Strafrecht

Staats- und Verfassungsrecht; Verfassungsbeschwerde

Aktenzeichen  25/18

Datum:
23.6.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Thüringer Verfassungsgerichtshof
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:VERFGHT:2021:0623.25.18.00
Normen:
§ 178 GVG
Art 1 Abs 1 Verf TH
Art 2 Abs 1 Verf TH
Art 2 Abs 4 Verf TH
Art 3 Abs 2 Verf TH
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Spruchkörper:
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Leitsatz

Einzelfall einer erfolglosen Verfassungsbeschwerde (Ordnungsgeld wegen Ungebühr nach mehrmaligem Nichterheben bei Eintreten des Gerichts in den Sitzungssaal)

Verfahrensgang

vorgehend LG Erfurt, 5. Januar 2018, 5 Ns 501 Js 31517/11, Beschlussvorgehend Thüringer Oberlandesgericht, 6. August 2018, 1 Ws 230/18, Beschluss

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen die Beschlüsse des Landgerichts Erfurt vom 5. Januar 2018, Az. 5 Ns 501 Js 31517/11, und des Thüringer Oberlandesgerichts vom 6. August 2018, Az. 1 Ws 230/18, in welchen ihr Verhalten während der Hauptverhandlung als ungebührlich angesehen und mit der Festsetzung von Ordnungsgeld bzw. Androhung von Ordnungshaft geahndet wurde.
A.
I.
Die Beschwerdeführerin war Angeklagte in einem Strafverfahren wegen Beleidigung. Sie ist ein rehabilitiertes Opfer des SED-Unrechtsregimes in der DDR und macht seit Jahren Rechte an der Immobilie „A…“ in E… geltend. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, dass ihr die Rechte an der Immobilie durch vorsätzliches rechtswidriges Handeln von Amtsträgern des Freistaats Thüringen und der Landeshauptstadt Erfurt vorenthalten werden.
1. In diesem Zusammenhang warf die Beschwerdeführerin auch der Thüringer Justiz eine Günstlingswirtschaft vor und bezichtigte im Jahr 2011 den damaligen Vizepräsidenten des Thüringer Oberlandesgerichts der „richterlichen“ Nähe zur Szene „krimineller Immobilienspekulation“ und eine namentlich benannte Richterin am Thüringer Oberlandesgericht der Verfolgung sittenwidrig bereichernder wirtschaftlicher Erwerbsinteressen. Aufgrund dieser Äußerungen wurden im Auftrag des damaligen Präsidenten des Thüringer Oberlandesgerichts in dessen Funktion als Dienstvorgesetzter mit Schreiben vom 28. September 2011 und 18. Oktober 2011 jeweils Strafantrag und Strafanzeige wegen Beleidigung gegen die Beschwerdeführerin bei der Generalstaatsanwaltschaft Jena gestellt.
Hinsichtlich dieser angezeigten Taten verurteilte das Amtsgericht Erfurt die Beschwerdeführerin mit Urteil vom 4. August 2016 (Az.: 501 Js 31517/11 49 Ds) wegen Beleidigung in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 20 Tagessätzen und sprach sie im Übrigen frei. Gegen dieses Urteil legte die Beschwerdeführerin form- und fristgemäß Berufung ein.
2. Zum ersten Termin zur Hauptverhandlung vor dem Landgericht Erfurt am 4. Dezember 2017 wurde die Beschwerdeführerin zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen vernommen. In diesem Zusammenhang fragte sie der Oberstaatsanwalt als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft, ob sie bereit sei, Belege über ihre Bezüge vorzulegen. Hierauf erklärte die Beschwerdeführerin, dass ihr dies nicht möglich sei, weil sie ihre Wohnung zwangsweise habe räumen müssen und ihr hiernach keine einschlägigen Unterlagen mehr zur Verfügung stünden. Der Oberstaatsanwalt bezeichnete daraufhin dieses als „alten Quatsch“. Die Beschwerdeführerin beantragte die Protokollierung dieser Äußerung des Oberstaatsanwalts. Diesen Antrag lehnte das Gericht ab.
Bereits im Schreiben vom 1. Dezember 2017, auf welches mit Schreiben vom 4. Dezember 2017 nochmals mit Verweis auf die Geschehnisse zum Hauptverhandlungstermin am selben Tag Bezug genommen wurde, stellte der Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin den Antrag an das Gericht, darauf hinzuwirken, den Oberstaatsanwalt von seiner Tätigkeit als Vertreter der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung gegen die Beschwerdeführerin abzulösen und durch einen anderen Beamten der Staatsanwaltschaft zu ersetzen. Mit Beschluss vom 8. Dezember 2017 verwarf das Gericht diesen Antrag der Beschwerdeführerin als unzulässig. Zur Begründung führte es aus, dass die Vorschriften der §§ 22 ff. der Strafprozessordnung (StPO) auf Staatsanwälte keine Anwendung fänden. Es gebe kein Recht der Prozessbeteiligten, einen Staatsanwalt abzulehnen.
Mit Schreiben vom 18. Dezember 2017, welches dem Gericht unmittelbar vor dem Fortsetzungstermin am gleichen Tag übergeben wurde, stellte die Beschwerdeführerin den Antrag, die Vorsitzende Richterin am Landgericht sowie die beiden Schöffen wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Zur Begründung trug die Beschwerdeführerin vor, dass der Vertreter der Staatsanwaltschaft weder hinsichtlich seiner Wortwahl ermahnt worden sei noch die Richter auch nur ansatzweise eine Distanzierung von dessen Wortwahl erkennen ließen. Dies spreche dafür, dass das Gericht weitere vergleichbare Verhaltensweisen der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung dulden würde und deshalb keine unvoreingenommene Haltung ihr und ihren Rechten gegenüber zu erwarten sei. Zum Fortsetzungstermin am 18. Dezember 2017 blieb die Beschwerdeführerin trotz Aufforderung beim Eintreten des Gerichts in den Sitzungssaal auf ihrem Platz sitzen.
3. Auch zum Fortsetzungstermin am 5. Januar 2018 blieb die Beschwerdeführerin beim Eintreten des Gerichts zu Beginn der Verhandlung auf ihrem Platz sitzen und erhob sich auch nach mehrfacher Aufforderung und Belehrung über die rechtlichen Folgen nicht. Im Anschluss verkündete die Vorsitzende Richterin den Beschluss der Kammer, wonach der Befangenheitsantrag vom 18. Dezember 2017 zurückgewiesen wird. Sodann teilte sie mit, dass beabsichtigt sei, die Beschwerdeführerin im Hinblick auf ihre Verhandlungsfähigkeit während einer Unterbrechung der Hauptverhandlung an diesem Tag amtsärztlich untersuchen zu lassen. Sie teilte zudem mit, dass beabsichtigt sei, die Hauptverhandlung für die Entscheidung über die Verhängung eines Ordnungsgeldes wegen Ungebühr zu unterbrechen. Im Anschluss erhielten die Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme. Dann wurde die Verhandlung unterbrochen.
Laut Protokoll blieb die Beschwerdeführerin auch bei erneutem Eintreten des Gerichts sitzen. Ihr Verteidiger gab sodann eine Stellungnahme zum seinerzeitigen Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin und zur beabsichtigten Exploration durch den Amtsarzt und den dazugehörigen Rahmenbedingungen ab.
Im Anschluss verkündete die Vorsitzende den vorliegend angegriffenen Beschluss (Az. 5 Ns 501 Js31517/11), wonach gegen die Beschwerdeführerin wegen Ungebühr ein Ordnungsgeld in Höhe von 150,00 Euro, ersatzweise drei Tage Ordnungshaft, verhängt wird. Hinsichtlich der Gründe wurde auf den gemäß § 182 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) protokollierten Sachverhalt verwiesen.
4. Gegen diesen Beschluss erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 9. Januar 2018 Beschwerde. Zur Begründung führte sie aus, dass dem Gericht bei seiner Entscheidung bereits aufgrund eines vorgelegten Attestes vom 11. Dezember 2017 bekannt gewesen sei, dass ihre Verhandlungsfähigkeit zumindest dringend in Frage gestellt gewesen sei. Ihr Bevollmächtigter habe das Gericht auf ihre konkreten physischen Beschwerden und die Anzeichen für eine hochgradige psychische Belastung im Zuge einer Retraumatisierung hingewiesen. Das Ordnungsgeld sei in Kenntnis einer hochgradig zweifelhaften Verhandlungsfähigkeit angeordnet worden. Auch die Frage einer zumindest eingeschränkten Schuldfähigkeit sei ausweislich der Begründung zum angefochtenen Beschluss nicht geprüft worden. Zudem habe das Gericht die ihm bekannten Gründe für ihre psychische Belastung in dem Verfahren nicht berücksichtigt.
5. Mit Beschluss vom 6. August 2018 (Az.: 1 Ws 230/18), welcher der Beschwerdeführerin am 14. August 2018 zuging, verwarf das Thüringer Oberlandesgericht die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Ordnungsmittelbeschluss des Landgerichts Erfurt vom 5. Januar 2018 mit der Maßgabe, dass die für den Fall der nicht möglichen Beitreibung des Ordnungsgeldes bestimmte Ordnungshaft auf einen Tag ermäßigt wurde.
