Strafrecht

Krankenkasse, Angeklagte, Marke, Wohnhaus, Freiheitsstrafe, Einreise, Hauptverhandlung, Behandlungskosten, Sachschaden, Krebserkrankung, Staatsanwaltschaft, Tatgeschehen, Angeklagten, Gymnasium, ohne Rechtsgrund, minder schwerer Fall, von Amts wegen

Aktenzeichen  16 KLs 875 Js 10476/19

Datum:
12.1.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 39382
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Nürnberg-Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Angeklagte ist schuldig des Wohnungseinbruchdiebstahls in vier Fällen jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung, in einem Fall in Tateinheit mit Diebstahl, sowie des versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung.
II. Er wird deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt.
III. Die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 2.004,70 EUR wird gegen den Angeklagten angeordnet.
IV. Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens sowie seine Auslagen zu tragen.
Angewendete Vorschriften:
§§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, 244 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, 303, 303c, 22, 23, 25 Abs. 2, 52, 53, 73, 73c, 73d Abs. 2 StGB.

Gründe

A. Persönliche Verhältnisse
I. Werdegang
Der Angeklagte ist am … in … geboren. Er ist … Staatsangehöriger und mit seiner drei Jahre jüngeren Schwester und seinem zehn Jahre jüngeren Bruder bei seinen Eltern aufgewachsen. Im Jahr … ist die Familie aus beruflichen Gründen des Vaters nach … gezogen, wo der Angeklagte das Gymnasium besuchte und dieses mit dem Abschluss der allgemeinen Hochschulreife verließ. Anschließend arbeitete der Angeklagte dort bis zum Jahr … als …, um die Familie mitzuernähren. Vor seiner Einreise nach Deutschland erkrankte die Mutter des Angeklagten an Brustkrebs und der Vater wurde aufgrund einer Wirtschaftskrise in … arbeitslos. Infolge der Wirtschaftskrise wurde auch der Angeklagte selbst arbeitslos. Die Behandlungskosten für die Krebserkrankung der Mutter wurden von der Krankenkasse in Albanien nicht übernommen. Der Vater hatte vor seiner Entlassung 40 Jahre auf dem Bau gearbeitet, die Mutter war als Technikfachfrau ebenfalls im Baubereich tätig, bis sie ihren Beruf aufgab und sich dem Haushalt und der Pflege der Kinder und Großeltern widmete. Während seiner Haft in Frankreich im Jahr 2019 bildete sich der Angeklagte fort. Er erreichte das Sprachniveau A2 in der französischen Sprache und absolvierte ein Kompetenztraining. Der Angeklagte ist nicht verheiratet und hat keine Kinder.
II. Strafrechtliches Vorleben
Der Angeklagte ist in Deutschland nicht vorbestraft.
Sein Auszug aus dem französischen Strafregister weist insgesamt drei Einträge auf. Alle in Frankreich abgeurteilten Taten liegen zeitlich nach den dem hiesigen Verfahren zugrundeliegenden Taten. Der Angeklagte wurde am 22.09.2016 wegen Straßenverkehrsdelikten zu einer Geldstrafe in Höhe von 500,00 EUR (Datum der letzten Tat: 20.03.2016), am 24.07.2019 wegen Einbruchsdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten (Datum der letzten Tat: 28.12.2017) und am 30.06.2020 wegen Formen von schwerem Diebstahl ohne Anwendung von Gewalt oder Einsatz von Waffen oder ohne Gewaltandrohung oder Androhung des Einsatzes von Waffen gegen Personen zu einer Freiheitstrafe von 2 Monaten (Datum der letzten Tat: 22.12.2017) verurteilt. Die Urteile sind rechtskräftig und die Strafen vollstreckt.
III. Haftdaten
Der Angeklagte wurde am 23.10.2020 aus Frankreich an die Bundespolizei überstellt und befand sich seit 23.10.2020 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Nürnberg vom 15.10.2019 ununterbrochen bis zur Hauptverhandlung in Untersuchungshaft, seit 17.11.2020 in der Justizvollzugsanstalt Nürnberg.
B. Tatsachverhalte
Der Angeklagte entschloss sich zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt vor dem 30.05.2015 in der Folgezeit zusammen mit dem anderweitig Verurteilten …, eine noch unbestimmte Vielzahl von Wohnungseinbruchsdiebstählen zu begehen, um sich hieraus eine auf Dauer angelegte Einnahmequelle nicht unerheblichen Umfangs zu erschließen, um sich dadurch seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Im Zeitraum vom 30.05.2015 bis zum 11.06.2015 befand er sich zusammen mit … in Deutschland und verübte die folgenden Taten:
I. Geschädigte …
Im Zeitraum vom 02.06.2015, 23:00 Uhr, bis 03.06.2015, 5:40 Uhr, begaben sich der Angeklagte und … zum Wohnhaus von … und … in der …
Entsprechend des zuvor gemeinsam gefassten Tatentschlusses und im bewussten und gewollten Zusammenwirken drangen sie in das Einfamilienhaus ein, indem sie ein Kellerfenster mittels eines mitgebrachten 8 mm starken Bohrers unterhalb des Griffes durchbohrten, einen Draht durch die entstandene Öffnung führten und damit den innenliegenden Hebel öffneten. Aus dem Einfamilienhaus entwendeten sie ein Mobiltelefon der Marke Samsung S5 im Wert von 299,00 EUR sowie Bargeld in Höhe von 780,00 EUR, um diese ohne Rechtsgrund für sich zu behalten. Mit den entwendeten Gegenständen verließen sie sodann das Anwesen der Geschädigten.
