Versicherungsrecht

Berufung, Eintragung, Versicherungsvertrag, Antragstellung, Rechtsmittel, Versicherungsnehmer, Versicherung, Versicherungsschein, Schriftsatz, Vereinbarung, Zeitpunkt, Stellungnahme, Zahlung, Streitwert, Aussicht auf Erfolg, keine Aussicht auf Erfolg, Aussage des Zeugen

Aktenzeichen  8 U 952/19

Datum:
8.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 58141
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

11 O 4762/18 2019-02-28 LGNUERNBERGFUERTH LG Nürnberg-Fürth

Tenor

Nach der Stellungnahme des Klägers mit Schriftsatz vom 05.06.2020 hält der Senat nicht mehr an seiner mit Verfügung vom 20.05.2020 geäußerten Auffassung fest. Vielmehr werden die Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung nicht aufrechterhalten.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 28.02.2019, Az. 11 O 4762/18, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO mit der Maßgabe, dass die festgestellten Zahlungspflichten (Ziffer 1 des Tenors) auf den Erlebensfall beschränkt sind, zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Gründe

I.
Die Parteien streiten um die Auszahlungsverpflichtung der Beklagten aus einem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag.
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat mit Endurteil vom 28.02.2019 der Klage überwiegend stattgeben und u.a. festgestellt, dass die Beklagte folgende, im Versicherungsschein Nr. … angegebenen fortlaufenden Zahlungen zu leisten hat: am 25.12.2018 einen Betrag von 3.224,37 €, am 25.03.2019 einen Betrag von 3.224,37 € […] am 25.03.2052 einen Betrag von 4.477,65 €. Wegen des konkreten Inhalts des Tenors wird auf das Endurteil vom 28.02.2019 Bezug genommen. Im Rahmen der Entscheidungsgründe hat das Landgericht ausgeführt, dass die vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien „für den Erlebensfall“ dahingehend zu verstehen sei, dass der Kläger gegen die Beklagte einen vertraglichen Anspruch auf die Auszahlung in beantragter Höhe habe (Endurteil vom 28.02.2019, Seite 21, Bl. 164 d.A.).
Gegen dieses seinen Prozessbevollmächtigten am 10.03.2019 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten, eingegangen per Fax am 02.04.2019, Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 06.06.2019 mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten am 06.06.2019 begründet. Er wendet sich gegen das Urteil, soweit es die festgestellten Zahlungspflichten auf den Erlebensfall beschränkt hat.
II.
Das Rechtsmittel der Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.
Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat die dem Kläger zustehenden Auszahlungsansprüche zu Recht auf den Erlebensfall beschränkt.
Die Parteien schlossen einen Lebensversicherungsvertrag mit der Bezeichnung „W Kapitallebensversicherung“ (Anlage K2).
1. Bei der streitgegenständlichen Versicherung ist das Risiko versichert, dass der Versicherte infolge zu frühen Todes sein Ziel, nämlich bis zu einem bestimmten Zeitpunkt die Auszahlung einer bestimmten Geldsumme zu erhalten, nicht erreicht. Dieses Risiko realisiert sich, wenn der Versicherte vorzeitig stirbt (vgl. zur Termfix-Versicherung: BGH, Urteil vom 03.06.1992 – IV ZR 217/91, juris Rn. 23).
Aus der Police (Anlage K2) ergibt sich, dass diese „für ein Einzelleben abgeschlossen“ wurde und die „Todesfalleistung“ in der „Standard-Deckung 100,00% des Policenwertes“ beträgt.
Auch der Umstand, dass der Kläger bei Antragstellung unter der Überschrift „E. Standard – Todesfalleistung“ keine Eintragung für eine „gewünschte“ Standard-Todesfallsumme vorgenommen hat (Anlage K1), ändert nichts daran, dass die Parteien eine solche – nämlich die Mindesttodesfallleistung von 100% des Policenwertes – vereinbart haben. Die fehlende Eintragung einer gewünschten Todesfallsumme berührt nicht die Vereinbarung einer Todesfallleistung an sich.
Der Kläger selbst hat den vereinbarten Todesfallschutz nicht angegriffen, lediglich gerügt, dass sich anhand des Versicherungsscheins nicht ermitteln lasse, welche Leistungen der Kläger im Todesfall beanspruchen könnte (Schriftsatz vom 09.11.2018, Seite 4, Bl. 91 d.A.).
Auch aus der Aussage des Zeugen P W H (Sitzungsniederschrift vom 04.12.2018, Seiten 7-9, Bl. 121 d.A.) kann der Kläger nichts Gegenteiliges herleiten. Die Aussage des Zeugen H im Zusammenhang mit den „garantierten Rentenzahlungen“ schließen die Vereinbarung einer Todesfallleistung nicht aus.
Die Beklagte hat bestritten, dass die Parteien eine „Rentengarantiezeit“ vereinbart hätten. Insofern müsste der Sachvortag des Klägers, er und der Zeuge H seien stets davon ausgegangen, dass die policierten Zahlungen von der Beklagten unbeschränkt zu erfüllen seien und der Zeuge H habe dem Kläger deutlich gemacht, dass die beantragten Zahlungen bedingungslos bis zum Jahre 2052 gezahlt würden, als verspätet zurückgewiesen werden (§ 531 Abs. 2 ZPO).
2. Aus den Policenbedingungen (Anlage B3) folgt, dass die regelmäßigen Auszahlungen vom Erleben abhängig sind.
Die allgemeinen Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss (BGH, Urteil vom 21.10.2015 – IV ZR 266/14, juris Rn. 37).
a) Ziffer 10 der Policenbedingungen trägt die Überschrift „TODESFALLEISTUNG“. Bereits aus Ziffer 10.1 ergibt sich, dass die Bedingungen in diesem Abschnitt 10 für die im Versicherungsschein angegebene Standard-Todesfallleistung gelten. Aus der Regelung in Ziffer 10.4 folgt, dass mit der Zahlung der vollen Todesfallleistung die „Verpflichtungen im Rahmen des Vertrags voll und ganz erfüllt sind“. Dies kann ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer nur so verstehen, dass bei Zahlung der Todesfallleistung die regelmäßigen Auszahlungen nicht mehr erfolgen, diese also auf den Erlebensfall beschränkt sind.
b) Des Weiteren ist für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer aufgrund der Ziffer 11.1 der Policenbedingungen erkennbar, dass die Vertragslaufzeit mit dem Tod des Versicherungsnehmers endet (“Jeder ausgestellte Vertrag hat eine feste Laufzeit, die in vollen Jahren ab dem im Versicherungsschein angegebenen Vertragsbeginn berechnet wird, und gilt, vorbehaltlich und gemäß dieser Policenbedingungen, bis zum Ablaufdatum bzw. bis zum Tod des maßgeblichen Versicherten, falls dieser früher eintritt.“).
III.
Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 50.000,00 € festzusetzen.
Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.


Ähnliche Artikel


Nach oben