Zur Begründung nahm der Senat umfassend auf die Stellungnahme der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft vom 27. Juni 2018 Bezug, die durch die Erwiderung des Verteidigers im Schriftsatz vom 12. Juli 2018 nicht entkräftet worden sei. Ergänzend wurde ausgeführt, dass in der Rechtsprechung und Literatur anerkannt sei, dass das demonstrative Sitzenbleiben bei Betreten des Sitzungssaales durch das Gericht zu Beginn einer Sitzung, bei der Vereidigung von Zeugen oder Sachverständigen oder bei der Verkündung der Urteilsformel ein ungebührliches Verhalten darstellen könne, insbesondere wenn dies trotz mehrfacher Aufforderung des Vorsitzenden in der Absicht geschehe, das Gericht zu provozieren oder herabzusetzen. Dass es der Beschwerdeführerin gerade darauf angekommen sei, das Gericht einschließlich der ehrenamtlichen Richter zu provozieren bzw. eine nicht (mehr) bestehende Bereitschaft, diese Gerichtspersonen als solche zu respektieren, zu dokumentieren, werde nicht nur aus dem Vorbringen im Erwiderungsschriftsatz vom 12. Juli 2018, sondern insbesondere aus dem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem für den 3. Verhandlungstag vorbereiteten und an diesem Tag verlesenen Ablehnungsantrag deutlich. In diesem Ablehnungsantrag sei aus einem näher beschriebenen Verhalten des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft am zweiten Verhandlungstag ein vermeintlicher Befangenheitsgrund nicht nur gegenüber der Vorsitzenden, sondern auch den Schöffen hergeleitet worden, den die Beschwerdeführerin durch das demonstrative Sitzenbleiben habe offenkundig unterstreichen wollen. Dass dies vorsätzlich und schuldhaft erfolgt sei, stehe nach dem vollständig aus dem Verhandlungsprotokoll ersichtlichen und in seiner Gesamtheit zu würdigenden Geschehen außer Frage. Dass die Beschwerdeführerin aufgrund konkreter gesundheitlicher Beeinträchtigungen physischer oder psychischer Art gehindert gewesen sei, sich bei Eintritt des Gerichts zu erheben, sei weder ersichtlich noch vorgetragen worden. Dass die Beschwerdeführerin nicht in der Lage gewesen sei, einfache Zusammenhänge wie die Bedeutung des trotz mehrfacher Ermahnungen hartnäckig fortgesetzten demonstrativen Sitzenbleibens zu erfassen bzw. die entsprechende Ordnungsmittelandrohung zu verstehen und sich dem Ort und der Situation angemessen zu benehmen, sei angesichts des sonstigen Verhaltens der gerichtserfahrenen Beschwerdeführerin in der Verhandlung auszuschließen. Vielmehr habe sich ihr Verhalten als demonstrative, das Gericht herabwürdigende Kundgabe von Nichtachtung und als zielstrebig vorgenommene Unterstreichung des zuvor gestellten Befangenheitsantrags dargestellt, mit dem selbst die Schöffen für ein vermeintliches Fehlverhalten des Staatsanwalts verantwortlich gemacht werden sollten. Aufgrund der gegebenen Sachlage, insbesondere der mehrfachen Ermahnungen und Androhungen der – trotz anschließend fortgesetzter Ungebühr nur einmal vorgenommenen – Verhängung von Ordnungsmitteln, sei auch der Vorwurf einer schematischen Handhabung durch das Gericht fernliegend und nicht gerechtfertigt.
II.
Mit Schreiben vom 13. September 2018, das am selben Tag beim Verfassungsgerichtshof einging, erhob die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde gegen die Beschlüsse des Landgerichts Erfurt vom 5. Januar 2018 und des Thüringer Oberlandesgerichts vom 6. August 2018.
Zur Begründung trägt sie vor, in ihren Grundrechten auf Schutz der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen (ThürVerf), auf Achtung und Schutz ihrer Persönlichkeit nach Art. 6 Abs. 1 ThürVerf, auf Gleichbehandlung nach Art. 2 Abs. 1 ThürVerf und insbesondere auch Art. 2 Abs. 4 ThürVerf, auf Meinungsfreiheit nach Art. 11 Abs. 1 ThürVerf und auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 42 Abs. 5 ThürVerf verletzt zu sein.
1. Sie sei mit den von ihr angegriffenen Entscheidungen zum bloßen Objekt staatlichen Handelns gemacht worden, weshalb ein Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 ThürVerf vorliege. Weder die Anordnung des Ordnungsmittels gemäß § 178 Abs. 1 GVG noch die Entscheidung über die hiergegen gerichtete Beschwerde hätten sich erkennbar mit ihrer besonderen seelischen Konstitution bei dem beanstandeten Verhalten befasst.
So sei die Darstellung ihrer schmerzhaften Empfindungen vor den Augen und Ohren des Gerichts durch den Vertreter der Staatsanwaltschaft als „alter Quatsch“ bezeichnet worden. Eine derart auf Verächtlichmachung abzielende Formulierung im Zusammenhang mit der offenkundigen Leiderfahrung eines Menschen sei ein Akt, der aus ihrer Sicht erkennbar Erinnerungen an ihre Erfahrungen mit dem SED-Unrechtsstaat wachrufe. Diese symbolträchtige Missachtung ihrer natürlichen Empfindungen sei im Vorfeld ihrer Weigerung, sich beim Eintreten des Gerichts zu erheben, noch einmal verstärkt worden.
Zwar möge es traditionell geübter Sitte entsprechen, dass sich die Verfahrensbeteiligten und die Öffentlichkeit beim Erscheinen und Verlassen des Gerichts im Sitzungssaal erheben. Es handele sich hierbei jedoch um eine reine Ordnungsnorm, die noch nicht einmal gesetzlich als solche definiert sei. Gerade hieraus ergebe sich die Pflicht, ein gegenläufiges Verhalten eines Prozessbeteiligten hinsichtlich der erklärten oder erkennbaren Motive genau zu überprüfen, bevor es als Ungebühr gewertet und sanktioniert werde. Wenn bekannte oder erkennbare Umstände, die das Verhalten der Person nachvollziehbar beeinflussen könnten, ignoriert würden, werde der betreffende Verfahrensbeteiligte durch die Verhängung einer Ordnungsstrafe zum sturen Befehlsempfänger degradiert. Der geforderte Respekt sei kein Selbstzweck, er diene vielmehr ausschließlich der Aufrechterhaltung der Ordnung während der Verhandlung. Wenn der Zwang zum Aufstehen bei einem Verfahrensbeteiligten nachvollziehbar Erinnerungen an demütigende und rechtsstaatswidrige Behandlungen in einem Unrechtsregime erwecken könne, seien diese zu berücksichtigen. Bei der Verhängung der angefochtenen Ordnungsmittel habe das Landgericht den Anschein einer rücksichtslosen Willensbeugung ihr gegenüber erweckt. Die ausführlich vorgebrachten traumatischen Erlebnisse und deren Bedeutung im Zusammenhang mit der sanktionslosen Äußerung des Staatsanwalts hätten bei einer menschenwürdigen Entscheidung berücksichtigt werden müssen. Die angefochtene Entscheidung des Oberlandesgerichts habe diese Missachtung ihres seelischen Leidens und damit ihrer Würde wiederholt und verstärkt.
Gerade die Verweigerung jedes erkennbaren Mitfühlens in dieser für sie seelisch schweren Situation mache die angefochtenen Entscheidungen entwürdigend.
2. Die angefochtenen Entscheidungen verstießen zudem gegen ihr Recht auf Achtung und Schutz der Persönlichkeit. Die Zurückweisung ihrer erstmaligen Erläuterung als „alter Quatsch“ durch den Vertreter der Staatsanwaltschaft habe ihr Recht aus Art. 6 Abs. 1 ThürVerf ebenso verletzt wie das Unterlassen einer Sanktionierung dieses Verhaltens durch das Gericht. Die angefochtenen Entscheidungen hätten diese Verstöße des Gerichts und der Staatsanwaltschaft gegen die Pflicht zur Achtung und zum Schutz ihrer Persönlichkeit fortgesetzt und verstärkt. Die in den angefochtenen Entscheidungen zum Ausdruck gebrachte Auffassung sei entwürdigend und damit erst recht eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts gegenüber einem anerkannten Opfer des SED-Regimes im Freistaat Thüringen.
3. Die Beschwerdeführerin werde durch die angefochtenen Entscheidungen zudem in ihrem Recht aus Art. 2 Abs. 1 ThürVerf verletzt. Der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 2 Abs. 1 ThürVerf verbiete bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe eine restriktive Auslegung gegenüber einer Prozesspartei, während derselbe Begriff im Verhältnis zur anderen Partei äußerst extensiv ausgelegt werde. So habe das Landgericht den Begriff der „Ungebühr“ in Bezug auf ihr Sitzenbleiben als Angeklagte sehr streng ausgelegt. Im selben Verfahren habe indes der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft eine äußerst großzügige Bewertung seines Verhaltens als nicht ungebührlich erfahren. Das Landgericht habe es beanstandungslos zugelassen, dass der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft ihre Erklärung zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen als „alten Quatsch“ bezeichnet habe. Demgegenüber sei die Verhängung der Ordnungsmittel wegen des unterbliebenen Erhebens beim Eintritt des Gerichts mehr als streng gewesen. Das Sitzenbleiben sei ungleich weniger respektlos als die Anmaßung sitzungspolizeilicher Gewalt mit kränkender Wortwahl. Die Unterbrechung während einer Erklärung hätte gemäß § 176 GVG ausschließlich der Vorsitzenden zugestanden.