Wie von dem Angeklagten und dem anderweitig Verurteilten … zumindest billigend in Kauf genommen, entstand an dem Fenster ein Sachschaden in Höhe von 185,28 EUR, welcher von Seiten der Versicherung der Geschädigten übernommen wurde.
Während der Tatausführung schliefen die Geschädigten im genannten Einfamilienhaus.
Die Geschädigten litten nach der Tat unter Schlafstörungen. Aufgrund des Vorfalls wurde ihr Sicherheitsempfinden stark beeinträchtigt, weshalb sie nach dem Tatgeschehen an ihrem Haus eine Alarmanlage und verriegelbare Rollläden anbringen sowie die Fenster mit abschließbaren Griffen ausstatten ließen. Für die Maßnahmen zum Einbruchschutz gaben die Geschädigten insgesamt ca. 400,00 EUR aus. Mittlerweile leiden die Geschädigten nicht mehr unter Schlafstörungen, allerdings hat der Vorfall ihr Sicherheitsempfinden nachhaltig beeinflusst. Aufgrund der Tat lassen die Geschädigten jeden Abend sämtliche Rollläden herunter, was sie vorher nicht machten.
II. Geschädigte … und …
Im Zeitraum vom 04.06.2015, 22:30 Uhr, bis 05.06.2015, 6:00 Uhr, begaben sich der Angeklagte und … zum Wohnhaus der Geschädigten …, welches zum Zeitpunkt der Tat von den Geschädigten … und … angemietet war und von diesen und ihrer Tochter … bewohnt wurde.
Entsprechend des zuvor gemeinsam gefassten Tatentschlusses und im bewussten und gewollten Zusammenwirken drangen sie in das Einfamilienhaus ein, indem sie die Terrassentür mittels eines mitgebrachten 8 mm starken Bohrers unterhalb des Griffes durchbohrten, einen Draht durch die entstandene Öffnung führten und damit den innenliegenden Hebel öffneten. Aus dem Einfamilienhaus entwendeten sie eine Schmuckschatulle, in welcher sich Schmuck, u.a. Ohrringe, Ketten und eine Armbanduhr der Marke Esprit, im Gesamtwert von 150,00 EUR befand, um diese ohne Rechtsgrund für sich zu behalten.
Nachdem der Angeklagte und der anderweitig Verurteilte … nach dem Verlassen des Anwesens der Geschädigten erkannten, dass es sich bei der Beute um keinen wertvollen Schmuck handelte, ließen sie die Schmuckschatulle samt ihres Inhalts im Garten des Nachbaranwesens zurück, sodass die Schmuckschatulle samt Inhalt an die Geschädigten zurückgeführt werden konnte.
Wie von dem Angeklagten und dem anderweitig Verurteilten … zumindest billigend in Kauf genommen, entstand an der Terrassentür ein Sachschaden in Höhe von 500,00 EUR. Die Hauseigentümerin … ließ die Terrassentür auf eigene Kosten reparieren.
Die Geschädigten … und … befanden sich zum Tatzeitpunkt im Urlaub, welchen sie trotz telefonischer Benachrichtigung von dem Einbruch nicht abbrachen. Die Geschädigte … war über den Vorfall verärgert. Die Verärgerung ebbte nach kurzer Zeit allerdings wieder ab. Die Schmuckschatulle verwendete sie nach dem Vorfall nicht mehr. Die Geschädigten … und … litten nicht unter Schlafstörungen oder ähnlichen Beeinträchtigungen. Langfristige psychische oder physische Folgen sind nicht eingetreten. Verhaltensänderungen infolge des Vorfalls haben dahingehend stattgefunden, dass die Geschädigten … und … bei Abwesenheit dafür Sorge tragen, beispielsweise durch das Anlassen von Licht, dass der Anschein erweckt wird, dass sich im Haus stets jemand aufhalte.
III. Geschädigte …
Am 05.06.2015 gegen 3:15 Uhr begaben sich der Angeklagte und … zum Wohnhaus des Geschädigten ….
Entsprechend des zuvor gemeinsam gefassten Tatentschlusses und im bewussten und gewollten Zusammenwirken versuchten sie mittels Aufbohrens der Terrassentür in das Wohnhaus einzudringen, um daraus Stehlenswertes zu entwenden und dieses ohne Rechtsgrund für sich zu behalten. Da die Geschädigten … und … aufgrund des Aufbohrens ein Knackgeräusch wahrnahmen, begaben sie sich ins Wohnzimmer und schalteten auf dem Weg dorthin das Licht ein. Nachdem der Angeklagte und der anderweitig Verurteilte … das Licht und die Geschädigten wahrgenommen hatten, ergriffen sie die Flucht, sodass es zu keinem Entwendungsschaden kam. Auch der Angeklagte und der anderweitig Verurteilte … wurden von den Geschädigten wahrgenommen.
Der Angeklagte und der anderweitig Verurteilte … hatten bereits ein Loch in die Terrassentür unterhalb des Griffes gebohrt, sodass, wie von ihnen zumindest billigend in Kauf genommen, an der Terrassentür ein Sachschaden in Höhe von 532,00 EUR entstand, welcher von Seiten der Versicherung der Geschädigten übernommen wurde.
