Verkehrsrecht

Anordnung der Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuches

Aktenzeichen  B 1 K 18.301

Datum:
10.9.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 41813
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
StVZO § 31a, § 57a Abs. 1
FPersG § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
FeV § 40
FPersV § 18 Abs. 1 Nr. 16

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
2. Die überwiegend wohl bereits unzulässige Klage ist unbegründet.
a. Die Ziffn. 1 bis 3 und 5 und 6 des streitgegenständlichen Bescheids haben sich durch Ablauf der in Ziff. 2 gesetzten zeitliche Befristung der Verpflichtung zum Führen und zur Vorlage des Fahrtenbuches nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG erledigt. Nachdem die genannten Ziffern des streitgegenständlichen Bescheids keine Wirkung mehr entfalten, begehrt der Kläger nunmehr die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 20.02.2018.
b. Eine solche Fortsetzungsfeststellungsklage ist nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nur zulässig, sofern ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung vorliegt.
Der Kläger hat sein besonderes Fortsetzungsfeststellungsinteresse (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) jedoch nicht hinreichend konkret und substantiiert dargelegt. Beruft sich der Kläger auf einen vor den Zivilgerichten geltend zu machenden Anspruch auf Schadensersatz oder Entschädigung, muss er regelmäßig darlegen, was er konkret anstrebt, welchen Schaden, bzw. welche Schadens- oder Entschädigungsposition er im Zivilrechtsweg geltend machen will und dass ein Schadensersatz- bzw. Entschädigungsanspruch bereits anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist. Die bloße Behauptung, einen Schadensersatzprozess führen zu wollen, genügt hierfür nicht (vgl. BayVGH, B.v. 18.07.2016 – 11 ZB 16.299 – juris Rn. 16; B.v. 24.10.2011 – 8 ZB 10.957 – juris Rn. 13; BVerwG, B.v. 09.07.2005 – 2 B 111/04 – juris Rn. 7 m.w.N.). Im vorliegenden Fall hat der Kläger zwar aufgrund eines gerichtlichen Hinweises die Höhe seiner Schadensersatzforderung gegen den Beklagten detailliert begründet. Er hat jedoch nicht hinreichend genug dargelegt, dass ein entsprechender Prozess mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, da er die Erhebung der Klage vor den Zivilgerichten unter die Bedingung der Feststellung der Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheides gestellt hat. Durch diese Bedingung ist ein zivilrechtlicher Schadensersatzprozess nicht mit hinreichender Sicherheit zu erwarten, zumal sich der Bescheid vom 20.02.2017 als rechtmäßig erweist (siehe im Folgenden).
c. Unabhängig vom Vorliegen eines berechtigten Interesses hat die Klage in der Sache keinen Erfolg, da sich der streitgegenständliche Bescheid als rechtmäßig erweist und der Kläger dadurch nicht in seinen Rechten verletzt worden ist (§ 113 Abs. 1 Satz 4, Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Das Gericht nimmt insoweit auf die Begründung des Bescheids vom 20.02.2018 Bezug und sieht von einer gesonderten Darstellung der Gründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend hierzu ist zum klägerischen Vorbringen sowie zur Sache noch das Folgende auszuführen:
aa. Die Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuchs (Ziff. 1) war rechtmäßig.
(1) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann gem. § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO gegenüber dem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Feststellung des Kraftfahrzeugführers ist dann i.S.v. § 31a Abs. 1 StVZO unmöglich, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalls alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um ihn zu ermitteln. Dabei hängen Art und Ausmaß der Ermittlungen insbesondere von der Art des jeweiligen Verkehrsverstoßes und der Bereitschaft des Kraftfahrzeughalters an der Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrers ab. Die Behörde hat in sachgemäßem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen zu treffen, die in gleichgelagerten Fällen erfahrungsgemäß zum Erfolg führen (vgl. etwa BVerwG, U.v. 12.12.1982 – 7 C 3.80 – juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 25.01.2016 – 11 CS 15.2576 – juris Rn. 14). Verweigert ein Fahrzeughalter seine Mitwirkung bei der Ermittlung des Fahrzeugführers, sind weitere Ermittlungen regelmäßig nicht zumutbar (BVerwG a.a.O), wobei die Verfolgungsbehörde auch in solchen Fällen naheliegenden und mit wenig Aufwand durchführbaren Ansätzen zur Fahrerermittlung nachgehen und das Ergebnis ihrer Bemühungen dokumentieren muss (BayVGH, U.v. 18.02.2016 – 11 BV 15.1164 – juris Rn. 17).