Vor allem aber habe das Gericht die besonderen Umstände ihres Verhaltens – ihre physische und psychische Belastung – nicht berücksichtigt. Darüber hinaus habe die Vorsitzende selbst die Exploration ihres Zustandes mit Blick auf ihre Verhandlungsfähigkeit vorbereitet. Zu der Zeit, als das Ordnungsmittel angeordnet worden sei, habe noch nicht einmal festgestanden, ob sie überhaupt verhandlungsfähig sei. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt sei die Verhängung der Ordnungsmittel ausgeschlossen gewesen. Das bloße Sitzenbleiben stelle keinesfalls eine derart gewichtige Störung der Ordnung des Gerichtsfriedens dar, als dass nicht zumindest die Exploration ihrer Verhandlungsfähigkeit zuvor hätte erfolgen können. Sie sei somit auch unsachgemäß gleich behandelt worden mit Personen, die nicht durch Unrechtserfahrungen physisch und psychisch belastet seien und deren Verhandlungsfähigkeit unzweifelhaft sei.
Die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts setze die verfassungswidrige Ungleichbehandlung des Landgerichts fort. Darüber hinaus verstoße die Entscheidung auch gegen das Verbot der sachwidrigen Ungleichbehandlung von psychischen Krankheiten gegenüber physischen Krankheiten. Das Gericht habe sich auf die Prüfung beschränkt, ob sich aus einer psychischen Belastung eine vollständig fehlende Unrechtseinsicht bzw. Steuerungsfähigkeit ergebe. Es habe bei der Prüfung jedoch ausgeblendet, dass es psychische Belastungen geben könne, die ein Erheben zwar nicht völlig unmöglich machten, aber akute seelische Schmerzen und mögliche Folgeschäden nach sich zögen. Auch bei besonderen physischen Barrieren, die zum Erheben zu überwinden wären, komme es nicht darauf an, ob der Person diese Überwindung völlig unmöglich sei. So käme beispielsweise niemand auf den Gedanken, einen Menschen, der sich nur unter Schmerzen und mit Hilfsmitteln vom Stuhl erheben und wieder setzen könne, zum Aufstehen zu zwingen. Die gleichen Maßstäbe, die bei erkennbaren physischen Barrieren zu berücksichtigen seien, seien auch bei erkennbaren psychischen Barrieren anzulegen. Dementsprechend habe sie angesichts der dargestellten Belastungen ebenso wenig gegen ihren Willen zum Aufstehen gezwungen werden dürfen wie eine Person mit vergleichbar schweren physischen Barrieren.
Angesichts ihrer Schwerbehinderung ergebe sich auch eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung nach Art. 2 Abs. 4 ThürVerf gegenüber nicht behinderten Menschen. So erwähne keine der Entscheidungen ihre Behinderung. Ausweislich der vorgetragenen Symptome habe diese jedoch nahegelegen. Die vom Landgericht angedachte Exploration zur Prüfung ihrer Verhandlungsfähigkeit hätte auch die förmlich festgestellte Schwerbehinderung offenbart.
4. Durch die angefochtenen Entscheidungen sei sie zudem in ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 11 Abs. 1 ThürVerf verletzt. Im Kontext des gerichtlichen Verfahrens, in dem die Ordnungsmittel verhängt worden seien, habe sich das Sitzenbleiben als beredte Geste dargestellt. Sie sei sitzen geblieben, weil sie unter der Art und Weise ihrer Behandlung im Verlauf des Verfahrens erkennbar seelisch gelitten habe.Sie habe mit dieser Geste nicht nur eine Verstärkung ihres ohnehin schon deutlich spürbaren Leidens verhindern, sondern erkennbar auch die Verfahrensbeteiligten, insbesondere das Gericht, auf den aus ihrer Sicht entwürdigenden Umgang aufmerksam machen wollen. Insoweit sei das Sitzenbleiben auch eine gestenhafte Meinungsäußerung gewesen. Sie habe ihre Meinungskundgabe ausschließlich auf den räumlichen Bereich des Sitzungssaals beschränkt und gezielt in einem gerichtlichen Verfahren zum Ausdruck gebracht, in dem sie um ihr Recht gekämpft habe.
Der Brauch, sich bei Eintritt und Verlassen des Gerichts im Sitzungssaal zu erheben, sei nicht gesetzlich geregelt. Insoweit verstoße ihr sanktioniertes Verhalten als solches nicht explizit gegen ein allgemeines Gesetz, das ihr Recht auf freie Meinungsäußerung verfassungsgemäß im Sinne von Art. 11 Abs. 3 ThürVerf beschränken könne. Als gesetzliche Schranke komme allenfalls § 178 GVG in Betracht. Hiernach könne das Sitzenbleiben nur dann verfassungskonform sanktioniert werden, wenn es ein der Meinungsfreiheit zumindest gleichwertiges Recht oder Rechtsgut beeinträchtige. Der Ordnung im Gerichtsverfahren und dem Gerichtsfrieden kämen nur dann ein zur Beschränkung der Meinungsfreiheit ausreichender Rang zu, wenn die durch das Sitzenbleiben über die bloße Wahrnehmung des Verhaltens hinaus gestört zu werden drohten. Dies sei nicht der Fall gewesen. Die provokative Geste habe sich erkennbar auf einen konkreten Anlass bezogen. Die Adressaten seien erkennbar ausschließlich die Vorsitzende mit den Schöffen und der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft gewesen. Von diesen Personen könne erwartet werden, dass sie sich durch eine derartige Geste bei der Führung ihrer Amtsgeschäfte nicht in einer den Verfahrensablauf oder gar den Gerichtsfrieden störenden Art und Weise beeinträchtigen ließen. Über den bloßen stillen Protest hinaus sei eine Störung des geordneten Ablaufs der Sitzung oder gar des Rechtsfriedens nicht veranlasst gewesen. Die persönlichen Empfindungen von Richtern oder Staatsanwälten seien nicht das Schutzgut des § 178 GVG. Gerade von ihnen werde ein professioneller Umgang mit provokativen Meinungsäußerungen erwartet. Ihnen komme im Rahmen des § 178 GVG mit Blick auf die beeinträchtigte persönliche Ehre kein über die allgemeinen Gesetze hinausgehender Schutz zu.
Ihr Verhalten hätte bei verfassungskonformer Auslegung des § 178 GVG nur dann als Ungebühr bewertet werden dürfen, wenn dies nicht als Wahrnehmung berechtigter Interessen im Sinne von § 193 StGB gegen eine etwaige Beleidigung im Sinne von § 185 StGB gerechtfertigt gewesen wäre. Die ehrverletzende Wirkung des Sitzenbleibens sei vorliegend gering, wohingegen die Beschränkung der Meinungsfreiheit besonders schwer wiege. Angesichts der aggressiven Zurückweisung ihrer persönlichen Erklärung als „alter Quatsch“ durch einen Amtsträger und der schweigenden Billigung dieser Verächtlichmachung durch das Gericht sei ihr stiller Protest angesichts ihrer belasteten Konstitution die einzige Möglichkeit gewesen, ihr Missfallen über die als unangemessen empfundene Behandlung zum Ausdruck zu bringen. Hätte sie sich verbal Gehör mit ihrem Anliegen verschaffen wollen, hätte sie neuerliche Beschimpfungen und die damit einhergehenden zusätzlichen psychischen Belastungen befürchten müssen.
5. Da der entscheidungserhebliche Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt worden sei, liege zudem ein Verstoß gegen Art. 42 Abs. 5 ThürVerf vor. Die Anordnung der Ordnungsmittel durch das Landgericht enthalte keine Begründung und damit auch keine Aussage darüber, welche Tatsachen bei der Entscheidung berücksichtigt worden seien. Der pauschale Verweis auf das Sitzungsprotokoll lasse allenfalls vermuten, dass ausschließlich der äußere Tatbestand ihres Sitzenbleibens sowie die fruchtlose Aufforderung und Belehrung durch die Vorsitzende bewertet worden seien.
Die Begründung des Oberlandesgerichtes, dass der Vorwurf einer „schematischen“ Handhabung bei der Subsumtion des Sitzenbleibens unter den Tatbestand der Ungebühr „fernliegend“ sei, sei eine inhaltslose Leerformel. Die Behandlung eines jeden Sitzenbleibens nach gegenteiliger Aufforderung und Ermahnung als Ungebühr i. S. v. § 178 GVG sei letztlich nichts anderes als eine „schematische“ Handhabung ohne jede Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls.
