Verkehrsrecht

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag im Zusammenhang mit den Kosten eines Feuerwehreinsatzes

Aktenzeichen  4 ZB 16.1083

Datum:
2.9.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 51519
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 5
BayFwG Art. 28 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 1, Nr. 2

 

Leitsatz

1 Einwände gegen das Ergebnis der richterlichen Überzeugungsbildung können ernstliche Zweifel an der Entscheidungsrichtigkeit nur begründen, wenn das Gericht von objektiv unzutreffenden tatsächlichen Annahmen ausgegangen ist oder wenn die Beweiserhebung gedankliche Lücken oder Ungereimtheiten aufweist (Anschluss an BVerwG BeckRS 2015, 51745). (redaktioneller Leitsatz)
2 Mit der Rüge, es seien benannte Zeugen nicht geladen bzw. gehört worden und das Gericht habe trotz eines Antrags bestimmte Fotos nicht angefordert, werden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, sondern eine unzureichende gerichtliche Sachaufklärung und damit ein Verfahrensmangel geltend gemacht (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). (redaktioneller Leitsatz)
3 Diese Verfahrensrüge bleibt ohne Erfolg, wenn der Zulassungsantrag nicht darlegt, dass sich dem Verwaltungsgericht die weiteren Ermittlungen hätten aufdrängen müssen, soweit kein förmlicher Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung gestellt worden ist. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

