Verkehrsrecht

Eilverfahren, Untersagung des Führens von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen, Fahrräder, Fahrradfahrt mit 1, 81 Promille, rechtskräftiger Strafbefehl, Nichtbeibringung des geforderten Gutachtens

Aktenzeichen  W 6 S 21.1435

Datum:
16.11.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 51643
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVG § 3 Abs. 1
FeV § 3 Abs. 1
FeV § 11 Abs. 8
FeV § 13 S. 1 Nr. 2c

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Untersagung, Fahrräder auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen zu führen.
1. Der Antragsteller (geb. …1959) war ursprünglich im Besitz einer Fahrerlaubnis der Klassen BE, C1E, M und L, die ihm mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts Kitzingen vom 4. Juli 2013 (Az.: …) wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs (§§ 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 Nrn. 2, 69, 69a StGB) entzogen worden war (Fahrt unter Alkoholeinfluss mit 1,46 Promille am 4.6.2013 mit Sachschaden).
Nach Ablauf einer Sperrfrist beantragte der Antragsteller beim Landratsamt Kitzingen (künftig: Landratsamt) am 16. Mai 2014 die Neuerteilung der Fahrerlaubnis der Klassen B, BE und L. Durch eine Auskunft aus dem Fahreignungsregister war bekannt geworden, dass der Antragsteller bereits am 4. Januar 2013 ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 0,59 Promille geführt hatte. Der Kläger wurde daraufhin vom Landratsamt aufgefordert, ein medizinisch-psychologisches Gutachten zur Frage seines künftigen Trennungsvermögens bezüglich Alkoholkonsum und Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr (§ 13 Nr. 2c FeV i.V.m. Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV) beizubringen. Die daraufhin vom Kläger jeweils in Auftrag gegebenen und dem Landratsamt vorgelegten Fahreignungsgutachten der TÜV S1. L. Service GmbH in W. (Fahreignungsgutachten vom 4.8.2014), der TÜV S1. L. Service GmbH in S. (Fahreignungsgutachten vom 17.12.2014) sowie der TÜV L. Service GmbH Hessen in H. (Gutachten zur Fahreignung vom 5.5.2017) waren für den Antragsteller jeweils negativ und kamen zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass auch künftig zu erwarten sei, dass der Antragsteller das Führen von Kraftfahrzeugen und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher werde trennen können. Der Antrag des Antragstellers auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis wurde deshalb mit Entscheidung des Landratsamts vom 30. Juni 2017 abgelehnt. Der Antragsteller verzichtete auf einen förmlichen Bescheid sowie auf Rechtsmittel hiergegen.
2. Durch eine Mitteilung der Polizeiinspektion Kitzingen vom 10. November 2020 wurde dem Landratsamt bekannt, dass der Antragsteller am 11. September 2020, 21:15 Uhr, in V., S2. straße …, Abschnitt …, Kilometer …, S2. straße …, km …, mit seinem Fahrrad gestürzt war („Mitteilung über einen gestürzten Radfahrer“). Eine Fremdbeteiligung war für die Polizei nicht erkennbar. Der Antragsteller wurde zur Versorgung einer Kopfplatzwunde in ein örtliches Krankenhaus verbracht. Die um 22:15 Uhr entnommene Blutprobe wies nach dem Ergebnis der Blutalkoholuntersuchung des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 25. September 2020 eine BAK von 1,81 Promille auf. Auf die von der PI K. übermittelten Unterlagen (u. a. Verkehrsunfallanzeige und abschließenden Aktenvermerk vom 10.11.2020) wird verwiesen. Der Antragsteller wurde mit Strafbefehl des Amtsgerichts Kitzingen vom 20. Dezember 2020 (Az.: … … … …*), rechtskräftig seit 8. Januar 2021, wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (§ 316 Abs. 1 und 2 StGB) zu einer Geldstrafe verurteilt. Auf den form- und fristgerechten Einspruch des Antragstellers hin, der auf die Höhe des Tagessatzes beschränkt war, wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Kitzingen vom 15. Februar 2021 die Höhe des Tagessatzes reduziert.
