als er erfahren hat, dass er die Haarprobe aus Sicht der Gutachterin verweigert hat und Urinanalysen keinen Ersatz darstellen, und der Entziehung nicht zum Anlass genommen hat, um nunmehr ein den normativen und behördlichen Vorgaben genügendes Gutachten beizubringen (vgl. BayVGH, B.v. 10.9.2008 – 11 CS 08.2010 – BeckRS 2008, 28357 Rn. 38).
Dafür, dass es sich um eine reine Schutzbehauptung handelt, spricht auch das übrige Verhalten des Antragstellers. Er trägt widersprüchlich über seinen Bevollmächtigten vor, dass er sich „nachdem“ er den Termin beim … wahrgenommen hat, dafür entschieden habe, aufgrund von zwischenzeitlich eingeholten Informationen, Urinanalysen abzugeben und auf eine Haaranalyse zu verzichten (Seite 7 der Antragsschrift). Aus dem Gutachten geht aber hervor, dass er sich schon im Begutachtungsgespräch mit mehrfachen Urinanalysen einverstanden erklärt hatte. Auch widerspricht dieser Vortrag dem Einwand auf Seite 10 der Antragsschrift, wonach der Antragsteller bereits vor dem Begutachtungstermin beim …und dem Landratsamt angerufen habe und dort mitgeteilt habe, dass seine Haare die erforderlichen 3 – 6 cm nicht haben würden.
Im Strafverfahren hat der Antragsteller sich nach Angaben seines Bevollmächtigten dahingehend eingelassen, dass er das Marihuana für einen Freund besorgt, aber von dem Inhalt einer weiteren Plombe mit Methamphetamin nichts gewusst zu haben. Im Begutachtungsgespräch gab er an, die Drogen hätten nicht ihm gehört und er hätte auch nichts zum Eigenbedarf gekauft, sondern die Drogen hätten sich zufällig genau dort befunden, wo er gestanden habe.
(2) Ein ausreichender Grund für die Nichtbeibringung der Haaranalyse bestand auch nicht (vgl. BayVGH, B.v.19.6.2019 – 11 CS 19.936 – juris Rn. 23 m.w.N.). Der Schluss auf die Nichteignung gemäß § 11 Abs. 8 FeV wäre unzulässig, wenn die zur Beibringung eines Gutachtens aufgeforderte Person dieser Obliegenheit aus von ihr nicht zu vertretenden Gründen nicht nachgekommen ist. Danach kann aus der Weigerung, sich einer zu Recht angeordneten Begutachtung zu unterziehen oder ihr Ergebnis der Behörde vorzulegen, hergeleitet werden, dass der Betroffene einen Eignungsmangel verbergen will (vgl. BayVGH, B.v. 10.9.2008 – 11 CS 08.2010 – BeckRS 2008, 28357 m.w.N.; B.v. 14.11.2011 – 11 CS 11.2349 – BeckRS 2012, 54501 Rn. 47).
Die vom Antragsteller geforderte Mitwirkungshandlung war ihm möglich und zumutbar. Die Gutachterin stellte fest, dass er über die erforderliche Länge Körperhaare von ca. 3 cm verfügt. Insbesondere der Umstand, dass der Antragsteller arbeitsrechtliche Beschwernisse befürchtete, wenn – wie auf der Homepage der Begutachtungsstelle beschrieben – zwei bleistiftstarke Strähnen entnommen worden wären, stellt keine Rechtfertigung für die unterlassene Mitwirkungshandlung dar. Aus dem Gutachten geht hervor, dass dem Antragsteller erläutert wurde, dass die Haare auch ohne ästhetisch auffällige Spuren entnommen werden könnten. Nach dem Begutachtungsgespräch betonte der Antragsteller seine Bedenken unter Berufung auf die Homepage der Begutachtungsstelle, obwohl ihm Anderslautendes persönlich gesagt wurde und er keinen Anlass hatte der Gutachterin insoweit zu misstrauen. Auch wäre es ihm unter Berufung auf die Homepage möglich gewesen, nachzufragen, wie das mit der Aussage der Gutachterin in Einklang zu bringen ist, zumindest wenn ihm dieses Argument nicht erst nach dem Begutachtungsgespräch eingefallen wäre.
