Aktenzeichen B 1 E 18.945
FeV § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 5, § 13 Nr. 2 lit. a
StGB § 52, § 69, § 69a, § 315c Abs. 1 Nr. 2 lit. a, § 316 Abs. 1, Abs. 2
GG Art. 2 Abs. 2 S. 1
StVG § 2b Abs. 2 S. 2
Leitsatz
1 Gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 StVG besteht ein Anspruch auf Erteilung einer Fahrerlaubnis nur, wenn der Bewerber zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist. Das Bestehen der Fahreignung wird vom Gesetz mithin positiv als Voraussetzung für die Erteilung einer Fahrerlaubnis gefordert. Solange also Zweifel an der Fahreignung bestehen und sie nicht ausgeräumt sind, wirkt sich dies zu Lasten des Bewerbers aus, woraus ferner folgt, dass eine gerichtliche Verpflichtung des zuständigen Trägers öffentlicher Gewalt zur Erteilung einer Fahrerlaubnis nicht nur dann ausscheidet, wenn die Nichteignung einer Person erwiesen ist; ein dahingehender Anspruch besteht auch dann nicht, solange lediglich Eignungszweifel noch nicht ausgeräumt sind. (redaktioneller Leitsatz)
2 Im Fall der Begehung von Straftaten mit Alkoholbezug ist trotz Vorrangs von § 13 FeV gleichwohl ein Anwendungsbereich für § 11 Abs. 3 FeV eröffnet. (redaktioneller Leitsatz)
3 Bei Fehlern in der Gutachtensanordnung kommt ein vorläufiger Anspruch auf Erteilung einer Fahrerlaubnis gleichwohl nicht in Betracht, solange das behördliche Ermessen nicht dahingehend reduziert ist, dass nur ein Absehen von einer Aufforderung zur Beibringung eines Gutachtens in Betracht kommt. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 6.250 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der am … geborene Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Wiedererteilung der Fahrerlaubnis.
Der Antragsteller war Inhaber der Fahrerlaubnis der Klassen AM, A, A1 (A und A1 mit Beschränkung 79.03, 79.04) B, BE (mit Beschränkung 79.06), C, C1, C1E, CE, L und T (C1 und C1E mit einer Gültigkeit bis zum … und C und CE mit einer Gültigkeit bis zum …).
Die am … ausgestellte Fahrerlaubnis wurde dem Antragsteller durch Strafbefehl des Amtsgerichts K … vom 31.01.2018 (rechtskräftig seit 21.02.2018) unter Verhängung einer Sperrfrist bis zum 20.09.2018 entzogen. Für die fahrlässige Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG, § 316 Abs. 1 und Abs. 2, § 69, § 69a, § 52 StGB) wurde eine Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen verhängt. Die Fahrerlaubnis wurde entzogen und der Führerschein eingezogen. Es wurde eine Sperrfrist von 7 Monaten verhängt. Dem Strafbefehl lag folgender Sachverhalt zur Grunde: Der Antragsteller sei am … gegen 23.20 Uhr mit einem Kraftrad ohne Fahrerlaubnis gefahren. Zudem sei er infolge Alkoholgenusses fahruntüchtig gewesen. Die am … entnommene Blutprobe habe eine Blutalkoholkonzentration in Höhe von 1,33 Promille ergeben.
Der Antragsteller nahm vom 06.04.2018 bis zum 23.04.2018 an einem Seminar gemäß den Inhalten und Durchführungsbestimmungen des Besonderen Aufbauseminars nach § 2a StVG und § 2b Abs. 2 Satz 2 StVG, § 36 und § 37 FeV teil (Bescheinigung der Dipl. Psychologin E … vom 23. April 2018).
Mit Beschluss des Amtsgerichts (AG) K … vom 12.06.2018 wurde die Sperrfrist vorzeitig zum 20. August 2018 aufgehoben. Es lägen Tatsachen vor, dass Grund zu der Annahme bestehe, dass der Antragsteller nicht mehr ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sei. Bezug genommen wird auf die Bescheinigung der Dipl. Psychologin E … und auf den Laborbefund vom 28. Mai 2018, in welchem dem Antragsteller eine Alkoholabstinenz bzw. eine äußerst seltene Alkoholaufnahme für den Zeitraum der untersuchten Haarlänge (3,0 cm; Haarwachstum unterstellt 1 cm pro Monat) bescheinigt wurde.
Am 18.07.2018 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis der Klassen AM, B, BE, C1, C1E, C, CE, T und L.