Soweit das Oberlandesgericht darüber hinaus erstmals eine Würdigung der für ihr Verhalten ursächlichen Tatsachen vornehme, seien die Feststellungen teils unvollständig und teils spekulativ. Die Sachverhaltsfeststellung zu den gesundheitlichen Beschwerden, die sie zu ihrem Verhalten veranlasst hätten, sei unvollständig. Das Oberlandesgericht habe sich auf die Feststellung beschränkt, dass sich aus ihrer psychischen Belastung keine vollständig fehlende Unrechtseinsicht bzw. Steuerungsfähigkeit ergeben habe. Es habe aber nicht festgestellt, ob sie durch ihr Erheben mit den Symptomen ihrer posttraumatischen Belastungsstörung akut konfrontiert worden sei oder gar eine Retraumatisierung mit einer nachhaltigen Verschlimmerung des Krankheitsbildes zu befürchten gehabt hätte. Die Sachverhaltsfeststellungen hinsichtlich der Ausführungen zu ihrer zweifelhaften Verhandlungsfähigkeit seien spekulativ. Es sei nicht nachvollziehbar, worauf die Feststellungen des Oberlandesgerichts, das Landgericht habe keine konkreten Zweifel an der Verhandlungsfähigkeit gehabt, beruhten. So ergebe sich bereits aus dem Sitzungsprotokoll etwas anderes. Ohne konkrete Zweifel an der Verhandlungsfähigkeit wäre eine sachverständige Überprüfung durch das Gericht unzulässig und das entsprechende Ansinnen der Verteidigung zurückzuweisen gewesen.
Die Frage ihrer Verhandlungsfähigkeit sei für die Entscheidung, ob § 178 GVG in der konkreten Entscheidungssituation überhaupt anwendbar gewesen sei und in welchem Maße das Verhalten einer möglicherweise verhandlungsunfähigen Person als Ungebühr bewertet werden könne, von entscheidender Bedeutung. Die insoweit unzulängliche Tatsachenfeststellung stehe der Gewährung eines effektiven Rechtschutzes vor dem Oberlandesgericht gegen die angefochtenen Ordnungsmittel des Landgerichts entgegen.
III.
Der Anhörungsberechtigte hat von einer Stellungnahme abgesehen.
IV.
Mit Urteil vom 22. Mai 2020 wurde auf die Berufung der Beschwerdeführerin hin das Urteil des Amtsgerichts Erfurt vom 4. August 2016 wegen Beleidigung abgeändert und die Beschwerdeführerin aus tatsächlichen bzw. rechtlichen Gründen freigesprochen.
B.
Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.
Da eine mündliche Verhandlung weder zur Aufklärung des Sachverhalts noch zur Erörterung des Sach- und Streitstoffes mit den Beteiligten erforderlich erscheint, entscheidet der Thüringer Verfassungsgerichtshof gemäß § 37 Abs. 1 des Gesetzes über den Thüringer Verfassungsgerichtshof (Thüringer Verfassungsgerichtshofsgesetz – ThürVerfGHG) ohne mündliche Verhandlung.
Das verhinderte Mitglied Menzel wird durch das stellvertretende Mitglied Licht vertreten (§ 2 Abs. 2, § 8 Abs. 1 Satz 1 ThürVerfGHG).
I.
Es kann dahinstehen, ob die Verfassungsbeschwerde bereits teilweise unzulässig ist. Dies gilt, soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Grundrechts auf Meinungsfreiheit nach Art. 11 Abs. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen (ThürVerf) rügt, insbesondere im Hinblick auf den Subsidiaritätsgrundsatz.
1. Nach § 31 Abs. 3 Satz 1 ThürVerfGHG kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden, wenn gegen die behauptete Verletzung der Rechtsweg zulässig ist. Der ebenfalls in § 31 Abs. 3 Satz 1 ThürVerfGHG zum Ausdruck kommende Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde verpflichtet den Beschwerdeführer über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus, alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten zu ergreifen, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzungen zu erwirken (st. Rspr. des Thüringer Verfassungsgerichtshofs, vgl. Beschluss vom 7. März 2018 – VerfGH 1/14 -, juris Rn. 110).
Das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs fordert grundsätzlich nicht, dass der Beschwerdeführer bereits das fachgerichtliche Verfahren auch als „Verfassungsprozess“ führt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. November 2004 – 1 BvR 684/98 -, BVerfGE 112, 50 [60] = juris Rn. 40). So sind die Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens nach den für die einzelnen Gerichtszweige maßgeblichen Verfahrensordnungen grundsätzlich nicht gehalten, Rechtsausführungen zu machen, sofern nicht das einfache Verfahrensrecht rechtliche Darlegungen verlangt (vgl. BVerfGE 112, 50 [60] = juris Rn. 38). Deshalb hat der Beschwerdeführer bei Erhebung einer Verfassungsbeschwerde auch grundsätzlich nicht darzulegen, dass er von Beginn des fachgerichtlichen Verfahrens an verfassungsrechtliche Erwägungen und Bedenken vorgetragen und geltend gemacht hat, er sei durch die öffentliche Gewalt und insbesondere eine gerichtliche Entscheidung in seinen Grundrechten verletzt (vgl. BVerfGE 112, 50 [61] = juris Rn. 39). Er kann sich im fachgerichtlichen Ausgangsverfahren regelmäßig damit begnügen, auf eine ihm günstige Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts hinzuwirken, ohne dass ihm daraus prozessuale Nachteile im Verfahren der Verfassungsbeschwerde erwachsen (vgl. BVerfGE 112, 50 [61] = juris Rn. 39). Nach der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung ist es Aufgabe der rechtsprechenden Organe, die Grundrechte zu wahren und durchzusetzen und somit das Klagebegehren auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, wenn der konkrete Rechtsstreit dazu Anlass gibt; der Beschwerdeführer ist im Ausgangsverfahren lediglich gehalten, den Sachverhalt so darzulegen, dass eine verfassungsrechtliche Prüfung möglich ist (vgl. BVerfGE 112, 50 [61] = juris Rn. 39).
Etwas anderes kann jedoch in den Fällen gelten, in denen bei verständiger Einschätzung der Rechtslage und der jeweiligen verfahrensrechtlichen Situation ein Begehren nur Aussicht auf Erfolg haben kann, wenn verfassungsrechtliche Erwägungen in das fachgerichtliche Verfahren eingeführt werden, was insbesondere dann der Fall ist, soweit eine bestimmte Normauslegung angestrebt wird, die ohne verfassungsrechtliche Erwägungen nicht begründbar ist (vgl. BVerfGE 112, 50 [62] = juris Rn. 41).
2. Unter Berücksichtigung dessen bestehen erhebliche Zweifel, ob die Beschwerdeführerin dem Grundsatz der Subsidiarität im weiteren Sinne hinreichend Rechnung getragen hat. So ist weder aus den vorgelegten fachgerichtlichen Entscheidungen noch aus den vorgelegten Schriftsätzen ersichtlich, dass sie bereits im Instanzenzug einen Verstoß gegen ihr Grundrecht auf Meinungsfreiheit thematisiert hat. Vielmehr verwies die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht sowie im Beschwerdeverfahren lediglich auf ihren Gesundheitszustand, nämlich auf ihre hochgradige psychische Belastung und ihre zum Zeitpunkt des Ordnungsmittelbeschlusses noch nicht positiv festgestellte Verhandlungsfähigkeit. Dass ihr Verhalten eine Meinungskundgabe darstelle, wurde von ihr erst im Verfassungsbeschwerdeverfahren eingeführt. Es bestehen somit Anhaltspunkte, dass die Beschwerdeführerin es versäumt hat, dafür Sorge zu tragen, dass sich die Fachgerichte detailliert mit allen verfassungsrechtlichen Aspekten des Falles auseinander setzen und dem Verfassungsgerichtshof ihre Fallanschauung und Rechtsauffassung vermitteln, bevor sich dieser im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde mit der Behauptung befasst, die Beschwerdeführerin sei durch die angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen und gegebenenfalls durch die darin angewandte Vorschrift in ihrer Meinungsfreiheit verletzt (vgl. hierzu auch BVerfGE 112, 50 [62] = juris Rn. 41).
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist jedenfalls unbegründet.
Der Beschluss des Landgerichts Erfurt in Gestalt des die Entscheidung bestätigenden Beschlusses des Thüringer Oberlandesgerichts verletzt die Beschwerdeführerin nicht in ihren Grundrechten, grundrechtsgleichen oder staatsbürgerlichen Rechten.