Mit Schreiben vom 23. März 2021 forderte das Landratsamt den Antragsteller unter Hinweis auf das Führen eines Fahrzeugs unter Alkoholeinfluss am 11. September 2020 mit 1,81 Promille auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung über seine Eignung zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen (Fahrrad) bis zum 26. Mai 2021, verlängert bis zum 30. Juni 2021 (Schreiben des Landratsamts vom 16.6.2021), vorzulegen (§ 3 FeV, § 13 Nr. 2c FeV i.V.m. mit Nr. 8.1 der Anlage 4 FeV). Zu klären seien die Fragen, ob zu erwarten sei, dass das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum hinreichend sicher getrennt werden könne und ob fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge (Fahrrad) nur unter bestimmten Einschränkungen bzw. Auflagen geführt werden könnten. Der Antragsteller wurde auf die Folgen einer Weigerung sich untersuchen zu lassen bzw. der nicht fristgerechten Vorlage des Gutachtens hingewiesen.
Mit Schreiben vom 1. April 2021 erklärte sich der Antragsteller mit einer Begutachtung durch die TÜV H. GmbH in F. einverstanden, der das Landratsamt mit Schreiben vom 6. April 2021 die Fahrerlaubnisunterlagen übermittelte.
Ein Gutachten wurde in der Folgezeit nicht vorgelegt. Mit Schreiben vom 6. August 2021 gab die TÜV H. GmbH die Fahreignungsunterlagen an das Landratsamt auf dessen Anforderung vom 5. August 2021 hin zurück.
Mit Schreiben vom 5. August 2021 wurde der Kläger zur beabsichtigten Untersagung angehört und Gelegenheit zur Äußerung bis 25. August 2021 gegeben. Eine Äußerung erfolgte nicht.
Mit Bescheid vom 6. Oktober 2021 untersagte das Landratsamt dem Antragsteller Fahrräder auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen zu führen (Nr. 1) und ordnete die sofortige Vollziehung an (Nr. 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Untersagung zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen (hier Fahrräder) auf § 3 Abs. 1, § 46 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 8, § 13 Abs. 1 Nr. 2c FeV stütze. Nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV bestehe keine Eignung zum Führen von Fahrzeugen, wenn das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden könne. Das Landratsamt habe entsprechend § 13 Nr. 2c FeV die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet, da der Antragsteller ein Fahrzeug im Straßenverkehr mit einer BAK von 1,6 Promille oder mehr (hier: 1,81 Promille) geführt habe. Auch eine Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad stelle ein für die Straßenverkehrssicherheit sowie Leben und Gesundheit unbeteiligter Dritter gefährliches Verhalten dar. Nehme wie hier, eine Person mit einer BAK von 1, 6 Promille oder mehr als Fahrradfahrer am Straßenverkehr teil, so ergäben sich hieraus nicht nur Zweifel an seiner Eignung, Fahrzeuge zu lenken (Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV), sondern es bestehe vielmehr auch Grund zu der Besorgnis, dass der Betroffene künftig bereit sein könnte, in erheblich alkoholisierten Zustand wiederum Fahrräder im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Es liege auf der Hand, dass Verkehrsunfälle, die ungeeignete Fahrradfahrer verursachten, ebenfalls mit schwerwiegenden Folgen für Gesundheit, Leben und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer verbunden sein könnten. Es sei deshalb gerechtfertigt, von solchen Personen die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur fordern, das der Klärung der Frage diene, ob und ggf. unter welchen Auflagen es verantwortet werden könne, ihm weiterhin die Verkehrsteilnahme mit einem Fahrrad zu ermöglichen. Es habe dem Antragsteller oblegen, die bestehenden Zweifel an seiner Eignung zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen durch Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung auszuräumen. Lege ein Fahrzeugführer, der zu Recht zur Beibringung eines Gutachtens aufgefordert worden sei, dieses nicht vor, so könne er als ungeeignet zum Führen von Fahrrädern angesehen werden. Es gehörte zu den Pflichten eines Fahrzeugführers bei bestimmten Zweifeln an seiner Eignung zur Klärung dieser Eignungszweifel beizutragen. Werde die Mitwirkung an der Erstellung des Gutachtens verweigert oder das