(2) Legt man dies zugrunde, sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage hier gegeben. In den Akten des Landratsamts ist hinreichend dokumentiert, dass mit dem Fahrzeug des Klägers (amtl. Kennzeichen: …) am 11.07.2017 ein Geschwindigkeitsverstoß begangen worden ist. Bei diesem handelt es sich, was § 31a StVZO voraussetzt, um einen Verstoß von einigem Gewicht. Nach ständiger Rechtsprechung reicht bereits grundsätzlich ein lediglich mit einem Punkt (bereits nach dem bis zum 30.04.2014 geltenden Punktekatalog) bewerteter Verkehrsverstoß für die Anordnung der Fahrtenbuchauflage aus, ohne dass es auf die Feststellung der näheren Umstände der Verkehrsordnungswidrigkeit und der Gefährlichkeit des Verstoßes ankommt (vgl. VG München, B.v. 20.06.2017 – M 23 S 17.1666; OVG NRW, B.v. 13.01.2016 – 8 A 1030/15; BayVGH, B.v. 12.3.2014 – 11 CS 14.176 mit Verweis auf BVerwG, B.v. 09.09.1999 – 3 B 94/99; OVG NRW, U.v. 29.04.1999 – 8 A 699/97 – jeweils juris). Erst recht ist der vorliegende Verkehrsverstoß als erheblich anzusehen, da er auch nach der Reform des Punktesystems mit der Neuregelung zum 01.05.2014 mit einem Punkt bewertet ist, wonach Punkte nur noch für Verstöße vergeben werden, die die Verkehrssicherheit beeinträchtigen (vgl. Haus in Haus/Zwerger, Das verkehrsrechtliche Mandat, Band 3: Verkehrsverwaltungsgericht einschließlich Verwaltungsprozess, 3. Auflage 2017, § 24 Rn. 40 ff. m.w.N.).
Die Feststellung des Fahrzeugführers war auch i.S.v. § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO unmöglich. Der Kläger hat vorliegend nicht an der Aufklärung der Verkehrsordnungswidrigkeit mitgewirkt. Der Anhörbogen vom 24.07.2017 kam nicht in Rücklauf, weswegen das Bayerische Polizeiverwaltungsamt – Zentale VOWi-Stelle – die Polizeiinspektion … mit der Feststellung und Anhörung des Klägers beauftragt hatte. Bereits in dem Verhalten, einen Anhörbogen unausgefüllt zurückzuschicken oder überhaupt nicht hierauf zu reagieren, liegt die konkludente Erklärung, sich zur Sache nicht äußern zu wollen (VGH BW, B.v. 10.08.2015 – 10 S 278/15 – juris Rn. 8 m.w.N.). Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 25.08.2018 ließ der Kläger darüber hinaus ausdrücklich mitteilen, dass er von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch mache und einer – auch zukünftigen – polizeilichen Vorladung nicht Folge leisten werde. Der Kläger hat somit unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes nicht mitwirken will.
Diesbezüglich verfängt auch der Einwand nicht, dass der Kläger zu Unrecht nur als Betroffener und nicht als Zeuge vernommen worden wäre. Eine generelle Verpflichtung dazu, den Halter des Tatfahrzeuges als Zeugen einzuvernehmen, besteht nicht (vgl. hierzu z.B. BayVGH, B.v. 11.07.2012 – 11 ZB 12.727 – juris Rn. 12 ff. m.w.N.). Das Unterlassen der Befragung des Fahrzeughalters als Zeuge kann der Annahme einer Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers zwar entgegenstehen, wenn die Umstände des Falles trotz Schweigens des Halters für die Möglichkeit sprechen, dass seine Befragung als Zeuge zur Fahrerfeststellung führen wird (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 31a StVZO Rn. 6 m.w.N. aus der Rspr.). Derartige Anhaltspunkte sind im vorliegenden Fall jedoch nicht zu erkennen. Bereits im Verfahren B 1 S 13.818 hat die Kammer festgestellt, dass der Kläger keinerlei Mitwirkungsbemühen gezeigt hat und ist insoweit von einem „Abblocken“ des Klägers ausgegangen (B.v. 11.12.2018, BA S. 9). Denselben Eindruck erweckt auch das Verhalten des Klägers im vorliegenden Fall, nachdem er den Anhörungsbogen unbeantwortet ließ und durch das Schreiben seines Bevollmächtigten jedwede Angaben verweigerte.