1. Der Verfassungsgerichtshof ist trotz des Umstands, dass vorliegend Grundrechtsverletzungen bei der Anwendung von einfachem Bundesrecht geltend gemacht werden, nicht an einer Sachprüfung gehindert. Eine gerichtliche Entscheidung kann im Rahmen der Verfassungsbeschwerde jedoch nur in engen Grenzen überprüft werden.
a) Der Thüringer Verfassungsgerichtshof ist befugt, eine auf bundesrechtlicher Grundlage in einem bundesrechtlich geregelten Verfahren ergangene Entscheidung eines Thüringer Gerichts zu überprüfen (st. Rspr. des ThürVerfGH, vgl. nur Beschluss vom 3. Mai 2017 – VerfGH 52/16 -, juris Rn. 45 ff.). Denn soweit das Bundesrecht Spielräume zur Konkretisierung eröffnet, sind die im Grundgesetz und in der Thüringer Verfassung inhaltsgleich geregelten Landesgrundrechte und grundrechtsgleichen Gewährleistungen der Landesverfassung für die Gerichte des Landes landesverfassungsrechtlich bindend und damit zu beachten (sog. „Spielraumtheorie“; st. Rspr. des BVerfG und des ThürVerfGH, vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1997 – 2 BvN 1/95 -, BVerfGE 96, 345 [372 ff.] = juris Rn. 89 ff. und ThürVerfGH, Urteil vom 13. April 2016 – VerfGH 11/15 -, juris Rn. 36). Die Sicherung der Beachtung landesverfassungsrechtlicher Vorgaben ist Aufgabe des Thüringer Verfassungsgerichtshofs; dies gilt unabhängig davon, ob die angewandte bundesrechtliche Regelung dem Verfahrensrecht oder dem materiellen Recht angehört (ThürVerfGH, Beschluss vom 3. Mai 2017 – VerfGH 52/16 -, juris Rn. 46).
b) Es ist jedoch nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs, nach Art einer Superrevisionsinstanz seine Vorstellung von einer zutreffenden Entscheidung an die Stelle derjenigen der Fachgerichte zu setzen. Die Gestaltung des Verfahrens, die Feststellung und Würdigung des Sachverhalts, die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind grundsätzlich Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und insoweit der verfassungsgerichtlichen Prüfung entzogen (st. Rspr. des ThürVerfGH, vgl. nur Beschluss vom 15. Januar 2020 – VerfGH 12/18 -, juris Rn. 102 m. w. N.). Geht es – wie hier – um Entscheidungen, bei denen Bundesrecht angewandt worden ist, kann sie der Thüringer Verfassungsgerichtshof lediglich daraufhin überprüfen, ob die Richter das Willkürverbot beachtet haben oder ihnen Fehler unterlaufen sind, die darauf beruhen, dass Bedeutung und Tragweite eines Grundrechts grundsätzlich verkannt werden (ThürVerfGH, Beschluss vom 6. Januar 2009 – VerfGH 19/08 und 20/08 -, juris Rn. 29 und Beschluss vom 2. Juli 2008, – VerfGH 14/06 -, S. 7 des amtl. Umdrucks). Dabei beschränkt der Verfassungsgerichtshof seine Kontrolle auf die Prüfung, ob das Fachgericht bei der Rechtsfindung die gesetzgeberische Grundentscheidung respektiert und von den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung in vertretbarer Weise Gebrauch gemacht hat. Der Verfassungsgerichtshof hat nicht zu entscheiden, welcher dieser Auslegungen nach einfachem Recht der Vorzug gebührt oder ob gar noch eine weitere Auslegung denkbar wäre; dies ist vielmehr allein Sache der fachlich zuständigen Gerichte (st. Rspr. des ThürVerfGH, vgl. nur Beschluss vom 15. Januar 2020 – VerfGH 12/18 -, juris Rn. 102 m. w. N.).
c) Der Verfassungsgerichtshof kann vorliegend in den oben dargelegten engen Grenzen überprüfen, ob das Landgericht Erfurt und das Thüringer Oberlandesgericht bei Wahrnehmung der ihnen eröffneten Spielräume den Landesgrundrechten hinreichend Rechnung getragen haben.
In dem hier zu entscheidenden Fall eröffnete die materiell-rechtliche Regelung des § 178 Abs. 1 Satz 1 GVG mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der „Ungebühr“ den Gerichten Auslegungs- und Anwendungsspielräume. Die Beschwerdeführerin kann sich auch sowohl auf Art. 11 Abs. 1 ThürVerf als auch Art. 1 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 4 sowie Art. 42 Abs. 5 ThürVerf berufen. So stimmen Art. 11 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 42 Abs. 5 ThürVerf inhaltlich mit den vom Grundgesetz verbürgten Grundrechten (vgl. Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 3 Abs. 1 sowie Art. 19 Abs. 4 GG) überein. Auch der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der Privatsphäre sind inhaltsgleich mit dem im Grundgesetz verbürgten Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG in Gestalt seiner Fortentwicklung durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Auch Art. 2 Abs. 4 ThürVerf stimmt mit Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG überein, da er zu diesem nicht in Widerspruch steht. Denn soweit Landesgrundrechte gegenüber dem Grundgesetz einen weitergehenden Schutz verbürgen, widersprechen sie den entsprechenden Bundesgrundrechten als solchen nicht, wenn das jeweils engere Grundrecht als Mindestgarantie zu verstehen ist und daher nicht den Normbefehl enthält, einen weitergehenden Schutz zu unterlassen (vgl. BVerfGE 96, 345 [365] = juris Rn. 66). Dies ist vorliegend in Bezug auf den besonderen Schutzauftrag des Freistaats Thüringen für Menschen mit Behinderung der Fall.
2. Die Auslegung und Anwendung von § 178 Abs. 1 GVG durch die Gerichte genügen vorliegend den landesverfassungsrechtlichen Anforderungen. Der Beschluss des Landgerichts Erfurt mit dem Vorwurf der Ungebühr wegen des Sitzenbleibens und auch der Beschluss des Thüringer Oberlandesgerichts, der die Entscheidung bestätigt, beruhen nicht auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung und Tragweite der von der Beschwerdeführerin als verletzt gerügten Grundrechte.
a) Die beiden Beschlüsse verletzen die Beschwerdeführerin nicht in ihrem Grundrecht auf Meinungsfreiheit nach Art. 11 Abs. 1 ThürVerf.
aa) Der Meinungsäußerungsfreiheit kommt in der freiheitlich demokratischen Rechtsordnung eine grundlegende Bedeutung zu. Der Begriff der Meinung in Art. 11 Abs. 1 ThürVerf ist – in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG – grundsätzlich weit zu verstehen. Konstitutiv für die Bestimmung dessen, was als Äußerung einer „Meinung“ vom Schutz des Grundrechts umfasst wird, ist mithin das Element der Stellungnahme, des Dafürhaltens, des Meinens im Rahmen einer geistigen Auseinandersetzung; auf den Wert, die Richtigkeit, die Vernünftigkeit der Äußerung kommt es nicht an (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Juni 1982 – 1 BvR 1376/79 -, BVerfGE 61, 1 [8] = juris Rn. 15.). Der Grundrechtsschutz der Meinungsfreiheit bezieht sich somit nicht nur auf den Inhalt der Äußerung, sondern auch auf ihre Form bzw. die Art und Weise der Äußerung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Mai 1980 – 1 BvR 103/77 -, BVerfGE 54, 129 [138 f.] = juris Rn. 29; BVerfGE 93, 266 [289] = juris Rn. 108). Geschützt werden somit nicht allein Meinungen, die in verbaler Form kundgetan werden, sondern ebenso nonverbale Ausdrucksformen durch schlüssiges oder symbolisches Verhalten (vgl. zur kollektiven Meinungsäußerung nach Art. 8 GG: BVerfG, Beschluss vom 1. Dezember 1992 – 1 BvR 88/91 -, BVerfGE 87, 399 [406]  = juris Rn. 44; Beschluss vom 14. Mai 1985 – 1 BvR 233/81 -, BVerfGE 69, 315 [343] = juris Rn. 60; Beschluss vom 10. Dezember 2010 – 1 BvR 1402/06 -, juris Rn. 19 und 23).
Die Meinungsfreiheit ist jedoch nicht vorbehaltlos gewährleistet. Nach Art. 11 Abs. 3 ThürVerf findet das Grundrecht der Meinungsfreiheit seine Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, zu denen auch § 178 GVG gehört.
Derartige grundrechtsbeschränkende Vorschriften müssen ihrerseits im Lichte des eingeschränkten Grundrechts der Meinungsäußerungsfreiheit ausgelegt werden, damit dessen wertsetzende Bedeutung für das einfache Recht auch auf der Ebene der Rechtsanwendung zur Geltung kommen kann (st. Rspr. des BVerfG, vgl. grundlegend Urteil vom 15. Januar 1958 – 1 BvR 400/51 -, BVerfGE 7, 198 [208 f.] = juris Rn. 33). Bei der Festsetzung von Ordnungsmitteln wegen Ungebühr nach § 178 GVG ist folglich eine fallbezogene Abwägung zwischen der Bedeutung der Meinungsfreiheit der am Verfahren Beteiligten einerseits und den gegenläufigen Interessen, die durch die Regelung geschützt werden sollen und um deretwillen folglich die Meinungsfreiheit beschränkt wird, andererseits erforderlich.
Soll eine Äußerung in einem gerichtlichen Verfahren als Ungebühr geahndet werden, fällt neben der Meinungsfreiheit des sich Äußernden auch das Rechtsstaatsprinzip ins Gewicht und ist in die Abwägung einzustellen. Ein wirkungsvoller Rechtsschutz setzt voraus, dass der Rechtsuchende gegenüber den Organen der Rechtspflege, ohne Rechtsnachteile befürchten zu müssen, jene Handlungen vornehmen kann, die nach seiner von gutem Glauben bestimmten Sicht geeignet sind, sich im Prozess zu behaupten. Nicht entscheidend ist, ob der Betreffende seine Kritik anders hätte formulieren können (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. April 2007 – 1 BvR 3174/06 -, juris Rn. 14).
Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit setzt die Sanktionierung einer Äußerung wegen Ungebühr voraus, dass die Äußerung nach Zeitpunkt, Inhalt oder Form den ordnungsgemäßen Verfahrensablauf in nicht unerheblichem Ausmaß gestört hat und die Sanktion dem Anlass angemessen ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. April 2007 – 1 BvR 3174/06 -, juris Rn. 15). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit setzt jedoch auch der Zulässigkeit solcher Äußerungen Grenzen, die in keinem inneren Zusammenhang zur Ausführung oder Verteidigung der geltend gemachten Rechte stehen oder deren Unhaltbarkeit ohne weiteres auf der Hand liegt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 11. April 1991 – 2 BvR 963/90 -, juris Rn. 29).
Das Ergebnis der von den Fachgerichten vorzunehmenden Abwägung ist verfassungsrechtlich nicht vorgegeben. Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs ist es lediglich, zu überprüfen, ob die Fachgerichte dabei Bedeutung und Tragweite der durch die Sanktionierung betroffenen Meinungsfreiheit ausreichend berücksichtigt und innerhalb des ihnen zustehenden Wertungsrahmens die jeweils für den Fall erheblichen Abwägungsgesichtspunkte identifiziert und ausreichend in Rechnung gestellt haben (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Mai 2020 – 1 BvR 2397/19 -, juris Rn. 27).
bb) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe sind dem Landgericht Erfurt und dem Thüringer Oberlandesgericht keine Fehler unterlaufen, die auf einer unrichtigen Auffassung von der Bedeutung und Tragweite des Grundrechts auf Meinungsfreiheit nach Art. 11 Abs. 1 ThürVerf beruhen.
(1) Die Festsetzung der Ordnungsmittel greift zwar in die Meinungsfreiheit der Beschwerdeführerin ein.
Auch ein Sitzenbleiben kann als nonverbale Ausdrucksform eines stillen Protests – welche die Beschwerdeführerin vorliegend ersichtlich für sich in Anspruch nimmt – dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit unterfallen. Das Sitzenbleiben war insoweit Ausdruck der subjektiven Vorstellungen und Eindrücke der Beschwerdeführerin vom Prozessverlauf. Ihr Grundrechtsschutz ist auch nicht davon abhängig, ob sie Prinzipien des Gerichtsverfahrens in Frage stellt.
Zwar wurde der Beschwerdeführerin eine Meinungskundgabe nicht konkret und unmittelbar untersagt, aber über § 178 GVG als Ungehorsam „abgestraft“ und mit Ordnungsgeld sowie -haft belegt. Diese Sanktion ist grundsätzlich geeignet, die Ausübung der Meinungsfreiheit zu erschweren, und stellt somit einen Eingriff dar.
(2) Die Gerichte haben das Grundrecht der Meinungsfreiheit jedoch nicht verkannt oder aufgrund fehlerhafter Einschätzung seiner Bedeutung und Tragweite in unverhältnismäßiger Weise in dieses Grundrecht eingegriffen.
(a) Der protokollierte Ordnungsmittelbeschluss des Landgerichts enthält entgegen § 34 der Strafprozessordnung (StPO) keine ausdrückliche Begründung. Nähere Ausführungen zu dem verhängten Ordnungsmittel sind jedoch dann entbehrlich, wenn sich die Gründe für die Entscheidung eindeutig und unmissverständlich aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergeben (vgl. Schmitt, in: Meyer-Goßner/ders., StPO, 62. Aufl., 2019, § 178 GVG Rn. 16, § 182 GVG Rn. 3 f.). Aus dem Protokoll wird ersichtlich, dass das Landgericht das mehrmalige Sitzenbleiben der Beschwerdeführerin beim Eintreten des Gerichts in den Gerichtssaal – trotz (mehrfacher) Aufforderung und Belehrung über die rechtlichen Folgen – als ungebührliches Verhalten gewertet und aufgrund dessen das Ordnungsgeld und die ersatzweise angeordnete Ordnungshaft festgesetzt hat.
Das Thüringer Oberlandesgericht, das im Rahmen des Beschwerdeverfahrens selbstständig über die Angemessenheit der verhängten Ordnungsmittel zu entscheiden hatte, erachtete das Verhalten der Beschwerdeführerin ebenfalls als ungebührlich, da es dieses als eine „demonstrative, das Gericht herabwürdigende Kundgabe von Nichtachtung und als zielstrebig vorgenommene Unterstreichung des zuvor gestellten Befangenheitsgesuchs“ wertete (letzter Absatz der Seite 3 des Beschlusses). Zur Begründung führt das Thüringer Oberlandesgericht im letzten Absatz auf Seite 2 und im ersten Absatz der Seite 3 des Beschlusses aus, „[d]ass es der Beschwerdeführerin, die dieses Verhalten erst ab dem 3. Verhandlungstag der – nach Aussetzung erneut begonnenen – Berufungsverhandlung an den Tag legte und trotz mehrfacher Ermahnungen der Vorsitzenden einschließlich der Androhung von Ordnungsmitteln (sowie eines von dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft bereits am 3. Verhandlungstag gestellten entsprechenden Antrags) am Beginn des 4. Verhandlungstages fortsetzte, gerade darauf ankam, das Gericht einschließlich der ehrenamtlichen Richter zu provozieren bzw. eine nicht (mehr) bestehende Bereitschaft, diese Gerichtspersonen als solche zu respektieren, zu dokumentieren, wird nicht nur aus dem Vorbringen im Erwiderungsschriftsatz vom 12. Juli 2018, sondern insbesondere aus dem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem für den 3. Verhandlungstag vorbereiteten und an diesem Tag verlesenen Ablehnungsantrag deutlich. Darin wird aus einem näher beschriebenen Verhalten des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft am 2. Verhandlungstag ein vermeintlicher Befangenheitsgrund nicht nur gegenüber der Vorsitzenden, sondern auch den Schöffen hergeleitet, den die Beschwerdeführerin durch das demonstrative Sitzenbleiben offenkundig unterstreichen wollte.“
(b) Diese Auslegung des § 178 GVG durch die beiden Gerichte begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
§ 178 Abs. 1 GVG dient dem Schutz der Rechtspflegeaufgaben der Gerichte sowie eines geordneten, die Sachlichkeit der gerichtlichen Verhandlung gewährleistenden Verfahrensablaufs (vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 13. April 2007- 1 BvR 3174/06 -, juris Rn. 13). Zu einem geordneten Ablauf einer Hauptverhandlung gehört auch das Beachten eines Mindestmaßes von äußeren Formen (OLG Hamm, Beschluss vom 4. Februar 1975 – 5 Ws 14/75 -, NJW 1975, 942; OLG Celle, Beschluss vom 17. Januar 2012 – 1 Ws 504/11 -, juris Rn. 8). Diese dienen dazu, der Verhandlung denjenigen Rahmen und diejenige Atmosphäre zu sichern, die dem Geist eines „justizförmigen“ Verfahrens entsprechen und seinem Zweck, der Findung des Rechts, förderlich sind (OLG Stuttgart, Beschluss vom 13. Januar 1969 – 2 Ws 209 u. 210/68 -, NJW 1969, 627). Zwar ist das Erheben sämtlicher in der Hauptverhandlung anwesender Personen beim Eintreten des Gerichts zu Beginn der Sitzung und zur Urteilsverkündung nicht gesetzlich vorgeschrieben. Es zählt jedoch seit jeher zu den zu beachtenden äußeren Förmlichkeiten vor Gericht. Dass der Ablauf der Gerichtsverhandlung an äußere Formen gebunden ist, erschöpft sich auch nicht in reinem Selbstzweck; die äußeren Förmlichkeiten dienen im Kern dem Ziel, eine dem Ernst der Strafrechtspflege angemessene, persönliche Distanz schaffende, emotionsfreie, Unparteilichkeit und Verantwortungsbereitschaft fördernde und damit letztlich eine der Wahrheitsfindung dienende Atmosphäre zu schaffen (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 14. Mai 2018 – 1 Ws 88/18 -, juris Rn. 7; OLG Hamm, Beschluss vom 4. Februar 1975 – 5 Ws 14/75 -, NJW 1975, 942). Auch das Aufstehen versinnbildlicht die Haltung gesteigerter Verantwortung und den Ernst einer gerichtlichen Verhandlung (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 14. Mai 2018 – 1 Ws 88/18 -, juris Rn. 7) und dient somit ebenfalls dem Zweck eines geordneten, die Sachlichkeit gewährleistenden Ablauf des Verfahrens. Auch wohnt dem Sich-Erheben ein Element der Achtung inne: die allgemeine Achtung der besonderen Bedeutung des richterlichen Auftrags, nämlich des auf den Hoheitsakt des Urteils abzielenden Verfassungsauftrags nach Art. 92 GG (OLG Hamm, Beschluss vom 4. Februar 1975 – 5 Ws 14/75 -, NJW 1975, 942; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 14. Mai 2018 – 1 Ws 88/18 -, juris Rn. 7).