Gutachten nicht bzw. nicht fristgerecht vorgelegt, so lasse dies die Schlussfolgerung zu, dass er Umstände verbergen wolle, die auf seine mangelnde Eignung schließen ließen (§ 11 Abs. 8 Satz 1 FeV). Dieser Gefahr für die Verkehrssicherheit könne nur durch die Untersagung des Führens von Fahrrädern auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen begegnet werden. Dem Antragsteller sei genügend Zeit gegeben worden, das angeforderte Gutachten zuvor vorzulegen und seine Eignung zum Führen von Fahrrädern nachzuweisen. Hinderungsgründe seien nicht vorgebracht und auch nach Aktenlage nicht ersichtlich. Es entspreche daher pflichtgemäßem Ermessen auf die Nichteignung zu schließen. Die Untersagung sei zum Schutze der Allgemeinheit notwendig, da damit gerechnet werden müsse, dass der Antragsteller ohne die Untersagung andere Verkehrsteilnehmer gefährde. Persönliche und wirtschaftliche Nachteile, die durch die Untersagung des Führens von Fahrrädern auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen entstehen, könnten nicht berücksichtigt werden, da der Schutz der Allgemeinheit vor Gefahren, die von ungeeigneten Fahrzeugführern ausgingen, grundsätzlich den Vorrang vor dem privaten Interesse habe. Bezüglich Art und Umfang der Maßnahme im Sinne von § 3 Abs. 1 FeV sei auch vorliegend das Auswahlermessen auf Null reduziert, da das Gutachten auch dazu habe dienen sollen zu klären, ob bedingte Eignung vorliege und demzufolge Beschränkungen oder Auflagen ausreichten. Werde das Gutachten nicht beigebracht, bleibe der Fahrerlaubnisbehörde schlichtweg keine andere Möglichkeit, als zum Ausschluss der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer und der Aufrechterhaltung der Sicherheit des Straßenverkehrs das Führen von Fahrrädern ohne Einschränkung zu untersagen.
Die sofortige Vollziehung sei im öffentlichen Interesse zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Straßenverkehr erforderlich (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). Es müsse mit Sicherheit verhindert werden, dass der Antragsteller unter Alkoholeinfluss ein Fahrrad auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen führe. Der Antragsteller stelle eine erhebliche Gefahr für den öffentlichen Straßenverkehr dar. Es bestehe deshalb ein dringendes öffentliches Interesse daran, dass ein ungeeigneter Fahrradfahrer nicht durch Ausschöpfung formeller Rechtspositionen bis zum Abschluss eines eventuellen Verwaltungsstreitverfahrens weiter am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen könne. Das private Interesse des Antragstellers an einer weiteren Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr mit einem fahrerlaubnisfreien Fahrzeug müsse deshalb hinter den elementaren Sicherheitsbedürfnissen alle anderen Verkehrsteilnehmer zurückstehen. Folgen für die persönliche Lebensführung und die Wahrnehmung grundrechtlicher Freiheiten und eventuell auch der Berufsfreiheit seien von dem Betroffenen hinzunehmen. Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 8. Oktober 2021 zugestellt.
3. Am 5. November 2021 ließ der Kläger Klage erheben (W 6 K 21.1434) über die noch nicht entschieden ist, und im zugrundeliegenden Verfahren beantragen,
die aufschiebende Wirkung gegen Ziffer 1 des Bescheides des Landratsamts K. vom 6. Oktober 2021 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, im Strafbefehl sei ausgeführt worden, dass der Antragsteller seine Fahruntüchtigkeit bei kritischer Selbstprüfung hätte erkennen können und müssen. Der Antragsteller gebe hierzu an, dass er selbst an die ihm vorgeworfene Trunkenheitsfahrt keine Erinnerung mehr habe. Seine Erinnerung setze erst wieder ein an einem Punkt, an dem er am Straßenrand gestanden habe, sein Fahrrad neben sich gehalten und er an der Stirn eine Wunde gehabt habe. Kurze Zeit später seien Polizei und ein Sanitätswagen eingetroffen, nachdem ein Autofahrer, der beim Antragsteller sodann angehalten habe, diese offensichtlich telefonisch informiert habe. Der Sanitätswagen habe dann den Antragsteller ins Krankenhaus verbracht, wo die Stirnwunde behandelt und genäht worden sei. Der Sachverhalt aus dem Strafbefehl sei dann durch eine Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes dem