Durch den Vorfall wurde das Sicherheitsempfinden der Geschädigten stark beeinträchtigt, weshalb sie nach dem Tatgeschehen an ihrem Haus eine Alarmanlage, Bewegungsmelder im Außenbereich und sicherere Schlösser anbrachten sowie die Terrassentür mit einem abschließbaren Griff ausstatteten. Für die Maßnahmen zum Einbruchschutz gaben die Geschädigten insgesamt ca. 200,00 EUR aus. Der Einbruch ist den Geschädigten auch heute noch gegenwärtig. Sie haben keine Schlafstörungen, allerdings auch weiterhin das ungute Gefühl, dass sich ein derartiger Vorfall wiederholen könnte. Aufgrund der Tat lassen die Geschädigten jeden Abend sämtliche Rollläden herunter, was sie vorher nicht machten.
IV. Geschädigte …
Zwischen dem 08.06.2015, 23:30 Uhr, und dem 09.06.2015, 04:30 Uhr, begaben sich der Angeklagte und … zum Wohnhaus der …
Entsprechend des zuvor gemeinsam gefassten Tatentschlusses und im bewussten und gewollten Zusammenwirken drangen sie in das Wohnhaus ein, indem sie mittels eines 8 mm starken Bohrers zwei Löcher in die Terrassentür bohrten, einen unbekannten, vermutlich drahtähnlichen Gegenstand durch das Bohrloch führten und damit den innenliegenden Hebel der Terrassentür öffneten. Aus dem Einfamilienhaus entwendeten der Angeklagte und der anderweitig Verurteilte … eine Damenlederjacke und eine Aktentasche, um diese ohne Rechtsgrund für sich zu behalten. Nach Verlassen des Wohnhauses entwendeten der Angeklagte und der anderweitig Verurteilte … zudem drei T-Shirts und drei Sporthosen teurerer Marken, welche auf einer Wäscheleine in der an der Garage angrenzenden Pergola aufgehängt waren, ebenfalls um diese ohne Rechtsgrund für sich zu behalten. Die Beute hat einen Gesamtwert von 255,70 EUR, wobei die Kammer zugunsten des Angeklagten davon ausgeht, dass die Damenlederjacke und die Aktentasche einen Wert von zusammen 50,00 EUR aufweisen. Mit den entwendeten Gegenständen verließen sie sodann das Anwesen der Geschädigten, wobei sie den Inhalt der Aktentasche im Garten des Anwesens verstreut zurückließen.
Wie von dem Angeklagten und dem anderweitig Verurteilten … zumindest billigend in Kauf genommen, entstand an der Terrassentür ein Sachschaden in Höhe von 1.005,55 EUR, welcher von Seiten der Versicherung der Geschädigten ersetzt wurde.
Während der Tatausführung schliefen die Geschädigten … und … mit ihren zum Tatzeitpunkt 13 und 17 Jahre alten Kindern im genannten Einfamilienhaus.
Durch den Vorfall wurde das Sicherheitsempfinden der Geschädigten stark beeinträchtigt, weshalb sie nach dem Tatgeschehen an ihrem Haus Bewegungsmelder, zusätzliche Beleuchtung sowie Verriegelungen für die Kellertür und Kellerfenster anbrachten. Der Einbruch ist den Geschädigten auch heute noch gegenwärtig. Aufgrund der Tat lassen die Geschädigten jeden Abend sämtliche Rollläden herunter, was sie vorher nicht machten. Die Geschädigte … lässt zudem abends in der Dämmerung stets das Licht brennen.
V. Geschädigte … und …
Im Zeitraum vom 10.06.2015, 22:30 Uhr, bis 11.06.2015, 6:15 Uhr, begaben sich der Angeklagte und … zum Wohnhaus der Geschädigten … und ….
Entsprechend des zuvor gemeinsam gefassten Tatentschlusses und im bewussten und gewollten Zusammenwirken drangen sie in das Einfamilienhaus ein, indem sie mittels eines 8 mm starken Bohrers zwei Löcher unterhalb des Griffes in ein Fenster bohrten, einen Draht durch eines der Bohrlöcher führten und damit den innenliegenden Hebel des Fensters öffneten. Zunächst hatten der Angeklagte und der anderweitig Verurteilte … auf gleiche Weise versucht, die Terrassentür zu öffnen, was ihnen jedoch nicht gelang. Aus dem Einfamilienhaus entwendeten sie ein Mobiltelefon der Marke Sony Xperia Z3 im Wert von 600,00 EUR sowie Bargeld in Höhe von 170,00 EUR, um diese ohne Rechtsgrund für sich zu behalten. Mit den entwendeten Gegenständen verließen sie sodann das Anwesen der Geschädigten.
Wie von dem Angeklagten und dem anderweitig Verurteilten … zumindest billigend in Kauf genommen, entstand an dem Fenster und an der Terrassentür ein Sachschaden in Höhe von insgesamt 500,00 EUR. Da die Geschädigten keine Hausratversicherung hatten, mussten sie für den Schaden selbst aufkommen.
Während der Tatausführung schliefen die Geschädigten im genannten Einfamilienhaus.