Soweit der Kläger (nunmehr) vorbringt, dass es ihm aufgrund der ihm vorliegenden Unterlagen unschwer möglich gewesen wäre, den Fahrer zu benennen, spricht dies nicht für, sondern vielmehr gegen seine Mitwirkungsbereitschaft. Weswegen seine formelle Stellung als Betroffener im Ordnungswidrigkeitenverfahren der Fahrerbenennung entgegenstehen sollte, ist nicht nachvollziehbar. Denn auch sein Schweigerecht hindert ihn nicht daran, preiszugeben, wer zum fraglichen Zeitpunkt sein Fahrzeug geführt hat oder zumindest den Kreis potentieller Täter einzugrenzen. Dass es kein „doppeltes Recht“ gibt, einerseits im Ordnungswidrigkeitenverfahren die Aussage zu verweigern und zugleich trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers auch von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, ist in der Rechtsprechung hinlänglich geklärt (vgl. BVerfG, B.v. 07.12.1981 – 2 BvR 1172/81 – juris Rn. 7; BVerwG, B.v. 22.06.1995 – 11 B 7.95 – juris Rn. 2 ff., B.v. 11.08.1999 – 3 B 96.99 – juris Rn. 2 f.; BayVGH, B.v. 20.07.2016 – 11 CS 16.1187 – juris Rn. 13; BW, B.v. 10.08.2015 – 10 S 278/15 – juris Rn. 12). Im Übrigen ist dem Verwaltungsverfahrensrecht, dem die Fahrtenbuchanordnung unterworfen ist, ein generelles Aussageverweigerungsrecht unbekannt. Vielmehr sind Mitwirkungspflichten des Beteiligten statuiert, die bei Nichtbeachtung – wie hier – negative Folgen nach sich ziehen können (Haus a.a.O., § 24 Rn. 6 m.w.N.).
Soweit vorgetragen wird, es hätte im Wege der Amtshilfe durch die Regierung von Oberfranken, Gewerbeaufsichtsamt, eine Aufforderung zur Vorlage des Massenspeichers und der Fahrerkarten erfolgen können, wird hiermit kein Ermittlungsdefizit aufgezeigt. Wie bereits ausgeführt, muss die Verfolgungsbehörde im (hier vorliegenden) Fall der Mitwirkungsverweigerung naheliegenden und mit wenig Aufwand durchführbaren Ansätzen zur Fahrerermittlung nachgehen und das Ergebnis ihrer Bemühungen dokumentieren (BayVGH, U.v. 18.02.2016 – 11 BV 15.1164 – juris Rn. 17). Dies trifft auf die von Seiten des Klägers genannte Verfahrensweise jedoch nicht zu, da sie vor allem nicht mit wenig Aufwand durchführbar ist. Andere, naheliegende und mit wenig Aufwand durchführbare, Ermittlungsansätze sind nicht ersichtlich.
(3) Die streitgegenständliche Anordnung erwies sich auch nicht angesichts des Umstandes, dass das betroffene Fahrzeug des Klägers mit einem sog. EG-Kontrollgerät (Fahrtschreiber) ausgestattet ist, als rechtswidrig.