Landratsamt bekannt gegeben worden. Gegen den Bescheid vom Landratsamts vom 6. Oktober 2021 werde sich der Antragsteller in der erhobenen Anfechtungsklage wehren. Es werde angeregt, die amtliche Akte des Amtsgerichts Kitzingen, Abteilung für Strafsachen (Az …) beizuziehen. Diesseits sei kürzlich Akteneinsicht beim Amtsgericht Kitzingen beantragt worden, diese liege allerdings noch nicht vor. Schließlich werde der Antragsteller bei der pima Abstinenznachweise einholen. Eine Haaranalyse zum Nachweis, dass der Antragsteller aktuell keinen Alkohol konsumiere, werde voraussichtlich im Januar 2022 durchgeführt werden. Die Interessenabwägung im Rahmen dieses Sofortverfahrens falle zugunsten des Antragstellers aus. Das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiege das Interesse an der sofortigen Vollziehung der Behörde. Das Verfahren in der Hauptsache habe Aussicht auf Erfolg. Der Antragsteller sei der Ansicht, dass schon nicht feststehe, dass die ihm vorgeworfene Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad tatsächlich stattgefunden habe. Wie bereits ausgeführt, habe der Antragsteller selbst keine Erinnerung mehr an eine Fahrt mit dem Fahrrad. Zeugen seien ihm nicht bekannt. Polizei und Rettungswagen seinen eingetroffen, als er mit seinem Fahrrad am Straßenrand gestanden habe und aus einer Stirnwunde geblutet habe. Dass der Antragsteller keinen Einspruch gegen den vorgelegten Strafbefehl eingelegt habe, habe im hiesigen Verfahren allenfalls Indizwirkung. Auch sei das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts gemäß § 80 Abs. 3 VwGO schriftlich zu begründen. Die Begründung im Bescheid vom 6. Oktober 2021 sei insoweit lediglich formelhaft und allgemein gehalten. Es reiche jedenfalls nicht aus, ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts damit zu begründen, dass ein dringendes öffentliches Interesse bestehe, dass ein ungeeigneter Fahrradfahrer nicht durch Ausschöpfung formeller Rechtspositionen bis zum Abschluss eines eventuellen Streitverfahrens weiter am öffentlichen Verkehr teilnehmen könne. Diese Begründung sei ein Allgemeinplatz und würde, wäre diese Begründung tragfähig, auf sämtliche potentiellen ungeeigneten Fahrradfahrer zutreffen, sodass eine sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts praktisch in jedem Fall anzuordnen wäre. Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung müsse immer bezogen auf den konkreten Fall begründet werden, d.h. die Behörde hätte begründen müssen, aus welchen Gründen gerade beim Antragsteller ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts bestehe. Hiervon könne in der Begründung des Bescheides vom 6. Oktober 2021 keine Rede sein. Auch verstoße die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das Landratsamt erkenne selbst, dass es sich bei der Untersagung, ein Fahrrad auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen zu führen, um einen massiven Eingriff in die persönliche Lebensführung und damit auch in grundrechtliche Freiheiten handeln könne. Dies sei beim Antragsteller der Fall. Dieser fahre mit dem Fahrrad unter anderem regelmäßig zu seiner Arbeitsstelle, die einfache Wegstrecke von seinem Wohnort zu seiner Arbeitsstelle betrage ca. 2 km, die er nun stets zu Fuß zurücklegen müsse. Umso mehr wäre hier im Rahmen der Interessenabwägung vonnöten gewesen zu prüfen, ob auch relativ mildere Mittel als eine sofortige Vollziehbarkeit in Betracht kämen, um das Ziel zu erreichen, dass der Antragsteller nicht unter Alkoholeinfluss fahre. So hätte die Behörde die regelmäßige Vorlage von Abstinenznachweisen vom Antragsteller einfordern können und daneben dem Antragsteller weitere Beschränkungen und Auflagen erteilen können, z. B. dass der Antragstellerin nur noch bestimmte Strecken mit dem Fahrrad fahren dürfe wie die Strecke zur Arbeit und von der Arbeit zurück zu seinem Wohnort. Diese Möglichkeit habe das Landratsamt auch erkannt, da eine der Fragen an einen Gutachter gewesen wäre, ob der Antragsteller fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge (Fahrrad) nur unter bestimmten Beschränkungen und Auflagen führen könne. Offensichtlich habe dann die Behörde diese Möglichkeit bei ihrer Entscheidung nicht mehr ins Kalkül gezogen.