Aus diesem Grund entspricht es den in der Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassungen, dass das demonstrative Sitzenbleiben bei Betreten des Sitzungssaals durch das Gericht zu Beginn einer Sitzung, bei der Vereidigung von Zeugen oder Sachverständigen oder bei der Verkündung der Urteilsformel ein ungebührliches Verhalten darstellen kann, insbesondere wenn dies trotz mehrfacher Aufforderung des Vorsitzenden in der Absicht geschieht, das Gericht zu provozieren oder herabzusetzen (vgl. Schmitt, in: Meyer-Goßner/ders., StPO, 62. Aufl., 2019, § 178 GVG Rn. 2 f., Mayer, in: Kissel/ders., GVG, 10. Aufl., 2021, § 178 Rn. 15; Lückemann, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl., 2018, § 178 GVG Rn. 2 f.; Kulhanek, in: MüKoStPO, 2018, § 178 GVG Rn. 8; alle m. w. N. sowie OLG Stuttgart, Beschluss vom 13. Januar 1969 – 2 Ws 209 u. 210/68 -, NJW 1969, 627; OLG Hamm, Beschluss vom 4. Februar 1975 – 5 Ws 14/75 -, NJW 1975, 942; OLG Celle, Beschluss vom 17. Januar 2012 – 1 Ws 504/11 -, juris Rn. 8; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 14. Mai 2018 – 1 Ws 88/18 -, juris Rn. 6 f.).
(c) Im vorliegenden Fall ist auch die Anwendung des § 178 GVG durch das Landgericht Erfurt und das Thüringer Oberlandesgericht – unabhängig davon, ob der Verfassungsgerichtshof sie ebenso vorgenommen hätte – nicht schlechthin unvertretbar und verkennt auch nicht grundsätzlich die Bedeutung und Tragweite der Meinungsfreiheit.
Zwar fand in den angegriffenen Entscheidungen das Grundrecht der Meinungsfreiheit keine ausdrückliche Erwähnung. Dies ist jedoch auch nicht erforderlich. Insoweit schlagen denknotwendig die im Rahmen der Zulässigkeit dargelegten weniger strengen Anforderungen hinsichtlich der materiellen Subsidiarität auch auf die Begründungsanforderungen der fachgerichtlichen Entscheidungen durch. Soweit ein Beschwerdeführer nicht gehalten ist, die Verletzung seiner Grundrechte bereits im fachgerichtlichen Verfahren geltend zu machen, unterliegen die Gerichte hinsichtlich des Begründungsumfangs ihrer Entscheidungen ebenfalls keinen besonders strengen Vorgaben. Diese müssen sich vielmehr mit den wesentlichen Gesichtspunkten auseinandersetzen und im Ergebnis ihrer Abwägung – ohne die zu beachtenden Grundrechte explizit benennen zu müssen – zu einer Wertung kommen, die den grundrechtlichen Gewährleistungen hinreichend Rechnung trägt.
Der Beschluss des Landgerichts Erfurt – in der Ausgestaltung, die er durch den Beschluss des Thüringer Oberlandesgerichts erfahren hat – lässt vorliegend erkennen, dass die Gerichte – dem sanktionsartigen Charakter der Ordnungsmittel entsprechend – alle wesentlichen Umstände in ihre Abwägung einbezogen haben. Insbesondere wird ersichtlich, dass das Gericht den Sinn des Verhaltens der Beschwerdeführerin hinreichend ermittelt hat. So bezieht es in seiner Entscheidung die vorherigen Geschehnisse und den in diesem Zusammenhang entstandenen Konflikt ein, die von der Beschwerdeführerin zum Anlass für ihr Verhalten genommen wurden. Indem es dem Sitzenbleiben einen demonstrativen Charakter zuschrieb und es als zielstrebig vorgenommene Unterstreichung des zuvor gestellten Befangenheitsgesuchs sowie als Kundgabe einer Nichtachtung wertete, machte es noch hinreichend deutlich, dass es ein Element der Stellungnahme erkannt und damit im Ergebnis das Verhalten einer Meinungskundgabe zuordnet hat.
Auch die von den Gerichten vorgenommene Deutung und damit rechtliche Würdigung des Verhaltens der Beschwerdeführerin als Kundgabe der Nichtachtung begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
Soweit die Beschwerdeführerin ausführt, sie habe auf den aus ihrer Sicht entwürdigenden Umgang aufmerksam machen und ihr Missfallen über die von ihr als unangemessen empfundene Behandlung zum Ausdruck bringen wollen, greift dies nicht durch, weil es für die Deutung und Würdigung einer Äußerung maßgeblich auf deren objektiven Sinn ankommt. Ausschlaggebend ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den die Äußerung nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums hat (vgl. BVerfGE 93, 266 [295] = juris Rn. 125). Das Aufstehen vor Gericht bringt die Anerkennung der rechtsprechenden Gewalt der Richter zum Ausdruck, die ihnen nach Art. 92 GG übertragen ist, so dass aus Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums sein Unterlassen im Umkehrschluss gerade die Missachtung der gerichtlichen Autorität zum Ausdruck bringt (vgl. auch Kulhanek, in: MüKoStPO, 2018, § 178 GVG Rn. 8). Die Deutung des Verhaltens der Beschwerdeführerin als Missachtung des Gerichts und dessen rechtliche Würdigung als Ungebühr i. S. d. § 178 Abs. 1 GVG durch die Gerichte sind insofern nicht unvertretbar.
Es begegnet im Ergebnis auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass die Gerichte im konkreten Fall den prozessual vorgesehenen Ordnungsregeln und damit dem Schutz der Rechtspflegeaufgabe des Gerichts ein die Meinungsfreiheit überwiegendes Gewicht beigemessen haben.
Grundsätzlich ist das bei der Abwägung anzusetzende Gewicht der Meinungsfreiheit lediglich dann umso höher, je mehr die Äußerung darauf zielt, einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten, und umso geringer, je mehr es hiervon unabhängig lediglich um die emotionalisierende Verbreitung von Stimmungen gegen einzelne Personen geht (vgl. BVerfG, Urteil vom 15. Januar 1958 – 1 BvR 400/51 -, BVerfGE 7, 198 [212] = juris Rn. 40; Beschluss vom 10. Oktober 1995 – 1 BvR 1476/91 -, BVerfGE 93, 266 [294 f.] = juris Rn. 123). Äußerungen in einem gerichtlichen Verfahren – auch nonverbale – sind grundsätzlich nicht privilegiert, wenn sie in keinem inneren Zusammenhang mit der Verteidigung eigener Rechte stehen und bei denen folglich auch nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Missachtung des Verfahrens und der dieses leitenden Personen im Vordergrund stehen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 11. April 1991 – 2 BvR 963/90 -, juris Rn. 29 und Kammerbeschluss vom 13. April 2007 – 1 BvR 3174/06 -, juris Rn. 14 sowie VerfGH Berlin, Beschluss vom 20. Dezember 1999 – 56 A/99 und 56/99 -, juris Rn. 18).
Soweit die Beschwerdeführerin vorträgt, es sei ihr darum gegangen, auf die sanktionslose Verächtlichmachung ihrer Person durch den Vertreter der Staatsanwaltschaft und damit den aus ihrer Sicht entwürdigenden Umgang aufmerksam zu machen, greift dies ebenfalls nicht durch. Die Äußerung des Oberstaatsanwalts fiel anlässlich der Befragung zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen und des Nachweises ihrer Bezüge und betraf nicht die Frage nach ihrer eigenen möglichen Strafbarkeit wegen der von ihr getroffenen Äußerungen. Auch wenn durchaus nachvollziehbar ist, dass sie sich durch die Worte des Oberstaatsanwalts in der Hauptverhandlung unangemessen behandelt fühlte und sie sich eine Zurückweisung dieser Äußerung durch das Gericht gewünscht hätte, so hatte sie zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts Erfurt bereits die ihr zu Verfügung stehenden Mittel ergriffen, um hiergegen vorzugehen. Sie hatte zuvor erfolglos versucht, den Oberstaatsanwalt wegen seiner Äußerungen am ersten Verhandlungstag im Wege eines Antrags gegenüber dem Gericht, ihn von seiner Tätigkeit als Vertreter der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung gegen die Beschwerdeführerin abzulösen und durch einen anderen Beamten der Staatsanwaltschaft zu ersetzen. Ebenso hatte sie einen Befangenheitsantrag gegen die Richter gestellt, weil diese den Oberstaatsanwalt weder hinsichtlich seiner Wortwahl ermahnt noch sich davon distanziert hatten. In den jeweiligen hierzu ergangenen Beschlüssen wurde der Beschwerdeführerin gegenüber auch dargelegt, dass den Prozessbeteiligten nicht das Recht zukomme, einen Vertreter der Staatsanwaltschaft abzulösen, und deshalb auch die Ablehnung eines solchen Antrags nicht die Unparteilichkeit des Gerichts in Frage zu stellen vermag.