Durch den Vorfall wurde das Sicherheitsempfinden der Geschädigten stark beeinträchtigt, weshalb sie nach dem Tatgeschehen an ihrem Haus abschließbare Rollläden und Fenstergriffe anbrachten. Der Einbruch ist den Geschädigten auch heute noch gegenwärtig. Die Geschädigte … legte noch ca. ein bis eineinhalb Jahre nach der Tat zu Verteidigungszwecken in der Nacht einen Hammer auf ihr Nachtkästchen, wenn ihr Lebensgefährte, der Geschädigte … nicht ebenfalls im Haus anwesend war. Der Geschädigte … schaltet auch heute noch das Licht in der Nacht an, wenn er sich im Haus bewegt, was er vor dem Vorfall nicht machte. Der Gedanke, was die Täter während der Tatausführung berührt haben könnten, beschäftigt die Geschädigten auch heute noch. Durch das Herunterlassen und Verriegeln sämtlicher Rollläden entsteht bei den Geschädigten immer wieder das Gefühl des Eingesperrt-Seins im eigenen Haus.
VI. Geschädigte …
Im Zeitraum vom 10.06.2015, 22:30 Uhr, bis 11.06.2015, 6:15 Uhr, begaben sich der Angeklagte und zum Wohnhaus der … während die Geschädigten … und … mit ihren zum Tatzeitpunkt 21 und 23 Jahre alten Kindern in dem Wohnhaus schliefen.
Entsprechend des zuvor gemeinsam gefassten Tatentschlusses und im bewussten und gewollten Zusammenwirken versuchten sie mittels Aufbohrens der Terrassentür in das Wohnhaus einzudringen, um daraus Stehlenswertes zu entwenden und dieses ohne Rechtsgrund für sich zu behalten. Entweder aufgrund des durch den im Flur angebrachten Bewegungsmelder angegangenen Lichts oder aufgrund der Tatsache, dass es dem Angeklagten und dem anderweitig Verurteilten … nicht gelang, die Tür mittels der ihnen vor Ort zur Verfügung gestandenen Mittel zu öffnen, oder aufgrund anderer unbekannter äußerer Einflüsse, jedenfalls nicht aufgrund eines bei dem Angeklagten eingetretenen Sinneswandels ergriffen der Angeklagte und der anderweitig Verurteilte … vor Betreten des Wohnhauses die Flucht, sodass es zu keinem Entwendungsschaden kam.
Der Angeklagte und der anderweitig Verurteilte … hatten bereits zwei Löcher in die Terrassentür unterhalb des Griffes gebohrt bzw. diese jedenfalls an diesen zwei Stellen angebohrt, sodass, wie von ihnen zumindest billigend in Kauf genommen, an der Terrassentür ein Sachschaden in Höhe von 321,00 EUR entstand, welcher von Seiten der Versicherung der Geschädigten übernommen wurde.
Durch den Vorfall wurde das Sicherheitsempfinden der Geschädigten … und … stark beeinträchtigt, weshalb sie umzogen und an ihrem neuen Haus eine Alarmanlage, Bewegungsmelder und Schlösser an den Fenstern und Türen anbrachten. Der Einbruch ist den Geschädigten auch heute noch gegenwärtig und der Gedanke daran durch den Umzug keineswegs verschwunden. Die Geschädigte … wacht auch heute noch zwei – bis dreimal in der Nacht auf und vergewissert sich, dass „alles in Ordnung ist“. Aufgrund der Tat lassen die Geschädigten jeden Abend sämtliche Rollläden herunter, was sie vorher nicht machten.
Soweit erforderlich, hält die Staatsanwaltschaft in allen Fällen wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten.
C. Beweiswürdigung
I. Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen
Die Feststellungen zum persönlichen Werdegang des Angeklagten beruhen auf dessen eigenen Angaben. Die Kammer hatte an deren Richtigkeit keine Zweifel.
Die Feststellungen zum strafrechtlichen Vorleben des Angeklagten beruhen auf den in der Hauptverhandlung verlesenen Auszügen aus dem deutschen Bundeszentralregister und dem französischen Strafregister. Deren Inhalt wurde von dem Angeklagten als richtig anerkannt, sodass die Kammer die Auszüge zur Grundlage ihrer Feststellungen machen konnte.
II. Feststellungen zu den Tatsachverhalten
Der Angeklagte räumte die Vorwürfe über seine Verteidigerin umfassend ein. Über seine Verteidigerin ließ er weiterhin erklären, dass er die Tat unter B. VI. freiwillig verhindert habe, da er eingesehen habe, dass sein Verhalten nicht richtig sei. Er selbst gab zudem an, dass er aus einer finanziellen Notlage heraus gehandelt habe, aufgrund der Krebserkrankung seiner Mutter verzweifelt und der anderweitig Verurteilte … die treibende Kraft gewesen sei, indem er beispielsweise die Tatorte aussuchte.
Das Geständnis des Angeklagten wird – mit Ausnahme der freiwilligen Verhinderung der Tat bezüglich des Falles unter B. VI. – bestätigt und ergänzt u.a. durch die glaubhaften Angaben des polizeilichen Sachbearbeiters …
Dieser berichtete von dem Gang der Ermittlungen und bestätigte den Modus operandi. So sei es durch den anderweitig Verurteilten … im Jahr 2015 insgesamt zu drei Einbruchstouren in Deutschland gekommen. Auf der ersten Einbruchstour im Mai/Juni 2015 sei der anderweitig Verurteilte … von dem Angeklagten, auf der zweiten Einbruchstour im Juli/August 2015 von dem ebenfalls bereits Verurteilten … und auf der dritten Einbruchstour im September 2015 von einer Person namens … begleitet worden. Nachdem … nach Auffassung des … nicht für die geplanten Einbruchstaten geeignet erschien, habe sich der anderweitig Verurteilte … von ihm getrennt und habe mangels eines geeigneten Mittäters mehrere Wohnungseinbrüche allein begangen, bis er schließlich am 21.09.2015 festgenommen worden sei.