Das Landratsamt beantragte für den Antragsgegner,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, auch wenn nach Ansicht des Antragstellers nicht feststehe, dass die ihm vorgeworfene Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad tatsächlich stattgefunden habe, habe das Amtsgericht Kitzingen am 20. Dezember 2020 einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr erlassen. Die Fahrt mit dem Fahrrad stehe damit fest, das Landratsamt sei an die Entscheidung des Gerichts gebunden. Das Fahreignungsgutachten sei zu Recht gefordert worden, da der Antragsteller mit einer BAK von 1,81 Promille im Straßenverkehr ein Fahrzeug geführt habe. Der Antragsteller habe das zurecht geforderte Gutachten nicht vorgelegt, weshalb nach § 11 Abs. 8 FeV auf seine Nichteignung zum Führen von Fahrrädern habe geschlossen werden dürfen. Die sofortige Vollziehung der Untersagung sei ausreichend begründet worden. Aufgrund der hohen Gefährlichkeit der Teilnahme ungeeigneter Fahrzeugführer am Straßenverkehr könnten Billigkeitserwägungen keine Beachtung finden. Ob die vom Antragsteller geforderten milderen Mittel (z.B. regelmäßige Abstinenznachweise oder nur noch bestimmte Strecken zur Arbeit) als taugliche Mittel möglich gewesen wären, wäre im Gutachten zu klären gewesen. Die Fragestellung sei entsprechend formuliert worden. Da der Antragsteller ein Gutachten nicht vorgelegt habe oder nicht habe erstellen lassen, habe die Frage nach Auflagen und Beschränkungen nicht geklärt werden können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Der Antragsteller beantragt
die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Ziffer 1 des Bescheides des Landratsamts K. vom 6. Oktober 2021.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Untersagung des Führens von Fahrrädern (Nr. 1 des Bescheides) entfällt im vorliegenden Fall, weil die Behörde gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht prüft, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Im Übrigen trifft es eine eigene Abwägungsentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung des Antragstellers auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs bei seiner Entscheidung mit zu berücksichtigen, soweit diese sich bereits übersehen lassen. Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vollkommen offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen.
Der Antragsgegner hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung in ausreichender Weise gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet. Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs im streitgegenständlichen Bescheid genügt den lediglich formell-rechtlichen Anforderungen. Sie zeigt, dass sich der Antragsgegner des Ausnahmecharakters der Vollzugsanordnung bewusst war und enthält die Erwägungen, die er für die Anordnung des Sofortvollzugs als maßgeblich angesehen hat. Dass in einer Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle betreffend die Ungeeignetheit von Fahrzeugführern das Erlassinteresse regelmäßig mit dem Vollzugsinteresse identisch ist und die fahrerlaubnisrechtliche Anordnung der sofortigen Vollziehung ähnlich begründet wird, ändert an deren Einzelfallbezogenheit nichts (vgl. etwa BayVGH, B.v. 16.11.2016 – 11 CS 16.1957 – juris; B.v. 15.6.2016 – 11 CS 16.879 – juris). Ob die im streitgegenständlichen Bescheid angeführte Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs in inhaltlicher Hinsicht zu überzeugen vermag oder ob – wie die Antragstellerseite rügt – überwiegende und dringende Gründe für die Anordnung des Sofortvollzugs nicht vorlägen bzw. die Interessen des Antragstellers nicht hinreichend berücksichtigt worden seien, ist keine Frage der Begründungspflicht, sondern des Vollzugsinteresses (vgl. SächsOVG, B.v. 10.12.2014 – 3 B 148/14 – DÖV 2015, 304; BayVGH, B.v. 17.11.2014 – 7 CS 14.275 – juris; OVG NRW, B.v. 12.5.2014 – 16 B 330/14 – juris).
2. Eine summarische Prüfung der Hauptsache, wie sie im Sofortverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderlich und ausreichend ist, ergibt, dass die Klage des Antragstellers voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.
Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist das Gericht zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Entziehungsbescheids (§ 117 Abs. 5 VwGO analog).