Zwar kann die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage für Kraftfahrzeuge, die mit einem Fahrtschreiber ausgestattet sind, als unverhältnismäßig und damit rechtswidrig anzusehen sein, weil die entsprechenden Protokolle es in gleicher Weise wie ein Fahrtenbuch ermöglichen, den Fahrzeugführer zu identifizieren (SächsOVG, U.v. 26.08.2010 – 3 A 176/10 – juris = NJW 2011, 471-473). Dies gilt im vorliegenden Fall jedoch nicht. Insoweit hat das Landratsamt zutreffend darauf hingewiesen, dass nach § 18 Abs. 1 Nr. 16 FPersV – der der Regelung in § 57a StVZO nach § 57a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StVZO vorgeht – Fahrzeuge von der Anwendung der Art. 5 bis 9 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 und der Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 ausgenommen sind, die innerhalb eines Umkreises von bis zu 100 Kilometern vom Standort des Unternehmens für die Beförderung lebender Tiere von den landwirtschaftlichen Betrieben zu den lokalen Märkten und umgekehrt oder von den Märkten zu den lokalen Schlachthäusern verwendet werden. Nachdem in diesem Fall daher keine Verpflichtung zur Verwendung des Fahrtschreibers besteht, kann der Fahrtenbuchauflage auch nicht entgegengehalten werden, ein vom Fahrtschreiber ausgeführtes Schaublatt ermögliche in gleicher Weise wie das Fahrtenbuch die Identifizierung des für die Verkehrsordnungswidrigkeit verantwortlichen Fahrzeugführers. Darüber hinaus wäre als weitere Voraussetzung die Mitwirkungsbereitschaft des Fahrzeughalters erforderlich (SächsOVG a.a.O., Rn. 22).
Dass hier gegebenenfalls nicht alle Fahrten im Umkreis von 100 Kilometern (§ 18 Abs. 1 Nr. 16 FPersV) durchgeführt werden, ist unerheblich, da jedenfalls hinsichtlich etwaiger Verkehrsverstöße in diesem Bereich (wie etwa der für das hiesige Verfahren anlassgebende Geschwindigkeitsverstoß vom 11.07.2017 in Kulmbach) eine Aufklärung durch den Fahrtschreiber nicht möglich ist. Was die Ausnahme nach § 18 Abs. 1 Nr. 16 FPersV anbelangt, lässt sich dem Schreiben der Polizeiinspektion … vom 29.08.2017 (Bl. 20 der Behördenakte) entnehmen, dass durch den Kläger bei zurückliegenden Fahrerermittlungen im Zusammenhang mit seinen Firmenfahrzeugen mehrfach auf diese gesetzliche Ausnahmeregelung verwiesen worden ist. Auch aus dem Beschluss der Kammer vom 11.12.2013 geht hervor, dass bereits in der Vergangenheit Tachoscheiben unter Verweis auf Fahrten im Umkreis von (seinerzeit) 50 Kilometern nicht vorgelegt worden sind (B.v. 11.12.2013 – B 1 S 13.818 – BA S. 8).
Hiergegen kann auch nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass der Kläger aus arbeitszeitrechtlichen Gründen zur Führung entsprechender Aufzeichnungen mittels des EG-Kontrollgeräts verpflichtet sei. Wie er selbst vortragen lässt, erfolge die Aufzeichnung der entsprechenden Arbeitszeiten „entweder durch Stecken einer Fahrerkarte in das digitale EG-Kontrollgerät und dessen Betrieb mit out o[f] scope oder durch die Erstellung anderer, geeigneter Aufzeichnungen ohne das EG-Kontrollgerät“ (Schriftsatz vom 27.04.2018, S. 3). Bereits hieraus ergibt sich, dass nicht angenommen werden kann, dass es die vom Fahrtschreiber ausgefüllten Schaublätter in gleichem Umfang wie ein Fahrtenbuch ermöglichen, den Fahrer festzustellen, da der Fahrtschreiber nicht durchgehend in Betrieb zu sein scheint. Selbst wenn im Unternehmen des Klägers Aufzeichnungen mittels Fahrtschreiber aus Gründen des Arbeitszeitrechts auch bei Fahrten im Umkreis von 100 Kilometern stattfinden sollten (was er selbst nicht ausdrücklich behautet), kann mangels gesetzlicher Verpflichtung hierzu nicht auf die Anordnung eines Fahrtenbuches verzichtet werden, zumal der Kläger gegebenenfalls auf die von ihm selbst angeführte Möglichkeit zur Führung „anderer, geeigneter Aufzeichnungen“ zurückgreift, wobei er nicht konkretisiert, worum es sich hierbei genau handeln soll.