Laut Bescheinigung über die ärztliche Untersuchung (Anlage 6 Nr. 2.1 der FeV) vom 19.07.2018 (Labor S …) sei ein gewohnheitsmäßiger oder regelmäßiger Konsum von Alkohol im Untersuchungszeitraum (24.02.2018 bis 26.07.2018) durch den Antragsteller unwahrscheinlich. Vor Erteilung der Fahrerlaubnis werde keine weitergehende Untersuchung empfohlen, da keine Beeinträchtigungen des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens festgestellt werden könnten.
Mit Schreiben vom 27.07.2018 forderte das Landratsamt K … den Antragsteller auf, ein medizinisch-psychologisches Fahreignungsgutachten beizubringen. Die Anordnung wurde vom Landratsamt K … mit Schreiben vom 09.08.2018 wieder zurückgenommen. Auf Grund des Urteils des BVerwG vom 6. April 2017 habe sich die Anordnung vom 27.07.2018 erledigt, da keine Zusatztatsachen beim Antragsteller vorliegen würden. Es werde wegen der Verurteilung wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis aber eine erneute Aufforderung einer MPU ergehen (§ 11 Abs. 3 Nr. 5 FeV).
Mit Schreiben vom 10.08.2018 ordnete das Landratsamt abermals die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens bis zum 10.10.2018 an. Grund hierfür sei, dass der Antragsteller am Abend des … mit einem Kraftrad gefahren sei, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig gewesen sei. Der Antragsteller habe nicht die erforderliche Fahrerlaubnis gehabt. Aufgrund dieses Sachverhalts sei dem Antragsteller mit Strafbefehl vom 30. Januar 2018 die Fahrerlaubnis entzogen worden. Es werde im Rahmen der Neuerteilung zur Abklärung der Fahreignung gem. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 2 FeV ein medizinisch-psychologisches Gutachten einer anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung angeordnet, da nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens die Begutachtung für nötig empfunden werde. Es reiche bereits die Begehung einer erheblichen Straftat aus. Der Antragsteller habe sogar mehrere strafrechtliche Tatbestände im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr erfüllt. Der Gutachter habe zu folgender Frage Stellung zu nehmen:
„Ist trotz der aktenkundigen Straftaten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr nicht zu erwarten, dass der Antragsteller auch zukünftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen wird?“
Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 28.08.2018. Der Antragsteller habe keine wiederholte Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen, da dies zwei verwertbare Zuwiderhandlungen voraussetze. Es liege keine erhebliche Straftat im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 5 FeV vor. Die Gründe für die erhöhte Gefährlichkeit müssten sorgfältig abgewogen und in der Anordnung dargelegt werden. Die Darlegung der erhöhten Gefährlichkeit sei hier in der Anordnung nicht erfolgt. Es sei lediglich der Strafbefehl des AG K … wiederholt worden. Außer Acht gelassen worden sei auch, dass es sich um eine erstmalige Jugendstrafbarkeit gehandelt habe. Zudem müsse eine Straftat vorliegen, die Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotential biete. Es werde auf den Beschluss des AG K …vom 12.07.2018, den Laborbefund und die Teilnahme am Nachschulungskurs Bezug genommen. Der Antragsteller lebe seit dem Vorfall in ständiger Alkoholabstinenz und habe auf Grund der persönlichen Erfahrungen und Verletzungen aus seinem Verhalten gelernt. Die Gutachtensanforderung sei nicht anlassbezogen und verhältnismäßig, weshalb aus der Nichtvorlage nicht auf die Ungeeignetheit geschlossen werden könne. Unzulässigerweise sei das Landratsamt vom Inhalt des Strafbefehls und dessen Feststellungen des Sachverhalts abgewichen (§ 3 Abs. 4 Satz 1 StVG). Da das Amtsgericht die Fahreignung bejaht habe, gehe die Gesetzesvorschrift des § 3 Abs. 4 StVG den Ordnungsvorschriften der §§ 11 und 13 FeV vor, eine verwaltungsrechtliche MPU könne daher nicht angeordnet werden. Bei der Behörde lägen erhebliche Ermessensfehler vor, da außer Acht gelassen worden sei, dass es sich um eine einzige Straftat gehandelt habe und um ein einmaliges Fehlverhalten. Die Behörde habe selbst zu erkennen gegeben, dass eine Anordnung auf der Grundlage von § 13 Nr. 2a Alt. 2 FeV nicht möglich sei (Schreiben vom 9. August 2018). Wenig später habe der Antragsteller wieder eine Anordnung einer MPU erhalten. Die Behörde sei sich nicht im Klaren, welche Rechtsgrundlage angewendet werden müsse. Die Angabe einer Rechtsgrundlage sei zwingend erforderlich. Es scheine für die Behörde ein Regelfall zu sein, eine MPU nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV anzuordnen. Die Anordnung sei daher auch wegen Ermessensausfalls rechtswidrig. Ein konkreter Anlass für die Anordnung sei nicht gegeben. Es liege ein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor. Offensichtlich fehlerhaft sei die Behörde davon ausgegangen, dass der Antragsteller im Besitz der Fahrerlaubnis der Klasse A und A1 sei. Dies sei unter Zugrundelegung des Strafbefehls kaum vertretbar, da anderenfalls keine Verurteilung stattgefunden hätte. Bei dem aktuellen Führerschein seien die Schlüsselzahlen 79.03 und 79.04 zu berücksichtigen.