Auch die Einwände des Bevollmächtigten des Antragstellers, dass dieser jederzeit bereit gewesen wäre, Zweifel an seiner Fahreignung durch Urinscreenings zu beseitigen, stellt keinen zureichenden Grund für die Verweigerung der Haaranalyse dar. So ist bereits eine fahrlässige Beweisvereitelung des Antragstellers dazu geeignet eine fehlende Mitwirkungshandlung zu bejahen (vgl. zur Mitwirkungspflicht im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung: BayVGH, B.v. 8.11.2019 – 11 CS 19.1565 – juris Rn. 24). Eine solche fahrlässige Beweisvereitelung ist mindestens anzunehmen. So wurde dem Antragsteller ausdrücklich von der Gutachterin eröffnet, dass eine Haaranalyse notwendig sei, um den zurückliegenden Betäubungsmittelkonsum zu eruieren. Diese verweigerte Haaranalyse stand daher bis zum Ende der Begutachtung im Raum, sodass es sich für den Antragsteller hätte aufdrängen müssen, zumindest selbst nachzufragen, ob die nicht durchgeführte Haaranalyse noch Nachwirkungen hat. Für die Gutachterin war durch die anfängliche Verweigerungshaltung des Antragstellers offensichtlich, dass keine Bereitschaft zur Abgabe einer Haaranalyse bestand und daher für sie keine weiteren Fragen zum Ende der Begutachtung offen waren. Zudem liegt es im Verantwortungs- und Risikobereich des Antragstellers ein geeignetes Gutachten beizubringen. Das bei ihm angeblich entstandene Missverständnis bzw. der Eindruck alles Notwendige getan zu haben, ist daher seiner Risikosphäre zuzurechnen. Ihm wäre es zudem unbenommen gewesen, im Nachhinein aktiv die Initiative zu ergreifen und selbstständig und schnellstmöglich eine Haaranalyse in Auftrag zu geben. Auch dieses Nachverhalten deutet auf eine fahrlässige Beweisvereitelung hin, die einen ausreichenden Grund für die Nichtbeibringung der Haaranalyse ausschließt.
Darüber hinaus wäre es dem Antragsteller möglich gewesen, ein mangelhaftes Gutachten, welches das ihm angeblich eingeräumte Wahlrecht nicht wiedergibt, nachbessern zu lassen. Versuche des Antragstellers, nach Kenntnis des Gutachtens selbst mit der Begutachtungsstelle Kontakt aufzunehmen, um das angebliche Missverständnis aufzuklären oder eine Lösung herbeizuführen, liegen nicht vor.
Das Landratsamt ist daher nach Ansicht des Gerichts richtigerweise zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids von einer fehlenden Mitwirkungshandlung des Antragstellers, die die Rechtsfolge des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV rechtfertigt, ausgegangen (VG Bayreuth, B.v. 19.5.2020 – B 1 S 20.358).
(3) Die Ablehnung einer Nachfristsetzung zur Beibringung mehrfacher Urinanalysen war rechtens. Die Urinanalysen wären nicht geeignet gewesen, die gleichen Erkenntnisse zu liefern. Aus den obigen Erwägungen ergibt sich, dass tatsächlich eine Verweigerungshandlung des Antragstellers bei der Erstellung des angeforderten Gutachtens vorgelegen hat – wovon das Landratsamt auch ausging. Das Landratsamt hat daher sein Ermessen pflichtgemäß ausgeübt (VG Bayreuth, B.v. 19.5.2020 – B 1 S 20.358).
dd. Die Fahrerlaubnisbehörde durfte nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung des Antragstellers zur Führung von Kraftfahrzeugen schließen.
c. Nachdem dem Antragsteller die Fahrerlaubnis nach summarischer Prüfung zu Recht entzogen worden ist (dazu unter b.), ist die Abgabeverpflichtung (Ziffer 2) als begleitende Anordnung, die ebenfalls für sofort vollziehbar erklärt wurde, geboten, um die Ablieferungspflicht nach § 47 Abs. 1 FeV durchzusetzen.
d. Selbst wenn Frage 3 der Gutachtensanordnung die strengen Anforderungen nicht erfüllen würde, ergibt eine Interessenabwägung, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt, da der Antragsteller rechtskräftig festgestellt harte Drogen besessen hat und an der Begutachtung diesbezüglich nicht hinreichend mitgewirkt hat. Er wendet sich in seinem Antrag nicht gegen eine zu weitgehende Fragestellung oder die Begutachtung an sich, sondern lediglich das Mittel der Haarprobe.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2 und § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziffern 1.5 und 46.3 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (s. NVwZ-Beilage 2013, 57).


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