7 K 15.548 2016-04-13 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 98,15 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu den Kosten eines Feuerwehreinsatzes im Zusammenhang mit der Beseitigung von Ölflecken auf einer Straße.
Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage mit Urteil vom 13. April 2016 abgewiesen.
Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter.
Die Beklagte tritt dem Antrag entgegen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.1. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe vorliegt.
a) Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Kläger hat keinen einzelnen tragenden Rechtssatz und keine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 21.1.2009 – 1 BvR 2524/06 – NVwZ 2009, 515/516 m. w. N.).
Der Kläger trägt im Hinblick auf diesen Zulassungsgrund vor, es habe nicht eindeutig festgestellt werden können, dass das (von der Feuerwehr der Beklagten beseitigte) Öl von dem besagten Fahrzeug (portugiesisches Kennzeichen 14-64-HH) gestammt habe. Die Polizei habe keine Analyse des Öls durchgeführt, um es eindeutig dem Fahrzeug zuordnen zu können. Es liege nahe, dass die Ölflecken von einer Häckselmaschine stammten, die am „Tattag“ in der Straße des Klägers Holzabfälle zerkleinert habe; dazu seien dem Verwaltungsgericht entsprechende Bilder vorgelegt worden. Der Kläger sei auch, wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, nicht Eigentümer des Fahrzeugs, sondern die Firma Santos in Portugal.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung zu begründen.
Die Aussage des Klägers, wonach das Fahrzeug einer portugiesischen Firma gehört habe, ändert dies nichts daran, dass er zumindest als dessen Halter anzusehen ist. Dies ergibt sich aus seiner Angabe in der mündlichen Verhandlung, wonach die Firma Santos das Fahrzeug aufgrund einer von ihm weitergegebenen EG-Transportlizenz (lediglich) „benutze“. In der Mitteilung des Bundeskriminalamts vom 6. Januar 2015 über ein von Interpol Lissabon übermitteltes Ermittlungsergebnis wird der Kläger sogar als „Eigentümer“ des in Portugal zugelassenen Fahrzeugs bezeichnet, für das zum Zeitpunkt der Auskunft eine gültige Versicherung bestand. Dies zeigt, dass der Kläger nach portugiesischem Recht jedenfalls als verantwortlicher Inhaber des Fahrzeugs galt; er konnte demzufolge gemäß Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayFwG kostenrechtlich in Anspruch genommen werden. Da er durch das Abstellen des undichten Fahrzeugs auf der Verkehrsfläche die Gefahr, die zu dem Feuerwehreinsatz geführt hat, unmittelbar verursacht hat, lässt sich seine Kostenersatzpflicht darüber hinaus auch auf Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BayFwG stützen.
Soweit der Kläger geltend macht, die Herkunft des auf der Fahrbahn befindlichen Öls von dem besagten Fahrzeug habe sich bisher nicht eindeutig feststellen lassen und es komme auch ein anderer Verursacher in Frage, kann dies dem Zulassungsantrag ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Er wendet sich mit diesem Vorbringen gegen die vom Verwaltungsgericht im Rahmen der richterlichen Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) vorgenommene Beweiswürdigung. Die bloße Möglichkeit einer abweichenden Bewertung des Ergebnisses einer Beweisaufnahme stellt jedoch die Richtigkeit der Entscheidung noch nicht in Frage. Eine Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt insoweit nur in Betracht, wenn das Gericht von objektiv unzutreffenden tatsächlichen Annahmen ausgegangen ist oder wenn die Beweiserhebung gedankliche Lücken oder Ungereimtheiten aufweist, was z. B. bei einer Verletzung von gesetzlichen Beweisregeln, Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, bei aktenwidrig angenommenem Sachverhalt oder offensichtlich sachwidriger und damit willkürlicher Beweiswürdigung anzunehmen ist (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2015 – 4 ZB 15.266 – juris Rn. 13; BVerwG, B.v. 29.7.2015 – 5 B 36.14 – juris Rn. 13 jeweils m. w. N.). Dass derartige Mängel hier vorliegen, zeigt der Kläger in seiner Antragsbegründung nicht auf; er setzt sich auch in keiner Weise mit dem vom Gericht zitierten polizeilichen Vermerk vom 20. August 2014 (Bl. 12 f. der Behördenakte) und mit der gleichlautenden Aussage des in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen auseinander, wonach die Polizeibeamten das Heraustropfen von Öl aus dem genannten Fahrzeug am 18. August 2014 unmittelbar beobachtet haben.
b) Soweit der Kläger rügt, von ihm benannte weitere Zeugen seien nicht geladen bzw. gehört worden und das Gericht habe trotz eines Antrags in der Hauptverhandlung bestimmte Fotos nicht angefordert, macht er keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils, sondern eine unzureichende gerichtliche Sachaufklärung und damit einen Verfahrensmangel i. S. von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geltend.
Diese Verfahrensrüge bleibt bereits deshalb ohne Erfolg, weil der Zulassungsantrag nicht darlegt, dass sich dem Verwaltungsgericht die genannten weiteren Ermittlungen hätten aufdrängen müssen. Einen auf Einvernahme weiterer Zeugen oder auf Inaugenscheinnahme der von der Polizei gemachten Fotos gerichteten förmlichen Beweisantrag hat der Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung nicht gestellt. Bei den in der Klageschrift vom 12. Februar 2015 enthaltenen Zeugenangeboten und bei dem (im Protokoll nicht vermerkten) „Antrag“ auf Beiziehung von Fotos handelte es sich lediglich um die Ankündigung von Beweisanträgen bzw. um eine bloße Beweisanregung, welche die Folgen des § 86 Abs. 2 VwGO nicht auszulösen vermögen (vgl. BayVGH, B.v. 6.9.2011 – 14 ZB 11.409 – juris Rn. 11 m. w. N.). Die Rüge unzureichender Sachaufklärung kann nicht dazu dienen, Beweisanträge zu ersetzen, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in zumutbarer Weise hätte stellen können, aber zu stellen unterlassen hat (vgl. BVerwG, B.v. 6.5.2013 – 4 B 54.12 – juris Rn. 3 m. w. N.).
Nach der Rechtsauffassung der Vorinstanz war die Frage, ob zumindest ein Teil der auf der Straße festgestellten Ölflecken vom Fahrzeug des Klägers stammte, durch den polizeilichen Vermerk vom 20. August 2014 und durch die Aussage des in der mündlichen Verhandlung als Zeuge vernommenen Polizeibeamten hinreichend geklärt. Dass sich aus den von der Polizei gefertigten Aufnahmen oder aus der vom Kläger angeregten Befragung von Zeugen über den Einsatz einer Häckselmaschine an der betreffenden Stelle noch entscheidungserhebliche zusätzliche Erkenntnisse hätten ergeben können, war nicht erkennbar, so dass es aus Sicht des Gerichts keiner (weiteren) Beweiserhebung von Amts wegen mehr bedurfte. Ein zur Zulassung der Berufung führender ergebnisrelevanter Verfahrensfehler liegt demnach nicht vor.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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