Mit Schreiben vom 07.09.2018, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tage, ließ der Antragsteller durch seine Bevollmächtigten im Wege der einstweiligen Anordnung beantragen,
1.den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig eine Fahrerlaubnis der Klassen A, A1, AM, B, BE, C, CE, C1, C1E, L und T zu erteilen.
2.den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig den Führerschein (ausgestellt am …) herauszugeben.
Zur Begründung ist ausgeführt, dass sich die Dringlichkeit einer Entscheidung daraus ergebe, dass der Antragsteller beruflich zwingend auf seine Fahrerlaubnis angewiesen sei, um seine Aufgaben als Waffenmechaniker bei der … in …wahrzunehmen. Zu seinem Tätigkeitsbereich zähle das Transportieren von schweren Hundezwingern und von Munition. Die erworbene LKW-Fahrerlaubnis sei ihm von seinem Arbeitgeber für die anstehenden Arbeiten als Waffenmechaniker bezahlt worden. Sein jetziger Arbeitgeber werte den Wegfall der Fahrerlaubnis als Dienstausfall, weshalb er nur noch als halbe Arbeitskraft gesehen werden könne. Der Antragsteller habe seinen Nebenjob als Abschleppfahrer verloren, was zu erheblichen Einnahmeeinbrüchen geführt habe. Er sei täglich auf die Fahrerlaubnis angewiesen, da aufgrund der frühen Arbeitszeiten und der schlechten Verkehrsverbindungen kein pünktliches Erscheinen am Arbeitsplatz möglich sei.
Ein Anordnungsanspruch ergebe sich daraus, dass von ihm nicht die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens verlangt werden könne. Er habe weniger als 1,6 Promille bei der Trunkenheitsfahrt gehabt, so dass die Voraussetzungen des § 13 Nr. 2c FeV nicht vorliegen würden. Anhaltspunkte für das Vorliegen anderweitiger Tatsachen für Alkoholmissbrauch würden ebenfalls nicht vorliegen (§ 13 Nr. 2a FeV). § 11 FeV sei nicht anwendbar, da § 13 FeV die Spezialnorm sei.
Mit Schreiben vom 10.09.2018, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tage, ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten Verpflichtungsklage erheben. Ergänzend wird hierbei ausgeführt, dass das Strafgericht die Geeignetheit des Antragstellers festgestellt habe. Daran sei die Behörde nach § 3 Abs. 4 StVG gebunden. Es sei außer Acht gelassen worden, dass es sich nur um eine einzige Straftat gehandelt habe.
Mit Schreiben vom 18.09.2018 legte das Landratsamt K … die Akten vor und beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Es fehle auf Grund der Nichtvorlage des rechtmäßig geforderten medizinisch-psychologischen Gutachtens an einem Anordnungsanspruch. Wie sich herausgestellt habe, sei der Antragsteller nach einer Veranstaltung im Feuerwehrhaus mit einem Motorrad weggefahren, das ein Besucher der Veranstaltung abgestellt hatte, wobei er den Schlüssel stecken ließ. Es sei nicht bekannt, ob der Halter des Fahrzeugs hierüber Kenntnis gehabt habe. Der Antragsteller sei auf Grund überhöhter Geschwindigkeit von der Fahrbahn abgekommen, sei gestürzt und habe sich dabei schwer verletzt. Bezüglich des Gebrauchs des Krads habe die Polizeiinspektion einen unbefugten Gebrauch des Fahrzeugs unterstellt. Der Antragsteller habe mehrere Straftaten verwirklicht (fahrlässige Trunkenheit im Verkehr und Fahren ohne Fahrerlaubnis). Diese würden sich auch als erheblich im fahrerlaubnisrechtlichen Sinne darstellen, da sie einen unmittelbaren Bezug zur Fahreignung des Antragstellers aufweisen würden. Beim Antragsteller sei von einer Trinkgewöhnung auszugehen. Dafür spreche, dass er trotz der Alkoholisierung geistesgegenwärtig genug gewesen sei, einen Helm aufzusetzen. Hinzu komme, dass die Trunkenheitsfahrt mit einer Fahrzeugklasse erfolgt sei, mit der der Antragsteller keinerlei Erfahrung habe und deren Fahrverhalten er nicht einschätzen könne. Außerdem habe er das Fahrzeug unbefugt benützt. Der Antragsteller habe seine eigenen Interessen über die Belange der Straßenverkehrssicherheit gestellt und die Interessen der Allgemeinheit erheblich gefährdet. Zweifel an der Fahreignung seien nicht durch den Beschluss des Amtsgerichts vom 12.07.2018 ausgeräumt worden. Die Bescheinigung stelle nur auf das Trinkverhalten ab, der leichtfertige Umgang mit den Belangen der Straßenverkehrssicherheit werde nicht oder nur am Rande thematisiert. Der Beratungsnachweis im Rahmen einer verkehrspsychologischen Beratung ersetze kein medizinisch-psychologisches Gutachten, da ein Beratungserfolg oder ein stabiler Einstellungswandel dadurch nicht bescheinigt werde.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Behördenakten und das Vorbringen der Beteiligten Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog).