Unter Berücksichtigung dessen erweist sich die Sanktion dieses Verhaltens durch Ordnungsmittel auch als angemessen. Es lag ein herabwürdigendes Verhalten der Beschwerdeführerin vor, das diese auch ersichtlich nicht zu ändern beabsichtigte. Dieses Verhalten war grundsätzlich geeignet, die Ordnung der Berufungshauptverhandlung zu stören und die Rechtspflegeaufgabe des Landgerichts zu beeinträchtigen. Insoweit vermag auch der – auf ihrer subjektiven Wahrnehmung beruhende – Einwand der Beschwerdeführerin nicht durchzugreifen, durch ihren stillen Protest seien keine Störung des geordneten Ablaufs der Sitzung oder gar des Rechtsfriedens zu befürchten gewesen. Die Richter haben in ihre Prüfung einfließen lassen und entsprechend gewichtet, dass sich die Beschwerdeführerin bereits zuvor mehrmals nicht erhob, sie jedes Mal hierzu explizit aufgefordert und zudem auch über die möglichen Folgen belehrt worden war. Es begegnet keinen durchgreifenden Bedenken, dass die Gerichte zu dem Ergebnis kamen, dass bei einer Gesamtbetrachtung des Verhaltens der Beschwerdeführerin über einen Zeitraum von einem Monat hinweg (vom 4. Dezember 2017 bis 5. Januar 2018) eine Erheblichkeitsschwelle überschritten war.
b) Der Beschluss des Landgerichts Erfurt in Gestalt des die Entscheidung bestätigenden Beschlusses des Thüringer Oberlandesgerichts verletzt die Beschwerdeführerin auch nicht in den anderen von ihr gerügten Grundrechten.
aa) Die beiden Beschlüsse verletzen die Beschwerdeführerin nicht in ihrer Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 ThürVerf.
Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Beschwerdeführerin durch die Entscheidungen, nach denen sie sich aufgrund ihres Sitzenbleibens einer Ungebühr schuldig gemacht hat, zu einem reinen Objekt herabgewürdigt wurde und sie somit überhaupt im Schutzbereich ihrer Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 ThürVerf berührt ist. Wie bereits dargelegt, dient § 178 GVG einem verfassungsrechtlich legitimen Zweck. Da sich sowohl das Gericht als auch die Verfahrensbeteiligten und das Publikum in einer öffentlichen Verhandlung einem Mindestmaß von äußeren Formen des Respekts unterwerfen, verletzt es nicht die Menschenwürde, wenn von einem Beteiligten erwartet wird, dass er sich bei Eintreten des Gerichts erhebt und ihm gegenüber bei Missachtung dieser äußeren Förmlichkeiten des Gerichtsverfahrens Ordnungsmittel verhängt werden. Die Demonstration einer unreflektierten Gehorsamserwartung oder auch eine rücksichtslose Willensbeugung – wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen – ist darin nicht zu erblicken.
bb) Aus denselben Gründen verletzen die beiden Beschlüsse die Beschwerdeführerin auch nicht in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 6 Abs. 1 ThürVerf.
Hier gilt es ebenso zu berücksichtigen, dass sich sowohl das Gericht als auch die Verfahrensbeteiligten und das Publikum den äußeren Formen einer Hauptverhandlung unterwerfen. Im Rahmen einer öffentlichen Gerichtsverhandlung sind zur Gewährleistung einer der Bedeutung der Rechtspflege angemessenen und damit letztlich dem Ziel der Wahrheitsfindung dienenden Atmosphäre (s.o.) der allgemeinen Handlungsfreiheit eines jeden Einzelnen Grenzen gesetzt. Die freie Entfaltung der Persönlichkeit tritt insoweit hinter der Rechtspflegeaufgabe des Gerichts und der Ordnung der Gerichtsverhandlung zurück, um durch die – kurze – Geste des Respekts beim Sich-Erheben eine persönliche Distanz zu schaffen und damit einen Beitrag zur Objektivität und Ernsthaftigkeit des Verfahrens zu erbringen.
Soweit die Beschwerdeführerin vorliegend im Unterlassen einer Sanktionierung der Äußerung des Oberstaatsanwalts durch das Gericht bzw. einer Distanzierung von dessen Äußerung eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 ThürVerf erblickt, ist nicht ersichtlich und wurde von ihr auch nicht schlüssig dargelegt, inwiefern dieses Unterlassen – unabhängig davon, ob es für sich betrachtet überhaupt eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Beschwerdeführerin möglich erscheinen lässt – noch fortwirkte, nachdem sie durch ihr eigenes Verhalten dazwischentrat und dieses Verhalten allein durch die von ihr angegriffenen Beschlüsse sanktioniert wurde.
cc) Der Beschluss des Landgerichts Erfurt in Gestalt des die Entscheidung bestätigen-den Beschlusses des Thüringer Oberlandesgerichts verletzt die Beschwerdeführerin nicht in dem Gleichheitssatzes aus Art. 2 Abs. 1 und Abs. 4 ThürVerf.
Der in Art. 2 Abs. 1 ThürVerf geregelte Gleichheitssatz zieht den Gerichten bei der Rechtsanwendung Grenzen, indem er willkürliche Entscheidungen verbietet. Ein Verstoß gegen das nach Art. 2 Abs. 1 ThürVerf zu beachtende Willkürverbot liegt vor, wenn die Gerichte des Landes bei der Auslegung und Anwendung bundesrechtlicher Bestimmungen von dem durch den Gesetzeswortlaut vorgegebenen und durch Rechtsprechung und Schrifttum näher beschriebenen Normverständnis so weit abgewichen sind, dass diese Divergenz mit dem Bundesrecht nicht mehr übereinstimmt (ThürVerfGH, Beschluss vom 6. Januar 2009 – VerfGH 19/08 -, juris Rn. 31). Das war vorliegend – wie bereits ausgeführt – hinsichtlich der Auslegung und Anwendung von § 178 Abs. 1 GVG nicht der Fall.
Es ist nicht ersichtlich, dass hier Gleiches ungleich behandelt wurde. Hinsichtlich ihres Vortrags, eine Ungleichbehandlung sei darin zu erblicken, dass das Gericht ihr Verhalten sanktionierte, das des Vertreters der Staatsanwaltschaft jedoch nicht, verkennt sie, dass § 178 GVG auf den Vertreter der Staatsanwaltschaft keine Anwendung findet. Zudem ist auch nicht ersichtlich, inwiefern ein einmaliges Verhalten mit einem wiederholt an den Tag gelegten Verhalten gleichgesetzt werden kann.
Soweit die Beschwerdeführerin ihre besondere psychische und physische Belastung sowie ihre Schwerbehinderung betont und darauf verweist, im Zeitpunkt der Verhängung der Ordnungsmittel habe ihre Verhandlungsfähigkeit noch nicht festgestanden, hat sie weder dargelegt noch ist sonst ersichtlich, dass ihr ein Erheben tatsächlich nicht möglich gewesen ist und somit nicht von ihr verlangt werden konnte. Das Thüringer Oberlandesgericht, das im Rahmen des Beschwerdeverfahrens selbstständig über die Angemessenheit der verhängten Ordnungsmittel zu entscheiden hatte, hat die physischen und psychischen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin in seine Abwägung eingestellt und ist unter Einbeziehung des sonstigen Verhaltens der Beschwerdeführerin in der Verhandlung – insbesondere unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft, wonach die Beschwerdeführerin in der Lage war, den Gerichtssaal zu betreten, sich auf die Anklagebank zu setzen, sich nach dem Verhandlungstermin zu erheben und den Sitzungssaal zu verlassen – zu einer nicht unvertretbaren Würdigung gelangt.
dd) Die beiden Beschlüsse verletzen die Beschwerdeführerin auch nicht in ihrem Recht auf effektiven Rechtsschutz.
Unabhängig davon, ob sich die verfassungsrechtliche Gewährleistung vorliegend aus Art. 42 Abs. 5 ThürVerf ergibt – wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen -, oder vielmehr aus dem allgemeinen Justizgewährungsanspruch aus Art. 3 Abs. 2 i. V. m. Art. 44 Abs. 1 Satz 2 ThürVerf, da spruchrichterliche Tätigkeiten, die nicht nur organisatorisch, sondern auch materiell Ausdruck richterlichen Handelns sind, grundsätzlich nicht von Art. 42 Abs  5 ThürVerf erfasst werden, vermag der Verfassungsgerichtshof einer Verletzung dieser verfassungsrechtlichen Gewährleistung nicht festzustellen.
Sowohl der allgemeine Justizgewährungsanspruch als auch die Rechtsweggarantie nach Art. 42 Abs. 5 ThürVerf gewährleisten einen wirkungsvollen Rechtsschutz. Aus den bereits im Rahmen der Ausführungen zur Meinungsfreiheit dargelegten Gründen bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Gerichte den entscheidungserheblichen Sachverhalt und die erheblichen Abwägungsgesichtspunkte sowie die Bedeutung und Tragweite der durch die Sanktionierung betroffenen Grundrechte der Beschwerdeführerin verkannt bzw. nicht ausreichend ermittelt oder auch berücksichtigt haben.
III.
Die Entscheidung ist mit 7 : 2 Stimmen ergangen.
Das Verfahren ist gemäß § 28 Abs. 1 ThürVerfGHG kostenfrei. Auslagen werden nicht erstattet, § 29 ThürVerfGHG.
Gegen die Entscheidung ist nach § 25 Abs. 1 ThürVerfGHG kein Rechtsmittel zulässig.


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