Soweit darauf abgestellt wird, dass diese „anderen Unterlagen“ und/oder das Auslesen des Massenspeichers die Fahrerfeststellung ebenfalls ermöglichen würde, ist dem zu entgegnen, dass es sich hierbei nicht um Maßnahmen handelt, die in gleicher Weise wie ein Fahrtenbuch die Identifizierung des Fahrzeugführers ermöglichen. Gerade diese Erwägung liegt aber der von der Klägerseite zitierten Rechtsprechung zugrunde. Allein der Umstand, dass der Kläger über (irgendwelche) Unterlagen verfügt, die es ihm ermöglichen, zu rekonstruieren, wer wann ein betriebliches Fahrzeug geführt hat, steht der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nicht entgegen. Im Gegenteil entspricht es bei einem betrieblich genutzten Fahrzeug sachgerechtem kaufmännischem Verhalten und liegt es im kaufmännischen Eigeninteresse, Geschäftsfahrten längerfristig zu dokumentieren. Demzufolge trägt der betroffene Betrieb auch das Risiko, dass die fehlende Feststellbarkeit des Fahrers zu seinen Lasten geht (vgl. BayVGH, B.v. 29.04.2008 – 11 CS 07.3429 – juris Rn. 15). Dies führt jedoch mitnichten dazu, dass bei wirtschaftlichen Betrieben eine Fahrtenbuchauflage nicht angeordnet werden könnte. Wenn es dem Kläger hier unschwer möglich gewesen sein sollte, den Fahrer zu benennen, hätte es ihm frei gestanden, dies auch zu tun, und zwar unabhängig von seiner Stellung im Ordnungswidrigkeitenverfahren. Lediglich ergänzend sei in diesem Zusammenhang nochmals angemerkt, dass der Kläger bereits wiederholt (trotz ihm vorliegender Unterlagen) die Mitwirkung an der Aufklärung von Verkehrsverstößen verweigert hat.
(4) Bezüglich der Rechtmäßigkeit der Fahrtenbuchauflage wird auch ergänzend auf die Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Beschluss vom 07.01.2019, Az. 11 CS 18.1373, Randnummern 12 bis 17 Bezug genommen.
bb. Die Fahrtenbuchauflage erwies sich auch im Hinblick auf die angeordnete Dauer (hier: zwölf Monate) als ermessensgerecht und verhältnismäßig. Bei der Bemessung ist im Einzelnen vorrangig das Gewicht des festgestellten Verkehrsverstoßes zu berücksichtigen. Soweit diesbezüglich angeführt wird, eine zwölfmonatige Dauer komme nur bei Geschwindigkeitsverstößen in Betracht, die mit mehr als einem Punkt bewertet seien (Verweis auf BayVGH, B.v. 18.03.2008 – 11 CS 07.2210 – juris), ist zu bemerken, dass diese Rechtsprechung im Hinblick auf das frühere, bis zum 30.04.2014 geltende Punktesystem ergangen ist. Bei einer (nach neuem Recht) mit einem Punkt bewerteten und erstmalig begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit ist eine Fahrtenbuchauflage selbst von zwölf Monaten verhältnismäßig (vgl. OVG NRW, B.v. 13.01.2016 – 8 A 1030/15 – juris Rn. 15 ff.; Siegmund in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016, § 31a StVZO Rn. 81 ff. m.w.N.). Erst recht erweist sich hier die angeordnete Dauer von zwölf Monaten als verhältnismäßig, da in der Vergangenheit schon einmal eine Fahrtenbuchauflage angeordnet worden war. Von dem ihm zustehenden Ermessen hat das Landratsamt hier in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht. Ohnehin könnten nicht hinreichende behördliche Ermessenserwägungen, insbesondere zur Dauer einer Fahrtenbuchauflage, gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BayVwVfG i.V.m. § 114 Satz 2 VwGO im Hauptsacheverfahren grundsätzlich nachgeholt werden (vgl. BayVGH, B.v. 18.05.2010 – 11 CS 10.357 – juris Rn. 25-27; VGH BW, B.v. 30.11.2010 – 10 S 1860/10 – juris Rn. 17; VG Augsburg, B.v. 26.10.2016 – Au 3 S 16.1351 – juris Rn. 51).