II.
Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete strittige Recht (den Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (den Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgebend sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Dem Wesen und Zweck der einstweiligen Anordnung entsprechend kann das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und dem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang, wenn auch nur auf beschränkte Zeit und unter Vorbehalt einer Entscheidung in der Hauptsache, das gewähren, was er nur in einem Hauptsacheprozess erreichen könnte. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG gilt dies jedoch dann nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d.h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 123 Rn. 13 f. m.w.N.). Dieser strenge Maßstab gilt im Fahrerlaubnisrecht auch angesichts der staatlichen Schutzpflicht für das Leben und die Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer in besonderem Maße, da das Führen von fahrerlaubnispflichtigen Fahrzeugen im Straßenverkehr mit erheblichen Gefahren für diese Rechtsgüter einhergeht, wenn der Betroffene ungeeignet oder zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht geeignet ist (BayVGH, B.v. 17.8.2017 – 11 CE 17.1437 – juris).
a) Der Antragsteller hat im vorliegenden Fall nicht glaubhaft gemacht, dass ihm ein Anordnungsanspruch zur Seite steht. Nach § 20 Abs. 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV) gelten für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis die Vorschriften über die Ersterteilung. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Straßenverkehrsgesetz (StVG) besteht ein Anspruch auf Erteilung einer Fahrerlaubnis nur, wenn der Bewerber zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist. Das Bestehen der Fahreignung wird vom Gesetz mithin positiv als Voraussetzung für die Erteilung einer Fahrerlaubnis gefordert. Solange also Zweifel an der Fahreignung bestehen und sie nicht ausgeräumt sind, wirkt sich dies zu Lasten des Bewerbers aus. Hieraus folgt ferner, dass eine gerichtliche Verpflichtung des zuständigen Trägers öffentlicher Gewalt zur Erteilung einer Fahrerlaubnis nicht nur dann ausscheidet, wenn die Nichteignung einer Person erwiesen ist; ein dahingehender Anspruch besteht auch dann nicht, solange lediglich Eignungszweifel noch nicht ausgeräumt sind (vgl. BayVGH, B.v. 23.2.2010 – 11 CE 09.2812; B.v. 4.3.2016 – 11 ZB 15.2682 – juris m.w.N.).
Für die Eignung müssen die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt werden. Davon kann nach § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann nicht ausgegangen werden, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 der Fahrerlaubnis-Verordnung vorliegt. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, so dass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird (§ 2 Abs. 4 Satz 1 StVG, § 11 Abs. 1 Satz 3 FeV). Gibt es hinreichende Anhaltspunkte, die die körperliche, geistige oder charakterliche Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen in Frage stellen, ist die Fahrerlaubnisbehörde nach Maßgabe der §§ 11 bis 14 FeV berechtigt, in näher bestimmten Fällen verpflichtet, Maßnahmen zur Aufklärung bestehender Fahreignungszweifel zu ergreifen. Bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei (mehreren) Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Klärung von Eignungszweifeln die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) anordnen, § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV.
Hiernach hat der Antragsteller erst dann einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Fahrerlaubnis, wenn keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er nicht die körperliche, geistige oder charakterliche Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen besitzt, so dass der Antragsgegner als Fahrerlaubnisbehörde nicht berechtigt ist, nach Maßgabe der §§ 11 bis 14 FeV Maßnahmen zur Aufklärung von Fahreignungszweifel zu ergreifen. Dass solche Anhaltspunkte hier nicht vorliegen und der Antragsgegner nicht berechtigt ist, weitere Aufklärungsmaßnahmen anzuordnen, hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.
b) Der Antragsteller hat Fahreignungszweifel nicht schon durch die Feststellungen des Amtsgerichts zur Sperrzeitverkürzung ausgeräumt.