Sofern die Taten nach Mitternacht und/oder in Anwesenheit der Hausbewohner begangen worden seien, hätten die Täter stets mittels eines Bohrers ein oder zwei Löcher unterhalb der Griffe der Türen bzw. Fenster gebohrt, einen drahtähnlichen Gegenstand durch das Bohrloch geführt und damit die innenliegenden Hebel geöffnet. Diese Methode sei leiser von statten gegangen, auch wenn sie mehr Zeit in Anspruch genommen habe. Ansonsten hätten die Täter die Türen bzw. Fenster mittels eines Schraubenziehers aufgehebelt. Diese Methode sei schneller, allerdings auch geräuschintensiver gewesen. Hierdurch hätten sie sich Zutritt zu den Wohnhäusern verschafft, um dort Stehlenswertes zu entwenden. Der anderweitig Verurteilte … sei hierbei als Haupttäter anzusehen. Dies folgere er daraus, dass der anderweitig Verurteilte … in einem Telefonat mit seiner Lebensgefährtin geäußert habe, mit dem Mittäter der dritten Einbruchstour, der Person namens …, nicht zufrieden zu sein und diesen austauschen zu wollen. Des Weiteren seien nach seinen Erkenntnissen die Tatorte mit dem Fahrzeug des … angefahren worden. Ein anderes Fahrzeug sei nicht bekannt.
Die Verbindung des Angeklagten zu dem anderweitig Verurteilten … ergebe sich aus dem Umstand, dass das von dem anderweitig Verurteilten … benutzte Mobiltelefon in den jeweiligen Tatortfunkzellen zur Tatzeit eingeloggt gewesen sei. Zudem habe man bei den Taten unter B. I., III., IV. und V. DNA-Spuren des Angeklagten an den Tatorten finden können. Die Taten unter B. II. und VI. stünden zu diesen in einem engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang und zeichnen sich durch den selben Modus operandi aus.
Entgegen der über seine Verteidigerin abgegebenen Einlassung des Angeklagten, er habe in dem Fäll unter B. VI. freiwillig die Tat verhindert, da er eingesehen habe, dass sein Verhalten nicht richtig sei, ist die Kammer davon überzeugt, dass der Angeklagte aufgrund äußerer Umstände von der weiteren Tatausführung abgehalten wurde und die Tat nicht freiwillig verhindert hat. Der Angeklagte hat sich hierzu nicht selbst eingelassen, sondern diese Erklärung ausschließlich über seine Verteidigerin und ohne weitere Ausführungen abgeben lassen.
Aufgrund der nachfolgend genannten Umstände konnte die Kammer den Ausführungen des Angeklagten keinen Glauben schenken. Die Kammer hält die Einlassung des Angeklagten für eine Schutzbehauptung und ist davon überzeugt, dass die Aufgabe der weiteren Tatausführung nicht auf einen Sinneswandel des Angeklagten zurückzuführen ist.
Diese Auffassung stützt die Kammer zum einen auf die glaubhaften Angaben des Zeugen …. Zwar äußerte dieser, dass er den Grund für die Aufgabe der weiteren Tatausführung nicht sicher kenne, aber davon überzeugt sei, dass diese auf äußere Umstände zurückzuführen sei. Der anderweitig Verurteilte … sei bei den Tatvorbereitungen und -ausführungen „übersensibel“ und „übervorsichtig“ gewesen, sodass er die Taten bei dem geringsten Anzeichen, dass Komplikationen auftreten könnten oder die Gefahr bestand, entdeckt zu werden, abgebrochen habe. Beispielsweise habe aufgrund einer sichergestellten Rechnung festgestellt werden können, dass das Tatwerkzeug, der Bohrer, gekauft worden sei. Aufgrund seiner langjährigen kriminalistischen Erfahrung wisse er, dass der Kauf des Tatwerkzeugs eher ungewöhnlich sei. Gewöhnlicherweise werde auch dieses gestohlen. Darüber hinaus habe bei der Auswertung von Telefongesprächen des anderweitig Verurteilten … festgestellt werden können, dass er zudem stets darauf bedacht gewesen sei, sein Fahrzeug, mit welchem zu den Tatorten gefahren worden sei, in unmittelbarer Nähe zu anderen Fahrzeugen abzustellen, damit dieses nicht isoliert stehe und somit in den Fokus rücke. Auch sei es ihm stets ein Anliegen gewesen, das Fahrzeug zu waschen und sauber zu halten, damit keine Rückschlüsse auf eine übermäßige Benutzung und auf die Tatorte gezogen werden könnten. Der Zeuge … gab weiter an, dass er sich auch vorstellen könne, dass es den Tätern nicht gelungen sei, in das Wohnhaus einzudringen. Es sei durchaus möglich, dass in der Tür eine Eisenplatte verbaut gewesen sei, welche der Bohrer nicht habe durchdringen können.
Des Weiteren stützt die Kammer ihre Annahme auf die glaubhafte Aussage der Geschädigten …. Diese gab an, dass sie damals einen dementen Hund gehabt habe, welcher sich frei im Haus habe bewegen können. Sie könne sich vorstellen, dass durch diesen der Bewegungsmelder im Flur aktiviert worden und infolgedessen auch das Licht im Flur angegangen sei.
Die Kammer ist sich darüber im Klaren, dass es sich auch seitens der Geschädigten … um eine Vermutung handelt. Allerdings ist dies eine weitere mögliche und schlüssige Erklärung dafür, dass der Angeklagte und der anderweitig Verurteilte …, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der anderweitig Verurteilte … „übersensibel“ war, von der weiteren Tatausführung abließen.