Ergänzend ist Folgendes auszuführen:
2.1. § 3 Abs. 1 FeV bestimmt, dass die Straßenverkehrsbehörde das Führen von Fahrzeugen oder Tieren zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen hat, wenn jemand sich als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet hierzu erweist. Die Ungeeignetheit zum Führen von Fahrzeugen bestimmt sich hierbei nach den Vorschriften, die auch für das Führen von fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugen gelten, nämlich nach § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 4 StVG und § 46 Abs. 1, § 11 Abs. 1 FeV. Dies erscheint auch sachgerecht, denn es geht beim Führen fahrerlaubnisfreier ebenso wie beim Führen von fahrerlaubnispflichtigen Fahrzeugen um eine Teilnahme am Straßenverkehr und die dafür erforderliche Umsicht, Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit. Das Gefährdungspotenzial, welches hierbei, etwa durch unerwartete Reaktionen oder unkontrolliertes Fahrverhalten auf der Fahrbahn, von dem ungeeigneten Fahrer eines fahrerlaubnisfreien Fahrzeugs ausgehen kann, rechtfertigt es, an die Fahreignung diesen Maßstab anzulegen (BayVGH, B.v. 27.3.2006 – 11 ZB 06.41 – juris). Nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV ist zum Führen von Fahrzeugen nicht geeignet, wer Alkohol missbräuchlich konsumiert. Dies ist dann der Fall, wenn das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können. Nach Beendigung des Missbrauchs ist die Fahreignung dann wieder gegeben (Nr. 8.2 der Anlage 4 zur FeV), wenn die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt ist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechende Anwendung (§ 3 Abs. 2 FeV).
Hat der Betreffende ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr geführt, ordnet die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung ihrer Entscheidung an, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist (§ 13 Satz 1 Nr. 2c FeV). Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, so darf sie bei ihrer Entscheidung gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Ermessen besteht insoweit nicht. Voraussetzung ist allerdings, dass die Untersuchungsanordnung rechtmäßig ist und die Weigerung ohne ausreichenden Grund erfolgt (BVerwG, U.v. 9.6.2005 – 3 C 25/04 – juris; BayVGH, B.v. 25.6.2008 – 11 ZB 08.1123 – juris). Im Hinblick darauf, dass eine Gutachtensanordnung mit erheblichen Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht und/oder das Recht auf körperliche Unversehrtheit verbunden ist, aber nicht isoliert mit Rechtsmitteln angegriffen werden kann, kann auf die strikte Einhaltung der vom Verordnungsgeber für die Rechtmäßigkeit einer solchen Anordnung aufgestellten formalen Voraussetzungen nicht verzichtet werden (vgl. BayVGH, B.v. 27.11.2012 – 11 ZB 12.1596 – ZfSch 2013, 177). In materieller Hinsicht setzt die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Untersuchung vor allem voraus, dass sie den Grundsätzen der Anlassbezogenheit und Verhältnismäßigkeit genügt (vgl. BayVGH, B.v. 11.2.2008 – 11 C 08.1030 – juris).
Die genannten Voraussetzungen für die Untersagung des Führens von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV liegen mit hoher Wahrscheinlichkeit vor. Die vorgebrachten Einwände des Antragstellers greifen nicht durch.
2.2. Der Antragsteller hat das vom Landratsamt zu Recht gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2c FeV geforderte medizinisch-psychologische Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung ohne zureichenden Grund nicht vorgelegt. Einer weiteren Fristverlängerung bedurfte es nicht. Er war in der Anordnung vom 23. März 2021 ausdrücklich auf die Folgen der Nichtbeibringung eines Gutachtens hingewiesen worden. Zudem wurde er erneut im Schreiben des Landratsamts vom 16. Juni 2021 auf die Rechtsfolgen hingewiesen worden.