Die strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund von § 69 StGB ist eine Maßregel der Besserung und Sicherung, deren Verhängung ausschließlich von der Frage der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen abhängt (vgl. Dauer in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 69 StGB Rn. 1 und 12 m.w.N.). Der strafgerichtlichen Feststellung der Ungeeignetheit kommt dabei keinesfalls eine geringere Bedeutung zu als der verwaltungsbehördlichen. Vielmehr hat der Gesetzgeber in § 3 Abs. 3 und 4 StVG der strafgerichtlichen Entziehung den Vorrang eingeräumt. Allein der Ablauf der vom Strafgericht festgelegten Sperrfrist führt gemäß § 69a StGB nicht dazu, dass wieder von der Fahreignung auszugehen ist. Die zeitliche Befristung der Sperre bedeutet nicht, dass die vom Strafrichter nach Maßgabe des § 69 Abs. 1 und 2 StGB verneinte Eignung mit dem Ablauf der Sperre automatisch wieder zu bejahen wäre. Die Sperrfrist gibt nur den Mindestzeitraum an, währenddessen der Verurteilte infolge seiner aus der begangenen Straftat abgeleiteten Gefährlichkeit für den Straßenverkehr in jedem Falle als ungeeignet anzusehen ist. Ob die eignungsausschließende Gefährlichkeit fortbesteht, ist im Anschluss daran von der Straßenverkehrsbehörde auch bei Ersttätern eigenständig zu beurteilen (VG Augsburg, B.v. 07.04.2016 – Au 7 K 15.1781 – juris Rn. 27).
c) Eine Gutachtenanforderung kann vorliegend auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 1 FeV gestützt werden, weil der Antragsteller durch die Trunkenheitsfahrt und das Fahren ohne Fahrerlaubnis eine erhebliche Straftat begangen hat.
(1) Die vom Antragsgegner in der Gutachtensanordnung zitierte Rechtsgrundlage des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 2 FeV (Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen) ist hier nicht einschlägig. Die Rechtsprechung stellt für die Abgrenzung von Straftat und Straftaten darauf ab, ob es sich noch um einen einheitlichen Lebensvorgang handelt und ob eine Tat im strafprozessualen Sinn vorliegt oder nicht. Es kommt darauf an, ob ein einheitlicher geschichtlicher Vorgang in Rede steht, in dessen Rahmen die einzelnen Sachverhalte innerlich so miteinander verknüpft sind, dass sie nach der Lebensauffassung eine Einheit bilden und ihre getrennte Behandlung als unnatürliche Aufspaltung eines zusammengehörenden Geschehens erscheinen würde, wobei insbesondere ein großer zeitlicher Abstand zwischen den einzelnen Vorkommnissen die Einheit des geschichtlichen Vorgangs beseitigen kann (BayVGH, U.v. 06.08.2012 – 11 B 12.416 – juris Rn. 32).
Nach dem herkömmlichen Tatbegriff bilden eine Trunkenheitsfahrt und das Fahren ohne Fahrerlaubnis einen einheitlichen Lebensvorgang und damit verfahrensrechtlich eine Tat. Sie gehen nicht nur äußerlich und zeitlich ineinander über, sondern sind auch innerlich eng miteinander verknüpft, da der Unrechts- und Schuldgehalt des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nicht ohne die Trunkenheitsfahrt gesehen werden kann.
(2) Eine Gutachtenanforderung kann vorliegend aber auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 1 (erhebliche Straftat im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr) gestützt werden.