Weiterhin wurden bereits zwei Löcher in die Terrassentür gebohrt bzw. diese jedenfalls an zwei Stellen angebohrt. Der Angeklagte ist nach den verfahrensgegenständlichen Taten im Jahr 2017 nach Frankreich eingereist und hat dort ebenfalls Wohnungseinbruchsdiebstähle begangen. Dies lässt sich – in Zusammenschau mit den oben gemachten Ausführungen – nicht mit dem vom Angeklagten angeführten angeblichen Sinneswandel in Einklang bringen.
Das Geständnis des Angeklagten wird weiterhin bestätigt und ergänzt durch die glaubhaften Aussagen der Geschädigten … und …. Diese berichteten glaubhaft über die örtlichen Gegebenheiten bei den jeweiligen Anwesen, die entstandenen Entwendungs- und Sachschäden und die psychischen wie physischen Folgen der Taten. Bei den Geschädigten war keinerlei Belastungseifer zu erkennen. Für die Kammer ist es durchaus nachvollziehbar, dass insbesondere Geschädigte, die während der Anwesenheit von Einbrechern im Haus geschlafen hatten, auch noch Jahre später unter den psychischen Folgen des Einbruchs zu leiden haben. Diese Angaben werden darüber hinaus durch die in Augenschein genommenen Lichtbilder bestätigt, auf welchen insbesondere die Anwesen der Geschädigten samt der örtlichen Gegebenheiten dort sowie die Einbruchsstellen zu sehen sind.
D. Rechtliche Würdigung
Der Angeklagte hat sich aufgrund des festgestellten Sachverhalts des Wohnungseinbruchdiebstahls in vier Fällen jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung, in einem Fall in Tateinheit mit Diebstahl, sowie des versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung gemäß §§ 242, 243 Abs. 1 Nr. 3, 244 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, 303, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2, 52, 53 StGB schuldig gemacht.
Der Tatbestand des § 244 Abs. 4 StGB n.F. findet auf die im Jahr 2015 begangenen Wohnungseinbruchsdiebstähle gem. § 2 Abs. 3 StGB keine Anwendung, weil die Norm des § 244 Abs. 4 StGB n.F. erst am 01.07.2017 in Kraft getreten ist.
Bei der Tat unter B. IV. hat der Angeklagte bezüglich der drei T-Shirts und der drei Sporthosen den Tatbestand des § 243 Abs. 1 Nr. 3 StGB verwirklicht. Insoweit sind der Angeklagte und der anderweitig Verurteilte … nicht in das Wohnhaus eingedrungen, um die Gegenstände zu entwenden.
Der Angeklagte und der anderweitig Verurteilte … handelten gemeinschaftlich im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB. Auf Grundlage des gemeinsamen Tatplans können die Ausführungshandlungen des … auch dem Angeklagten zugerechnet werden.
Der Angeklagte ist bezüglich aller Taten als (Mit-)Täter und nicht lediglich als Gehilfe zu qualifizieren, da er das hierfür erforderliche Interesse am Erfolg der Tat aufwies sowie Tatherrschaft hatte. Zwischen dem anderweitig Verurteilten … und dem Angeklagten bestand zwar ein Über-/Unterordnungsverhältnis dergestalt, dass der anderweitig Verurteilte … den Anreiz für die Taten lieferte, die Tatorte aussuchte und die Tatorte mit seinem Fahrzeug angefahren wurden, allerdings hatte der Angeklagte infolge seiner schlechten finanziellen Lage ein ebenso hohes Interesse am Erfolg der Tat, wie der anderweitig Verurteilte …, sowie die erforderliche Tatherrschaft. Der Angeklagte und der anderweitig Verurteilte … begaben sich gemeinsam zu den jeweiligen Tatorten und führten die Taten gemeinsam und arbeitsteilig aus.
Der Angeklagte hat bei der Tat zum Nachteil der Geschädigten … und … auch bereits die nach § 22 StGB für den Versuchsbeginn maßgebliche Schwelle überschritten. Bei der Mittäterschaft treten alle Mittäter einheitlich in das Versuchsstadium ein, sobald einer von ihnen zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt. Die Mittäter begehen nach der gesetzlichen Konzeption des § 25 Abs. 2 StGB eine einheitliche Tat und unterliegen daher auch in dieser Situation dem Grundsatz wechselseitiger Zurechnung.
Der Angeklagte und der anderweitig Verurteilte … haben bei der Tat unter B. III. bereits ein Loch in die Terrassentür gebohrt. Bei der Tat unter B. VI. haben sie bereits zwei Löcher in die Terrassentür gebohrt bzw. diese jedenfalls an zwei Stellen angebohrt. Hiermit haben sie subjektiv die Schwelle zum „Jetzt geht es los“ überschritten. Objektiv hat der Angeklagte damit auch eine Handlung vorgenommen, die in ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwischenakte unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung führt und im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr steht.
Der Angeklagte ist von den Versuchstaten unter B. III. und VI. auch nicht gemäß § 24 StGB strafbefreiend zurückgetreten.
Bezüglich der Tat unter B. III. hat der Angeklagte die Vollendung der Tat nicht freiwillig verhindert (§ 24 Abs. 2 S. 1 StGB) und sich auch nicht freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung der Tat zu verhindern (§ 24 Abs. 2 S. 2 StGB).