Zu diesem Ergebnis kommt auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 07.01.2019 (Az. 11 C 18.1373 – Rn. 18).
cc. Die, die Fahrtenbuchanordnung flankierende und korrespondierende, Anordnung in Ziff. 3 des Bescheids war rechtmäßig. Sie findet ihre Grundlage in § 31a Abs. 3 StVZO, wonach die Straßenverkehrsbehörde ermächtigt ist, die Vorlage eines zu führenden Fahrtenbuchs zu bestimmten Zeiten an dem von der anordnenden Stelle bestimmten Ort zu fordern. Damit sollen die Kontrollierbarkeit und die Effizienz der Maßnahme sowie der mit der Norm zu erreichende Zweck sichergestellt werden (vgl. Haus in ders./Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Auflage 2017, § 31a StVZO Rn. 96). Insoweit sind auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich, die zu durchgreifenden Rechtmäßigkeitsbedenken führen. Insbesondere erweist sich die Anordnung als hinreichend bestimmt i.S.v. Art. 37 Abs. 1 VwVfG, da sie jedenfalls in ausreichendem Maße bestimmbar ist.
dd. Die Zwangsgeldandrohung in Ziff. 5 des Bescheides, die sich auf die für sofort vollziehbar erklärte Verpflichtung in Ziff. 1 des Bescheids bezieht, begegneten keinen Rechtmäßigkeitsbedenken. Diesbezüglich lagen die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen der Art. 18, 19, 29, 30, 31 und 36 VwZVG vor. Gründe die gegen die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung sprechen, sind in Bezug hierauf weder dargetan noch sonst ersichtlich.
ee. Die Zwangsgeldandrohung in Ziff. 6 des angegriffenen Bescheids erwies sich ebenfalls als rechtmäßig, da die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen der Art. 18, 19 Abs. 1 Nr. 3, 29, 30, 31 und 36 VwZVG gegeben waren. Insbesondere die Vollstreckbarkeit der Grundverfügung nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG bestand zum Zeitpunkt des Ablaufs der Erfüllungsfrist für die Vorlagepflicht seit dem 01.07.2018. Mit Bescheid vom 26.06.2018 ordnete das Landratsamt … die sofortige Vollziehung der Ziff. 3 des streitgegenständlichen Bescheides an. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen Ziff. 3 wurde gerichtlich nicht wieder hergestellt. Das Vollstreckungshindernis, dass zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses im Eilrechtsverfahren (B 1 S 18.300) noch vorlag, wurde hierdurch beseitigt. Die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen lagen ebenfalls vor, insbesondere wurde die Zwangsgeldhöhe gem. Art. 36 Abs. 5 VwZVG hinreichend bestimmt angedroht. Die Varianten, dass Ziff. 3 des Bescheides nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht erfüllt werden, schließen sich gegenseitig aus, sodass für den Kläger erkennbar ist, dass ein Zwangsgeld in Höhe von 250,00 EUR bei einem Verstoß gegen eine dieser Varianten zur Zahlung fällig wird. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes liegt im unteren Bereich des Rahmens des Art. 31 Abs. 2 VwZVG und ist angemessen.
ff. Bezüglich der Kostenentscheidung in Ziff. 7 des streitgegenständlichen Bescheids ist keine Erledigung eingetreten. Der Bevollmächtigte des Klägers hat seine ursprüngliche Anfechtungsklage insoweit nicht aufrechterhalten, sondern die Klage mit Schriftsatz vom 17.04.2019 insgesamt auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt. Ob die Kostenentscheidung mangels Erledigung im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage zu überprüfen ist, kann dahinstehen, da sich die Kostenentscheidung als rechtmäßig erweist.
Rechtsgrundlage für die Kostenerhebung ist § 6a StVG i. V. m. §§ 1, 2 und 4 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt). Gemäß Nummer 252 der Anlage 1 zu § 1 GebOSt besteht für die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuches einschließlich der Prüfung der Eintragung ein Gebührenrahmen von 21,50 EUR bis 200,00 EUR. Die festgesetzte Gebühr in Höhe von 80,00 EUR liegt sogar im unteren Bereich dieses Rahmens. Die Erhebung der Auslagen für die Postzustellung stützt sich auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt.
3. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung basiert auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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