(a) Hierbei ist durch die Trunkenheitsfahrt ein Rückgriff auf § 11 FeV nicht ausgeschlossen. Der VGH BW führt hierbei in seinem Urteil vom 11. Oktober 2017 (10 S 746/17 – juris Rn. 20 ff.) aus:
„Zwar wird allgemein angenommen, dass § 13 FeV eine Spezialvorschrift gegenüber § 11 FeV darstellt (vgl. die Begründung zur Fahrerlaubnis-Verordnung und zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 26.08.1998, VkBl. 1998, S. 962, 1070, abgedruckt bei Müller/Rebler, Die Klärung von Eignungszweifeln im Fahrerlaubnisrecht, 2. Aufl., S. 134; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Auflage, § 11 FeV Rn. 35), weswegen sich die von der Fahrerlaubnisbehörde zu treffenden Maßnahmen zur Klärung von Eignungszweifeln wegen einer Alkoholproblematik in erster Linie nach der Bestimmung des § 13 FeV richten (vgl. Senatsurteile vom 07.07.2015 – 10 S 116/15 – DAR 2015, 592 und vom 18.06.2012 – 10 S 452/10 – juris Rn. 30). Dies heißt jedoch nicht, dass im Fall der Begehung von Straftaten mit Alkoholbezug der Zugriff auf die Ermächtigungsgrundlage des § 11 Abs. 3 FeV vornherein gesperrt wäre. Hiergegen spricht schon der grundsätzlich unterschiedliche – sich in einer entsprechenden Fragestellung niederschlagende – Untersuchungsgegenstand einer auf § 11 Abs. 3 FeV gestützten Gutachtensanordnung im Vergleich zu einer auf Grundlage von § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV ergangenen Anordnung. So kann (und muss unter Umständen) die Behörde in Fällen, in denen sowohl (nicht im Zusammenhang mit einer Alkoholtat stehende) Zweifel an der charakterlichen Fahreignung vorliegen als auch der Verdacht einer Alkoholproblematik aufzuklären ist, eine Gutachtensanordnung sowohl auf § 11 Abs. 3 FeV als auch auf § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV stützen (vgl. oben sowie Senatsbeschluss vom 12.05.2016 – 10 S 868/15 -). Allerdings darf bei der Auslegung gerade der Vorschriften des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 und 5 FeV nicht übersehen werden, dass zwischen den grundsätzlich verschiedenen Untersuchungsgegenständen des § 11 Abs. 3 FeV und des § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV trotzdem – je nach Fallkonstellation nicht immer gleiche – Schnittmengen existieren. So lässt sich das (im Rahmen eines auf Grundlage von § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV eingeholten medizinisch-psychologischen Gutachtens zu klärende) Trennungsvermögen auch als Frage der charakterlichen Eignung im Sinne der Einhaltung des Verbots, ein Kraftfahrzeug in einem Zustand der alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit zu führen, begreifen. Umgekehrt wird ein Gutachter bei einer auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV gestützten Untersuchung bei der Prognostizierung zukünftiger Verstöße gegen die Vorschriften des § 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB oder des § 316 Abs. 1 StGB zumindest die Frage des Trennungsvermögens ebenfalls in den Blick nehmen dürfen. Dementsprechend wird man gerade die Vorschriften des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 und 5 FeV nicht so auslegen dürfen, dass hierdurch die Wertung des Verordnungsgebers, bei bestimmten alkoholbedingten Verstößen gegen Verkehrsvorschriften von der (zwingenden) Einholung eines medizinisch-psychologischen Sachverständigengutachtens abzusehen, umgangen wird. Zu berücksichtigen sind diese Gesichtspunkte allerdings nicht bereits bei der Prüfung des Tatbestands des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 und 5 FeV, sondern im Rahmen des von der Behörde nach § 11 Abs. 3 Satz 1 FeV auszuübenden Ermessens.“
(b) Auch die das behördliche Ermessen zur Gutachtensanordnung eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 1 FeV liegen hier vor. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 1 FeV setzt auf tatbestandlicher Ebene lediglich voraus, dass der Fahrerlaubnisbewerber bzw. Fahrerlaubnisinhaber eine erhebliche Straftat begangen hat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht. Der auch in § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG sowie § 11 Abs. 1 Satz 3 FeV vorkommende, aber weder im Gesetz noch in der FeV definierte Begriff der Erheblichkeit einer Straftat ist dahingehend zu verstehen, dass es gerade auf die Gewichtigkeit der Tat für die Bewertung der Fahreignung ankommt (vgl. OVG NRW, B.v. 11.04.2017 – 16 E 132/16 – juris; Hessischer VGH, B.v. 15.09.2010 – 2 A 1197/10.Z – juris).