Die Voraussetzungen für die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2c FeV lagen hier vor. Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung ist davon auszugehen, dass der Antragsteller am 23. November 2019 ein Fahrrad im Straßenverkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,81 Promille geführt hat. Dies ergibt sich aus dem Ergebnis der Blutalkoholuntersuchung des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 25. September 2020. Dass der Antragsteller ein erlaubnisfreies Fahrzeug, nämlich sein Fahrrad im Straßenverkehr geführt hat, steht zur Überzeugung des Gerichts fest. Zwar wird im polizeilichen Bericht der PI K. vom 10. November 2020 lediglich angegeben, dass man die Mitteilung über einen „gestürzten Radfahrer“ erhalten habe, und dieser bereits bei der Unfallaufnahme angab, dass er sich an einem möglichen Unfallhergang nicht erinnern könne. Auch befand sich der Antragsteller (Radfahrer) bei Eintreffen der Polizei vor Ort bereits im wartenden Rettungswagen und das Fahrrad stand beim Eintreffen der Streifenbesatzung im Grünstreifen rechts der Fahrbahn. Seitens der PI K. bestand aber offenbar kein Zweifel daran, dass der Antragsteller beim Führen des Fahrrades gestürzt war. Wenn im polizeilichen Aktenvermerk vom 10. November 2020 ausgeführt wird, dass vor Ort keine Spuren oder Hinweise auf ein vorangegangenes Unfallgeschehen gesichtet werden konnten, auch nicht bei erneuter Nachschau an der Unfallörtlichkeit bei Tageslicht, so war Motivation hierfür offenbar abzuklären, ob es die Beteiligung Dritter am Unfallgeschehen gab. Dies ergibt sich aus der weiteren Formulierung im Aktenvermerk der PI K. vom 10. November 2021, wonach keine Erkenntnisse hinsichtlich eines vorliegenden Verkehrsunfalls mit Beteiligung eines anderen Verkehrsteilnehmers in Erfahrung gebracht werden konnten und sich auch im Nachgang keine unbeteiligten Unfallzeugen oder gar mögliche Beteiligte meldeten. Auch der zuständige Richter des Amtsgerichts Kitzingen, der den Strafbefehl vom 20. Dezember 2020 erließ, sah offenbar keinen Anlass zu Zweifeln, dass der Antragsteller das Fahrrad führte („Sie fuhren am 11. September 2020 gegen 21:15 Uhr mit dem Fahrrad auf der S2. straße …“). Der in diesem rechtskräftigen Strafbefehl festgestellte Sachverhalt entfaltet grundsätzlich Bindungswirkung (§ 3 Abs. 4 StVG). Hinzu kommt, dass der Antragsteller gegen den Strafbefehl zwar form- und fristgerecht Einspruch eingelegt hat, diesen jedoch auf die Höhe des Tagessatzes beschränkte, was nicht nachvollziehbar wäre, wenn der Antragsteller die Fahrt mit dem Fahrrad selbst in Frage gestellt hätte. Mit Beschluss des Amtsgerichts Kitzingen vom 15. Februar 2021 wurde im Hinblick auf die tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten die Höhe des Tagessatzes auch reduziert. Der im Strafbefehl festgestellte Sachverhalt und der Schuldvorwurf erwuchsen jedoch zuvor in Rechtskraft. Der Einwand des Antragstellers, er habe an die ihm vorgeworfene Trunkenheitsfahrt keine Erinnerung mehr, sondern seine Erinnerung setze erst wieder an einem Punkt ein, an dem er am Straßenrand gestanden habe, sein Fahrrad neben sich gehalten und er an der Stirn eine Wunde gehabt habe, ist deshalb nicht geeignet, diese Feststellungen zu erschüttern.
Die Gutachtensaufforderung von 23. März 2021 lässt auch keine sonstigen formellen und materiellen Mängel erkennen. Die ursprünglich verfügte Frist bis zum 26. Mai 2021, die auf telefonischen Antrag des Klägers bis zum 30. Juni 2021 verlängert wurde, war angemessen; Gründe für eine weitere Fristverlängerung sind nicht ersichtlich. Die Fragestellung war anlassbezogen und unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht zu beanstanden, insbesondere auf die Eignung zum Führen von Fahrrädern beschränkt. Der Antragsteller war auf die Folgen der Nichtbeibringung des geforderten Gutachtens hingewiesen worden (§ 11 Abs. 8 Satz 2 FeV) und es durfte deshalb aus der Nichtvorlage des zurecht geforderten Gutachtens in Bezug auf die Fahreignung für nicht fahrerlaubnispflichtige Fahrzeuge auf die Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen von Fahrrädern geschlossen werden.