Geht man davon aus, dass es dem Angeklagten und dem anderweitig Verurteilten … bezüglich der Tat unter B. VI. nicht gelang, die Tür mit den ihnen vor Ort zur Verfügung stehenden Mitteln zu öffnen, ist der Versuch bereits fehlgeschlagen. Im Übrigen hat der Angeklagte die Vollendung der Tat nicht freiwillig verhindert (§ 24 Abs. 2 S. 1 StGB) und sich auch nicht freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung der Tat zu verhindern (§ 24 Abs. 2 S. 2 StGB).
E. Strafzumessung
I. Verständigung
Eine Verständigung i.S.d. § 257c StPO ist nicht zustandegekommen.
II. Strafrahmen
Die Kammer ist bei den jeweiligen Taten von dem Strafrahmen des § 244 Abs. 1 StGB (sechs Monate bis zehn Jahre Freiheitsstrafe) ausgegangen und hat in allen Fällen von der Anwendung eines minder schweren Falles abgesehen.
Für die Bewertung, ob ausnahmsweise ein minder schwerer Fall vorliegt, ist nicht nur das engere Tatgeschehen, sondern es sind alle wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände heranzuziehen und zu würdigen, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen. Die Erschwernis- und Milderungsgründe sind auf diese Weise nach pflichtgemäßem Ermessen gegeneinander abzuwägen.
Nach der von der Kammer auf dieser Grundlage durchgeführten Gesamtwürdigung aller nachfolgend genannten, wesentlichen tat- und täterbezogenen Umstände weicht das gesamte Tatbild einer jeden einzelnen Tat einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle nicht in einem solchen Maß ab, dass die Anwendung des Ausnahmetatbestands geboten scheint.
Die Kammer hat dabei berücksichtigt, dass der Angeklagte geständig war, das Geständnis nach Auffassung der Kammer von Schuldeinsicht und Reue getragen war und er hierdurch zu einer erheblichen Verfahrensvereinfachung beigetragen hat. Zu seinen Gunsten war weiterhin zu sehen, dass er sich im Rahmen der Hauptverhandlung bei den Geschädigten ernsthaft und persönlich entschuldigt hat. Auch wenn die Geschädigten jeweils betonten (mit Ausnahme der Geschädigten …), dass auch die Entschuldigung die psychischen Folgen nicht mildern oder gar ungeschehen machen könne, so nahmen dennoch alle die Entschuldigung des Angeklagten an. Der Angeklagte befand sich zum Zeitpunkt der Taten in einer schlechten finanziellen Lage und beging die Taten aus der Motivation heraus, die Behandlungskosten, welche in Albanien nicht von der Krankenkasse übernommen werden, für seine zum damaligen Zeitpunkt krebskranke Mutter zu übernehmen. Zudem verzichteten der anderweitig Verurteilte … und der Angeklagte darauf, persönliche Ausweispapiere oder Bankkarten, welche für die Geschädigten mit einem erhöhten Aufwand wiederzubeschaffen gewesen wären, zu entwenden. Des Weiteren fiel dem Angeklagten im Vergleich zu seinem Mittäter, dem anderweitig Verurteilten …, die untergeordnete Rolle zu. Zugunsten des Angeklagten war weiter zu berücksichtigen, dass die Taten bereits über fünf Jahre zurückliegen und der Angeklagte besonders haftempfindlich ist. Der Angeklagte ist albanischer Staatsangehöriger, hat keine sozialen Kontakte in Deutschland und ist weitestgehend sprachunkundig. In Deutschland ist der Angeklagte noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten. Zu seinen Gunsten ist zusätzlich zu sehen, dass ein Härteausgleich vorgenommen worden wäre, wenn der Angeklagte die in Frankreich begangenen Taten in Deutschland begangen hätte.
Bei der Beurteilung, ob von einem minder schweren Fall bei der Tat unter B. II. auszugehen ist, ist von der Kammer zugunsten des Angeklagten zudem gesehen worden, dass die Tatbeute von dem Angeklagten und dem anderweitig Verurteilten … zurückgelassen wurde und demnach an die Geschädigten zurückgegeben werden konnte.
Dennoch war bei allen Taten, insbesondere in Anbetracht des Tatbilds und der psychischen Tatfolgen für die Geschädigten, eine Abweichung vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle nicht in einem solchen Maße festzustellen, dass von der Annahme minder schwerer Fälle auszugehen war. Das Tatbild war von sehr hoher krimineller Energie insbesondere unter Berücksichtigung der professionellen Vorgehensweise geprägt.
Die Tatausführung erfolgte ohne Rücksicht auf die anwesenden Bewohner, welche mit Ausnahme der Geschädigten im Fall unter B. II. zur Tatzeit im Haus schliefen. Auch wenn sich keiner der Geschädigten in ärztliche Behandlung begeben musste, so sind die psychischen Folgen – mit Ausnahme bei den Geschädigten im Fall unter B. II. – auch heute noch, fünf Jahre nach der Tat, nicht unerheblich. Des Weiteren waren der bei allen Fällen entstandene Sachschaden und die Entwendungsschäden in den Fällen unter B. I., IV. und V. nicht unerheblich. Der Angeklagte verwirklichte die (versuchten) Wohnungseinbruchsdiebstähle jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung – hierbei ist nicht zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt worden, dass der Wohnungseinbruchsdiebstahl unter B. IV. bezüglich der Kleidungsstücke in Tateinheit zum besonders schweren Fall des Diebstahls steht. Die Einreise des Angeklagten erfolgte allein zu dem Zweck der Begehung von Straftaten.