An die Annahme eines hinreichenden Gewichts der Tat für die Bewertung der Fahreignung sind im Rahmen von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 1 FeV keine zu hohen Anforderungen zu stellen. So wäre es verfehlt, wollte man eine erhebliche Straftat im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 1 FeV nur dann annehmen, wenn bereits allein aufgrund des Gewichts der Straftat die fehlende Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers – wie dies wohl § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG voraussetzt – erwiesen ist; die in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 1 FeV vorgesehene Begutachtung setzt vielmehr gerade voraus, dass die Ungeeignetheit des Betroffenen noch nicht feststeht, sondern lediglich zu befürchten ist (vgl. § 11 Abs. 7 FeV). Auch würden übermäßige Anforderungen an den Begriff der „erheblichen Straftat“ gestellt, wollte man für die sich aus der (Anlass-)Straftat ergebenden Eignungszweifel ein solches Gewicht fordern, dass der Behörde im Ergebnis kein oder kaum Spielraum hinsichtlich des „Ob“ der Gutachtensanordnung verbliebe. Denn nach ihrem Wortlaut handelt es sich bei § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 1 FeV weder um eine Ist- noch eine Soll-, sondern um eine Kann-Vorschrift; ob ein Gutachten eingeholt wird, steht bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen grundsätzlich im Ermessen der Fahrerlaubnisbehörde. Damit dieses nicht leerläuft, sind auch solche Straftaten als „erheblich“ im Sinne der Vorschrift anzusehen, die es – isoliert betrachtet – sowohl vertretbar erscheinen lassen, ein medizinisch-psychologisches Gutachten einzuholen als auch von einer Gutachtensanordnung abzusehen, so dass die Frage, ob eine Gutachtensanordnung ergeht, erst nach Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls im Rahmen der behördlichen Ermessensausübung beantwortet werden kann. Zudem sind in systematischer Hinsicht Wertungswidersprüche mit der Vorschrift des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 FeV zu vermeiden, wonach die Fahrerlaubnisbehörde auch bei einem erheblichen Verstoß gegen (nicht strafbewehrte) verkehrsrechtliche Vorschriften zur Gutachtensanordnung berechtigt sein kann. Im Rahmen von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 FeV spricht viel dafür, dass regelmäßig bereits die Eintragungspflichtigkeit eines Verkehrsverstoßes dessen Erheblichkeit indiziert, denn eintragungspflichtig sind nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem mit wenigen Ausnahmen nur verkehrssicherheitsrelevante Zuwiderhandlungen (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer a.a.O. § 11 FeV Rn. 34). Jedenfalls ist im Rahmen von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 FeV ein Verkehrsverstoß, der nicht nur gerade die Grenze zur Eintragungspflichtigkeit überschreitet, sondern deutlich im eintragungspflichtigen Bereich liegt, grundsätzlich als erheblicher Verstoß gegen eine verkehrsrechtliche Vorschrift anzusehen (vgl. in diese Richtung BayVGH, B.v. 07.08.2014 – 11 CS 14.352 – NJW 2014, 3802). Übertragen auf die Frage der Erheblichkeit einer Straftat im Sinn von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 1 FeV folgt hieraus, dass jedenfalls einer Zuwiderhandlung, die deutlich im eintragungspflichtigen Bereich liegt, regelmäßig ein hinreichendes Gewicht für die Bewertung der Fahreignung zukommt und damit (gewissermaßen als Anlasstat) eine Gutachtensanordnung – abhängig allerdings von den im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigenden Umständen des jeweiligen Einzelfalls – rechtfertigen kann (VGH BW, U.v. 11.10.2017 – 10 S 746/17 – juris Rn. 34 ff. -; der VGH BW hat bei Straftaten, die nach dem gegenwärtigen Fahreignungs-Bewertungssystem jeweils mit mindestens 2 Punkten bewertet sind, die Erheblichkeit bejaht; ebenso VG Augsburg, B.v. 01.10.2009 – Au 7 E 09.1387 – zur Tateinheit einer Trunkenheitsfahrt mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort). Die Erheblichkeit der Straftat ergibt sich hier daraus, dass das Fahren ohne Fahrerlaubnis nach Nr. 2.1.11. der Anlage 13 zur FeV mit 2 Punkten bewertet wird.
(c) Das Ermessen des Antragsgegners ist auch nicht derart eingeengt, dass seine Entscheidung, ob ein Gutachten anzufordern ist, nur dahin ergehen kann, von einer Anordnung abzusehen. Im Rahmen des durch § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV eröffneten Ermessens muss die Fahrerlaubnisbehörde anhand aller Umstände des konkreten Falls prüfen, ob die sich aus der begangenen (Anlass-)Straftat (sowie ggf. weiteren Umständen) ergebenden Eignungszweifel hinreichend gewichtig sind, um die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu rechtfertigen, und ihre diesbezüglichen Erwägungen auch offenlegen (VGH BW, U.v. 11.10.2017, a.a.O. Rn. 38).