Steht die Ungeeignetheit fest, so räumt § 3 Abs. 1 FeV der Fahrerlaubnisbehörde kein Entschließungsermessen ein („hat … das Führen zu untersagen“), jedoch besteht ein Auswahlermessen bezüglich Art und Umfang der zu treffenden Maßnahme, da das Gesetz neben der Untersagung der Berechtigung zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen auch deren Beschränkung oder die Anordnung von erforderlichen Auflagen vorsieht. Es liegt somit im Ermessen der Fahrerlaubnisbehörde, ob sie der Gefahr durch Untersagung oder Beschränkung des Führens von Fahrzeugen begegnet oder geeignete Auflagen anordnet, wobei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist (Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 3 FeV, Rn. 16). Nachdem sich der Antragsteller jedoch geweigert hat, ein Gutachten beizubringen, das auch zu dieser Frage Stellung nehmen sollte (Frage 2 der Anordnung vom 23.3.2021), ist das Auswahlermessen der Fahrerlaubnisbehörde insoweit auf Null reduziert. Denn wenn kein Gutachten beigebracht wird, das auch dazu dient, zu klären, ob Anknüpfungspunkte bestehen, dass eine Beschränkung oder die Anordnung von Auflagen ausreichend sein könnten, bleibt der Fahrerlaubnisbehörde schlichtweg keine andere Möglichkeit, als zum Ausschluss der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer und der Aufrechterhaltung der Sicherheit des Straßenverkehrs das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen (hier von Fahrrädern) ohne Einschränkung zu untersagen (vgl. BayVGH, B.v. 8.2.2010 – 11 C 09.2200 – juris).
3. Auch bei Abwägung der gegenseitigen Interessen war kein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage festzustellen. Es ist nicht verantwortbar, den Antragsteller bis zur eventuellen Bestandskraft der Untersagung, Fahrzeuge zu führen, am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen zu lassen. Es besteht ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit, vor Kraftfahrern geschützt zu werden, die ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen sind. Die Untersagung zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen (hier Fahrräder) ist eine präventive Maßnahme zum Schutz der Sicherheit im Straßenverkehr. Sie mag im Einzelfall einschneidende Folgen für die Lebensführung des Betroffenen haben, jedoch können persönliche Härten für den Antragsteller bei der Untersagung von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen, die als sicherheitsrechtliche Maßnahme im Interesse der Allgemeinheit ergeht, nicht berücksichtigt werden. Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kommt nur dann in Betracht, wenn hinreichend gewichtige Gründe dafür sprächen, dass der Antragsteller nicht bzw. nicht mehr fahrungeeignet wäre und sich abschätzen ließe, dass das von ihm ausgehende Gefahrenpotenzial nicht nennenswert über dem des Durchschnitts aller anderen Verkehrsteilnehmer liegt. Dafür bestehen keine Anhaltspunkte. Vor dem Hintergrund von bereits in der Vergangenheit eingeholten Fahreignungsgutachten, die die Eignung des Antragstellers im Zusammenhang mit dem Konsum von fahreignungsrelevanten Alkoholmengen und dem Führen von Kraftfahrzeugen verneinten (zuletzt durch die TÜV L. Service GmbH Hessen in Hanau, Gutachten zur Fahreignung vom 5.5.2017), hat der Antragsteller aktuell weder Abstinenznachweise vorgelegt, noch das angeforderte Gutachten der TÜV H. GmbH, aus dem sich weitere Erkenntnisse zur Fahreignung des Antragstellers hinsichtlich des Führens von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen hätten ergeben können. Nachdem der Antragsteller nichts vorgetragen hat, was die im Vorfall vom 11. September 2020 zutage getretenen Fahreignungszweifel zu beseitigen vermag, ist derzeit von dessen Ungeeignetheit auszugehen. Es überwiegen folglich die öffentlichen Interessen an der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs und das Interesse, die Teilnahme ungeeigneter Fahrzeugführer am Straßenverkehr wirkungsvoll zu verhindern. Sein Antrag bleibt auch deshalb ohne Erfolg.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 46.14 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Demnach ist für das Verbot des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge der Auffangstreitwert (5.000,00 EUR) in Ansatz zu bringen, der nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren ist, woraus sich ein Streitwert von 2.500,00 EUR ergibt.


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