Auch die Hinzuziehung des vertypten Milderungsgrunds des § 23 Abs. 2 StGB führte bei den Taten unter B. III. und VI. bei dem beschriebenen Tatbild nicht zu der Annahme eines minder schweren Falles. Trotz des jeweils nur erreichten Versuchsstadiums ist wegen der Vollendungsnähe (Türen bereits durchbohrt bzw. angebohrt, Aufgabe der Tatausführung bei der Tat unter B. III. wegen Störung durch die Geschädigten, bei der Tat unter B. VI. wegen Störung durch Licht oder andere äußere Umstände bzw. Scheitern am Türöffnen) ein minder schwerer Fall zu verneinen.
Bei einer nochmaligen Gesamtwürdigung der oben genannten be- und entlastenden Umstände hat die Kammer bei der Tat unter B. III. auch nicht von der fakultativen Strafrahmenverschiebung nach §§ 23 Abs. 2, 49 StGB, insbesondere aufgrund der Vollendungsnähe und hierbei im Besonderen aufgrund des Zusammentreffens mit den Geschädigten, Gebrauch gemacht.
Bezüglich der Tat unter B. VI. hat die Kammer dagegen von der fakultativen Strafrahmenverschiebung nach §§ 23 Abs. 2, 49 StGB Gebrauch gemacht, sodass in diesem Fall der gesetzliche Strafrahmen des § 244 Abs. 1 StGB entsprechend (ein Monat bis sieben Jahre und sechs Monate Freiheitsstrafe) zu verschieben war.
III. Strafzumessung im engeren Sinne
Zur Bestimmung der Einzelstrafen waren alle unter E. II. aufgeführten ent- und belastenden Umstände für jeden Einzelfall in eine Gesamtabwägung einzustellen. Diese Umstände gelten grundsätzlich für alle Fälle, soweit in dem genannten Abschnitt nicht anders vermerkt.
Insbesondere bei den Taten unter B. III. und VI. ist zugunsten des Angeklagten zu sehen, dass die Taten im Versuchsstadium steckengeblieben sind.
Die Kammer erachtete daher unter Abwägung der vorgenannten Kriterien folgende Einzelstrafen für angemessen:
Tat Ziff. B. I.:
1 Jahr und 6 Monate Freiheitsstrafe
Tat Ziff. B. II.:
1 Jahr und 3 Monate Freiheitsstrafe
Tat Ziff. B. III.:
1 Jahr Freiheitsstrafe
Tat Ziff. B. IV.:
1 Jahr und 3 Monate Freiheitsstrafe
Tat Ziff. B. V.:
1 Jahr und 6 Monate Freiheitsstrafe
Tat Ziff. B. IV.:
10 Monate Freiheitsstrafe
IV. Gesamtstrafenbildung
Bei der nach §§ 53, 54 StGB vorzunehmenden Gesamtstrafenbildung hat die Kammer nochmals alle bereits genannten Strafzumessungsgründe umfassend gegeneinander abgewogen.
Hierbei wurde zudem berücksichtigt, dass zwischen den Taten ein relativ enger zeitlicher und situativer Zusammenhang besteht und durch die immer gleichartige Begehungsweise auch die Hemmschwelle gesunken sein dürfte.
In einer Gesamtwürdigung hielt die Kammer eine Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren für tat- und schuldangemessen und für erforderlich, um das begangene Unrecht angemessen zu ahnden.
F. Einziehung von Wertersatz
Es war gemäß §§ 73 Abs. 1, 73c, 73d Abs. 2 StGB die Einziehung von Wertersatz bezüglich der vom Angeklagten bei den Taten unter B. I., IV. und V. erlangten Vermögenswerte auszusprechen.
Die Höhe des eingezogenen Wertersatzes bestimmt sich dabei danach, was der Angeklagte im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB erlangt hat. „Erlangt“ im Sinne von § 73 Abs. 1 S. 1 StGB ist ein Vermögensvorteil dann, wenn der Täter oder Teilnehmer die faktische Verfügungsgewalt über den Gegenstand erworben hat. In allen vollendeten Diebstahlsfällen hatte der Angeklagte als Mittäter bereits am Tatort faktische Verfügungsgewalt über die Beute erlangt. Bezüglich der Tat unter B. II. war die Einziehung von Wertersatz nicht auszusprechen, da die Beute an die Geschädigten zurückgeführt werden konnte.
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Taterträge:
Bei der unter B. I. beschriebenen Tat erlangte der Angeklagte ein Mobiltelefon der Marke Samsung S5 im Wert von 299,00 EUR und Bargeld in Höhe von 780,00 EUR.
Bei der unter B. IV. beschriebenen Tat erlangte der Angeklagte eine Damenlederjacke, eine Aktentasche sowie drei T-Shirts und drei Sporthosen im Gesamtwert von 255,70 EUR.
Bei der unter B. V. beschriebenen Tat erlangte der Angeklagte ein Mobiltelefon der Marke Sony Xperia Z3 im Wert von 500,00 EUR und Bargeld in Höhe von 170,00 EUR.
Die erlangten Taterträge sind nach den Feststellungen der Kammer im Vermögen des Angeklagten nicht mehr vorhanden.
Es war daher die Einziehung von Wertersatz in Höhe von insgesamt 2.004,70 EUR auszusprechen.
G. Kosten
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 464, 465 StPO.


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