Bei der Beantwortung der Frage, ob die bestehenden Eignungszweifel ein hinreichendes, die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtfertigendes Gewicht aufweisen, muss die Behörde im Rahmen ihrer Ermessensausübung zudem Wertungswidersprüche zu anderen die Fahreignung bzw. die Möglichkeiten einer Begutachtung betreffenden Vorschriften vermeiden. So darf sie im Fall einer – hier allerdings nicht vorliegenden – Vorbereitung einer Fahrerlaubnisentziehung (also im Fall einer bestehenden Fahrerlaubnis) nicht außer Acht lassen, dass nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem mit Punkten bewertete Verkehrsverstöße grundsätzlich noch keine Eignungsüberprüfung auslösen (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 3 StVG). Darüber hinaus hat die Fahrerlaubnisbehörde in Fällen, in denen – wie vorliegend – die Fahreignung des Fahrerlaubnisbewerbers aufgrund der Begehung von Alkoholdelikten in Frage steht, im Rahmen ihres Ermessens grundsätzlich auch zu berücksichtigen, dass mit einer Gutachtensanordnung nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV nicht die Wertungen der Vorschrift des § 14 Abs. 2 FeV (VG Lüneburg, B.v. 06.04.2018 – 1 B 90/17 – juris Rn. 19 f) oder des § 13 FeV umgangen werden dürfen.
Dieses Ermessen wurde vom Antragsgegner vorliegend noch nicht hinreichend ausgeübt, da in der Gutachtensanordnung zum einen fast ausschließlich der Sachverhalt des Strafbefehls wiederholt wurde und hierbei insbesondere auf die Trunkenheitsfahrt abgestellt wurde. Inwieweit das Fahren ohne Fahrerlaubnis einen „Mehrwert“ darstellt, der im vorliegenden Fall die Anordnung einer MPU rechtfertigt, wurde nicht ausgeführt, sondern nur pauschal darauf abgestellt, dass dies „nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens … für nötig befunden wird.“ Erst in der Antragserwiderung lassen sich Ermessenserwägungen erkennen im Sinne, dass der Antragsteller seine eigenen Interessen über die Belange der Straßenverkehrssicherheit gestellt und die Interessen der Allgemeinheit erheblich gefährdet habe sowie dass Zweifel an der Fahreignung nicht durch den Beschluss des Amtsgerichts vom 12.07.2018 ausgeräumt worden seien, da die vorgelegte Bescheinigung nur auf das Trinkverhalten abstelle, der leichtfertige Umgang mit den Belangen der Straßenverkehrssicherheit nicht oder nur am Rande thematisiert werde.
Es bestehen somit zwar Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Gutachtensanordnung, da das Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt worden ist. Nach summarischer Prüfung sind nicht alle Umstände ausreichend eingestellt worden. Das Ermessen ist aber nicht dahingehend reduziert, dass nur ein Absehen von einer Aufforderung zur Beibringung eines Gutachtens in Betracht kommt. Ein Erfolg der Klage ist nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, um eine Vorwegnahme der Hauptsache zuzulassen.
(d) Das Gericht merkt ergänzend an, dass die Gutachtensanordnung zudem formell fehlerhaft ist. Auf Grund der Spezialität des § 13 FeV dürfen dem Gutachter keine Fragen gestellt werden in Bezug auf eine Alkoholabhängigkeit oder einen Alkoholmissbrauch. Zwar ist aus der Fragestellung kein Bezug zur Alkoholproblematik zu erkennen. Durch die ausführliche Darstellung der Trunkenheitsfahrt und die nur zweimalige Nennung des Fahrens ohne Fahrerlaubnis und die fehlenden Ermessenserwägungen zu diesem Delikt ist für den Gutachter und auch für den Antragsteller nicht erkennbar, dass das Vorliegen einer Alkoholabhängigkeit bzw. eines Alkoholmissbrauchs nicht geprüft werden sollen.
d) Da nicht von vornherein auszuschließen ist, dass der Antragsgegner unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen gleichwohl die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens in rechtmäßiger Weise anordnen kann, kommt eine Vorwegnahme der Hauptsache nicht in Betracht. Auch der Umstand, dass der Antragsteller nach seinen Angaben die Fahrerlaubnis für die Ausübung seiner Berufstätigkeit benötigt, führt nicht zu einer anderen Entscheidung. Das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG abzuleitende Auftrag des Staates zum Schutz der Verkehrsteilnehmer vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben ist hier zu beachten (vgl. z.B. BVerfG, U.v. 16.10.1977 – 1 BvQ 5/77 – BVerfGE 46, 160). Die persönlichen Interessen des Antragstellers müssen dahinter zurücktreten (BayVGH, B.v. 16.08.2018 – 11 CE 18.1268 – juris Rn. 15).
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterliegender Beteiligter hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Höhe des Streitwerts ergibt sich aus § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG in Verbindung mit Nrn. 1.5, 46.3 und 46.4 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (s. NVwZ-Beilage 2013, 57).